Medibank: keine Entlastung für alten VR

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Damit die Zuger Medibank AG eine möglichst unbelastete Zukunft vor sich hat, muss sie erst mit der Vergangenheit aufräumen. Und da gibt es noch einiges zu tun. An der Generalversammlung (GV) vom 19. April verweigerten die anwesenden 28 Aktionäre den fünf bis Ende Oktober 2012 amtierenden Verwaltungsräten die Entlastung. Die Aktionäre folgten damit dem Antrag des neuen Verwaltungsrates, der die Verweigerung der Decharge aufgrund aktueller Untersuchungen der Finanzmarktaufsicht Finma empfohlen hatte. Die Finma prüft derzeit im Rahmen einer zweiten, unabhängigen Sonderprüfung Themen wie Corporate Governance und Compliance. Ende April erwartet der Verwaltungsrat hier einen Zwischenbericht. Die Sonderprüfungen wurden eingeleitet, nachdem in einer ausserordentlichen Generalversammlung im letzten Herbst der Verwaltungsrat und auch Teile der Geschäftsleitung zurückgetreten waren (siehe Blog Eintrag vom 15.1.). Lediglich Hauptaktionär Hans-Rudolf Rahm (49% der Stimmen) ist weiterhin im VR der Medibank vertreten. Er wählte sich auch in der jüngsten GV dank seiner Stimmenmehrheit wieder in das Amt, obwohl Kleinaktionäre lieber einen unabhängigen Verwaltungsrat gesehen hätten und er die empfohlene Altersgrenze der Gesellschaft überschreitet. Erst die Ergebnisse der Finma-Sonderprüfung dürften Klarheit für die Zukunft des auf Vermögensverwaltung fokussierten Geldinstituts bringen. Nach wie vor existieren die folgenden drei Szenarien: Zwangsliquidation aufgrund Weisung der Finma, Verkauf oder unabhängiges Fortbestehen. CEO Stephan Häberle, der im Auftrag des Verwaltungsrates derzeit die Strategie für das Szenario „Fortführung“ entwickelt, ist überzeugt davon, dass die Medibank in der Nische Verwaltung von Vermögen zwischen 500’000 CHF und 2 Mio. CHF gute Chancen für eine eigenständige Zukunft hat. Um nachhaltig erfolgreich werden zu können, müsse die Bank jedoch auch wieder wachsen, so Häberle.

Im Geschäftsjahr 2012 sind die verwalteten Vermögen auf 325 Mio. CHF (Vorjahr: 369 Mio. CHF) zurückgegangen. Die Erträge aus dem Vermögensverwaltungsgeschäft reduzierten sich daher auch um 8.3% auf 4.2 Mio. CHF. Die Zinserträge waren ebenfalls rückläufig (minus 44% auf 271’780 CHF). Lediglich im Handelsgeschäft verdiente die Bank mit 1 Mio. CHF etwas mehr als im Vorjahr. Höhere Aufwendungen, die auch im Zusammenhang mit den Turbulenzen im Verwaltungsrat entstanden sind, liessen den Bruttogewinn einbrechen. Dieser erreichte nur noch 356’314 CHF (Vorjahr: 1.2 Mio. CHF). Zusätzliche Rückstellungen in Höhe von fast 500’000 CHF führten zu einem Jahresverlust von 552’345 CHF (Vorjahresgewinn: 836’036 CHF). Die Aktionäre mussten daher für 2012 auf die Ausschüttung einer Dividende verzichten. In den früheren Jahren hatte die Medibank ihre Aktionäre mit konstanten Dividendenzahlungen verwöhnt. Angesichts der etwas schwierigen Situation machte die Bank keine Aussagen zum laufenden Geschäftsjahr. Stephan Häberle deutete jedoch an, dass die positive Entwicklung an den Börsen seit Jahresbeginn zumindest beim verwalteten Vermögen für Entspannung gesorgt habe.

Neue Erkenntnisse über die Zukunft brachte die Generalversammlung der Medibank nicht. Sehr viel hängt von den Ergebnissen der Finma-Sonderprüfung ab, deren Kosten die Medibank in 2013 zusätzlich zu tragen hat. Es wäre zu hoffen, dass der Verwaltungsrat die Ergebnisse der Prüfung zumindest den Aktionären offenlegt, um so auch viele unbestätigte Vorwürfe belegen oder entkräften zu können. Ein Abschluss der Untersuchungen könnte zudem den Weg frei machen für die Neuausrichtung der Bank oder einen allfälligen Verkauf, den die Hauptaktionäre dem Vernehmen nach auch unterstützen würden. In Anbetracht der guten Eigenkapitalausstattung der Bank – das ausgewiesene Eigenkapital liegt bei rund 35 Mio. CHF oder etwa 1’750 CHF je Inhaberaktie – dürfte der Aktienkurs nach unten abgesichert sein. Selbst bei einem Worst-Case-Szenario der Zwangsliquidation sollten Aktionäre noch einen Liquidationserlös erwarten können, der über dem aktuellen Aktienkurs von 1’000 CHF je Inhaberaktie liegt. Dennoch bleibt ein Investment nur sehr risikofreudigen Investoren vorbehalten.

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