Victoria-Jungfrau Collection AG: Kommt ein „weisser Ritter“ aus China?

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Um die Luxushotelgruppe Victoria-Jungfrau Collection könnte nun ein echter Übernahmekampf entbrennen. Heute wurde bekannt, dass der chinesische Multimillionär Yunfeng Gao die Hotelgruppe gerne übernehmen würde. Zum Preis ist noch nichts bekannt. Allerdings dürfte in Kürze eine Offerte publiziert werden. Wie in der Online-Ausgabe der Luzerner Zeitung zu erfahren ist, müsste diese aber deutlich über den 250 CHF liegen, welche AEVIS für eine Aktie bietet. Der Verwaltungsrat der VJC präsentierte Ende letzter Woche eine Fairness Opinion, welche den fairen Wert des Unternehmens auf 300 bis 325 CHF je Aktie taxierte. Die Planzahlen kommunizierte der VR in der Fairness Opinion allerdings nicht (siehe Blog-Beitrag vom 2. Dezember). Er wies jedoch auf das grosse Potenzial in den BRIC-Staaten hin. Gestern forderte ihn die Übernahmekommission (UEK) auf, bis zum 9. Dezember die Grundlagen für die Berechnung des Preises offenzulegen. Das Interesse von Gao kommt dieser Offenlegung nun zuvor. Offenbar könnte der chinesische Investor dazu beitragen, das Wachstumspotenzial für die Gruppe in den asiatischen Märkten zu erschliessen. Damit würde aber auch ein chinesischer Investor das Berner Hotel Bellevue Palace (siehe Bild) betreiben, das dem Bund gehört und Staatsgäste beherbergt.

Yunfeng Gao ist Besitzer der Technologiefirma Shenzen Han’s Lasertechnology. Der Unternehmer, dessen Vermögen von dem Wirtschaftsmagazin Forbes auf 535 Mio. USD geschätzt wird, hat bereits im Innerschweizer Wintersportort Engelberg die Hotels „Europäischer Hof Hotel Europe“ sowie das Hotel „Frutt Lodge & Spa“ auf der Melchsee-Frutt gekauft. Für letzteres soll er 52 Mio. CHF auf den Tisch gelegt haben. Zudem besitzt er eine Beteiligung an dem Generalunternehmen Eberli AG. In einem Bericht in der NZZ vom 14. Januar 2013 hatte das schweizerisch-chinesische Unternehmen bekannt gegeben, an der Eröffnung weiterer Fünf-Sterne-Superior Hotels in der Schweiz interessiert zu sein.

Die VJC-Aktien werden derzeit im OTC-Markt der Berner Kantonalbank für 260 CHF gesucht und zu 350 CHF angeboten. Sobald eine konkrete Kaufofferte vorliegt, werden wir diese genauer analysieren und kommentieren.

1 Kommentar

  1. AEVIS-Grossaktionär Antoine Hubert hat gestern in einem Interview mit der Jungfrauzeitung betont, dass die Victoria-Jungfrau-Gruppe einen starken Aktionär brauche, um die Gesellschaft erfolgreich neu aufzustellen. Er bekräftigt in dem Interview das weitere Interesse von AEVIS an VJC und sagt, dass es zwar keinen Grund für eine Erhöhung des Angebotes gebe, aber „natürlich immer Raum für Verhandlungen“ bestehe, die man mit den Grossaktionären führen wolle. Er weist auch darauf hin, dass es „für die Kleinaktionäre besser wäre, wenn die Übernahme mittels eines öffentlichen Angebots vollzogen würde“. Denn wenn die VJC im neuen Jahr nicht mehr den börsenrechtlichen Regeln unterstehe, könne ein Investor unbemerkt die Mehrheit übernehmen und sei nicht mehr verpflichtet, den Kleinaktionären denselben oder überhaupt einen Preis zu bieten.

    Das ganze Interview ist unter http://www.jungfrauzeitung.ch/artikel/128394/ zu finden.

  2. In der lokalen Jungfrau-Zeitung aus Interlaken vom 20.12.2013 (Online) ist – einmal mehr – ein lesenswerter Bericht zur aktuellen Übernahmesituation bei der Victoria-Jungfrau Collection AG mit weiteren Hintergrundinformationen.

    http://www.jungfrauzeitung.ch/artikel/128515

    Die Jungfraubahnen AG halten nach diesem Bericht übrigens 1.5% der VJC-Aktien und sind nach den Worten ihres CEO Urs Kessler an „einer langfristigen Sicherung des Hotels Victoria-Jungfrau interessiert.“ Aufgrund der Bedeutung der Jungfraubahnen AG für den Tourismus in der Region sind diese Aussagen von CEO Kessler über die vergleichsweise niedrige Kapitalbeteiligung hinaus von Relevanz. Ob die Jungfraubahnen ihre VJC-Aktien verkauft, macht sie auch von der Entscheidung der beiden grösseren Berner VJC-Aktionäre BEKB (12.1%) und GVB (6.1%) abhängig. Bei einem Verkauf durch BEKB / GVB würden die Jungfraubahnen „wahrscheinlich mitziehen“ (CEO Kessler). Der Preis sei dabei „nicht matchentscheidend“.

    Auch Interlakens Tourismusvertreter haben grundsätzlich nichts gegen einen Verkauf der VJC-Gruppe einzuwenden – wenn der oder die neue(n) Besitzer weiterhin auf den Hotelbetrieb setzen.
    Der Direktor der Tourismus-Organisation Interlaken, Stephan Otz, wird dabei wie folgt zitiert:
    „Die Strahlkraft des Victoria-Jungfrau ist enorm. Für Interlaken ist es deshalb wichtig, dass an diesem Standort ein Hotel steht.“

    Und weiter heisst es: „Die Beteiligung von Aevis an der Privatspitalgruppe Genolier habe schon ein paar Bedenken ausgelöst, räumt Otz ein. Die Aussagen von Hubert, bewusst in Hotels zu investieren, sei bei ihm deshalb auf Wohlwollen gestossen. Wer die VJC aber tatsächlich besitzt, ist für die TOI zweitrangig. Für Otz wäre auch ein Engagement des Chinesen Yunfeng Gao eine Option: «Ich habe ihn bereits persönlich kennengelernt und er macht auf mich einen seriösen Eindruck.“

    Nach Einschätzung der in der Region gut vernetzten Jungfrau-Zeitung sei es jedoch „unwahrscheinlich“, dass der offenbar weiterhin an einem Erwerb interessierte chinesische Unternehmer Yunfeng Gao bis Ende Jahr ein Gebot abgibt.

    Genau dieser Umstand macht die Situation für Jungfrau-Aktionäre angesichts der vorliegenden Aevis-Offerte auch schwierig und aus heutiger Sicht schwer greifbar, weil ungeachtet aller vagen Interessensbekundungen belastbare Anhaltspunkte für ein tatsächliches „Gegenangebot“ fehlen. In diesem Zusammenhang weist auch die Jungfrau-Zeitung zurecht darauf hin, dass Yunfeng Gao „nachher“ (gemeint ist hier nach dem Jahresende 2013) „immer noch Aktienpakete erwerben (kann), sogar ohne börsenrechtliche Einschränkungen.“

    Der Verwaltungsrat der VJC AG ist – nicht zuletzt angesichts der von ihm mit der neuen Fairness Opinion vorgelegten sehr optimistischen Ertragsprognosen mit einem sehr langen Prognosehorizont (bis 2019) – in jedem Fall gut beraten, hinsichtlich seiner Verhandlungen mit potentiellen Erwerbern mit offenen Karten zu spielen und dabei die Interessen aller Aktionäre – und nicht nur die denkbaren (und von aussen unklaren) Interessen einzelner grösserer Aktionäre – zu berücksichtigen.

    D.h., dass sich der VR in jedem Fall bei allen Gesprächen dafür einsetzen sollte, dass ein potentieller Käufer allen Aktionären ein vergleichbares Kaufangebot unterbreitet und nicht nur einzelne Aktionäre aufgrund der Grösse ihrer Beteiligungen kurzfristig einen attraktiven Exit ausserhalb des Übernahmerechts realisieren können, während alle anderen Aktionäre erst sehr langfristig die Früchte der neuen VR-Strategie ernten können, so sich diese in den Folgejahren auch operativ einstellen.

    Noch immer – 8 Tage vor dem Ende der offiziellen 1. Angebotsfrist, die am 30.12.2013 endet – regiert für VJC-Aktionäre die Unsicherheit, ob das Aevis-Übernahmeangebot am Ende überhaupt zustandekommt oder ob tatsächlich „ein Weisser Ritter“ z.B. aus China ein besseres Angebot unterbreitet, das dann auch für alle Aktien und Aktionäre gilt.

    Der Ball liegt mit der neuen Fairness Opinion, über die wir hier ausführlich berichtet haben, beim Verwaltungsrat der VJC AG. Nach dem Interview mit Antoine Hubert von der Aevis-Gruppe (Jungfrau-Zeitung vom 17.12.2013, vgl. http://www.jungfrauzeitung.ch/artikel/128394) erscheint es allerdings auch denkbar, dass VJC-Verwaltungsrat und Aevis die verbleibende Zeit bis zum Jahresende doch noch nutzen, um in (vor-)weihnachtlicher Atmosphäre zu einvernehmlichen Lösungen zu kommen.

    Thorsten Grimm, Grisonia Consult GmbH, 22. Dezember 2013

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