Lorze AG: Projektentwicklungen von Liegenschaften stehen künftig im Fokus

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Lorze-Logistik Center Roggwil (www.logistikcenter.ch) / Bild: schweizeraktien.net
Lorze-Logistik Center Roggwil (www.logistikcenter.ch) / Bild: schweizeraktien.net

Am 29. September 2014 lud die Lorze AG ihre Aktionäre in das Parkhotel Langenthal zur diesjährigen Generalversammlung ein. Das Hotel gehört der Lorze-Gruppe und wurde im Jahr 2013 als erstes Haus im Oberaargau mit dem vierten Stern ausgezeichnet. Um es vorwegzunehmen: Wer erwartet hatte, nach den Medienberichten der jüngeren Vergangenheit („Die Akte Reishauer“) und dem vorliegenden Aktienumtauschangebot wesentliche neue Informationen zum Stand der Auseinandersetzungen mit Reishauer oder auch zum Umtauschangebot selbst zu erfahren, wurde enttäuscht. „Die Akte Reishauer“ war kein Thema in den Ausführungen von Verwaltungsratspräsident und Mehrheitsaktionär Adrian Gasser und lediglich zum Ende hin streifte Gasser das Thema sehr kurz auf eine entsprechende Frage aus dem Aktionariat.

Stattdessen ging Gasser in seinem Bericht insbesondere auf laufende und in Planung befindliche Entwicklungsprojekte bei Liegenschaften aus dem umfangreichen Besitz der Lorze AG ein. Die Wirtschaftlichkeit sei mittlerweile an allen Standorten der Gruppe gegeben und Investitionen liessen sich auch begründen, so Gasser. Über die letzten Jahre und Jahrzehnte hätten sich auch die Mieterträge in einem insgesamt freundlichen Umfeld für Immobilienanlagen selbst an früher schwierigen Standorten spürbar verbessert. Die Standortqualität habe gruppenweit zugenommen. Realistische Investitionsvorhaben wolle man dabei möglichst ohne Fremdkapital tätigen, führte der VRP weiter aus.

Einen Schwerpunkt in der Berichterstattung des Verwaltungsratspräsidenten waren deutliche Fortschritte bei einem langjährigen Entwicklungsprojekt in Kollbrunn im Tösstal südöstlich von Winterthur (Kanton Zürich). Dieses grosse Areal (Tösstalstrasse 23, 8483 Kollbrunn) ist vor mehr als 20 Jahren über die ehemalige Spinnerei Ed. Bühler AG zur Lorze-Gruppe gekommen und blieb in Teilen lange unentwickelt. Adrian Gasser möchte dieses Areal nun für die Lorze AG weiter entwickeln. Mittlerweile liegen für Teile des Areals nach einem mehr als zehnjährigen „Kampf“ auch Abbruchbewilligungen vor. Im Fokus steht dabei eine deutliche Vergrösserung der Nutzungsfläche durch wertsteigernde Ausbauten mit einer späteren Vermietung an stabile Ankermieter. In die alte Spinnerei in Kollbrunn sollen ab 2017 solvente Mieter wie Lidl und Landi einziehen und den aufgewerteten Standort künftig beleben. Entsprechende Absichtserklärungen seien bereits unterzeichnet, so Gasser. Auch Lofts in einem Altbau sind im neuen Nutzungskonzept vorgesehen. Zur Umsetzung des neuen Nutzungskonzepts, für das man mit allen Beteiligten in enger Abstimmung ist, sind allerdings hohe Investitionen von alleine 30 bis 40 Mio. CHF in den Standort Kollbrunn notwendig, die aus Eigenmitteln stammen sollen. In Kollbrunn ist die Planungsphase bereits gestartet und das Projekt im Entwicklungsportfolio der Lorze AG am weitesten gediehen.

Weitere konkrete Nutzungskonzepte werden aktuell für die Lorze-Standorte Bürglen TG und Schwanden GL verfolgt und man sei auch hier in der „Planungsphase“ und „auf gutem Wege“. Hinsichtlich der Liegenschaft in Schwanden GL (Herrenstrasse 44-48, 8762 Schwanden) verwies Adrian Gasser noch darauf, dass sich die Mietverhältnisse in Glarus Süd in den letzten Jahren „deutlich verbessert“ hätten, wovon auch die Lorze AG perspektivisch profitieren könne (vgl. auch Südostschweiz am Sonntag, 29. Juli 2012 zum Aufschwung in Glarus Süd).

Insgesamt wurden von den nur etwa 20 anwesenden Aktionären knapp 3.9 Mio. der 4.05 Mio. Aktienstimmen vertreten, entsprechend einer für Schweizer Generalversammlungen selbst im OTC-Sektor ungewöhnlich hohen Präsenzquote von 95.47%. Die diesjährige Versammlung fand in einer beinahe schon familiären Atmosphäre statt. Ein Aktionär fragte zum Schluss des formellen Teils noch nach dem Stand des Umtauschangebots in Sachen Reishauer, über das wir in unserem Blog ausführlich berichtet hatten. Adrian Gasser wollte hierauf nicht näher eingehen und verwies stattdessen auf die Generalversammlung des Jahres 2015 für weitere Informationen. Allerdings teilte Adrian Gasser den anwesenden Aktionären mit, dass die Verkäufe in Reishauer-Aktien „wunschgemäss“ verlaufen würden und die anstehenden „gewaltigen Investitionen“ in die Liegenschaftenprojekte über Verkäufe von Reishauer-Aktien und eine – darauf basierende – starke Eigenmittelausstattung finanziert werden sollen.

Nach dem Einladungstext zur Generalversammlung ist beabsichtigt, dass Adrian Gasser als Hauptaktionär der Lorze AG die gegen Reishauer-Aktien eingetauschten Lorze-Aktien käuflich erwerben möchte, damit die Lorze AG im Anschluss keine eigenen Aktien mehr hält. Damit könnte der Streubesitz in der Theorie in Abhängigkeit der Annahmequote weiter sinken.

Die Lorze-Aktie erscheint unter Substanzaspekten mit Blick auf das grundsätzlich zum Verkauf stehende Reishauer-Aktienpaket und die umfangreichen (Entwicklungs-)Liegenschaften im Bestand aus fundamentaler Sicht erheblich unterbewertet. Den inneren Wert (unter Substanzaspekten) schätzen wir auf ein Vielfaches der aktuellen OTC-X-Preise um 19-20 CHF, die ihrerseits auch die sehr tiefe Liquidität, eine insgesamt niedrige Transparenz und die (ausgewiesene) Gewinnsituation spiegeln. Wie die GV-Präsenz zeigt, befinden sich über 95% der Aktien bei kaum 20 Aktionären. Nicht wenige davon dürften selbst seit Jahrzehnten Aktionäre der Lorze AG sein, was die Handelbarkeit in dem Titel weiter erschwert.

Auf der Ertragsseite bleibt die Aktie nicht zuletzt dank grosszügiger Abschreibungen weit hinter ihren Möglichkeiten, was auch einen verbesserten Gewinnausweis verhindert und dann die Kennzahlen positiv beeinflussen würde. In ihrer heutigen Struktur ist die Aktie der Lorze AG ein „schlafender Riese“, der im Idealfall für Aktionäre eines Tages mit dem wachsenden Erfolg der Entwicklungsprojekte in Kollbrunn & Co. zu neuem Leben erwachen kann. Allerdings sind – um diese Ziele zu erreichen – neben Geduld sehr hohe Investitionen im mittleren zweistelligen und vielleicht sogar unteren dreistelligen Millionenbereich notwendig, die aus dem schrittweisen Verkauf der Reishauer-Aktien stammen sollen. Die Entwicklungsprojekte der Lorze AG im Immobilienbereich bieten dem geduldigen Anleger – ihren Erfolg unterstellt – längerfristig erhebliches Potential für Wertsteigerungen. Die Lorze AG kann langfristig mit ihrem historisch gewachsenen Liegenschaftenbestand und wachsenden Mieteinnahmen ein ernstzunehmender Immobilienwert auf dem Kurstableau werden. Positiv ist anzumerken, dass der Hauptaktionär dabei eine hohe Eigenkapitalunterlegung anstrebt. Auf die kurze Sicht bleibt die in vielerlei Hinsicht ungewöhnliche Aktie der Lorze AG ein sehr günstig bewertetes Wertpapier für Spezialisten, die mit der tiefen Handelsliquidität und der Abhängigkeit vom Hauptaktionär umgehen können. „Abhängigkeiten“ können im Einzelfall aber auch Chancen bedeuten. 

Thorsten Grimm, 30. September 2014

Transparenzhinweis: Dem Autoren nahestehende Personen sind Aktionäre der Lorze AG.

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