Luftseilbahn Fiesch Eggishorn AG: 2013/2014 weiter mit Verlust – Wohin geht die Reise?

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Der Alteschgletscher. Bild: schweizeraktien.net
Der Alteschgletscher. Bild: schweizeraktien.net

Am 26. September 2014 fand die diesjährige Generalversammlung der Luftseilbahnen Fiesch Eggishorn AG (LFE) auf der Fiescheralp statt. Die im OTC-X-Handel der Berner Kantonalbank (BEKB) gelistete, 1963 gegründete Seilbahngesellschaft auf dem Aletsch-Plateau berichtete ihren Aktionären über das am 30. April 2014 beendete 50. Geschäftsjahr 2013/2014. Doch die erneut roten Zahlen im Jubiläumsgeschäftsjahr boten den Aktionären keinen Anlass für ausgelassene Feierlichkeiten.

Nur dank eines verbesserten „übrigen Betriebsertrags“ lag der Umsatzrückgang lediglich bei 1.4%. Nach 8.157 Mio. CHF im Vorjahr 2012/2013 erwirtschaftete die LFE im Geschäftsjahr 2013/2014 einen Ertrag von 8.039 Mio. CHF. Der wichtigere Verkehrsertrag war dagegen um 3.2% auf 7.451 Mio. CHF rückläufig, im Sommergeschäft – bei der LFE traditionell von untergeordneter Bedeutung (19.4% vom Betriebsertrag) – sogar um 6.7%. Der Gesamtumsatz der LFE stagniert seit Jahren um 8 Mio. CHF, während insbesondere der Sach- und Personalaufwand seither teilweise deutlich gestiegen ist. Beim betrieblichen Cashflow resultierte ein Rückgang um 3.5% auf 2.169 Mio. CHF (27%). Der Cashflow ist nunmehr im fünften Geschäftsjahr in Folge rückläufig, seit dem Rekordjahr 2008/2009 um fast 30%. Zum Vergleich: Bei der BAB war es – nach einem durchwachsenen Jahr 2013/2014 – in der gleichen Zeitspanne nur ein Rückgang um gut 10%. Seit 2008/2009 gingen bei der LFE 400.000 Frequenzen verloren (- 14%).

Erneut hohe Abschreibungen von 2.429 Mio. CHF – der Grossteil davon in die Sesselbahn Talegga (819 TCHF), Schneeanlagen (387 TCHF) und das Hotel Kühboden/Chalet (354 TCHF) – sowie ein ausserordentlicher Verlust im Umfang von 88 TCHF verhinderten abermals einen positiven Ergebnisausweis und führten zu einem ausgewiesenen Jahresverlust von 349 TCHF. Belastet wurde die Jahresrechnung dabei auch durch Mehrausgaben für die Ausrichtung der Alpinen Schweizer Skimeisterschaften (ao. Aufwand 240 TCHF). Zukünftig soll die Attraktivität der LFE im Sommer mit neuen Erlebnisangeboten gesteigert werden, um so auch die Abhängigkeit vom Wintergeschäft zu reduzieren. Teil des strategischen Plans ist dabei u.a. ein neuer „Sommerrundweg Eggishorn“, der ab Mitte 2015 an neun Themen-Stationen neue Gletscher-Aus- und Einsichten ermöglichen soll.

Vor ziemlich genau einem Jahr schrieben wir in unserem Blog, dass eine Fusion der LSB Fiesch Eggishorn AG mit ihren Nachbarbahnen Aletsch-Riederalp Bahnen AG (ARBAG) im westlichen Teil des Aletsch-Hochplateaus und den finanziell sehr gesunden Bettmeralpbahnen AG (BAB) als entscheidender Kraft in der Mitte „nicht mehr auszuschliessen“ sei. Ursächlich für unsere damalige Einschätzung waren entsprechende Aussagen der LFE-Verwaltung an der letztjährigen Generalversammlung.

Auch wenn eine Fusion bis zum heutigen Tag weder vollzogen noch offiziell angekündigt wurde, so gehen wir unverändert – und mehr denn je nach Indikationen von der jüngsten Generalversammlung – davon aus, dass aktuell die Weichen für eine Fusion der Bahnen gestellt werden und hinter den Kulissen vieles in Bewegung geraten ist. Im Oberwallis rund um den Aletschgletscher dürften seit geraumer Zeit viele Gespräche rund um die Situation bei den Bahnen geführt werden. Erfahrungsgemäss dauert ein solcher Prozess allerdings, bis sich alle Beteiligten gefunden haben: Die Abstimmung und Koordination aller Interessen erscheint aus einer Aussenperspektive komplex.

Der in der Region gewöhnlich gut informierte Walliser Bote berichtete in seiner gedruckten Ausgabe vom 2. Oktober 2014 ausführlich über die Generalversammlung und diese anstehenden „Weichenstellungen“. Wörtlich schreibt der Walliser Bote, dass die LSB Fiesch-Eggishorn „strategisch wie unternehmerisch am Scheideweg“ stehen und für „erwünschte Investitionen neue Partner und Geldgeber notwendig“ seien. Diese werden nach Einschätzung der Verwaltung bei den Gemeinden der engeren Region, die sich finanziell engagieren, und/oder bei den Bettmeralpbahnen AG als „liquidem Partner“ zu finden sein. Schon heute zählt die Bettmeralpbahnen AG – neben Munizipal- und Burgergemeinde Fiesch – zu den wesentlichen Aktionären der LSB Fiesch Eggishorn, was aufgrund der wirtschaftlich starken Position der BAB im Einzelfall in der Region auch Überzeugungsarbeit für die gemeinsame Sache „Aletsch“ verlangt.

Nach unseren Recherchen hat die Bettmeralpbahnen AG die Beteiligung an der Aletsch-Riederalp Bahnen AG im abgelaufenen Geschäftsjahr 2013/2014 durch Zukäufe weiterer Aktien von 48.30% auf eine Mehrheitsbeteiligung von 50.01% aufgestockt (vgl. Geschäftsbericht BAB 2013/2014, S. 7), was die These eines von der BAB für das Aletschplateau verfolgten Masterplans – dann auch unter Einbindung der LFE – festigt. Die Beteiligung der BAB an der LFE bleibt allerdings zunächst bei 17.16% (vgl. Geschäftsbericht BAB 2013/2014, S. 16)

Der Walliser Bote vom 2. Oktober 2014 schreibt weiter, dass es – so Verwaltungsratspräsident Fredy Huber an der GV – „mittelfristig“ auf dem ganzen Plateau „wohl nur noch eine Bahngesellschaft geben“ werde. Diese Aussagen sind ein klares Signal des Verwaltungsratspräsidenten, wohin „mittelfristig“ bei der LFE die Reise gehen soll. Zu einer Fusion – oder zumindest einer Mehrheitsübernahme durch die BAB – gibt es eigentlich wenig Alternativen. Doch bis dahin dürfte noch viel Überzeugungsarbeit an manchen Stellen zu leisten sein, dass an einem solchen Schritt aus einer wirtschaftlichen Perspektive – insbesondere auch im Interesse der LFE – kaum ein Weg vorbeiführt.

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die vom Walliser Boten zitierte Aussage, dass „bezüglich der künftigen Zusammensetzung der Kapitalgeber (mit rund 800 Aktionären) (…) auf VR-Ebene Gespräche“ laufen und es dazu „unterschiedliche Blickwinkel“ gibt. Einerseits ist dies ein weiteres Indiz für die Komplexität möglicher Neuordnungen im Aktionariat, andererseits aber auch ein Hinweis darauf, dass eine forcierte Konzentration im Aktionärskreis – etwa durch ein freundliches Übernahme- oder Umtauschangebot in BAB-Aktien – ein denkbares Szenario ist.

Bis zum Sommer 2015 soll nach Informationen des Walliser Boten (Ausgabe vom 2. Oktober 2014) auch entschieden werden, wie das angedachte Grossprojekt „Verschiebung MGB-Bahnhof Fiesch mit Busanbindung und neuem Zubringer auf den Kühboden (Achter-Gondelbahn) sowie die Erschliessung von Bellwald per Seilbahn vom selben Standort aus“ – über das wir bereits in unserem Blog-Kommentar vom 28. Dezember 2013 kurz berichteten – finanziell gestemmt werden soll. Die LFE soll 20 Mio. CHF zu diesem 60 Mio. CHF-Projekt beitragen – was aus eigener Kraft in der heutigen Konstellation ohne finanzkräftige Partner kaum darstellbar ist.

Die vergleichsweise illiquide Aktie der Luftseilbahnen Fiesch Eggishorn AG mit einem Nominalwert von 500 CHF wurde zuletzt bei 350 CHF (17.09.2014) gehandelt. Auf dieser Basis ergibt sich bei 13’160 ausstehenden Aktien eine Marktkapitalisierung von nur 4.6 Mio. CHF. In den letzten Jahren zeigte sich die Bahn – bedingt durch hohe Investitionen und hohe Abschreibungen – ertragsschwach. Eine verstärkte Einbindung in die Strukturen von BAB und ARBAG könnte zu Synergien führen und auch die Ertragssituation längerfristig – für die LFE zwingend notwendig – wieder verbessern. Das ausgewiesene LFE-Eigenkapital zum 30. April 2014 lag bei knapp 7 Mio. CHF oder 530 CHF je Aktie. Dem noch mit 23.3 Mio. CHF bilanzierten Anlagevermögen stehen ursprüngliche Anschaffungskosten von 93.4 Mio. CHF in der Baurechnung gegenüber. Daraus lässt sich einerseits ableiten, dass die Gesellschaft in den vergangenen Jahren viel – vielleicht sogar zu viel gemessen an der betriebswirtschaftlichen Notwendigkeit – und grosszügig investiert hat. Andererseits dürften angesichts der sehr hohen aufgelaufenen Abschreibungen im Umfang von über 70 Mio. CHF (5’329 CHF je Aktie!)  auch stille Reserven in schwer bestimmbarer Höhe in den Büchern vorhanden sein, was eine Bewertung schwierig macht.

Vor einem Jahr schrieben wir an gleicher Stelle: „Die Zeichen am Aletsch-Gletscher stehen nun – mehr denn je – auf einen weitergehenden Zusammenschluss der drei grossen Aletschbahnen BAB, ARBAG und LFE, wie auch immer dieser am Ende technisch vollzogen wird. Am Ende dieses langjährigen Prozesses über viele Zwischenschritte könnte eine OTC-X-kotierte „Vereinte Aletschbahnen AG“ – heute noch eine kühne Vision – stehen, doch dürfte bis zu einer finalen Umsetzung – sofern die Partner die Fusion anstreben und keine erweiterte Kooperation – tatsächlich noch etwas Zeit ins Land ziehen. Diese „Aletschbahnen AG“ wäre aus dem Stand einer der bedeutendsten Bergbahnbetriebe der Schweiz, und die Region Aletsch würde durch einen einheitlichen Auftritt auch bei den Bergbahnen weiter aufgewertet. Die Aktien der LFE wie auch der Aletsch-Riederalp-Bahnen eignen sich heute vor allem für Anleger mit einem Faible für Walliser Lokalwerte und die branchenüblichen Vergünstigungen.“

Dem ist auch heute nichts hinzufügen. Ein freundliches Übernahmeangebot der BAB an die LFE-Aktionäre erscheint mittel- bis langfristig – wenn die konzeptionellen, strukturellen und strategischen Fragen geklärt sind – als ein mögliches und auch nicht unrealistisches Szenario, um den „Gordischen Knoten“ auf dem Hochplateau zu lösen und den Status Quo zum Vorteile aller Beteiligten zu verändern. schweizeraktien.net wird die Entwicklungen in der Aletschregion weiter eng beobachten.

Thorsten Grimm, 17. Oktober 2014

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