Im Kontext: Luxus ist nicht gleich Luxus – es braucht auch das gewisse Etwas

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Der Aktienkurs von Richemont hat sich in den letzten zehn Jahren mehr als verdreifacht (blau), während LVMH eine Performance von über
Der Aktienkurs von Richemont hat sich in den letzten zehn Jahren mehr als vervierfacht (blau), während LVMH (schwarz) eine Performance von fast 200% hinlegen konnte. Chart: www.moneynet.ch

Dass in der Luxusgüterwelt hohe Margen zu verdienen sind, hat sich in den letzten Jahrzehnten schon herumgesprochen. Noch in den 80er-Jahren war die Welt der börsennotierten Luxusunternehmen recht überschaubar, weil die meisten Unternehmen teilweise seit Jahrhunderten in Privatbesitz waren. LVMH war und ist die grosse Ausnahme. Rolex ist bis heute privat und dennoch eines von drei Schweizer Unternehmen, das es in die Top 12 der Global 100 Luxury Companies geschafft hat, zumindest auf der Liste von Deloitte. Zehn der elf dort vertretenen Schweizer Unternehmen stammen übrigens aus der Uhrenbranche. Mit 5.4 Mrd. US-Dollar Umsatz in 2013 und nur zwei Marken ist Rolex um vieles grösser, bedeutender und wohl auch profitabler als viele der börsennotierten Luxusgüterhersteller, die sich auf den weiter hinten liegenden Rängen befinden.

Flut von Luxus-Investmentprodukten

Auch Hermès (Rang 13), Prada (15), Tiffany (17) und Burberry (18) sind zweifellos dem Luxussegment zuzuordnen. Problematisch sind dagegen Marken wie Ralph Lauren, Coach, Tommy Hilfiger und Falke, die eher der Mode- und Textilwelt zugeordnet sind. Weiterhin sind zahlreiche chinesische und indische Juweliere in der Liste, die wohl im Heimatmarkt eine Bedeutung, doch in Wahrheit eher eine Funktion als Edelmetallhändler innehaben. Das Beispiel der Zusammenstellung der Deloitte Global 100 zeigt, dass die in den Vorjahren stark in Mode gekommenen Indexbildungen, mit Zertifikaten darauf, weiterhin ETFs und Themenfonds immer eine Auswahl und Gewichtung vornehmen müssen. Je nachdem, wie diese ausfällt, kommt eine Performance zustande oder auch nicht. Erfahrene Anleger wissen auch, dass, wenn erst einmal eine Flut von themengebundenen passiven Investmentprodukten den Markt überflutet, dies eher ein Zeichen einer Spitzenbildung ist, die es den early birds erlaubt, ihre Gewinne zu realisieren. Langfristig betrachtet ist LVMH, die seit langem eine exklusive Multi-Brand Strategie verfolgt, in der Aktienperformance kaum zu schlagen. Der Börsenwert beläuft sich auf rund 80 Mrd. Euro. Richemont ist auf einem vergleichbaren Kurs, der Börsenwert ist auf 38 Mrd. Euro geklettert (siehe Chart). LVMH und Richemont sind die beiden mit Abstand bedeutendsten Luxuskonzerne.

Wohlstand und Individualitätsbedürfnis

Beide sind, ebenso wie die bedeutenden Luxusgüterkonzerne Chanel und Kering (Gucci, Yves Saint Laurent, Brioni uvm.) kontinuierlich mit der Optimierung des Markenportfolios und der Distributionswege sowie der Schaffung von Synergien beschäftigt. Dies beinhaltet sowohl die Trennung von Randaktivitäten z.B. durch Management Buy-outs und/oder an Private Equity Investoren als auch die Akquisition von passenden Zielen entlang der jeweils verfolgten Marken- und Produktstrategie, sowohl vertikal als auch horizontal. Ende 2013 erwarb LVMH 80% der Anteile an Loro Piana, der exklusiven und traditionsreichen Weberei in Italien, für 2.8 Mrd. US-Dollar. Bruno Magli, ein italienischer Hersteller von High-End-Schuhen wurde 2014 vom Schweizer Asset Manager Da Vinci Invest übernommen, der vorige Besitzer war das britische Private Equity Haus Fortelus Capital. Zahlreiche Transaktionen von Private Equity Investoren zielen darauf ab, eine rasche Wertsteigerung durch Financial Engineering zu erzielen und dann den Gewinn zu realisieren. Oft werden die Beteiligungen in der Branche weitergereicht als sogenannte Secondary Transactions.

Im folgenden Teil blicken Sie genauer auf die wichtigsten Käufergruppen der Luxusgüterwelt und wie digitale Technologien die Markenstrategien verändern.

Mit dem neuen Format „Im Kontext“ beabsichtigen wir von schweizeraktien.net, in periodischen Artikel-Serien den gewohnten analytischen Blick auf das Micro-Level von einzelnen Aktien und Branchen durch einen breiteren und tieferen Kontext zu ergänzen, hin zu einem „Grossen Bild“. Dieses soll unseren Lesern in eher prosaischer Form und lebendig, bisweilen auch vergnüglich, wirtschaftliche, gesellschaftliche und historische Zusammenhänge vermitteln und Anregungen für die eigene Analyse der behandelten Sujets und Anlagethemen bieten, die oftmals im hektischen Tagesgeschäft in den Hintergrund gedrängt werden, aber für die fundierte Meinungsbildung „Im Kontext“ unabdingbar sind.

Sämtliche Beiträge unserer Luxus-Serie finden Sie unter: Gastbeiträge – Im Kontext.

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