Reishauer: Weniger Umsatz und mehr Gewinn in 2015, positiver Auftragseingang – Aktie stark gehandelt

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Schleifscheibe im Eingriff mit dem Zahnrad beim kontinuierlichen Wälzschleifprozess, dem sog. „Reishauer-Verfahren“. Bild: zvg
Schleifscheibe im Eingriff mit dem Zahnrad beim kontinuierlichen Wälzschleifprozess, dem sogenannten „Reishauer-Verfahren“. Bild: zvg

Die Reishauer Gruppe verzeichnete im 2015 auf der Basis der konsolidierten Zahlen ein Umsatzminus von 9.4% auf 323.8 Mio. CHF. Wie das Unternehmen in einer Medienmitteilung schreibt, sind die tieferen Umsätze auf die deutsche Tochterfirma Felsomat zurückzuführen. Reishauer erwarb die im 1981 gegründete Felsomat, die auf die Komplettfertigung von Zahnrädern im Automobilbereich spezialisiert ist, im Jahr 2010. Durch die Integration der Felsomat ist Reishauer in der Lage, den Kunden komplette Systemlösungen für verschiedene Anwendungsbereiche in der Automobilindustrie aus einer Hand anzubieten. Das Unternehmen zählt daher auch alle grossen Automobilhersteller und deren Zulieferer zu seinen Kunden. Rund 85% der Gesamteinnahmen erzielt die Gruppe im Automobilsektor. Finanzanalysten gehen von einem Weltmarktanteil in Höhe von 60% bei Verzahnungsschleifmaschinen aus. Diese Maschinen werden dazu eingesetzt, mittels verschiedenen Schleiftechniken Zahnräder, wie sie beispielsweise in Autogetrieben eingesetzt werden, zu produzieren. Die Gruppe verfügt über zwei Produktionsstandorte in Wallisellen (Schweiz) und in Königsbach-Stein (Deutschland). Jeweils rund 35% der Umsätze der Gruppe entfallen auf Europa und den asiatisch-pazifischen Raum. Amerika steuert 30% zu den Einnahmen bei.

Die Reishauer-Gruppe besitzt ein grosses Areal in Wallisellen. Quelle: Reishauer Beteiligungen AG
Die Reishauer-Gruppe besitzt ein grosses Areal in Wallisellen. Quelle: Reishauer Beteiligungen AG

Gewinn steigt trotz Umsatzminus

Noch vor Jahresfrist rechnete Reishauer mit einem schwächeren Ergebnis für das Jahr 2015 (siehe auch Blog-Beitrag vom 6. Juli 2015). Allerdings reagierte das Management auf die sich abzeichnende Abschwächung mit Optimierungsmassnahmen. So musste die Gruppe zwar ein Umsatzminus verbuchen, konnte aber auf der Kostenseite deutliche Einsparungen erzielen. An erster Stelle stehen die um 7.7% auf 152.6 Mio. CHF gesunkenen Materialkosten, die den grössten Kostenblock darstellen. Deutlich geringer fielen die Minderaufwendungen beim Personal mit nur minus 0.6% auf 103.9 Mio. CHF aus. Den grössten Rückgang verzeichneten die betrieblichen Aufwendungen, die um 17.6% auf 43.9 Mio. CHF fielen. So resultierte trotz des Umsatzrückgangs von 9.4% ein Plus beim Betriebsgewinn vor Abschreibungen (EBITDA) um 3% auf knapp 41 Mio. CHF. Deutlich tiefere Sachabschreibungen von knapp 15 Mio. CHF nach 17.7 Mio. CHF im Vorjahr liesen das EBIT um 18% auf 26 Mio. CHF anschwellen. Trotz des um 1.7 Mio. CHF auf 5 Mio. CHF angestiegenen Finanzaufwands fiel der Reingewinn mit 33.2 Mio. CHF um 10.4% höher aus. Die Aktionäre partizipieren am höheren Gewinn mit einer um 60 CHF auf 890 CHF pro Aktie erhöhten Dividende.

Nordamerika in den ersten vier Monaten über Plan

Für das laufende Jahr 2016 zeigt sich die Reishauer Gruppe nach wie vor vorsichtig bezüglich Auftragseigang und Umsatzentwicklung. Als schwer prognostizierbar angesehen wird das konjunkturelle Umfeld, während der nach Ansicht der Gruppe nach wie vor überbewertete Schweizer Franken die Konkurrenzfähigkeit der Reishauer AG auf den Hauptmärkten beeinträchtige. Die Konkurrenten produzieren mehrheitlich im Euroraum und können daher direkt vom tiefen Euro profitieren. Reishauer rechnet damit, höhere Preisnachlässe geben zu müssen, die sich negativ auf die Umsatzvolumina auswirken werden. Hingegen werden bei der Felsomat dank neuer Produkte höhere Umsätze als im Vorjahr erwartet. Insgesamt seien die Erwartungen in Bezug auf den Auftragseingang positiv, was vor allen Dingen auf die über Plan liegende Nachfrage aus dem Markt Nordamerika während der ersten vier Monate in 2016 zurückzuführen sei. Seit Jahresbeginn werden die Reishauer-Aktien wieder sehr rege gehandelt. Allein über OTC-X haben in diesem Jahr 161 Namenaktien im Wert von 9.5 Mio. CHF den Besitzer gewechselt.

Die Geschäftszahlen von Reishauer für 2015 sind besser ausgefallen als erwartet und vom Unternehmen selbst prognostiziert. Besonders hervorzuheben ist die Steigerung des EBITDA trotz sehr schwieriger finanzieller Rahmenbedingungen infolge der Freigabe des Euro-Wechselkurses im Januar 2015. Sehr zu begrüssen ist auch die deutlich höhere Transparenz der Gruppe. So werden nun auch die konsolidierten Zahlen der Gruppe zur Verfügung gestellt. Kein Thema mehr sind auch die langjährigen Streitigkeiten mit Adrian Gasser respektive der Lorze AG als Minderheitsaktionär. Ein grosser Teil der Aktien der Lorze-Gruppe konnte über den Markt verkauft werden, so dass die Beteiligung von Lorze mittlerweile auf weniger als einen Drittel gesunken sein dürfte. Nach wie vor Hauptaktionär ist die Familie Bodmer, die über einen Anteil von 53% am Unternehmen verfügt. Wiederholt wurde in den Medien über einen Börsengang der Reishauer Beteiligungen AG spekuliert. Bis zum heutigen Zeitpunkt sind hierüber aber keine gesicherten Aussagen erhältlich, und so kann ein solcher Schritt nur als mögliche Spekulation angesehen werden. Auf Nachfrage von schweizeraktien.net dementierte die Gesellschaft allfällige Börsenpläne.

Die Aktien der Gesellschaft werden auf der ausserbörslichen Handelsplattform OTC-X der Berner Kantonalbank (BEKB) gehandelt. Die Gesellschaft verfügt über zwei Aktienkategorien, die vermögensrechtlich gleichgestellt sind. Es handelt sich dabei um je 5’000 Namen- und 5’000 Inhaberaktien im Nennwert von je 250 CHF. Beide Titel werden zu ähnlichen Preisen von gut 59’000 CHF pro Aktie gehandelt. Eine etwas höhere Liquidität weisen aktuell die letztmalig zu Kursen von 59’200 CHF gehandelten Namenaktien auf. Auf der Basis des aktuellen Kurses liegt die Dividendenrendite, eine gleichbleibende Dividende von 890 CHF je Aktie vorausgesetzt, bei eher tiefen 1.5%. Als nicht sehr niedrig angesehen werden kann auch das Kurs/Gewinn-Verhältnis. Dieses lag für 2015 bei hohen 17.8 auf der Basis des Reingewinns, der allerdings nur wenig Aussagekraft haben dürfte. Als eher relevant erscheint der Wert des Ebitda von knapp 41 Mio. CHF. Hierbei haben wir den Finanzertrag, der in der konsolidierten Rechnung mit 12.3 Mio. CHF benannt wird, nicht berücksichtigt. Auf dieser Basis erscheinen die Aktien mit einem Ebitda-Multiple von 14.5 als teuer. Positiver stellt sich die Situation dar, wenn der Finanzertrag bei der Ermittlung des Ebitda berücksichtigt wird. So lässt sich ein Ebitda von 53.2 Mio. CHF respektiv 5’320 CHF pro Aktie errechnen. Allerdings erscheinen die Aktien auch unter dieser Annahme mit einem Kurs-Ebitda-Verhältnis von 11.1 nicht unterbewertet. Nicht übersehen werden darf indessen, dass die Jahresrechnung lediglich nach den Regeln des Obligationenrechts erstellt wird, die wenig Transparenz fordern. So ist es nicht unwahrscheinlich, dass in den Finanzerträgen auch Einkünfte aus dem operativen Geschäft enthalten sind. Diese Vermutung wird auch durch den im Verhältnis zu den ausgewiesenen Wertschriften und Geldmarktanlagen von 100.9 Mio. CHF per Jahresende 2015 hohen Finanzertrag von 12.3 Mio. CHF untermauert. Ebenfalls enthalten sein könnten in dieser Position aber auch Gewinne aus der aktiven Bewirtschaftung der Wertschriften. Gemäss den Angaben des Geschäftsberichts werden sämtliche Positionen des Portfolios zu den Anschaffungskosten oder tieferen Marktwerten abzüglich Wertverminderungen bewertet. Eine Aufwertung bei höheren Kursen erfolgt demzufolge nicht. Somit könnte die Position Finanzertrag auch bei der Veräusserung einzelner Papiere realisierte Kursgewinne beinhalten.

Auch auf der Basis des ausgewiesenen Buchwerts erscheinen die Titel mit einem Agio von über 100% zum ausgewiesenen Wert auf den ersten Blick teuer. Selbst unter vollständiger Berücksichtigung der Rückstellungen in Höhe von 101 Mio. CHF, die zum grossen Teil Eigenkapitalcharakter haben dürften, beträgt das Agio rund 50%.

Auch wenn der Substanzwert weit höher liegen dürfte, wird sich dieser vorerst nicht realisieren lassen. Ändern könnte sich dies allerdings bei einem Verkauf der Gesellschaft, einem Börsengang oder durch Veränderungen im Unternehmen selber. Allein schon die Änderung der Rechnungslegung vom Obligationenrecht hin zu Swiss GAAP FER dürfte die Reserven des Unternehmens offenlegen. Ein Indiz zur Ermittlung der stillen Reserven sind die Brandversicherungswerte, die für die Liegenschaften per Ende 2015 bei 167 Mio. CHF und für die Maschinen bei 190.5 Mio. CHF lagen. In der konsolidierten Jahresrechnung sind die Sachanalagen lediglich mit 45.9 Mio. CHF aufgeführt. Ob allerdings eine deutlich höhere Bewertung gegenüber dem aktuellen Niveau zu erwarten ist, ist derzeit offen. Solange sich keine Erkenntnisse ergeben, die eine höhere Bewertung der Aktien rechtfertigen würde, bieten die Aktien nur wenig Potenzial für potenzielle Investoren. Ein wichtiger Schritt wäre in diesem Zusammenhang eine Erhöhung der Transparenz, indem z.B. der Rechnungslegungsstandard angepasst würde.

3 Kommentare

  1. Nicht der EBIT beträgt 26 Mio. Fr., sondern der EBI. Der EBIT selber liegt deutlich höher und damit auch die EBIT-Marge. Aufgrund des hohen Cashbestandes ist das KGV wenig aussagekräftig. Ein EBITDA-Multiple auf der Börsenkapitalisierung auszurechnen macht keinen Sinn. Das zielführende EV/EBITDA Multiple wäre im Bereich von nur 8.

  2. Sehr geehrter Herr Eberle
    Besten Dank für Ihren Kommentar. Wie Sie richtig feststellen, beträgt der EBI (Gewinn nach Steuern) 26 Mio. CHF. Leider wird der Steueraufwand lediglich im für die Kennzahlenanalyse wenig relevanten Einzelabschluss der Reishauer Beteiligungen AG mit knapp 0.2 Mio. CHF ausgewiesen. Das Problem bei der Bewertung der Firma ist die fehlende Transparenz der Berichterstattung.
    Auch der von Ihnen angesproechene EV ( Enterprise Value) im Verhältnis zum EBITDA auf der Basis der Zahlen der Gesellschaft ist mit einer grossen Unsicherheit behaftet.
    Solange die Gesellschaft keinen Rechnungslegungsstandard mit einer höheren Transparenz wie etwa Swiss GAAP FER anwendet, ist die Ermittlung des fairen Werts immer mit einer grossen Unsicherheit behaftet.

    • Bin ich einverstanden, eine Aenderung des Rechnungslegungsstandards hat höchste Priorität. Auch die Dividendenpolitik muss revidiert werden und sich z.B. auf den Free Cash Flow abstützen.

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