Detlef Brose, CEO Stadtcasino Baden: “Wir wollen auch künftig im Inland und grenznahen Ausland expandieren.“

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Detlef Brose, CEO Grand Casino Baden, Bild: zvg
Detlef Brose, CEO Grand Casino Baden, Bild: zvg

Die Schweizer Spielcasinos haben in den letzten Jahren laufend an Spieleinnahmen verloren. In den besten Jahren verzeichnete das Grand Casino Baden als damals grösste Schweizer Spielbank Brutto-Spielerträge (BSE) von über 110 Mio. CHF. 2015 lag das Casino mit einem BSE von 61.8 Mio. CHF nur noch an 3. Stelle. Die Leitung der Stadtcasino Baden-Gruppe hat rechtzeitig auf die sich abzeichnenden rückläufigen Erträge reagiert und versucht, ins Ausland zu expandieren. Obwohl die Schweizer Gesellschaft mit ihrem Juniorpartner, der deutschen Gauselmann-Gruppe, im Juni 2014 die Konzession für ein Grand Casino in Wien erhalten hatte, wird aus dem Projekt nun nichts: Die Konzession wurde wegen Verfahrensfehlern aufgehoben. Die Stadtcasino Baden AG prüft nun eine Klage gegen die Republik Österreich. Im Gespräch mit schweizeraktien.net gibt sich CEO Detlef Brose zuversichtlich in Bezug auf die Erfolgschancen. Zudem erklärt er, dass die Stadtcasino Baden AG auch künftig weiterhin im landbasierten Casinogeschäft in der Schweiz und im grenznahen Ausland expandieren wolle. Im Online-Gaming startet das Badener Unternehmen im kommenden Jahr zudem mit einem Social-Casino, in dem ohne Geld gespielt wird. So sollen erste Erfahrungen in diesem neuen Markt gesammelt werden.

Herr Brose, das Verwaltungsgericht in Wien hat die Konzession für Ihr Wiener Projekt endgültig aufgehoben. Wie werden Sie nun weiter vorgehen?

Nach dem nunmehr endgültigen Gerichtsentscheid mussten wir unser Engagement in Wien vorerst beenden. Nach der Gesetzeslage und entsprechenden österreichischen Medienberichten ist es fraglich, ob und wann eine erneute Konzessionsausschreibung erfolgen wird. Wir erwarten diese frühestens in 1 bis 2 Jahren. Selbstverständlich werden wir ein erneutes Konzessionsgesuch zu gegebener Zeit prüfen, müssen aber dann die zu diesem Zeitpunkt vorliegende Marktsituation erneut analysieren und bewerten. Nach wie vor wird die Abgabensituation ein Pluspunkt sein, jedoch hat das nun aufgehobene Konzessionsverfahren eine grosse Rechtsunsicherheit aufgezeigt. Wir haben mit einem herausragenden Standort und dem aus unserer Sicht besten Gesuch den Wettbewerb im Konzessionsgebiet Wien-Südwest zu Recht gewonnen. Nur die im Gerichtsverfahren aufgedeckten Verfahrensfehler der zuständigen Behörde haben nun zu einer grotesken und EU-rechtlich fraglichen Situation geführt: Mit dem neuen österreichischen Geldspielgesetz wurden in Bezug auf die Casinobranche vor allem die Spielbankenabgaben gesenkt und auf der anderen Seite die Grundlage für einen konzessionsrechtlichen Wettbewerb geschaffen. Die momentane Situation hat das Monopol der Casinos Austria AG manifestiert, der Staat hat allein in den letzten Jahren mehrere hundert Millionen Euro an Steuern verloren, und Wien hat die Chance auf einen international renommierten Casinostandort vertan. Dies ist für einen Rechtsstaat wie Österreich und die Stadtcasino Baden AG ein äusserst ärgerliches Ergebnis.

Sie haben angekündigt, dass Sie eine Klage gegen die Republik Österreich prüfen werden. Wie realistisch ist es, dass ein solches Verfahren zum Erfolg führt?

Eine erste Analyse unserer Anwälte hat ergeben, dass unsere Chancen aussichtsreich sind. Schliesslich haben nicht nur die Gerichte in zwei Instanzen, sondern auch der österreichische Bundesgerichtshof die besagten Verfahrensmängel festgestellt. Diese hat ausschliesslich die zuständige Behörde des Finanzministeriums zu verantworten. Uns sind bislang Kosten in Höhe von ca. 5 Mio. Euro für das Konzessionsgesuch und vor allem für die Zeit nach dem Konzessionsentscheid im Jahre 2014 entstanden. In einem ersten Schritt müssen wir den Schaden beim Finanzministerium anmelden. Sollten wir dabei zu keiner Einigung gelangen, müssten wir, unter Einbindung unserer Anwälte, über das weitere Vorgehen entscheiden. Wichtig für unsere Aktionäre ist es zu wissen, dass die in der Vergangenheit entstandenen Investitionen im Zusammenhang mit dem Wiener Projekt bereits im 2015 vollständig abgeschrieben wurden, so dass es im laufenden Geschäftsjahr keine ausserordentlichen Belastungen mehr geben wird.

Nachdem die Expansion nach Liechtenstein schon gescheitert ist, gelingt nun auch der geplante Sprung nach Österreich nicht. Wie sieht Ihre künftige Expansionsstrategie aus? Werden Sie sich wieder ausschliesslich auf die Schweiz konzentrieren?

Unsere Strategie bleibt unverändert. Demnach will die Stadtcasino Baden AG im landbasierten Casinobereich im Inland und im grenznahen Ausland expandieren. Im Rahmen dieser Strategie prüfen wir laufend mögliche Projekte. In diesem Jahr haben wir uns aber vor allem auf unseren Badener Standort konzentriert und dort unser Angebot mit einem Budget von fast einer Million Franken optimiert.

Wo liegen die künftigen Schwerpunkte Ihrer Investitionen?

In erster Linie haben wir unseren grossen Spielsaal mit einem Teil des Foyers erweitert. Dort wurde ein neuer, abgeschlossener und attraktiver Pokerbereich geschaffen. Zudem haben wir im Sinne unserer Strategie „House of Entertainment“ das Entertainmentangebot ausgebaut. Dies haben wir mit einer Bühne im Spielsaal, einer Renovierung unseres Casino-Restaurants „Bugsy“ zum Thema Las Vegas und einer zusätzlichen Slot-Area umgesetzt.

In Deutschland betreiben Sie mit der Gauselmann-Gruppe zwei Spielbanken. Wie zufrieden sind Sie mit der Entwicklung an diesen Standorten?

Gemeinsam mit dem deutschen Gauselmann-Konzern haben wir 2014 die Konzession für das deutsche Bundesland Sachsen-Anhalt gewonnen. Anfangs 2015 wurde das erste Casino in Leuna und Mitte 2016 der zweite Standort in der Landeshauptstadt Magdeburg eröffnet. Die positive Entwicklung, vor allem in den letzten Monaten, zeigt, dass bereits im nächsten Jahr Gewinne möglich sind. In diesem Jahr ist für die deutsche Casinobranche mit einem allgemeinen Anstieg der Spielerträge zu rechnen. Zudem haben die regulatorischen Einschränkungen für die Spielhallen zukünftig eine positive Auswirkung.

Eine grosse Chance ergibt sich für die Schweizer Casinos auch durch das Onlinespiel. Hier hat sich der Casinoverband offenbar durchgesetzt, denn nur bestehende Casinos dürfen auch eine Online-Konzession beantragen. Was wird die Stadtcasino Baden AG hier unternehmen?

Der letzte Stand des neuen Geldspielgesetztes beinhaltet eine Legalisierung der Online-Casinos mit einem gebundenen Konzessionsmodell für die bisher konzessionierten Schweizer Spielbanken. Wir schätzen das Marktpotential für das Casino-Online-Gaming auf jährlich ca. CHF 250 Mio. Zurzeit fliesst dieses Geld unversteuert ins Ausland ab. Schon allein aus diesem Grund ist es sinnvoll, auch Online-Casinos in der Schweiz endlich zu regulieren. Das Grand Casino Baden bereitet sich zurzeit intensiv auf die neue Situation vor, denn in jedem Fall werden wir uns für eine Online-Konzession bewerben. Anfang 2017 werden wir daher bereits ein Social-Casino auf Free-Play-Basis anbieten. Wir nutzen damit die verbleibende Zeit bis zur Legalisierung, um unsere Erfahrungen auszubauen und um uns bestmöglich auf das Konzessionsverfahren vorzubereiten.

Wie hoch werden die Investitionen in das SocialCasino sein?

Wir haben eine Kooperation mit einem im Online-Casinomarkt bereits erfolgreichen Partner gewählt. Daher sind die Kosten bis zur Konzessionserteilung und dem dann möglichen Cash-Game-Angebot vorerst überschaubar. Der Schritt zur Inbetriebnahme ist dann technisch gesehen nur noch ein kleiner.

Zurück in die reale Welt: Ein Sorgenkind der Stadtcasino Baden AG ist die Beteiligung in Davos. Sie haben hier auch schon die Schliessung ins Auge gefasst. Wie sieht die Situation in Davos derzeit aus?

Der letzte Stand des neuen Geldspielgesetzes, welches voraussichtlich 2019 in Kraft treten wird, sieht eine Reduzierung der Spielbankenabgabe auf 10% für die beiden letzten Schweizer Bergcasinos in St. Moritz und Davos vor. Dies würde künftig wohl schwarze Zahlen für unsere Beteiligung in Graubünden bedeuten. Daher haben wir entschieden, den Gesetzgebungsprozess vor einer Schliessung abzuwarten. Nach dem deutlichen Rückgang der Spielerträge im letzten Jahr aufgrund der Eurokrise steigen die Umsätze in diesem Jahr leicht an.

Die SP hat im Stadtrat von Baden beantragt zu prüfen, welche Auswirkungen ein Verkauf der Aktienmehrheit an der Stadtcasino Baden AG auf das Casino hätte. Wie bewerten Sie diesen Vorstoss?

Das Grand Casino Baden ist für die Stadt Baden ein wichtiger Image- und Wirtschaftsfaktor. Mit unserem Konzept „House of Entertainment“ setzen wir neben dem Spiel auch gezielt auf Unterhaltungsangebote. Jährlich finden allein in unserem Club Joy und dem Casino über 400 Events statt. Somit ist eine Gewinnmaximierung nicht das vorrangige Unternehmensziel. Eine hohe Imagewirkung, die Zufriedenheit unserer Gäste und Mitarbeiter sowie die Erhaltung aller Regularien sind gleichwertig. Neue Eigentümer könnten dies anders sehen, was langfristig nachteilig für die Stadt Baden wäre. Zudem sind die Chancen für eine erfolgreiche Neuvergabe der Konzession ab ca. 2024 aus unserer Sicht mit einer städtischen Beteiligung höher.

In den letzten Jahren hat das Grand Casino Baden laufend an BSE verloren. Hat sich dieser Trend in 2016 fortgesetzt?

Neben dem seit 2007 höchsten Branchenrückgang macht uns der ab Juli 2015 begonnene Umbau des Badener Verkehrsknotenpunktes, dem Schulhausplatz, schwer zu schaffen. Wir schätzen die dadurch hervorgerufenen Umsatzrückgänge auf ca. jährlich über CHF 4 Mio. oder 7% ein. Trotz dieses negativen Indikators liegt der Bruttospielertrag bislang auf dem Vorjahresniveau, die Besucherzahlen liegen sogar leicht darüber. Sollte wir am Ende des Jahres das Ergebnis von 2015 übertreffen, wäre dies in Anbetracht des exogenen Einflusses ein grosser Erfolg.

Was bedeute die positive Tendenz im Grand Casino für das Gruppenergebnis?

Obwohl sich der Umbau des Schulhausplatzes auch sehr negativ auf die Umsätze der Gastronomie auswirkt, wird der Beitrag des Grand Casino Baden zum Gruppenergebnis aufgrund nochmals optimierter Kostenstruktur nur leicht unter dem Wert des Vorjahres liegen. Die Stadtcasino Baden AG wird im laufenden Jahr wieder ein positives Ergebnis aufweisen, denn die im Vorjahr vorgenommenen Wertberichtigungen waren nur einmalig.

Welche Auswirkungen wird dies auf die Dividende haben? Der Verwaltungsrat hat vor einigen Jahren die Dividende mit Hinblick auf die Investitionen in Wien von 25 auf 15 CHF reduziert. Ist nun eine Rückkehr zur alten Dividendenhöhe denkbar?

Diese Entscheidung wird der Verwaltungsrat im Frühling 2017 treffen. Ich rechne nicht mit einer Abnahme der Dividende gegenüber dem letzten Jahr.

Für die Stadtcasino Baden-Gruppe ist der Entscheid in Österreich ein weiterer Rückschlag in der Expansionsstrategie. Angesichts der Situation in Wien und auch dem fehlgeschlagenen Versuch, eine Konzession für ein Casino in Liechtenstein zu erhalten – in beiden Fällen hatte die Stadtcasino Baden-Gruppe keinen Einfluss auf das Scheitern der Verfahren –, erweckt die Auslandsexpansion schon fast den Anschein eines Glücksspiels. Dennoch dürfte der Entscheid, nach Wien zu expandieren, aus unternehmerischer Sicht und bei Abwägung der Chancen und Risiken richtig gewesen sein. Da für das laufende Geschäftsjahr nicht mehr mit ausserordentlichen Belastungen aus dem Wien-Engagement zu rechnen ist, dürfte sich das konsolidierte Unternehmensergebnis wieder im Bereich von rund 3.5 bis 4 Mio. CHF bewegen. Denn insgesamt lagen die Wertberichtigungen auf den Investitionen in Wien und Davos in 2015 bei 4.3 Mio. CHF; zudem belasteten Währungseffekte das letztjährige Ergebnis negativ. Diese beiden negativen Faktoren fallen in 2016 weg. Positiv ist die sich abzeichnende Bodenbildung bei der BSE-Entwicklung ebenso wie die weitere Kosteneffizienz. Sollte die Stadtcasino Baden AG zudem Erfolg bei ihren rechtlichen Auseinandersetzungen mit der Republik Österreich haben, würde dies mittelfristig zu einem ausserordentlichen Ertrag führen. Auf OTC-X wurden die Aktien zuletzt für 460 CHF gehandelt. Bei einem geschätzten Gewinn pro Aktie von 35 bis 40 CHF würde das Kurs-/Gewinn-Verhältnis für 2016 bei 12 bis 14 liegen, die Dividendenrendite – eine gleichbleibende Zahlung von 15 CHF je Aktie vorausgesetzt – bei 3.2%. Insgesamt erscheinen die Aktien auf dem aktuellen Niveau nicht zu teuer. Ein grösseres Aufwärtspotenzial für den Aktienkurs würde sich allerdings erst ergeben, wenn die Stadtcasino Baden-Gruppe neue Wachstumsfelder erschliessen kann. Eine grosse Chance könnte hier das Online-Gaming sein, sofern nach dem Ständerat auch der Nationalrat dem neuen Geldspielgesetz zustimmt.

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