Hypi Lenzburg: Regionalbank investierte 2020 kräftig in neue Projekte und Angebote

Banken-Software Finstar gewinnt neue Kunden

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Die Hypothekarbank Lenzburg (Hypi) gehört seit einigen Jahren zu den Innovationsführern unter den Schweizer Retailbanken. Der Jahresabschluss 2020 ist daher auch geprägt von den Zukunftsinitiativen der Bank: Auf der Ertragsseite konnte die Bank den Geschäftsertrag um rund 3% auf 85 Mio. CHF steigern, was vor allem durch die neuen Angebote gelang. Allerdings belasteten Investitionen in die Projekte und Angebote auch die Erfolgsrechnung. Unter dem Strich fiel der Gewinn um 14% oder 2.9 Mio. CHF auf noch 18 Mio. CHF.

Die Hypi erzielte 2020 einen tieferen Gewinn als im Vorjahr. Grund dafür sind Investitionen in neue Projekte. Bild: zvg
Zinsmarge bleibt unter Druck

Nach wie vor bleibt das Zinsengeschäft für die Hypi der wichtigste Ertragsbereich. 2020 lag der Brutto-Erfolg aus dem Zinsengeschäft bei 56.8 Mio. CHF (+ 2,7%). Positiv ausgewirkt hat sich hier insbesondere der geringere Zinsaufwand, der sich auf 4.5 Mio. CHF fast halbierte. Hier konnte die Hypi von Geldern anderer Marktteilnehmer profitieren, die sie zu Negativzinsen annahm. Dies habe der Bank Einnahmen in Höhe von 1.8 Mio. CHF eingebracht, teilte die Bank in einer Medienmitteilung mit.

Diese positive Entwicklung kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Zinsertrag gesamthaft um 3,8% abnahm. Dies, obwohl das Hypothekargeschäft sogar um 3,1% auf 4.1 Mrd. CHF gewachsen ist. Die Forderungen gegenüber Kunden erhöhten sich um 20,3% auf 227.4 Mio. CHF. Der starke Anstieg ist vor allem auf die 30 Mio. CHF Covid-19-Kredite zurückzuführen, welche im Rahmen der Hilfsprogramme des Bundes und des Kantons Aargau zur Bekämpfung der Corona-Krise vergeben wurden. Insgesamt schreibt die Regionalbank, dass die Zinsmarge weiterhin unter Druck sei und Ende 2020 «knapp unter 1%» gelegen habe.

Vermögensverwaltung wächst

Gesamthaft steuerten die Erträge aus den Zinsengeschäft 2020 mit 56.7 Mio. CHF noch genau 66.8% zu den Gesamterträgen bei. 2019 waren es noch 68,9%. Anhand dieser Zahlen zeigt sich, dass sich die Investitionen in neue Geschäftsfelder auszuzahlen beginnen. In der Vermögensverwaltung konnte die Bank mit ihrer Marke HBL Asset Management ein leichtes Wachstum von 5,6% auf 9.6 Mio. CHF verzeichnen. Die Erträge aus dem Handelsgeschäft lagen mit 2.9 Mio. CHF ebenfalls über dem Vorjahreswert, was auch auf die starke Volatilität an den Märkten zurückzuführen ist. Insgesamt lagen die Erträge aus Kommissionen und Dienstleistungen sowie dem Handelsgeschäft bei knapp 20% der Gesamterträge.

Drei neue Kunden für die Finstar-Plattform

Das stärkste Wachstum verzeichnete mit einem Plus von 17,6% auf 11.3 Mio. CHF der Bereich übrige ordentliche Erträge, der auch das Geschäft mit der Open-Banking-Plattform Finstar umfasst. Wie die Hypi weiter mitteilte, stammen 5.8 Mio. CHF Nettoerfolg aus Services und Finstar. Den neuen Finstar-Kunden Caisse d’Epargne d’Aubonne und Caisse d’Epargne Riviera konnten in 2020 erste Projektkosten fakturiert werden. Zudem wurde die Spar+Leihkasse Gürbetal als neuer Finstar-Kunde gewonnen. «Wir haben weitere Offerten für Finstar ausgegeben und rechnen mit weiteren Partnern“, sagte Marianne Wildi, CEO der Hypi Lenzburg, am Freitag gegenüber den Medien.

Smartphonebank «Neon» beschert Kundengeld-Zuwachs

Zudem kündigte sie den Ausbau des Finstar-Ökosystems mit weiteren externen Partnerfirmen an. Zu den Projekten gehört auch der Aufbau einer Plattform für Digitale Vermögenswerte gemeinsam mit der Berner Kantonalbank. Als weitere Kooperationen nannte Wildi die Zusammenarbeit mit Start-ups wie Everon und Belvoir Capital. Auf einem sehr guten Weg ist die Partnerschaft mit der Smartphonebank «Neon». Diese trug auch dazu bei, dass die Kundengelder um 8,8% auf 4.3 Mrd. CHF zulegen konnten. 152 Mio. CHF stammten nach Angaben der Hypi von den Privatkonten, die die Hypothekarbank Lenzburg für die Kunden von «Neon» verwaltet. «Die Partnerschaft mit Neon beginnt sich auf verschiedenen Ebenen auszuzahlen, nicht zuletzt in den Bereichen der Refinanzierung und Karten», so Marianne Wildi.

Geschäftsaufwand steigt um 8%

Belastet wird der Jahresabschluss vor allen Dingen durch die starke Investitionstätigkeit der Bank in die digitale Transformation. Der Geschäftsaufwand stieg um 8% auf 51.1 Mio. CHF. Unter dem Strich resultierte im vergangenen Jahr ein Gewinn von 18.1 Mio. CHF, was 14,1% weniger als im Vorjahr sind. Den Aktionären soll dennoch die Ausschüttung einer unveränderten Dividende von 110 CHF pro Aktie an der Generalversammlung vom 20. März 2021 vorgeschlagen werden. Die GV wird auch in diesem Jahr wieder ohne Präsenz der Aktionäre stattfinden.

Zurückhaltender Ausblick

Für das laufenden Geschäftsjahr gibt sich die Hypi aufgrund der unsicheren Rahmenbedingungen zurückhaltend. «Das Coronavirus wird die Wirtschaft und Gesellschaft weiter in Schach halten, auch wenn die nun weltweit angelaufenen Impfinitiativen für eine gewisse Entspannung sorgen könnten», so Marianne Wildi in einer Medienmitteilung. Die Zinsmarge werde aufgrund weiterhin tiefer Zinsen unter Druck bleiben. Man verfolge die Preisentwicklung auf dem Immobilienmarkt und die Folgen der Pandemie auf einzelne KMU jedoch aufmerksam, um die Auswirkungen auf das Kreditportfolio abschätzen zu können, heisst es weiter.

Unabhängig davon will die Hypi die Investitionen in die digitale Transformation weiterführen. Dazu zählen insbesondere die Weiterentwicklung der Finstar-Plattform, der dafür notwendigen Infrastruktur und ausgewählter Kooperationen im Zusammenhang mit der Open-Banking-Strategie sowie ein punktueller Ausbau der dazu benötigten Personalressourcen.

Fazit

Für die Hypothekarbank Lenzburg ist es schon lange keine Frage mehr, wie man auf die Herausforderungen des Strukturwandels in der Branche reagieren will. Die Regionalbank schreitet mutig voran und engagiert sich in vielfältigen Initiativen, um die digitale Transformation aktiv mitzugestalten. Dabei scheuen sich Geschäftsleitung und Verwaltungsrat auch nicht davor, die Investitionen hochzufahren. Sparen als Reaktion auf rückläufige Erträge scheint in Lenzburg nicht die richtige Massnahme zu sein.

Die Zahlen für das Geschäftsjahr 2020 zeigen, dass sich der Mut auszuzahlen beginnt. Die neuen Kunden für die Finstar-Plattform lassen auch in Zukunft auf steigende Erträge in diesem Geschäftsbereich hoffen. Ebenso zeigt der Zuwachs an Kundengeldern durch die Kooperation mit Neon, dass sich dank intelligenter Partnerschaften auch ein Wachstum ausserhalb des Heimmarktes im Kanton Aargau erreichen lässt. Mittlerweile trägt das Kerngeschäft «Zinserträge» nur noch zwei Drittel zum gesamten Geschäftsertrag bei. Das ist, verglichen mit anderen Regional- und Kantonalbanken, ein guter Wert. Allerdings dürfte dies noch lange nicht ausreichen, um noch unabhängiger vom traditionellen Zinsengeschäft zu werden.

Seit dem starken Kursrückgang im März 2020 bewegt sich der Aktienkurs der Hypi-Aktie seitwärts. Chart: moneynet.ch

Die Voraussetzungen für ein weiteres Wachstum mit der Finstar-Plattform und digitalen Partnerschaften sind gegeben. Insgesamt könnte es daher sein, dass die Hypi Lenzburg in fünf bis zehn Jahren als ein Gewinner aus der aktuellen Transformationsphase hervorgeht. Bis dahin müssen sich die Aktionäre allerdings noch in Geduld üben. Denn die Investitionen in den kommenden Jahren dürften sich auch weiterhin in stagnierenden oder rückläufigen Gewinnzahlen auswirken. Die geplante Dividende von 110 CHF je Aktie dürfte während dieser Durststrecke allerdings ein guter Ausgleich sein. Zuletzt wurden an der SIX Swiss Exchange 4’240 CHF für eine Aktie bezahlt. Eine Dividendenrendite von 2,6% ist gerade in der aktuellen Tiefzinsphase eine attraktive Verzinsung.

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