OTC-Neulinge im Überblick: Über stille Reserven und die Kursrakete Weleda

0
3565
12017
Quelle: Weleda

Bewegte Tage bei CKW Centralschweizerische Kraftwerke AG. Nachdem sich der Versorger Anfang Februar von der Börse verabschiedet hat und seither ausserbörslich gelistet ist, werden Aktionäre jetzt mit einem unerwarteten Übernahmeangebot konfrontiert. Wie wir bereits am Donnerstag auf schweizeraktien.net berichtet haben, ist dieses Angebot durch die Taunus Capital Management AG weder mit dem Unternehmen abgesprochen noch sonderlich attraktiv. Der Angebotspreis von 108.75 EUR – rund 115 CHF – je CKW-Aktie scheint lächerlich niedrig. Immerhin liegt diese Offerte um rund 40% unter dem zuletzt bezahlten CKW-Kurs. Aber fragen kostet ja bekanntlich nichts.

Mit dem Wechseln in den OTC-Handel ist CKW allerdings kein Einzelfall. Immer wieder wechseln kotierte Unternehmen in den ausserbörslichen Handel. Zuwachs bekommt das OTC-Segment auch durch Firmen, die dort ihren Börsenstart mit einem Listing absolvieren.

Wechsel in den ausserbörslichen Handel: geringere Kosten, weniger Verwaltungsaufwand

Die Gründe für den Wechsel in das ausserbörsliche Segment oder die Aufnahme des Listings dort liegen auf der Hand: weniger Kosten, weniger Verwaltungsaufwand und damit verbunden auch weniger gebundene Managementkapazität. Denn das reine Listing im OTC ist kostenlos, es werden allenfalls Gebühren für ein vereinbartes Market-Making fällig. Dazu kommen weniger regulatorische Anforderungen, deren Verschärfung  beispielsweise die Rapid Holding Anfang Dezember 2014 zum Wechsel von der Berner Börse in den nicht kotierten Bereich veranlasst hat. Auf jeden Fall erreichen die Kosten der Kotierung an der Börse schnell sechsstellige Bereiche jährlich – für Unternehmen mit geringer Marktkapitalisierung von wenigen Mio. CHF ein gewaltiger Betrag.

Nun fragen sich Anleger aber: Was wird aus Aktien, die vom börslichen in den ausserbörslichen Bereich wechseln? Wie entwickelt sich der Kurs? Und wie laufen Neulinge im OTC-Segment generell? Gibt es Kurssteigerungen oder bleiben kleine Titel immer unbekannt und unbeachtet?

Entwicklung der OTC-Neulinge: Ein Überblick

Für einen kleinen Überblick hat schweizeraktien.net die Kursentwicklung von Unternehmen, die von der Börse in den OTC-Markt gewechselt haben, und völligen Neulingen im nicht kotierten Bereich über einen Zeitraum von drei Jahren seit 2012 untersucht. Von den 16 neu gelisteten Unternehmen kommt neben CKW auch Victoria-Jungfrau Collection von der SIX. Die Hotelgruppe wechselte 2013 in den OTC-Handel. Von der Berner Börse wechselten seit 2012 mit Gondelbahn Grindelwald, Rapid, Thurella, BLS und Berner Oberland Bahnen fünf Unternehmen in den ausserbörslichen Bereich. Zu diesen genannten sieben Titeln, die das Segment gewechselt haben, kommen weitere sieben Unternehmen, die völlig neu gelistet sind: Athris Holding und Zug Estates, Nexus und Seilbahn Weissenstein, SUTEC und Raurica Wald. Dann sind da noch zwei weitere: Die Aktie von Weleda wurde zuvor bei Bondpartners gehandelt und von OTC-Neuling Loeb Holding sind die Partizipationsscheine an der SIX kotiert.

Der jüngste Neuzugang im OTC-Markt, CKW, verbucht seit der Aufnahme des Listing leichte Kursverluste. Das muss allerdings nicht Folge des Wechsels in den nicht kotierten Bereich sein. Denn manchmal verlieren Aktien gleich nach Bekanntgabe eines Delisting von der SIX an Wert – CKW hielt sich dagegen nach Veröffentlichung des Antrags am 25. September noch rund zwei Wochen auf dem damaligen Kursniveau. Auf jeden Fall hat CKW als Versorger ohnehin mit zahlreichen Problemen zu kämpfen. Grosse Sprünge sind da weniger zu erwarten.

Victoria-Jungfrau Collection mit klarer Outperformance

Immerhin kann ex-SIX-Mitglied Victoria-Jungfrau Collection hinsichtlich Performance seit dem Wechsel auf OTC-X ganz klar überzeugen. Während der Schweizerische Leitindex SMI seit dem Listing der Hotelgruppe aus Interlaken Ende 2013 per Saldo nur auf der Stelle tritt, bringt Victoria-Jungfrau ein Kursplus von rund 16%. Mit zuletzt bezahlten 295 CHF notiert die Aktie sogar noch unter dem Kaufangebot von 310 CHF, das vor einem Jahr von Aevis Holding für das Hotel bezahlt wurde. Damals wurde übrigens für Victoria-Jungfrau eine Wertbandbreite je Aktie von 300 bis 325 CHF genannt. Mit einem Handelsvolumen von rund 1.6 Mio. CHF im Gesamtjahr 2014 wurde die Aktie sogar vergleichsweise rege gehandelt.

Bei den anderen drei in 2013 neu gelisteten Titeln Gondelbahn Grindelwald, Seilbahn Weissenstein und EW Altdorf gab es ähnlich wie im SMI per Saldo kaum Kursbewegung. Dabei gibt es bei den Aktien von Gondelbahn Grindelwald und EW Altdorf übrigens so gut wie keine Liquidität. Die Gondelbahn ist aber mit einem Börsenwert von 4.2 Mio. CHF ohnehin nur sehr niedrig kapitalisiert. Immerhin: Selbst Winzlinge wie der Bahnbetreiber können via OTC-Listing einen mehr oder weniger guten Handel ihrer Aktien erreichen und schaffen so für die Aktionäre die wichtige Fungibilität.

Thurella – starkes Interesse der Anleger

Eine überwiegend analoge Entwicklung zum Gesamtmarkt weisen auch die Aktien der OTC-Titel auf, die 2014 neu an den Markt gekommen sind. Der Nahrungsmittelhersteller Thurella stösst dabei mit einem Handelsvolumen von rund 740‘000 CHF alleine seit Jahresanfang 2015 auf grosses Interesse der Anleger. Immerhin läuft der Turnaround unseres Musterdepotwerts auf vollen Touren. Wirklich enttäuschend unter den Neuzugängen zum OTC-Markt der letzten drei Jahre lief die Kursentwicklung bei BLS. Das Verkehrsunternehmen kam von der Berner Börse ins OTC-Segment. Seit dem Wechsel Anfang 2014 verliert die Aktie bereits um 35,7% an Wert.

Von Athris Holding AG, der ehemaligen Jelmoli Beteiligungen AG, sind übrigens gleich zwei Aktiengattungen gelistet, die sich mit jeweils rund 30% Kursgewinn seit 2012 in etwa SMI-konform entwickelt haben: Namenaktien und Inhaberaktien. Die Beteiligungsgesellschaft legt offensichtlich Wert auf Zurückhaltung. Eine Web-Seite ist nicht verfügbar. Dabei zählt die Holding mit einer Marktkapitalisierung von rund 650 Mio. CHF schon zu den gewichtigeren Beteiligungsgesellschaften. Wie im August 2013 auf schweizeraktien.net berichtet sind in der Bilanz stille Reserven zu vermuten. Dabei notiert die Aktie derzeit bei einem Kurs von 280 und 1425 CHF schon bezogen auf den 2013er-Buchwert unter Eigenkapital von damals geschätzt rund 331 CHF je Namensaktie und 1656 CHF je Inhaberaktie.

Zug Estates – nicht günstig

2012 kam auch die Namenaktie Serie A von Zug Estates auf OTC. Die Namenaktien Serie B sind auch an der SIX kotiert. Die Performance der Serie A seit dem Listing von rund 10% liegt zwar unter der Entwicklung des SMI. Das mag an der hohen Bewertung liegen. Zwar konnte das Immobilienunternehmen seinen Liegenschaftsertrag zum Halbjahr um 11.8% auf 11.9 Mio. CHF steigern, und die Neubewertung des Portfolios ergab einen zusätzlichen Gewinneffekt in Höhe von 10.5 Mio. CHF. So wurde auch für das Gesamtjahr 2014 eine deutliche Steigerung des Betriebsergebnisses vor Abschreibung und Neubewertung angekündigt.

Anleger warten deshalb gespannt auf die Veröffentlichung des Geschäftsberichts am 13. März. Dennoch: Die Aktie bietet bisher nur eine niedrige Dividendenrendite um 1.5% und ist mit einem Kurs/Buchwert-Verhältnis im Bereich von 1 nicht unbedingt günstig bewertet.

Weleda mit starkem Lauf

Dass OTC-Titel stark in den Fokus von Anlegern rücken können, zeigt die Entwicklung der Namenspartzipationsscheine auf die Weleda. Seit dem Listing hat sich das Handelsvolumen im Partizipationsschein massiv erhöht: Wurden in acht Monaten 2012 lediglich Scheine im Volumen von rund 50‘000 CHF gehandelt, so waren es 2013 bereits mehr als 500‘000 CHF und 2014 sogar über 1.0 Mio. CHF. In diesem Jahr dürften es sogar noch mehr werden. Bereits in den ersten sechs Börsenwochen wechselten nämlich schon Weleda-PS im Volumen von knapp 200‘000 CHF den Besitzer. Das seit 2013 massiv gestiegene Interesse an Weleda ist leicht erklärt: Der Kurs des Partizipationsscheins hat sich nämlich von 290 CHF auf inzwischen 2’500 CHF annähernd verzehnfacht.

Kommentar verfassen