Schweizer Zucker: Gesellschaft erwartet im Geschäftsjahr 2014/15 Betriebsverlust – Weitere Kostensenkungen notwendig

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Die Rübenernte auf den Feldern erfolgt unter dem Einsatz teurer Maschinen. Quelle: Schweizer Zucker AG
Die Rübenernte auf den Feldern erfolgt unter dem Einsatz teurer Maschinen. Quelle: Schweizer Zucker AG

Die Schweizer Zucker AG, der einzige Zuckerproduzent in der Schweiz, veröffentlichte vor wenigen Tagen in einem Aktionärsbrief eine Gewinnwarnung. Wie bereits im Vorjahr sind das für die Aktionäre unerfreuliche Nachrichten: So rechnet die Gesellschaft damit, im Geschäftsjahr 2014/15 einen Verlust auf der Stufe Betriebsergebnis auszuweisen. Wegen der gefallenen Preise für Zucker erwartet die Gesellschaft deutlich tiefere Erlöse im Hauptgeschäftsfeld Industriezucker. Da die Rübenpreise für die Ernte 2014 bereits im Vorfeld festgelegt wurden, konnten diese nicht an die veränderten Preisbedingungen angepasst werden. Zusätzlich belastend habe sich die „Grossernte“ ausgewirkt. So seien trotz einer guten Kostendisziplin entsprechend hohe Verarbeitungskosten angefallen.

Zuckerpreise verharren auf tiefem Niveau

Keine positiven Signale für die Zuckerpreisentwicklung sind aus dem Ausland zu vernehmen. Obwohl die globale Zuckerbilanz sich allmählich von einer Über- zu einer Unterversorgung entwickelt, verharren die Preise in der Nähe der Tiefststände von 330 CHF pro Tonne Zucker. Höher sind die Preise in der Europäischen Union, wo der Durchschnittspreis ein Niveau von 440 CHF pro Tonne erreicht hat. Allerdings sind auch dort die Preise im Vorfeld der für das Jahr 2017 anstehenden neuen Marktregelungen mit der Aufgabe der Produktionsquoten massiv eingebrochen. Für den Sommer 2015 rechnet die Europäische Kommission indessen mit einer eher knappen Versorgungssituation bei Zucker, was die Preise stützen sollte.

Euroschwäche verbilligt Importzucker zusätzlich

In der letzten Zuckerkampagne, so wird die jährliche Zuckerrübenernte im Fachjargon genannt, im Spätherbst 2014, wurden 320’000 Tonnen nach nur 223’000 Tonnen im Vorjahr produziert. Dies erlaubte es der Gesellschaft, die bei Beginn der Kampagne nahezu leeren Lager gut zu füllen. Die Versorgungssituation hat sich somit vollständig normalisiert, und der Zukauf von Zucker aus dem Ausland ist nicht notwendig. Allerdings werden die Verkäufe durch billigen Importzucker belastet. Neben dem Marktpreiszerfall wurden die Grenzabgaben in mehreren Schritten zudem stark reduziert. Eine weitere Verschlechterung der Situation brachte die Aufgabe der Wechselkursunterstützung des Schweizer Frankens gegenüber dem Euro durch die Schweizerische Nationalbank. Obwohl die Schweizer Zucker AG ihre Verkaufspreise mehrmals nach unten anpasste, liegen die Absatzzahlen deutlich hinter den Vorjahreswerten.

Anbauflächen um 5% reduziert

Für den Rübenanbau im laufenden Jahr wurden die Anbauflächen nach der Rekordernte des letzten Jahres um rund 5% reduziert. Nach der frühen Aussaat bei guten Bedingungen verursachten die kalten Nächte in der Ostschweiz und massive Niederschläge in der Westschweiz Schäden an den Kulturen. Es zeichnet sich somit ab, dass die Erträge das Niveau des Vorjahres nicht erreichen werden. Im Rahmen der Branchenvereinbarung wurden die den Pflanzern bezahlten Rübenpreise für 2015 reduziert.

Weitere Kosteneinsparungen von 10% nötig

Die Gesellschaft reagierte bereits in den letzten drei Jahren mit dem Projekt „Fitness“ auf die sich abzeichnenden Preiskorrekturen am Zuckermarkt. Im laufenden Geschäftsjahr erlaubt das Projekt Einsparungen von 8.5 Mio. CHF. Wegen des anhaltenden Preisdrucks sieht sich die Schweizer Zucker AG gezwungen, in den nächsten zwei Jahren bei den Kosten weitere 10% einzusparen. Die Massnahmen betreffen alle Bereiche. So müsse unter anderem auch die Arbeitsproduktivität weiter gesteigert werden. Aktuell laufen Verhandlungen über eine Verlängerung der wöchentlichen Arbeitszeit mit den Sozialpartnern. Trotz dieser Massnahmen wird es nicht gelingen, ein ausgeglichenes Ergebnis zu erwirtschaften. Die Gesellschaft versucht daher, Subventionen von der öffentlichen Hand zur Förderung des Rübenanbaus in der Schweiz und einen angepassten Grenzschutz für Schweizer Zucker zu erhalten. Derzeit sieht sich die Schweizer Zucker AG mit grossen Herausforderungen konfrontiert, die auch die nächsten Jahre anhalten werden. Durch gemeinsame Anstrengungen aller Beteiligten und einer guten Zusammenarbeit in der Wertschöpfungskette will die Gesellschaft auch zukünftig die Kunden mit Schweizer Qualitätszucker beliefern.

Die Ertragsaussichten für die Schweizer Zucker AG sind nicht gut. Dies ist vor allem dem schwierigen Marktumfeld für das Zuckergeschäft geschuldet. So leiden auch die europäischen Grosskonzerne, wie etwa die Deutsche Südzucker AG, unter dem Preiszerfall des Zuckers bei anhaltend hohen Produktionskosten. Die Aussagen der Gesellschaft, an der Produktion von Zucker festhalten zu wollen, lässt den Schluss zu, dass die im Vorjahr gemachte Ankündigung möglicherweise Rückstellungen aufzulösen, um den Pflanzern einen angemessenen Rübenpreis zahlen zu können, weiterhin Bestand hat. Dennoch stellt sich die Frage nach der Schmerzgrenze für die Produktion von Zucker in der Schweiz, die angesichts der aktuellen Tiefstpreise und dem sehr günstigen Importzucker aktueller denn je ist. Die Anlagen zur Zuckerproduktion weisen zudem sehr hohe Fixkosten auf, die nur bei einer grossen Auslastung tragbar erscheinen. Ein allfälliger deutlicher Rückgang der Erntemenge lässt die Kosten nur unterproportional fallen, was sich negativ auf das Ergebnis auswirken wird.

Für das laufende Jahr wird die Gesellschaft einen Verlust ausweisen. Dies lassen die Aussagen des Aktionärsbriefs vermuten. Es wäre zwar möglich, durch die Auflösung von Reserven ein positives Resultat auszuweisen. Dies erscheint derzeit jedoch als sehr unwahrscheinlich. Die schwachen Zahlen dürften sich auch in der Ausschüttungspolitik niederschlagen. Nachdem bereits für das Vorjahr die Dividende um 0.30 CHF auf 0.50 CHF pro Aktie gekürzt wurde, ist eine weitere Kürzung sehr wahrscheinlich. Auch ein kompletter Dividendenverzicht erscheint nicht vollkommen abwegig.

Die Aktien werden auf der ausserbörslichen Handelsplattform OTC-X der Berner Kantonalbank (BEKB) gehandelt. Innerhalb der letzten zwölf Monate haben die Aktien um fast 44% ihres Werts verloren und wurden letztmalig zu Kursen von 18.50 CHF gehandelt. Wegen des zu erwartenden Verlustausweises können die Papiere nicht mehr auf der Basis des Kurs/Gewinn-Verhältnisses bewertet werden. Ebenso erscheint eine Beurteilung der Titel auf der Basis der Dividendenrendite wenig aussichtsreich, da ein vollständiger Dividendenverzicht nicht ausgeschlossen werden kann. Der entsprechende Entscheid hierfür liegt bei den Grossaktionären, die bereits im Vorjahr die Kürzung der Dividende, ganz im Gegensatz zum Gros der an der Generalversammlung teilnehmenden Kleinaktionäre, gutgeheissen haben.

Somit können die Papiere lediglich noch auf der Basis des Buchwerts bewertet werden. Dieser betrug per Bilanzstichtag 30. September 2014 rund 59 CHF pro Aktie. Hieraus lässt sich ein Discount von fast 70% auf der Basis des aktuellen Kurses ermitteln. Zudem dürfte die Gesellschaft über nicht unerhebliche stille Reserven in den Sachanlagen verfügen. Auch besitzt die Gesellschaft sehr hohe Rückstellungen in Höhe von 126 Mio. CHF, welche die ausgewiesenen Eigenmittel von 101 Mio. CHF übersteigen. Diese theoretisch vorhandenen Werte dürften jedoch in der Zukunft sinken, ohne dass die Kleinaktionäre hiervon profitieren können. Die Kleinaktionäre sind nur „Trittbrettfahrer“ und müssen sich den Interessen der Hauptaktionäre, bestehend aus den Zuckerrübenpflanzern und der Vereinigung für Zuckerrüben, beugen. Bei den Papieren handelt es sich dennoch um sehr substanzstarke Aktien, bei denen die Substanz selbst bei einer längeren Schwächeperiode des Zuckermarktes über einen Zeitraum von fünf Jahren den aktuellen Kurswert übersteigen sollte. Da dies aber keineswegs sicher ist, eignen sich die Aktien auch auf dem aktuellen Niveau nur für risikobereite Investoren zur Anlage. Diese könnten indessen von einer Verbesserung der Preissituation im Rahmen einer möglichen Verknappung des Zuckerangebots profitieren.

Eine ausführliche Unternehmensanalyse der Schweizer Zucker AG von OTC-X Research finden Sie auf www.otc-x.ch.

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