Christoph Egger, CEO Schilthornbahn: „Die Anzahl chinesischer Gäste ist förmlich explodiert“

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Christoph Egger, CEO der Schilthornbahn AG. Bild: zvg
Christoph Egger, CEO der Schilthornbahn AG. Bild: zvg

Nach einem sehr guten Geschäftsjahr 2014 befindet sich die Schilthornbahn AG auch in diesem Jahr auf Rekordkurs. Wie die Bahn in einer Medienmitteilung bekannt gab, lagen die Frequenzen der Luftseilbahn bis 15. September um 24.5% über dem Vorjahreswert. Eine starke Zunahme der asiatischen und arabischen Gäste, der heisse Sommer und neue Attraktionen haben dazu geführt, dass auch die Einnahmen der Luftseilbahn bis Ende August um rund 25% das Vorjahresniveau übertrafen. Auch wenn der Gesamtumsatz des Unternehmens, zu dem die Luftseilbahn von Stechelberg nach Mürren, die Schilthornbahn auf den 2’970 hohen Piz Gloria sowie die Allmendhubelbahn gehören, in 2015 nicht ganz so stark steigen wird, dürfte das Unternehmen wieder auf ein Rekordergebnis zusteuern. CEO Christoph Egger spricht im Interview mit schweizeraktien.net über die erfreuliche Lage, die starke Zunahme chinesischer Gäste und die Herausforderungen.

Herr Egger, andere grosse Bergbahn-Unternehmen wie die Jungfraubahnen oder die Titlisbahnen melden Rekordzahlen für das Sommergeschäft. Wie verlief die Sommersaison bei der Schilthornbahn?

Wir sind mit dem bisherigen Geschäftsverlauf sehr zufrieden. Bis Ende August sind die Bareinnahmen an der Kasse der Luftseilbahn gegenüber dem Vorjahr um 25% gestiegen.

Woher kommt dieses Wachstum, und spüren Sie denn nichts von dem schwachen Euro? Die Gäste aus dem Euroraum müssten doch eigentlich in diesem Jahr scharenweise wegbleiben.

Wir haben den starken Schweizer Franken schon zu spüren bekommen, insbesondere ab Mitte März. Der Markt Deutschland und Benelux hat sich sehr schwach entwickelt. Bei den Gästen aus Grossbritannien konnten wir hingegen eine leichte Steigerung verzeichnen. Profitiert haben wir aber ganz klar von einem Zustrom der asiatischen und arabischen Gäste. Positiv war auch der heisse Sommer, der uns viele Tagesausflugsgäste aus der Schweiz gebracht hat. So konnten wir den Besucherrückgang, den die Euroschwäche ausgelöst hat, mehr als kompensieren.

Wie gross ist der Anteil an chinesischen Gästen auf dem Schilthorn?

Dieser liegt mittlerweile bei 25%. Vor einem Jahr waren es nur 15%. USA und Kanada machen rund 12% aus. Und etwa ein Drittel sind Schweizer Gäste, vor allem im Wintersport.

Befürchten Sie nicht, dass sich der hohe Anteil an chinesischen Gästen zu einem Klumpenrisiko entwickeln kann? Dies gerade jetzt, wo sich in China eine wirtschaftliche Abkühlung abzeichnet und die Börsenkurse extrem gefallen sind.

Die wirtschaftliche Schwäche und der Börsencrash in China haben bisher keine Auswirkungen auf unser Geschäft. Denn nur ein kleiner Teil der Chinesen ist wirklich an der Börse investiert. Vielleicht fehlt diesen Personen nun das Geld für einen Uhrenkauf. Insgesamt rechnen wir aber nicht mit einem Einbruch des chinesischen Marktes. Das Wachstum wird sich fortsetzen, denn derzeit kommen vor allen Dingen Gäste aus den sogenannten Tier-1-Citys wie Beijing, Shanghai, Guangzhou und Shenzhen zu uns. Diese haben alle über 20 Mio. Einwohner. Dann gibt es noch mehr als 30 Second-Tier Citys, die alle zwischen 1 und 10 Mio. Einwohner haben. So schnell bricht der Markt nicht zusammen.

Kommen Sie angesichts dieses Gästezustroms auch an Ihre Kapazitätsgrenzen, wie das bei den Jungfraubahnen teilweise der Fall ist?

Unsere Situation ist mit dem Zustand Jungfraujoch nicht vergleichbar. Wir sind aber diesen Sommer hin und wieder auch an unsere Kapazitätsgrenzen gestossen. Waren es im letzten Jahr noch 35’000 Chinesen, so haben wir in diesem Jahr doppelt so viele chinesische Gäste auf das Schilthorn transportiert. Es ist daher wichtig, dass wir die Förderkapazitäten noch besser abstimmen und eine tageszeitiche sowie saisonale Steuerung einführen. Die grösste Herausforderung wird allerdings die Balance der Gästestruktur sein.

Was verstehen Sie genau unter „Balance der Gästestruktur“?

Die Anzahl der chinesischen Gäste am Schilthorn ist in diesem Jahr förmlich explodiert. Dies, obwohl wird Ende letzten Jahres aufgrund der Einführung eines neuen Reisegesetzes eher mit einer Zurückhaltung gerechnet hatten. Nun müssen wir schauen, dass wir auf den richtigen Gästemix setzen. Denn Europäer und auch wir Schweizer wollen nicht in der Minderheit sein, wenn wir einen Tages- oder Wochenendausflug machen. Als neue, interessante Zukunftsmärkte erachten wir u.a. die Türkei und auch den Iran.

Welche grossen Investitionen stehen in Zukunft noch an?

Wir haben einen 10-Jahres-Investitionsplan. In diesem und im kommenden Jahr steht die Sanierung des Piz Gloria an, die rund 7.5 Mio. CHF kosten wird. Bis 2017 wollen wir die Beschneiungsinfrastruktur in den unteren Regionen des Skigebietes verbessern. Insgesamt sind die geplanten Investitionen überschaubar und können weitgehend aus dem laufenden Cashflow finanziert werden.

Wie steht es um das Hotelprojekt „The Myrrhen“? Werden Sie hier als Investor auftreten?

Es ist vorgesehen, dass für das geplante Apartment-Hotel ein Investor gesucht wird, sobald die Baubewilligung vorliegt. Damit rechnen wir im kommenden Jahr. Insgesamt umfasst das Projekt vier Häuser mit 75 Wohneinheiten. Durch die 300 zusätzlichen Betten könnte die Zahl der warmen Betten in Mürren auf 950 steigen. Für uns bedeuten diese zusätzlichen Betten eine Frequenzsteigerung.

Das Hotel wird auf einem Grundstück der Schilthornbahn AG realisiert. Werden Sie das Land verkaufen?

Das ist so vorgesehen, steht aber noch nicht definitiv fest.

Die Aktien der Schilthornbahn AG gehören nach wie vor zur Kategorie der Qualitätsaktien unter den Schweizer Bergbahntiteln. In den letzten drei Jahren hat das Unternehmen operativ enorme Fortschritte gemacht. Nun profitiert es mit einem verbesserten Angebot auch von dem hohen Zustrom an chinesischen Gästen. Gemessen am ausgewiesenen Gewinn von 50.30 CHF für das letzte Geschäftsjahr erscheint die Aktie mit einem KGV von 24, selbst bei einem Gewinnanstieg für 2015, nicht mehr günstig. Angesichts der hohen Abschreibungen – in 2014 wurden Abschreibungen in Höhe von 5.4 Mio. CHF (Vorjahr: 3.8 Mio. CHF) vorgenommen – dürfte der betriebswirtschaftlich realistische Gewinn jedoch höher ausfallen. Attraktiv sind die Aktien wegen ihrer Dividende in Höhe von 36 CHF, welche bei Kursen um die 1240 CHF auf der Handelsplattform OTC-X einer Rendite von 2.9% entsprechen. Da angesichts des überschaubaren Investitionsbedarfes die Ausschüttung auch in den kommenden Jahren sichergestellt sein dürfte und eher mit einer Dividendenerhöhung als mit einer Reduktion zu rechnen ist, bleiben die Aktien für Value-Investoren weiterhin attraktiv. Zudem profitieren Aktionäre von einem Aktionärsbillet, das in der Woche der Generalversammlung zu einer Retourfahrt auf das Schilthorn berechtigt.

Hinweis in eigener Sache: Mehr über die Zukunft des Schweizer Bergtourismus erfahren Sie im Branchentalk Tourismus
am 4. November 2015 im Kursaal Bern. Programm und Anmeldung finden Sie hier.

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