Sunstar Hotels: Anhaltende Schwächephase der Tourismusbranche verhindert Rückkehr in die Gewinnzone – strukturelle Änderungen möglich

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Aussenansicht im Sunstar Alpine Hotel Flims
Aussenansicht des Sunstar Alpine Hotel Grindelwald im Sommer. Bild: grindelwald.sunstar.ch

Die Schweizer Hotelgruppe Sunstar Holding AG musste im Geschäftsjahr 2015/16, welches per 30. April 2016 endete, erneut einen Jahresverlust ausweisen. Dies haben wir bereits im Mai nach der Vorlage der vorläufigen Zahlen erwartet. Auch für das laufende Jahr rechnet die Gesellschaft, wie dem jüngsten Geschäftsbericht entnommen werden kann, nicht mit schwarzen Zahlen. Noch deutlicher wird der scheidende VR-Präsident Werner Degen im Editorial. So sei das traditionell margenschwache Geschäft der Ferienhotellerie kaum gewinnbringend zu betreiben. Dies gelte zumindest für das aktuelle Portfolio an Betrieben. Demnach werde dessen Optimierung zwangsläufig zum Thema. Was hierunter zu verstehen ist, zeigt etwa die Schliessung des 3-Sterne-Hauses in Davos und dessen geplante Umnutzung. Ähnliche Pläne könnte das Unternehmen auch für weitere nicht rentable Betriebe hegen. Dies lässt auch die Darstellung, wonach die Unternehmensstrategie grundlegend überarbeitet wird, vermuten. Noch offen ist auch die Zukunft des im 2011 erworbenen Hotels Collina in Pontresina. Erst wenn die Rechtslage vollständig geklärt ist, kann über die Vorgehensweise beim geplanten und bewilligten Erweiterungsbau entschieden werden. Als Nachfolger für Degen soll mit Kuno Sommer eine vor allem aus der Chemie- und Pharmabranche bekannte Persönlichkeit die Führung der Hotelgruppe übernehmen. Sommer ist VR-Präsident des an der Schweizer Börse kotierten Chemieunternehmens Bachem, das vom Mehrheitsaktionär der Sunstar Holding, Peter Grogg, gegründet wurde.

Berner Oberland profitiert von Gästen aus dem fernen und nahen Osten

Im Geschäftsjahr 2015/16 konnten lediglich die beiden im Berner Oberland gelegenen Häuser in Grindelwald und Wengen Zuwächse bei den Übernachtungszahlen verbuchen. Mit 68’400 Logiernächten, was einem Plus von 8.6% respektive 5’400 Nächten entspricht, generierte das Haus in Grindelwald die meisten Übernachtungen innerhalb der Sunstar-Gruppe. Damit wurden erstmalig die beiden Davoser Betriebe, die einen Rückgang um 5.8% auf 63’100 Logiernächte verbuchten, übertroffen. Das Haus in Grindelwald überzeugte denn auch unter dem Strich mit einem Jahresgewinn von 1.2 Mio. CHF, was gegenüber dem Vorjahr einem Plus von einem Drittel entspricht. Diese positive Entwicklung konnte allerdings die negative Entwicklung auf Gruppenebene nicht komplett kompensieren. So musste Sunstar einen Rückgang der Logiernächte um 3.2% auf 273’700 verbuchen. Dies reflektiert auch das Minus der Umsätze um 1.6 Mio. CHF respektive 3.3% auf 47.3 Mio. CHF. Dem Umsatzminus begegnete das Unternehmen mit einer weiteren Einsparung bei den Kosten. Deutlich wird dies insbesondere beim um 0.5 Mio. CHF auf 18.2 Mio. CHF gesunkenen Personalaufwand. Ebenfalls deutlich tiefer fiel auch der direkte Betriebsaufwand mit 5.1 Mio. CHF nach 5.5 Mio. CHF im Vorjahr aus. Auch bei den übrigen Kosten konnte Sunstar tiefere Werte verzeichnen. So gelang es, den Bruttobetriebsgewinn um 0.3 Mio. CHF auf 8 Mio. CHF zu erhöhen. Analog legte der Betriebsgewinn vor Zinsen und Abschreibungen (EBITDA), der zusätzlich noch die Liegenschafts- und Mietaufwendungen beinhaltet, um 0.3 Mio. CHF auf 7.3 Mio. CHF zu. Die investitionsbedingt auf knapp 6.6 Mio. CHF angestiegenen Sachabschreibungen führten zu einem Minus des EBIT um 0.2 Mio. CHF auf 0.7 Mio. CHF. Ein um 0.1 Mio. CHF tieferer Steueraufwand und die um 0.2 Mio. CHF tieferen Finanzaufwendungen wirkten sich positiv auf das Ergebnis aus. Hingegen belastete der Wegfall von ausserordentlichen Gewinnen aus dem Ferienclub Privilège. Diese machten im Vorjahr einen Betrag von 0.3 Mio. CHF aus. So resultierte unter dem Strich ein gegenüber dem Vorjahr leicht höherer Jahresverlust von 0.5 Mio. CHF.

Harziges Sommergeschäft 2016

Der Start ins laufende Geschäftsjahr verlief harzig. So musste Sunstar in der Sommersaison bis zur Saisonmitte per Ende Juli einen weiteren Rückgang der Logiernächte um 2.7% bei einem deutlich geringeren Umsatzminus von 1.4% verbuchen. Als belastende Faktoren bezeichnet das Unternehmen die anhaltende Schwäche des Euro, aber auch des englischen Pfunds, das unter dem Brexit leidet. Das spüren vor allem die traditionell von Gästen aus dem europäischen Ausland frequentierten Bündner Häuser. Der aus dem allgemeinen Umfeld resultierende härtere Wettbewerb führe zu tendenziell tieferen Preisen. Die Buchungen für die wichtigere Wintersaison unterschreiten die Vorjahreswerte um 6%. Eine entscheidende Rolle spielen die Witterungsbedingungen, die den Geschäftsgang stark beeinflussen. Trotz der weiteren Abschwächung hält die Hotelgruppe an den Investitionsplänen für das laufende Geschäftsjahr fest. Die grössten Positionen entfallen mit 1 Mio. CHF auf neue Zimmer und Badezimmer in Grindelwald, gefolgt von einer neuen Heizung in Davos, wofür 0.6 Mio. CHF budgetiert sind. Auch in Arosa und Lenzerheide sollen Badezimmer erneuert werden, wofür weitere 0.7 Mio. CHF investiert werden. Daher wird die Erreichung der Gewinnschwelle für das laufende Geschäftsjahr als eher unwahrscheinlich angesehen.

Die Geschäftszahlen von Sunstar fallen zumindest im Branchenvergleich gut aus. Ein genauerer Blick auf das operative Geschäft zeigt, dass es der Gruppe trotz tieferer Umsätze gelungen ist, die Bruttomarge zu erhöhen, während das Gros der Branche mit sinkenden Margen kämpft. So kann Sunstar trotz der tieferen Einnahmen nach wie vor genügend Mittel erarbeiten, um die Erneuerungsinvestitionen aus eigener Kraft zu finanzieren. Angesichts des sehr schwierigen Branchenumfelds kann dies als Erfolg gewertet werden. Da aber auch für Sunstar die Bäume nicht in den Himmel wachsen, wird die Schliessung respektive Umnutzung einzelner Betriebe, wie dies etwa das 3-Sterne-Haus in Davos belegt, keinesfalls mehr ausgeschlossen. Ob die Aktionäre aus einem solchen möglichen Paradigmenwechsel einen geldwerten Vorteil ziehen können, ist noch vollkommen offen. Es kann jedenfalls nicht ausgeschlossen werden, dass auf diese Weise der hohe Substanzwert der Gesellschaft, der im Immobilienvermögen liegt, zumindest teilweise gehoben wird. Zumindest am Beispiel von Davos werden die aus der Umnutzung erzielten Mittel allerdings nicht an die Aktionäre fliessen, sondern im Unternehmen bleiben. Durch die andersartige Nutzung des Hotels können aber zusätzliche Erträge bei nur sehr geringen Kosten entstehen, welche Sunstar wieder zurück zu schwarzen Zahlen führen könnte. Dieses Szenario betrachten wir als zumindest mittelfristig nicht unwahrscheinlich. Mit dem Grossaktionär Peter Grogg verfügt Sunstar zudem über einen potenten Investor, der in der Lage ist, die Mittel für mögliche Umbauten entweder selbst zur Verfügung zu stellen oder zu günstigen Konditionen zu besorgen. Die grundsolide Bilanz mit einer nicht nur im Branchenvergleich guten Eigenmittelquote von 54% bietet zudem genug Spielraum zur Aufnahme weiterer Fremdmittel.

Die Sunstar-Aktien werden auf der ausserbörslichen Handelsplattform OTC-X der Berner Kantonalbank (BEKB) gehandelt. Auf der Basis des letztbezahlten Kurses von 920 CHF weisen die Titel einen Abschlag von gut 15% zum Buchwert per 30. April 2016 auf. Weiterhin nicht in Frage kommt allerdings eine Bewertung der Aktien auf der Basis des KGV wegen des Verlustausweises für das Geschäftsjahr 2015/16. Hieran wird sich auch zumindest im laufenden Geschäftsjahr nichts ändern. Ebenso wenig zu erwarten ist daher auch eine Wiederaufnahme der Barausschüttungen. Die Mittel, die der Gesellschaft aus der Umnutzung des 3-Sterne-Hauses in Davos zufliessen, dürften nicht an die Aktionäre ausgeschüttet, sondern in das Davoser Flaggschiff investiert werden.

Allerdings verfügt die Aktie für Anleger mit einem Faible für Substanzwerte durchaus über gute Anlagequalitäten. Nicht nur im Fall einer Umnutzung der Betriebe, wie dies in Davos für das 3-Sterne-Haus erfolgen wird, könnte sich der wahre Wert des Unternehmens zeigen. Dennoch dürfte es den freien Aktionären angesichts der Besitzverhältnisse mit einem Mehrheitsaktionär nur schwer möglich sein, die Substanz zu realisieren. Dies wäre allenfalls bei einer kompletten Aufgabe des Hotelbetriebs und dem Umbau der Betriebe zu Wohneinheiten denkbar, was derzeit nicht zu erwarten ist. Die Aktionäre erhalten allerdings anstelle einer Dividende Aktionärsbons von 40 CHF pro Aktie. Diese Bons können zur Bezahlung von Übernachtungen bis zu 50% der Rechnungssumme – mit Treuekarte sogar bis zu 60% – ausserhalb der Hauptsaison im Winter verwendet werden. Für diejenigen Anleger, welche die Vergünstigungen nutzen können, bieten die Titel eine attraktive Rendite, die alleine auf der Basis der Bons bei 4.7% liegt. Oftmals bietet Sunstar den Aktionären sogar noch weitere Sonderkonditionen während buchungsschwachen Tagen an. Für Investoren, welche diese Angebote nutzen können, eignen sich die Titel zur Depotbeimischung, während die Aktie derzeit ansonsten wenig Potenzial bietetFalls allerdings mehrere Betriebe umgenutzt werden sollten, könnte sich eine Neubewertung indessen aufdrängen.

Hinweis in eigener Sache: Mehr über die Zukunft des Schweizer Ferientourismus erfahren Sie im Branchentalk Tourismus am 25. Oktober 2016 auf dem Schiff MS Cirrus in Luzern. Programm und Anmeldung finden Sie hier.

Transparenzhinweis: Der Autor ist Aktionär der Gesellschaft.

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