Zur Rose Group: DocMorris-Konkurrent Shop Apotheke Europe plant Börsengang in Frankfurt – Erstaunliche Bewertungsvorstellungen

0
2908
Aus den Niederlanden beliefetrer Zur-Rose-Tochter DocMorris den deutschen Markt. Bild: zvg
Aus den Niederlanden beliefert Zur-Rose-Tochter DocMorris, ebenso wie der Wettbewerber Shop Apotheke, den deutschen Markt. Bild: zvg

Kaum hat die Schweizer Onlineapothekengruppe Zur Rose Group AG ihre Kapitalerhöhung abgeschlossen, kommt Druck von einem Wettbewerber aus Deutschland. Wie die Shop Apotheke Europe gestern bekannt gab, plant sie noch in diesem Herbst den Gang an die Frankfurt Börse. Ziel sei ein Listing im sogenannten Prime Standard. Insgesamt will sich das 2001 gegründete Unternehmen durch den Börsengang frisches Kapital in Höhe von 100 Mio. EUR beschaffen. Verglichen mit der Zur Rose Group wirkt das Unternehmen, das mittlerweile nicht nur Webshops für Deutschland, sondern auch für Österreich, Frankreich und Belgien betreibt, noch verhältnismässig klein. Der Umsatz erreichte 2015 gerade einmal 125 Mio. EUR, und der Gewinn vor Abschreibungen (EBITDA) lag gemäss einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters bei 0.84 Mio. EUR. Betrieben wird das Geschäft – ähnlich wie bei der Zur Rose-Tochter DocMorris – aus den Niederlanden. Jüngst wurde die belgische Online-Apotheke Farmaline integriert. Durch die Akquisition konnte Shop Apotheke Europe nach eigenen Angaben ihre führende Marktposition im belgischen und französischen Markt substanziell ausbauen und in weitere kontinentaleuropäische Zielmärkte wie Spanien und Italien expandieren. Ziel sei es, die klare Nr. 1 in Deutschland und eine der führenden Online-Apotheken in Kontinentaleuropa zu werden, schreibt die Shop Apotheke in einer Medienmitteilung.

Wachstumsstarkes Geschäft mit rezeptfreien Medikamenten

Im Unterschied zu der Zur Rose-Gruppe setzt die Shop Apotheke ausschliesslich auf das sogenannte OTC-Geschäft mit den rezeptfreien Medikamenten sowie Beautyprodukten. Den relevanten Markt gibt das Unternehmen mit 33 Mrd. EUR an. Im OTC-Geschäft konnte DocMorris im ersten Halbjahr 2016 um fast 40% wachsen. Allerdings setzt die Zur Rose-Gruppe auch auf das rezeptpflichtige (RX) Geschäft und erhofft sich von einem positiven Entscheid des Europäischen Gerichtshofes im Herbst und der daraus folgenden Aufhebung des Rabattverbotes in Deutschland einen kräftigen Schub. Von dem geplanten Börsengang der Shop Apotheke Europe zeigt sich das in Frauenfeld ansässige Unternehmen überrascht. Auf Nachfrage von schweizeraktien.net erklärte ein Sprecher von Zur Rose, dass man den geplanten Börsengang erst einmal aufmerksam beobachten werde. Weitere Auskünfte könne man daher derzeit nicht geben.

Die Pläne der Shop Apotheke Europe kommen zwar sehr plötzlich, sind aber bei genauerem Hinsehen nicht überraschend. Denn Zur Rose hat durch die jüngste Kapitalerhöhung frische Mittel erhalten, welche in das Wachstum im deutschen Markt und auch hier in das OTC-Geschäft investiert werden sollen. Gelingt der Shop Apotheke der Börsengang, könnte dies einen Preiskampf im Geschäft mit den rezeptfreien Medikamenten in Gang setzen. Zudem sind mögliche Zukäufe für ein börsenkotiertes Unternehmen einfacher zu finanzieren. Zur Rose hat allerdings den Vorteil, dass das Unternehmen breiter aufgestellt ist und auch auf das interessante und wesentlich margenstärkere Geschäft mit rezeptpflichtigen Medikamenten, hier insbesondere den Specialty Care-Bereich, setzt. Auch das elektronische Rezept dürfte dem Unternehmen weitere Wettbewerbsvorteile verschaffen. Klar ist allerdings, dass ein erfolgreicher Börsengang der Shop Apotheke den Wettbewerb insbesondere in Deutschland verschärft und auch eine Konsolidierungsspirale in Gang setzen könnte. Zur Rose und insbesondere DocMorris sind hier gefordert.

Ein Blick auf die Bewertungsvorstellungen der Shop Apotheke zeigt allerdings, dass auch bei der Zur Rose-Gruppe erheblicher Spielraum für weitere Kapitalmassnahmen besteht. Denn während die Shop Apotheke 2015 gerade einmal 125 Mio. EUR (ca. 138 Mio. CHF) umsetzte, war der Umsatz bei Zur Rose mit 834 Mio. CHF fast sechs Mal so hoch. Beide Unternehmen dürften in den nächsten Jahren aufgrund ihrer Wachstumsambitionen keine grossen Gewinne ausweisen – denn viel Geld fliesst wohl ins Marketing. Bei einem Börsengang soll die Shop Apotheke mit ca. 300 Mio. EUR (330 Mio. CHF) bewertet werden. Die Zur Rose Group ist bei Kursen auf OTC-X von 39 CHF mit einer Marktkapitalisierung von 146.5 Mio. CHF halb so viel wert. Angesichts der guten Marktposition von Zur Rose, der besseren Umsatz- und Ergebnisrelationen und des breiter abgestützten Angebotes dürfte diese geringere Bewertung nicht gerechtfertigt sein. Sie zeigt auch die Dimensionen auf, welche Zur Rose für die Kapitalbeschaffung durch einen Börsengang hätte. Immer vorausgesetzt, der Shop Apotheke Europe gelingt ein IPO zu der angestrebten Bewertung. Auch dies muss erst einmal bewiesen werden.

Weitere Informationen über Online-Apotheken finden Sie in unserer dreiteiligen Serie zum (europäischen) Online-Apothekenmarkt.

Kommentar verfassen