Varia US Properties: Rendite mit US-Mietimmobilien, Börsengang an der SIX – Erstnotiz für den 8. Dezember geplant

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Eines der Objekte von Varia US Properties: das Altitude on 5th in Salt Lake City, Utah. Bild: www.variausporperties,com
Eines der Objekte von Varia US Properties: das Altitude on 5th in Salt Lake City, Utah. Bild: www.variausproperties.com

Zu Verwechslungen mit anderen in der Schweiz kotierten Immobilienaktien wird es bei Varia US Properties wohl nicht kommen, denn das Profil der Gesellschaft ist einzigartig. Erst Ende 2015 gegründet ist das Konzept so einfach wie ertragreich: Schweizer Kapital im hoch rentierenden mid-to-low-end des US- Mietimmobilienmarktes investieren.

Die finanz-industrielle Logik des Arbitrage-Modells von Varia US Properties ist schlagend. Seit Ausbruch der Finanzkrise, in deren Verlauf Millionen Amerikaner ihr Eigenheim verloren haben, ist der Traum vom eigenen Haus bei vielen Amerikanern der mittleren und unteren Einkommensschichten ausgeträumt. Ohne entsprechende Anzahlungen aus Eigenkapital und eine hohe Bonität ist es sehr viel schwieriger geworden, Hypothekenfinanzierungen zu erhalten. Dies im Verhältnis zur Subprime-Ära, als, wie wir heute wissen, sogar Roboter die Hypotheken vergeben haben – mit den bekannten Folgen.

Mieten statt kaufen

Der Trend in den USA geht eindeutig zur Mietwohnung, möglichst günstig im Umland des Arbeitsplatzes, der in den USA auch häufig gewechselt wird. Ganz im Gegensatz zu Europa sind die Mietverträge typischerweise nur auf ein Jahr befristet und werden dann neu verhandelt. Dies bringt zwangsläufig eine höhere Marktnähe, aber auch eine dynamische Entwicklung der Mietpreise in beide Richtungen.

Während in der Schweiz aufgrund der Negativzinspolitik der SNB für private und institutionelle Anleger kaum noch eine nennenswerte positive Rendite bei bonitätsstarken Anleiheemittenten oder im Immobilienmarkt zu erzielen ist, eröffnet Varia US Properties den Zugang zu einem renditestarken Marktsegment im dynamischen US Markt.

Kurze Firmenhistorie

Dass bei Varia US Properties zahlreiche bekannte Schweizer Banker und internationale Immobilienexperten, auch mit Expertise im amerikanischen Markt, in Geschäftsleitung und Verwaltungsrat aktiv sind, schafft Vertrauen, denn die Gesellschaft hat mit der geringen Zeit seit der Gründung Ende 2015 überhaupt keine Historie vorzuweisen. Es scheint eine Konzeptgesellschaft zu sein, die genau den Überschuss an Rendite suchendem Schweizer Kapital mit dem dynamischen, wenngleich ein wenig riskanten, Mietimmobiliensegment für niedrigere Einkommensschichten in den USA verbindet. Der Eindruck verstärkt sich, bedenkt man, dass die SIX bereits am 5. Februar 2016 Varia US Properties als Kunden akquiriert hat.

Die ersten Deals

Eine etwas tiefer gehende Recherche hat trotz der kurzen Historie zu Tage gebracht, was einerseits über die in der Presse allseits bekannten Fakten – 5000 Wohneinheiten in 39 Liegenschaften in 14 US-Staaten – hinausgeht und andererseits auch zeigt, wo genau der Mehrwert liegt, den das Management für potenzielle Aktionäre beisteuert.

Noch im November 2015 hatte die gerade gegründete Gesellschaft keine Immobilie im Bestand. Doch im Dezember erwarb Varia auf einen Schlag 13 Objekte mit insgesamt 1686 Wohneinheiten in Florida. Die Liegenschaften befinden sich u.a. in Orlando, Jacksonville und Daytona Beach. Für das Immobilienpaket bezahlte Varia 72.5 Mio. USD oder nur 43’000 USD pro Einheit.

Noch grösser fiel die zweite Akquisition im Februar 2016 aus. Dieses Mal umfasste der Kauf 23 Mehrfamilienobjekte mit 2470 Wohneinheiten in verschiedenen Staaten des Südens und des Südwestens. Der Kaufpreis belief sich auf 158 Mio. USD. Pro Einheit sind das 64’000 USD. Die Beispiele zeigen, dass es auf Zugang zu den privaten Märkten, Know-how in der Bewertung, Verhandlungsgeschick und die Wahl der richtigen Standorte ankommt.

Zahlenwerk

Im Zeitraum Oktober 2015 bis Juni 2016 verzeichnete Varia Erträge von 33 Mio. CHF, die sich zu 17.4 Mio. CHF aus Mieteinnahmen und 10 Mio. CHF aus Neubewertungen speisen. Das EBIT wird mit 13.2 Mio. CHF angegeben. Zu beachten ist, dass die Liegenschaften erst sukzessive zum Ergebnis beigetragen haben.

Das Portfolio wurde vor dem jetzt laufenden IPO von Colliers International per 30.06. mit 301 Mio. USD bewertet. Der Börsengang soll frische Mittel einwerben, die zum Erwerb weiterer Immobilien, zur Schuldenreduktion und als Working Capital verwendet werden.

Das Angebot

Hierzu werden bei der bis voraussichtlich 6. Dezember laufenden Kapitalerhöhung, die Gegenstand des Angebots zum Erwerb junger Aktien ist, 3.01 Mio. Stück den Altaktionären, bislang 35 Investoren in einem Fonds, im Verhältnis 1:1 angeboten, die ihre Bezugsrechte ausüben können oder nicht. Die nicht bezogenen Aktien stehen dann für interessierte neue Aktionäre zur Zeichnung zur Verfügung. Das Angebot kann bei entsprechender Nachfrage durch einen Greenshoe aus dem Bestand der Altaktionäre auf 3.56 Mio. Aktien erhöht werden. Je nachdem wird der Streubesitz bei geschätzten 35% bis 45% liegen. Das Emissionsvolumen würde dann 124.6 Mio. CHF betragen, abzüglich der Kosten für die Emissionsabgabe, Tax & Legal sowie Bank von ca. 5% des Emissionsertrages. Das IPO wird von der Bank Vontobel begleitet. Der Ausgabepreis wurde auf 35 CHF festgelegt.

Erster Handelstag an der SIX wird der 8. Dezember sein. Die Altaktionäre haben sich einer Lock-up Verpflichtung mit 6 Monaten Dauer ab dem ersten Handelstag unterworfen, allerdings mit gewissen Einschränkungen.

Opportunismus und Zeitfenster

Es fällt auf, dass die Formierung der Gesellschaft und der jetzt schon durchgeführte Börsengang einem klaren Konzept folgen. Der Anlagenotstand in der Schweiz wird mit einem spezialisierten Angebot in einem Marktsegment der USA konkret adressiert, und das anhand einer Liste beeindruckender Persönlichkeiten der Schweizer Finanz- und Immobilienwelt.

Bestimmt ist der Zeitpunkt sowohl der erfolgten Investitionen als nun auch des Börsengangs sehr opportunistisch gewählt, wobei das im gegebenen Zusammenhang hauptsächlich sagt, dass die professionellen Akteure von Varia ihr Geschäft wirklich gut verstehen und Zeitfenster entschlossen zu nutzen wissen. Zweifellos ist die Varia-Aktie eine echte Bereicherung für die kotierten Immobilienwerte, wenn auch vielleicht nicht für jeden Investor geeignet.

Fazit und Marktperspektiven

Der Mangel an Historie ist ein Fakt. Es bleibt abzuwarten, wie die Gesellschaft mit allfälligen Krisen im US-Immobilienmarkt wird umgehen können. Tatsache ist aber, dass die neue Aktie einen Markt und seine hohen Renditen erschliesst, der für Privatanleger, die unterhalb der Millionengrenze operieren, in aller Regel nur schwer zugänglich und wenig transparent ist.

Sofern die mit einem Engagement im Mietimmobilienmarkt der USA verbundenen Markt-, Devisen-, Kredit- und sonstigen Risiken den Anlegern klar sind, spricht gegenwärtig wenig gegen eine Zeichnung bzw. ein Engagement. Der Trend zum Mieten bleibt in den USA erst einmal intakt. Konjunkturell ist abzusehen, dass die geplanten Steuersenkungen für Unternehmen sowie die Infrastrukturinvestitionen mittelfristig für Aufwind sorgen. Die während der Wahlkampfperiode von Donald Trump versprochene Anhebung des Mindestlohns bietet perspektivisch Potenzial für Upgrades der Immobilien.

Einen Hebel bei Varia bietet die Tatsache, dass 45% des Portfolios aus Immobilien der Kategorie Low Income Housing Tax Credit (LIHTC) bestehen. Hier gelten für 15 Jahre Mietbindungen, die danach jedoch wegfallen. Zunächst hat der Investor für die verbleibende Zeit die niedrigere Miete hinzunehmen, doch nach Ablauf der Frist kann mit überschaubaren Renovierungsmassnahmen die Miete stark auf das ortsübliche Vergleichsniveau erhöht werden. Dies repräsentiert auch eine Bewertungsreserve.

Nach Investis ist Varia nun die zweite Immobilienaktie, die dieses Jahr den Weg an die SIX gefunden hat. Unabhängig von dem Trend, dass immer mehr Immobiliengesellschaften an die Börse gehen und dass die Performance der kaum vergleichbaren Investis ein wenig enttäuschend ist, scheint Varia mehr zu versprechen als die sonstigen Branchenvertreter. So soll die Dividende nach Aussage der Unternehmensleitung höher als der Branchendurchschnitt liegen. Der Mangel an Historie wird die renditestarke Opportunität im US Markt aufgewogen. Trotzdem empfiehlt sich die Aktie eher für institutionelle Anleger, die Chancen und Risiken des Marktsegmentes aufgrund ihrer Informationsmöglichkeiten besser einschätzen können. Für private Anleger ist die Aktie allenfalls als Baustein der Diversifikation geeignet. Darf man den Stimmungsumfragen glauben, wird die Aktie dennoch nach der Erstnotiz wegen dem als attraktiv eingeschätzten Zugang zum US-Markt bei Schweizer Anlegern gefragt sein.

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