Repower: 2016er-Ergebnis erneut von Sondereffekten überlagert, erste operative Fortschritte – Aktien sind eine „Strompreiswette“

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Kraftwerk Campocologno. Bild: www.lagobianco.repower.com

Der Anfang April 2017 vorgelegte Abschluss für das Geschäftsjahr 2016 des seit Ende April 2016 auf OTC-X gelisteten Energieversorgers Repower AG überzeugt nur teilweise. Trotz erkennbarer bilanzieller und operativer Fortschritte wird deutlich: Der Ende 2015 angestossene Konzernumbau mit der „Strategie 2025“ bleibt eine komplexe und langwierige „Herkules-Aufgabe“. Repower steht in einem weiterhin herausfordernden Strommarktumfeld noch immer erst am Anfang eines langen Weges zurück zu einer deutlich höheren Ertragskraft.

Jahresabschluss 2016 ist erster Abschluss nach erfolgter Rekapitalisierung Mitte 2016

Der Jahresabschluss 2016 ist der erste Abschluss nach erfolgreicher Durchführung der Kapitalerhöhung zu 43 CHF je Aktie im Juli 2016 mit einem Emissionsvolumen über insgesamt rund 171 Mio. CHF. Auch vor diesem Hintergrund ist die Vergleichbarkeit mit früheren Abschlüssen, nicht zuletzt aufgrund der auf 7.4 Mio. Aktien stark ausgeweiteten Aktienstückzahl, erschwert. Mit der Kapitalerhöhung hat sich auch die Aktionärsstruktur grundlegend verändert (siehe Blog-Beitrag vom 5. Juli 2016).

Infolge der Kapitalerhöhung stieg das den Aktionären zurechenbare bilanzielle Eigenkapital ohne Minderheitsanteile in absoluten Grössen um etwa 150 Mio. CHF oder 26.2% auf 716.7 Mio. CHF an. Aufgrund der deutlich höheren Aktienanzahl war das anteilige bilanzielle Eigenkapital jedoch rechnerisch um über 40% auf knapp 97 CHF je Aktie (Vj. 166,60 CHF/Aktie bei 3.4 Mio. Aktien) rückläufig.

Die Eigenkapitalquote lag per Ende 2016 dank der Kapitalinjektion mit soliden 45% wieder im oberen Bereich der Zielrange (35-45%), nachdem die Bilanz in den Vorjahren durch teure, bisweilen auch fehlgeschlagene Investitionen erheblich strapaziert wurde.

Die Nettoverschuldung reduzierte sich von hohen 270 Mio. CHF (2015) auf komfortable 41 Mio. CHF (2016) bei einem Verschuldungsfaktor (Verhältnis Nettoverschuldung/EBITDA) von unter 1. Diese „bilanzielle Sanierung“ ist aus unserer Sicht der Höhepunkt des Geschäftsjahres 2016.

Sondereffekte erschweren Vergleichbarkeit auch im Abschluss 2016

Alle Geschäftsberichte zurück bis 2012 enthalten diverse positive wie negative „Sondereinflüsse“. Offenkundig ist das Repower-Geschäftsmodell weiterhin stark den Risiken von „Sonderfaktoren“ ausgesetzt, die sich in den letzten Jahren als ausserordentlich hartnäckig erwiesen haben. Da „Sonderfaktoren“ zusätzlich die Lesbarkeit und Vergleichbarkeit der Jahresberichte erheblich erschweren und – mit Blick auf die Vergangenheit – in der Summe eher „regelmässig“ als „einmalig“ waren, schätzen wir die Aussagekraft von bereinigten Werten vor Sonderfaktoren im Fall der Repower AG generell als eher begrenzt ein. Deshalb konzentrieren wir uns aus Vorsichtsgründen auf die ausgewiesenen Werte.

Operativ bleibt Umfeld anspruchsvoll – rückläufige Gesamtleistung

Operativ bewegte sich die rekapitalisierte Gesellschaft auch 2016 in schwerem Fahrwasser bei einer weiterhin schwierigen energiepolitischen Grosswetterlage, die von anhaltend tiefen Strompreisen und einem hohen Mass an Regulation gekennzeichnet ist.

Die Gesamtleistung der Repower-Gruppe war 2016 um 8% auf 1.7 Mrd. CHF rückläufig. Das ausgewiesene EBITDA (ohne Bereinigung um „Sondereffekte“) erhöhte sich dagegen moderat von 41 Mio. CHF auf 52 Mio. CHF, so dass sich die EBITDA-Marge leicht von 2.2% auf 2.6% verbesserte.

Das ausgewiesene EBIT kletterte von minus 69 Mio. CHF auf 22 Mio. CHF zurück in den positiven Bereich, so dass zumindest auf Stufe EBIT ein „Quasi-Turnaround“ anfällt. Grund für diese Verbesserung im Vergleich zum Vorjahr 2015 waren insbesondere über Plan liegende Ergebnisbeiträge aus dem italienischen Gaskraftwerk Teverola sowie ein besseres Vertriebs- und Handelsergebnis im Markt Italien. Auch Veräusserungen von nicht betriebsnotwendigen Liegenschaften und der Verkauf der Tochtergesellschaft connecta ag hatten eine positive Wirkung auf das EBIT.

EBIT-Beitrag aus dem Schweizer Markt rückläufig

Der Markt Italien steuerte unter Einrechnung negativer „Sondereffekte“ aus Wertanpassungen auf Forderungen im Vertrieb (ca. 21.6 Mio. CHF) und gegenläufigen positiven „Sondereffekten „aus Wertaufholungen in Summe etwa 10 Mio. CHF zum Konzern-EBIT bei. 2015 waren es in Italien noch -60.4 Mio. CHF. Der EBIT-Beitrag des Schweizer Markts war dagegen um gut 20% oder minus 3 Mio. CHF signifikant rückläufig, trotz eines stabilen Vertriebsgeschäfts. Im 2. Halbjahr hat Repower operativ praktisch nichts verdient.

Das ausgewiesene Gruppenergebnis verbesserte sich 2016 zwar von minus 136.3 Mio. CHF auf minus 12.8 Mio. CHF, blieb jedoch aufgrund eines zwar deutlich verbesserten, aber unverändert hohen Finanzaufwands (32.3 Mio. CHF; Vj. 82.2 Mio., CHF) noch im negativen Bereich. Nach Minderheitenanteilen liegt der den Aktionären zurechenbare Gruppengewinn sogar nochmals etwas tiefer bei minus 15.8 Mio. CHF (Vj. minus 120.4 Mio. CHF). Damit war auch der anteilige Gewinn je Aktie 2016 – bei erhöhter Aktienzahl von 7.4 Mio. Aktien per Ende 2016 – erneut deutlich negativ.

Neue Geschäftsfelder können Kerngeschäft heute nur ergänzen, nicht ersetzen

Die Dienstleistungserträge – ein neues, im Aufbau befindliches Geschäftsfeld einer „Repower in Transformation“ – machten insgesamt nur gut 21 Mio. CHF aus (gegenüber Vorjahr sogar ein Rückgang um über 7%). Die „Dienstleistungserträge für Dritte“ blieben immerhin stabil um 13 Mio. CHF. Auf Konzernebene spielen diese Dienstleistungserträge gemessen an ihrem finanziellen Wertbeitrag noch keine Rolle. Sie sind umsatz- und ertragsseitig heute bestenfalls eine Ergänzung zum Kerngeschäft.

Aufgrund der anhaltend „angespannten“ Ertragslage wird der GV vom 17. Mai 2017 in Pontresina vorgeschlagen, erneut auf eine Dividende zu verzichten.

Enttäuschend ist aus Sicht der Aktionäre, dass 2016 nach Minderheiten erneut ein deutlich negatives Konzernergebnis erzielt wurde. Das 2. Halbjahr verlief im Repower-Konzern insgesamt schwach. Der begonnene Konzernumbau und die neuen Geschäftsfelder zeigen sich noch kaum im Zahlenwerk der Gesellschaft.

Der zurückliegende Kursanstieg der letzten Monate um fast 50% in der Spitze seit Durchführung der Kapitalerhöhung zu 43 CHF auf über 60 CHF hat in unserer Einschätzung nach Vorlage des Zahlenwerks einige positive Markterwartungen vorweggenommen, die sich zumindest kurzfristig bei Analyse des Geschäftsberichts (noch) nicht realisierten. Mit Blick auf den Status Quo der Repower erscheint dieser Kursanstieg im Rückblick als zu schnell und von (zu) vielen Hoffnungen getrieben. Die operativen Ergebnisse 2016 alleine rechtfertigen die jüngste Kursentwicklung (noch) nicht. Möglicherweise wirkten auch die nahende Abstimmung zur „Energiestrategie 2050“ und die Aussicht auf eine Wiederaufnahme der Dividendenzahlungen kurstreibend.

Repower erscheint heute als eine „Wette“ auf eine bessere Strommarktzukunft mit wieder höheren Strommarktpreisen und einen Erfolg des Konzernumbaus. Von wieder höheren Strompreisen würde Repower mutmasslich überproportional profitieren. Repower sieht jedoch erst ab 2019 eine leichte Erholung bei den Strompreisen, die sich dann positiv auf das operative Geschäft auswirken könnten. Historisch lag Repower allerdings nicht immer richtig mit den eigenen Markteinschätzungen.

Die Anzahl der ausstehenden Aktien hat sich mit der Kapitalerhöhung 2016 mehr als verdoppelt auf knapp 7.4 Mio. Aktien, so dass sich der den Aktionären zurechenbare Gewinn und das Eigenkapital auf entsprechend mehr Aktien verteilen und bei einem um fast 50% höheren Kurs naturgemäss – rechnerisch – eine Verschlechterung der Kennzahlen „pro Aktie“ einstellt.

Für 2017 gibt sich die Gesellschaft zurückhaltend: Das operative Ergebnis 2017 wird „im Rahmen von 2015“ erwartet, was gegenüber 2016 ein wieder rückläufiges EBITDA bedeuten würde. Repower-Aktionäre sollten in jedem Fall geduldig sein: „Marathon-Kenntnisse“ sind hier eher gefragt als „Sprinter-Qualitäten“.

Die Aktien der Repower AG wurden auf OTC-X zuletzt zu 57.00 CHF gehandelt bei einem Geld-Kurs von 56.50 CHF und einem Brief-Kurs von 58.00 CHF (Kurse vom 13. April 2017).

1 Kommentar

  1. In einem Artikel (http://bit.ly/repower2016) wurde kürzlich darauf hingewiesen, dass sich der Ertrag aus Dienstleistungen in Italien von bescheidenen 2,2 Millionen Franken im 2015 auch im 2016 nicht verbesserte, sondern sogar auf 1,1 Millionen zurückging. Dies obschon sich die Anzahl der Dienstleistungsangebote in Italien inflationär vermehrt. Zum Teil oder ganz könnte der Rückgang auf regulatiorische Änderungen zurückzuführen sein, aber dennoch: Bezüglich dieses wichtigen Teils der Strategieumsetzung kommt Repower in Italien nicht vom Fleck.

    Repowers Ergebnis wird Jahr für Jahr ausser durch «Sonderfaktoren» durch den enormen Überhang des Handelsgeschäfts mit seinen für Aussenstehende unwägbaren Risiken geprägt, genauso beim Handel mit Erdgas wie beim Stromhandel. Die Repower ist für dieses Geschäft meines Erachtens zu klein, zu wenig finanzstark und zu wenig kreditwürdig. Das hat der Vorfall mit der notfallmässigen Kapitalerhöhung anfangs 2016 eigentlich klar gezeigt. Aber es besteht bei Repower, so scheint es, wenig Willen, daraus Konsequenzen zu ziehen und das riskante Handelsgeschäft zügig zurückzufahren.

    Es stellt sich die Frage, ob die UBS Fondsgesellschaft CEIS (Clean Energy Infrastructure Switzerland), die nun Grossaktionärin der Repower ist, den Handel mit Erdgas und Strom (der wohl auch nicht nur sauber ist) durch die Repower für alle Zeiten zulässt, oder allenfalls diesbezüglich Vorbehalte geltend gemacht und vertraglich abgesichert hat, die Repower schliesslich berücksichtigen muss. Die analoge Frage stellt sich bezüglich des Verkaufs des Gaskraftwerks und das angekündigte Abstossen der Beteiligungen an Atomkraftwerken.

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