BLS AG: Defizit im Regionalverkehr durch übrige Geschäftsbereiche kompensiert, weiterhin keine Dividende zu erwarten – Grossinvestitionen stehen an

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Das wichtigste Geschäftsfeld der BLS stellt das S-Bahnnetz Bern dar. Im Bild ist der Doppelstocktriebzug Mutz, der auf der Linie Fribourg-Thun eingesetzt wird, zu sehen. Quelle: BLS AG

Der Bahn- und Schiffslinienbetreiber BLS AG konnte im Geschäftsjahr 2016 einen Konzerngewinn in Höhe von 15.6 Mio. CHF nach einem Vorjahreswert von 3.7 Mio. CHF erzielen. Wie der seit dem 1. Januar 2017 amtierende neue Finanzchef Luca Baroni an der Medienkonferenz in Bern erläuterte, seien die beiden Ergebnisse nur bedingt miteinander vergleichbar. So musste die BLS im Berichtsjahr erstmalig seit mehreren Jahren keine Rückstellungen mehr für die Pensionskasse, dem stetigen Sorgenkind der Gesellschaft in den letzten Jahren, bilden. Noch im Vorjahr wurden der Erfolgsrechnung 20 Mio. CHF belastet. Ebenfalls positiv auf den Geschäftsgang ausgewirkt haben sich die im 2016 angefallenen zusätzlichen Erträge aus Versicherungen wie Rückzahlungen von Versicherungsleistungen und Schadenfreiheitsrabatten in der Summe von 4.4 Mio. CHF.

Trotz des ausgewiesenen hohen Gewinns auf Konzernebene darf aber bei der BLS nicht übersehen werden, dass ein grosser Anteil der Gesamteinnahmen aus Abgeltungsleistungen der öffentlichen Hand besteht. Mit diesen Zahlungen der öffentlichen Hand wird das Unternehmen für den öffentlichen Leistungsauftrag entschädigt, der hauptsächlich den Betrieb der S-Bahn-Linien im Raum Bern umfasst. Gleichzeitig benötigt die BLS das entsprechende Rollmaterial, um den sicheren Betrieb zu gewährleisten. Hier stehen in den nächsten Jahren grosse Investitionen an, die jegliche Hoffnungen auf Dividendenausschüttungen zunichte machen. So steht die Beschaffung von 60 neuen Zügen auf der Agenda des Unternehmens. Noch im ersten Semester 2017 soll entschieden werden, an welchen Anbieter der Auftrag vergeben wird.

Personenverkehr rutscht in die Verlustzone

Nachdem im Vorjahr alle Sparten der BLS schwarze Zahlen erzielen konnten, rutschte der Bereich Personentransport im 2016 in die Verlustzone. Verantwortlich für den hohen Verlust von 3.8 Mio. CHF (Vorjahresgewinn:  5.4 Mio. CHF) waren die tieferen Abgeltungszahlungen der öffentlichen Hand. Im Geschäftsfeld Autoverlad spürte die BLS die schwierige Situation des Tourismus im Wallis, der massgeblich für diese Sparte verantwortlich ist. Im Ergebnis führte dies zu einem um 0.2 Mio. CHF auf 1.1 Mio. CHF gesunkenen Gewinn. Wie bereits im Vorjahr erreichte die Schifffahrt einen kleinen Gewinn von 0.1 Mio. CHF. Markant besser entwickelte sich der in der BLS Cargo AG enthaltene Güterverkehr, der einen Jahresgewinn von 1.5 Mio. CHF nach lediglich 0.2 Mio. CHF im Vorjahr erzielte. Deutlich ausgebaut werden konnten die grenzüberschreitenden Verkehrsverbindungen. Der Bereich Infrastruktur erreichte trotz der hohen Investitionen von 237.2 Mio. CHF einen Gewinn von 2.6 Mio. CHF (Vorjahr: 3.8 Mio. CHF).

Umsätze steigen erstmalig auf über 1 Mrd. CHF

Im Berichtsjahr übertraf die BLS mit einem Konzernumsatz von 1.036 Mrd. CHF nach 994 Mio. CHF im Vorjahr erstmalig die Umsatzschwelle von 1 Mrd. CHF. Ebenfalls erstmalig stellten die Verkehrserträge mit 446.8 Mio. CHF nach 413.4 Mio. CHF im Vorjahr die grösste Einnahmequelle dar. Wesentlich zum Anstieg beigetragen hat die im Dezember 2015 übernommene Linie Neuenburg – La Chaux-de-Fonds. Aber auch im Bereich der S-Bahn Bern stieg die Anzahl der transportierten Fahrgäste um 4% an. Die Abgeltungen der öffentlichen Hand gingen hingegen zurück. Diese betrugen im 2016 noch 422.8 Mio. CHF nach 431.6 Mio. CHF im Vorjahr. Nochmals höher fielen die Eigenleistungen aus, die von 88.9 Mio. CHF im Vorjahr auf 100.4 Mio. CHF anstiegen. Hierbei handelt es sich, wie CEO Bernard Guillelmon den Medienvertretern darlegte, um die von den eigenen Mitarbeitern erbrachten Leistungen im Zusammenhang mit den Investitionen, welche die BLS tätigte. Auch bei den sonstigen Erträgen konnte die Gesellschaft einen Anstieg um 4.6 Mio. CHF auf 44.2 Mio. CHF verbuchen. Auf der Kostenseite stiegen die Betriebsaufwendungen um 34.9 Mio. CHF auf 764 Mio. CHF an. Massgeblich verantwortlich für den starken Anstieg waren die um 23.8 Mio. CHF auf 199.4 Mio. CHF angestiegenen Ausgaben für die von Dritten bezogenen Betriebsleistungen wie etwa die Nutzung der Schieneninfrastruktur der SBB. Der Ausbau des Angebots liess auch die Personalkosten um 5.7 Mio. CHF auf 359.8 Mio. CHF ansteigen. Im Ergebnis gelang es, den Betriebsgewinn vor Abschreibungen (EBITDA) um 6.5 Mio. CHF auf 271.7 Mio. CHF zu steigern. Nach den um 4.7 Mio. CHF auf 243.9 Mio. CHF gesunkenen Sachabschreibungen resultierte ein Plus des EBIT um 67.4% auf 27.8 Mio. CHF. Positiv auf den Reingewinn wirkten sich die um 0.7 Mio. CHF auf 10.8 Mio. CHF gesunkenen Finanzierungskosten aus. So konnte unter dem Strich ein Gewinn von 15.6 Mio. CHF nach 3.7 Mio. CHF im Vorjahr ausgewiesen werden.

Grossinvestitionen in Rollmaterial

Die BLS wird in den nächsten Jahren erhebliche Investitionen in die Erneuerung des Rollmaterials und den Ausbau der Infrastruktur durchführen. Neben den 60 neuen Zügen steht auch der Bau einer neuen Werkstätte an. Lediglich bei der Infrastruktur kann die Gesellschaft auf die Unterstützung der öffentlichen Hand zählen, während der Neubau der Werkstätte und die Beschaffung der neuen Züge vom Unternehmen selbst finanziert werden muss. Angesichts der hohen Kosten lasse sich ein Anstieg der Verschuldung nicht vermeiden, erklärte der CEO. Im Bereich Güterverkehr hat die BLS Cargo eine Vereinbarung mit der französischen Staatsbahn SNCF unterzeichnet, die noch von den Wettbewerbsbehörden genehmigt werden muss. Im Personenverkehr wird mit einer weiteren Zunahme der Fahrgäste gerechnet. Die Schifffahrt soll auch im laufenden Jahr wiederum schwarze Zahlen schreiben. Die aktuell im Bau befindliche neue Werfthalle in Thun wird grossteils durch den Kanton Bern finanziert und belastet die Unternehmenskasse nicht. Stark von der Öffentlichkeit beachtet wird zudem der Vorstoss der BLS, sich für den  Betrieb von drei Fernverkehrslinien zu bewerben. Mit den rentablen Fernverkehrslinien soll die Erweiterung des Regionalverkehrsnetzes finanziert werden (siehe auch Beitrag im Bund vom 19. April 2017).

Wie wir bereits im Vorjahr darlegten, können die Geschäftszahlen der BLS nur bedingt mit den Werten anderer Unternehmen verglichen werden. Wie die hohe Abhängigkeit von den Abgeltungen belegt, hängt das Unternehmen vor allem am Tropf der öffentlichen Hand und ist auf staatliche Unterstützungsleistungen angewiesen. Nur in den beiden Angebotsfeldern Schifffahrt und Autoverlad ist das Unternehmen direkt den Marktverhältnissen ausgesetzt. Eine Fortführung des positiven Geschäftsgangs in der Schifffahrt ist zwar sehr erfreulich, hat aber nur einen marginalen Einfluss auf die Kennzahlen des Gesamtunternehmens.

Für die aussenstehenden Aktionäre wird mit den Aussagen der Gesellschaft nochmals verdeutlicht, dass sie auch zukünftig nicht mit Ausschüttungen rechnen können. Die Bewertung der Aktien anhand der klassischen Kennzahlen signalisiert zwar eine deutliche Unterbewertung. Diese ist jedoch nicht relevant für den Kursverlauf der Papiere. Die Aussage der Gesellschaft, die Aktionärsstruktur werde sich auf absehbare Zeit nicht ändern, kann dahingehend interpretiert werden, dass ein Kaufangebot der öffentlichen Hand für die sich im Publikum befindlichen Aktien keinesfalls zu erwarten ist.

Die Aktien der BLS werden auf der ausserbörslichen Handelsplattform OTC-X der Berner Kantonalbank (BEKB) gehandelt. Auf der Basis des letztbezahlten Kurses von 0.70 CHF erscheinen die Papiere nur auf den ersten Blick massiv unterbewertet. So beträgt etwa der Buchwert per Jahresende 2016 nach Abzug der Minderheitsanteile am Eigenkapital 5.90 CHF pro Aktie. Unter Einbezug der Minderheitsanteile beträgt der ausgewiesene Buchwert sogar rund 11.70 CHF. Selbst dieser Wert dürfte noch erheblich unter dem Substanzwert liegen, der aber nicht realisiert werden kann. Allfällige Spekulationen hierüber sowie auch die mitunter von Aktionären geforderte Übernahme der Aktien zu einem „fairen“ Preis sind bestenfalls Wunschträume. Auch die Hoffnung auf Dividendenzahlungen entbehrt jeglicher Grundlage. Die Aktionäre erhalten lediglich einen Imbiss im Anschluss an die Generalversammlung. Die Aktien besitzen in der heutigen Konstellation keine Anlagequalität und eignen sich daher nur für Liebhaber.

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