Bell Food Group: Solides Semesterergebnis trotz steigender Rohmaterialpreise

Convenience-Markt weiterhin positiv – Grosse Investitionen geplant.

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Bell Firmensitz
Der Hauptsitz von Bell in Basel. Bild: bell.ch

Die Bell Food Group AG mutiert vom reinen Fleischhersteller zu einem umfassenden Anbieter von Nahrungsmitteln. Dieser Erweiterung des Geschäftszwecks trägt die Gesellschaft mit dem seit April 2017 geänderten Namen Rechnung. Stark auf dem Vormarsch ist der Convenience-Markt, den Bell vor allem dank der seit 2011 bestehenden Beteiligung an der Hilcona abdeckt. Seit 2015 besitzt das Unternehmen die Mehrheit an dem Feinkosthersteller und Convenience-Food-Unternehmen Hilcona. Im Mai 2017 kündigte Bell an, Hilcona vollständig übernehmen zu wollen. Die Transaktion bedarf der Zustimmung der Wettbewerbsbehörden. Hier rechnet Bell mit einem positiven Entscheid, der bis Ende des laufenden Quartals vorliegen soll. Mit der Vollübernahme wird die Führungsstruktur vereinfacht, und gleichzeitig werden die Voraussetzungen für ein weiteres Wachstum im Convenience-Markt geschaffen.

Im September 2017 soll denn auch der Spatenstich für einen neuen Convenience-Betrieb in Österreich in der Nähe von Linz erfolgen. Das Investitionsvolumen beträgt 30 Mio. EUR. Weiter vorangetrieben werden auch die Investitionspläne in der Schweiz an den beiden Standorten Basel und Oensingen. In Basel wird der Seafoodbereich komplett neu gestaltet werden, und in Oensingen sind ein neues Tiefkühllager und ein neuer Schlachthof für Rinder geplant. Allerdings müssen zuerst an beiden Standorten Parkhäuser gebaut werden, um den durch die Bauten bedingten Wegfall der Parkplätze für die Mitarbeiter kompensieren zu können. Bell verfolgt hierbei eine vorsichtige Strategie mit der Erstellung der Bauten in verschiedenen Schritten während mehrerer Jahre.

Steigende Rohmaterialpreise belasten

Bell konnte im ersten Semester den Konzernumsatz um 7.3% auf 1.73 Mrd. CHF steigern. Massgeblich für das Plus verantwortlich waren die jüngsten Akquisitionen Hubers, Eisberg, Geiser und Cher-Mignon. Deutlich stärker als das Umsatzplus legten die Verkaufsmengen mit plus 16.6% auf 223’770 Tonnen zu. Eine Belastung stellte die Entwicklung der Rohstoffpreise vor allem für Schweinefleisch dar. Dies spiegelt sich auch in den um 6.3% auf 1.07 Mrd. CHF angestiegenen Warenaufwendungen wider. Die Akquisitionen liessen auch die Personalkosten um 11.1% auf 332.4 Mio. CHF anschwellen. Dieses Plus war massgeblich verantwortlich für den Anstieg des Betriebsaufwands um 10.1% auf 511.9 Mio. CHF. Dank eines effizienten Kostenkontrollmanagements konnte der Betriebsgewinn vor Abschreibungen (EBITDA) gegenüber dem Umsatzplus überproportional um 8.5% auf 130 Mio. CHF erhöht werden. Die Abschreibungen stiegen investitionsbedingt um 9.9% auf 64.6 Mio. CHF an. Hierin enthalten sind Goodwillabschreibungen von 9.9 Mio. CHF nach 7.8 Mio. CHF im Vorjahr. Bell schreibt den bei Akquisitionen bezahlten Kaufpreis jeweils kontinuierlich ab, was gemäss den Bilanzierungsregelungen Swiss GAAP FER, welche das Unternehmen anwendet, möglich ist. Im Ergebnis führte dies zu einem Anstieg des EBIT um 7.2% auf 65.4 Mio. CHF. Geringere Finanzaufwendungen und weniger Drittanteile am Ergebnis erlaubten ein Gewinnplus um 9.1% auf 39.5 Mio. CHF.

Bell International leidet unter hohen Rohstoffpreisen

Im Auslandgeschäft exklusive Deutschland, dessen Zahlen separat ausgewiesen werden, konnte Bell International ein deutliches Mengenplus von 44.4% auf 78’648 Tonnen verbuchen. Dieser starke Anstieg geht vor allem auf das Konto des im 2016 erworbenen Geflügelspezialisten Hubers und der sehr erfreulichen Entwicklung in Polen. Die Umsätze konnten mit dem Mengenanstieg nicht Schritt halten. Das Plus beträgt dennoch ansehnliche 31% auf 292.8 Mio. CHF. In dieser Darstellung enthalten sind die Auswirkungen des Ausstiegs aus dem Filialgeschäft in Tschechien im ersten Semester. Im Berichtszeitraum musste Bell in allen Wurst- und Charcuteriemärkten mit einer schwierigen Preissituation kämpfen. In Frankreich werden die Reorganisationsmassnahmen fortgesetzt. Sehr erfreulich entwickelte sich Hubers, der die Marktposition weiter ausbauen konnte. Das weiter bestehende Wachstumspotenzial kann mit der Eröffnung eines neuen Produktionsbetriebs, die noch im laufenden Quartal erfolgen soll, genutzt werden.

Auch in Deutschland litt Bell unter dem Anstieg der Rohmaterialpreise. Das Absatzplus von 4.1% auf 33’900 Tonnen konnte den Preisanstieg beim Schweinefleisch nicht kompensieren. Deutlich wird die negative Preisentwicklung auch bei den Umsätzen, die nur um 1.2% auf 215 Mio. CHF zulegten.

Gute Grillsaison kompensiert harzigen Jahresstart im Inland

Nach einem schwachen Jahresauftakt und einem unbefriedigenden Ostergeschäft sorgte das schöne Wetter für eine gute Grillsaison in der Schweiz. Dies erlaubte es denn auch, die Umsätze im ersten Semester um 3.1% auf 962.7 Mio. CHF zu erhöhen. Das Plus geht hauptsächlich auf die beiden im 2016 getätigten Akquisitionen Geisser und Cher-Mignon zurück. Bereinigt um diesen Effekt betrug das Umsatzplus 0.3%. Deutlich weniger stark legten die Warenmengen mit plus 1.4% auf 63’056 Tonnen zu. Akquisitionsbereinigt ging das Umsatzvolumen sogar leicht zurück. Weiterhin positiv entwickelte sich der Convenience-Markt. Die Umsätze legten im ersten Semester 2017 um 9.6% auf 302 Mio. CHF zu. Auch dieses Plus geht vor allem auf Akquisitionen zurück. Die hohen Erwartungen der Gruppenleitung an den Bereich Convenience wurden erfüllt. Keine Einflüsse auf die Zahlen hat die geplante Vollübernahme der Hilcona.

Die Geschäftszahlen von Bell für das erste Semester 2017 fallen wenig spektakulär aus. Es gelang dem Unternehmen, trotz der starken Preisanstiege beim Schweinefleisch, die Ertragsmargen nicht nur zu halten, sondern sogar noch leicht zu steigern. Auch konnte der belastende Faktor der höheren Goodwill-Abschreibung egalisiert werden. Unter Berücksichtigung dieser Faktoren können die Kennzahlen auf Konzernebene als sehr gut bezeichnet werden. Ebenfalls zu keinerlei Kritik Anlass gibt die Bilanz des Unternehmens. Auch nach den Akquisitionen beträgt die Eigenmittelquote per 30. Juni 2017 inklusive Minderheiten 45.5% und exklusive Minderheiten 41%. Mit der Vollübernahme der Hilcona werden die Minderheitsanteile aus der Bilanz eliminiert werden. Allerdings wird der Kaufpreis die Bilanz zumindest leicht belasten. Genauere Aussagen sind erst nach dem Abschluss der Transaktion und der entsprechenden Verbuchung in der Bilanz möglich.

Die Aktien von Bell sind an der SIX Swiss Exchange kotiert. Auf der Basis des letztbezahlten Kurses von 427 CHF werden die Titel unter der unserer Ansicht nach realistischen Annahme eines Anstiegs des Gewinns für das Gesamtjahr 2017 um 5% mit einem KGV von gut 16 bewertet. Dieser Wert erscheint als eher hoch. Auch die Dividendenrendite fällt mit gut 1.6% selbst auf dem aktuellen Tiefzinsniveau eher bescheiden aus. Auch wenn die Aktien von den Höchstständen um gut 11% korrigiert haben, besteht weiterhin ein nicht zu unterschätzendes Risiko für Kursrückgänge. Das Potenzial für Kurssteigerungen erscheint zumindest kurz- bis mittelfristig sehr begrenzt. Bei einer weiterhin anhaltenden guten Börsenstimmung können jedoch weitere Kursanstiege keinesfalls ausgeschlossen werden, zumal die Ertragsaussichten für Bell intakt sind. Trotz des schwierigen Umfelds verfügt das Unternehmen über eine im Inland sehr starke Position, die, gepaart mit weiteren Optimierungen in den Prozessabläufen, zu weiteren Ertragssteigerungen führen dürfte. Zudem verfügt das Unternehmen über einen erheblichen Substanzwert, der ebenfalls kursstützend wirken sollte. Gute Wachstumschancen bestehen zudem im Bereich Convenience, die das Unternehmen auch gezielt nutzen will.

Transparenzhinweis: Der Autor ist Aktionär der Gesellschaft.

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