AMS: Warum der österreichische Sensorhersteller zur Kursrakete wurde

Klumpenrisiko Apple: der Umsatzanteil liegt bei 50%.

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Alexander Everke, CEO des Sensorenherstellers AMS. Bild: ams.com
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Hauptsitz des Sensorherstellers AMS in Unterpremstätten/Österreich. Bild: zvg

Alexander Everke, 55, erschien zur Pressekonferenz im Zürcher Hyatt Hotel entspannt. Das konnte er auch sein. Denn die Zahlen, die er präsentierte, lassen die Herzen von Investoren und Anlegern höher schlagen. Die in Österreich beheimatete AMS hat ein Rekordjahr hinter sich. Der Umsatz stieg um 93% auf 1,1 Milliarden Euro, der Betriebsgewinn auf EBIT Stufe um 74% von 97 auf 168 Euro. Die Aktie, die auch an der Schweizer Börse kotiert ist, kletterte 2017 um rund 200%. Ein Ergebnis, fast zu schön, um wahr zu sein. Oder das mindestens einen Haken haben könnte.

Bewegte Vergangenheit des österreichischen Unternehmens

Alexander Everke, CEO AMS. Bild: ams.com

Zeit also, das Unternehmen genauer unter die Lupe zu nehmen, das eine bewegte Vergangenheit hinter sich hat. Es begann 1981, als die US-Firma American Microsystems Inc (AMI) und die österreichische Voest Alpine AG ein Joint Venture gründeten – ein Halbleiterunternehmen namens Austria Mikro Systeme (AMS). Anfang der 90er Jahre liefen die Geschäfte blendend. Mit Nokia als Kunden wuchs das Unternehmen schnell. Forschung und Entwicklung machten damals die Kunden, AMS war eine verlängerte Werkbank ihrer Kunden. Bis es zum folgenschweren Bruch mit dem Grosskunden kam. AMS konnte die Produktion nicht in dem Umfang ausweiten, wie es nötig gewesen wäre, Nokia sprang ab. Die Krise in der Halbleiterindustrie rund um die Jahrtausendwende verstärkte den Abwärtstrend. Eine Restrukturierung folgte. AMS musste sich neu erfinden.

Neustart mit IPO in 2004

Neu setzte man auf Eigenentwicklungen im Halbleiterbereich. Geld musste her. Es kam zum Börsengang 2004 an der Schweizer Börse. Damals erzielte das Unternehmen einen Umsatz von 150 Millionen Euro (im Vergleich dazu: Nächstes Jahr soll der Umsatz über 2,7 Mrd. Dollar betragen. Die angepeilte EBIT-Marge für 2019 liegt bei 30%.) Die neue Fokussierung erwies sich als goldrichtig. Als genialer Schachzug sollte sich die Übernahme eines US-Unternehmens erweisen. AMS kaufte 2011 Texas Advanced Optoelectronic Solutions, Incorporated (Taos). Taos belieferte Apple bereits seit 2007. Durch den Kauf kam AMS, die damals mit diesem Kunden Geschäfte in nur kleinem Umfang hatten, automatisch ins Big-Business mit dem US-Giganten. Und baute die Beziehung bis heute sukzessive aus.

Wachstum mit Apple als Schlüsselkunden

„Vor zwei Jahren hatten wir ein Produktportfolio, mit dem wir Produkte im Wert von einem Dollar für ein High End Smart Phone liefern konnten. Im vergangenen Jahr war es Inhalt für etwa 5 Dollar. In etwa zwei bis drei Jahren werden wir ein Produktportfolio haben, mit dem wir bis zu 15 Dollar Inhalt liefern können“, sagt Everke. Letztes Jahr zog AMS innert sieben Monaten in Singapur, wo das Unternehmens seit einigen Jahren erfolgreich operiert, eine neue Fertigung auf, mit 8000 Mitarbeitern und über 2000 Maschinen. Eine hochmoderne Anlage, die für einen einzigen Kunden erbaut wurde, Apple. Ist AMS also wie damals abhängig von einem einzigen Kunden? Brancheninsider schätzen, dass der Apple-Umsatzanteil um die 50% liegt. Gleichzeitig sind AMS-Produkte mittlerweile derart nachgefragt, dass sich das Unternehmen erlauben kann, auch Mitbewerber von Apple zu beliefern. „Durch den Innovationsvorsprung unserer Produkte, können wir diese Technologien leicht diversifiziert auch an Samsung und weitere verkaufen.“

Starker Fokus auf Forschung und Entwicklung

Alexander Everke, seit zwei Jahren am Ruder, trimmt das Unternehmen auf ein aggressives Wachstum. Sein Fokus ist die Forschung und Entwicklung. Von den 11’000 Mitarbeitern weltweit arbeiten 1000 Ingenieure in 21 Designcentern an den Sensor-Technologien der Zukunft. „Keiner unserer Mitbewerber gibt annähernd so viel Geld für Forschung aus“ sagt Everke. Aktuell sind es 214 Mio. Euro oder rund ein Fünftel der Einnahmen. Zudem verordnete er dem Unternehmen eine Ausrichtung auf vier Produktbereiche: optische, Image-, Umwelt- und Audiosensorik. AMS-Produkte helfen, simpel ausgedrückt, die Umwelt mittels Sensoren zu erfassen, sei es die Temperatur, die Helligkeit oder die Distanz.

Lösung für Gesichtserkennung in der Entwicklung

Neu ist man daran, eine Lösung zur Gesichtserkennung fertigzustellen, welche 2018 in Smartphones verfügbar sein soll. Diese Gesichtserkennung ermöglicht zusätzliche Sicherheit für den Benutzer. Für den Automobilsektor liefert AMS Sensorlösungen für Anwendungen wie Fahrerassistenz, autonomes Fahren und Positionsbestimmung. Im Medizinaltechnikbereich ermöglichen die Sensoren von AMS Untersuchungen mit einem CD-Gerät, dessen Strahlenbelastung geringer ist als auf einem Intercontinental Flug und 3-D-Bilder produzieren kann. In diesem Sektor ist Siemens der grösste Kunde.

Seit 2000 ist AMS auch in der Schweiz angesiedelt. Mittlerweile arbeiten rund 200 Mitarbeitende an den Standorten Rapperswil, Rüschlikon und neu Martigny. „In der Schweiz haben wir speziell im Industrie- und Medizinaltechnikbereich viele Kunden,“ sagt Everke. Und wie sieht der Wettbewerb aus? „Bei derart guten Margen bleiben die Mitbewerber nicht aus. Doch es gibt keinen Mitbewerber, der in allen vier Bereichen tätig wäre wie wir. Wir wollen das Wachstum und die Technologieführerschaft behalten. Deshalb investieren wir auch stetig.“

Die AMS-Aktie nach Bekanntwerden der Zahlen Ende Januar auf Höhenflug. Quelle: Moneynet

Hat die Aktie weiteres Kurspotenzial?

Die Finanzwelt freut das. „Die Konsensschätzungen für das Jahr 2019 reflektieren unserer Ansicht nach noch nicht angemessen die gut gefüllte Pipeline“, sagt Andreas Müller, Analyst ZKB. „Auch dürfte die Profitabilität des Geschäfts in den nächsten zwei Jahren stark steigen. Die Aktie dürfte deutlicher als der breite Marktindex zulegen.“ Er hat deshalb den Titel auf „Übergewichten“ heraufgesetzt. Alles in allem sind das doch gute Aussichten für die Zukunft.

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