Branchentalk Regionalbanken: Risiken und Chancen am Immobilen- und Hypothekarmarkt

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Rund 90 Gäste, überwiegend aus der obersten Führungsebene der Regionalbanken, nahmen am diesjährigen Branchentalk Regionalbanken teil. Foto: Sandra Blaser, schweizeraktien.net

Risiken, Chancen und Zukunftsperspektiven im Hypothekargeschäft waren das Hauptthema beim fünften Branchentalk der Regionalbanken, der am 29. Mai im Hotel Schweizerhof in Bern stattfand. Wie in den vergangen Jahren stand bei dem von schweizeraktien.net veranstalteten Branchentalk zunächst die Performance der Regional- und Kantonalbanken in 2017 auf dem Prüfstand.

Wachstum der Ausleihungen geht zurück

Andreas Neeracher vom Beratungsunternehmen IFBC präsentierte die Auswertung der Jahresabschlüsse von Regional- und allen 24 Kantonalbanken. Bei den Regionalbanken wurden nur diejenigen Institute berücksichtigt, deren Bilanzsumme über 1 Mrd. CHF liegt oder deren Aktien auf der ausserbörslichen Handelsplattform OTC-X der Berner Kantonalbank (BEKB) gelistet sind. Somit wurden gesamthaft die Daten von 52 Häusern näher analysiert.

Den Regionalbanken sei es auch im letzten Jahr nicht gelungen, die Eigenkapitalkosten aus dem laufenden Geschäft zu finanzieren, sagte Neeracher. Das Gros der Kennzahlen fiel ähnlich wie in den Vorjahren aus. So wurde auch das Wachstum der Finanzhäuser aus den hohen Gewinnreserven finanziert. Deutlich tiefer als in den letzten Jahren fiel indessen die Wachstumsrate der Ausleihungen mit gut 3% aus. Auch wenn die Spannweite der Zuwächse der einzelnen Häuser sehr weit auseinanderlag, ist ein Trend zu geringerem Wachstum erkennbar. Neeracher geht denn auch davon aus, dass die Banken zukünftig vor allem im zinsindifferenten Geschäft wachsen werden. Die jeweils zwischen den beiden Bankengruppen Regional- und Kantonalbanken unterschiedenen Ergebnisse offenbarten bei der Bewertung der Aktien deutliche Unterschiede. So sind die Bewertungen der Kantonalbanken, deren Titel an der SIX Swiss Exchange kotiert sind, deutlich höher als diejenigen der nicht kotierten Regionalbanken. Das Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) der Kantonalbanken legte denn auch deutlich von 0.89 im Vorjahr auf 1.13 im Berichtsjahr zu. Das KBV der Regionalbanken fiel hingegen leicht von 0.69 auf 0.64 zurück.

Stimmung aufgehellt

Die von schweizeraktien.net bei den Regionalbanken anonym durchgeführte Stimmungsumfrage zeigt auf einer Skala von eins bis zehn einen deutlichen Sprung der Zufriedenheit der Bankdirektoren von 6.96 auf 7.38 auf. Für die kommenden drei Jahre wird denn auch ein weiteres Wachstum des ordentlichen Bankgeschäfts erwartet. Ebenfalls optimistische Töne schlagen die Bankenchefs für die längerfristigen Zukunftsaussichten über einen Zeitrahmen von zehn Jahren an. Das Hypothekargeschäft wird dabei weiterhin das wichtigste Ertragsfeld bleiben. In den Hintergrund gerückt ist hingegen das Thema der weiteren Branchenkonsolidierung. Eine weitere starke Konsolidierung der Branche wird nicht erwartet. Das grösste Sorgenkind stellt die Zinsmarge dar, die auch weiterhin unter Druck ist.

Immobilienkrise lauert hinter und nicht vor der Türe

Welche Gefahren lauern im Schweizer Hypothekarmarkt? Donato Scognamiglio sieht Potentzal für gröbere Verwerfungen. Bild: Sandra Blaser, schweizeraktien.net

Donato Scognamiglio, Inhaber des Beratungsunternehmens IAZI AG, skizzierte in sehr pointierter Form seine Einschätzung zur aktuellen Situation am Schweizer Immobilienmarkt. So lauere eine Immobilienkrise nicht sichtbar vor der Türe, sondern schleiche sich sozusagen von hinten an. Er komme sich „als Hofnarr“ vor, da seine Warnungen, die er in den letzten Jahren ausgesprochen habe, nie zugetroffen hätten. Stattdessen kenne der Schweizer Markt seit nunmehr 20 Jahren nur die Richtung nach oben. Dies widerspreche der historischen Marktentwicklung mit jeweils durchschnittlichen Haussezeiten von elf Jahren und einem Preisanstieg von rund 45%, der im Anschluss eine rund fünfjährige Baisse mit einem Kursminus von 25% folge. Stattdessen seien die Preise in den letzten 20 Jahren um 82% avanciert.

Getrieben würden die Preise vor allem von den institutionellen Anlegern, die Scognamiglio denn auch als „die Bösen“ ansieht. So würden von den Käufern selbst für Altbauten mit einem grossen Sanierungsbedarf sehr tiefe Bruttorenditen von 3.7% akzeptiert. Das Problem bestehe darin, dass etwa die Verwalter von Pensionskassengeldern keine echte Alternative zur Anlage ihrer Mittel besitzen würden und daher so tiefe Renditen in Kauf nehmen müssten.

Risiko Wertminderung bei selbst genutztem Wohneigentum

Eine deutlich andere Situation zeige sich bei Investitionen in selbst genutztes Wohneigentum. Wegen der sehr hohen Preise könnten es sich nur noch wenige Interessenten leisten, Eigentum zu erwerben. Besonders in den Regionen Genf und Zürich seien die Preise für Einfamilienhäuser sehr stark angestiegen. Neben den notwendigen Eigenmitteln stelle vor allem die Tragbarkeit der Hypotheken ein Problem dar, so Scognamiglio. Die Banken hielten hierbei am kalkulatorischen Zinssatz von 5% fest, auch wenn die Käufer aktuell deutlich weniger Zinsen bezahlen müssten. Trotz dieser rigiden Vergabe von Neukrediten sei das Risiko für die Immobilienbesitzer gross. Deutlich macht dies ein Rechenbeispiel des Immobilien-Experten: Eine Wertminderung von 20% auf dem Wert der Immobilie entspricht dem Wert der gesamten Eigenmittel des Besitzers. Dies kommt dem Totalverlust nahe, erklärte Sconamiglio. Bei einem Wert der Immobilie von 1 Mio. CHF und einer Beleihung von 800‘000 CHF, was einer Beleihungsquote von 80% entspricht, müsste der Betrag der Hypothek um 160‘000 CHF sinken, um wieder die Beleihungsquote von 80% zu erreichen.

Die weiterhin anhaltende hohe Bautätigkeit lasse die Leerstände steigen. Wegen des deutlichen Rückgangs der Zuwanderung von Ausländern in die Schweiz komme auch diese Gruppe nicht mehr als Abnehmer der neuen Immobilien in Betracht.

All diese Faktoren werden nach Scognamiglios Ansicht zu einem „Knall“ führen. Die Zinsen würden nicht langsam ansteigen, sondern schnell sehr stark, was wiederum zu einer Preiserosion der Immobilien führen werde. Positiv sieht der Experte aber die Wohnsituation in der Schweiz mit einem hohen Anteil an Mietern von 60%.

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