Branchentalk Tourismus: Dynamic Pricing als Erfolgsmodell für die Zukunft?

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Am Branchentalk Tourismus auf der Rigi, der mit rund 80 Teilnehmenden gut besucht war, wurde kontrovers über die verschiedenen Preismodelle einzelner Unternehmen diskutiert. Eine wissenschaftliche Analyse der unterschiedlichen Wege der Bahnbetreiber durch Professor Philipp Lütolf von der Hochschule Luzern stellt die Ist-Situation dar: Alle Unternehmen, die etwas an ihren Tarifmodellen geändert haben, sind zufrieden. Lütolf erhob allerdings den mahnenden Finger und wies darauf hin, dass es noch zu früh sei, um eine abschliessende Beurteilung des Erfolgs verschiedener Preismodelle vornehmen zu können.

Erträge stabilisieren als Ziel

Die wichtigste Aufgabe der Bergbahnbetreiber ist die langfristige Sicherung der Erträge. Zeitgleich haben die Bahngesellschaften einen hohen Anteil an nicht verkauftem Skierdays. Mit Rabattierungen wie etwa dem Hammerdeal der Saastal Bergbahnen wird versucht, die Auslastung der Kapazitäten zu erhöhen und eine Ertragssteigerung zu erreichen. Sehr wichtig ist es auch für die Unternehmen, Daten von ihren Kunden zu erhalten, um diese gezielt ansprechen zu können. Zum Grossteil kennen die Unternehmen ihre Gäste nicht. Somit ist es für die Unternehmen sehr schwer, eine geeignete Lösung für die Zukunftssicherung zu finden. Ob die Rabattierung der Preise der Schlüssel zum Erfolg ist, ist offen.

SnowDeal im Engadin

Am 1. September 2018 läuteten die Engadiner Bergbahnen Bergbahnen (Engadin Mountains AG) eine neue Ära vollkommen dynamischer Skipasspreise ein.

Mit dem neuen System Snow-Deal werden die Preise der Tageskarten der jeweiligen Nachfrage angepasst und können bis zu maximal 105 CHF pro Tag betragen. Auf der anderen Seite können die Besucher von Rabattierungen für frühzeitige Buchungen profitieren und bezahlen so günstigstenfalls 45 CHF für einen Tagespass.

Ein wichtiges Merkmal des Systems ist, dass die Preise ab der ersten Publikation nicht mehr sinken werden. Die Rabatte gehen ab 15 Tagen vor dem gewünschten Skitag sukzessive zurück. Die Destination leidet vor allem unter dem geringen Anteil an Skifahrern, da nur 4 von 10 Gästen im Engadin Skis fahren. Die breite Angebotspalette führt dazu, dass die Gäste nur bei sehr schönem Wetter Skipässe kaufen. Durch die Frühbucherrabatte will Meili Mehreinnahmen generieren. Ob die dynamischen Preise den gewünschten Mehrertrag – Meili hofft auf 2% höhere Einnahmen – bringen werden, ist offen.

Preissensitivität in den Hotels

Mit im Boot der Bahnen sitzen auch die Hotelbetreiber, die seit Jahren über Erfahrungen mit dynamischen Preismodellen verfügen.

Für Hotels ist die „richtige“ Festsetzung der Zimmerpreise der entscheidende Faktor. Hier hat Sunstar mit der Einführung von dynamischen, an die Nachfragesituation angepassten Preisen reagiert. Diese werden täglich aktualisiert und sind für jeden frei zugänglich. Eine entscheidende Rolle spielt auch die Transparenz der Preise, da Hotelleistungen beliebig austauschbar sind.

Sunstar verfolgt den Ansatz gleicher Preise auf allen Plattformen und gewährt bei Buchungen über die eigene Webseite Rabatte. Ein Dorn im Auge sind die verschiedenen Buchungsplattformen, die zwar viele Gäste bringen, aber eine hohe Provision von über 10% für sich beanspruchen. Mit einem Marktanteil von knapp 30% an allen Buchungen sind die Plattformen aber zu einem unverzichtbaren Partner der Hotelbranche geworden. Deutlich tiefer hingegen ist der Anteil von Onlinebuchungen bei den Bergbahnen.

Geringe Bedeutung des Onlinegeschäfts

Bislang werden bei den Bergbahnen bestenfalls Ticketverkäufe im tiefen einstelligen Prozentbereich online generiert, während das Gros der Gäste ihre Billette an der (Tages)Kasse erwirbt. Einzelne Bergbahnen bieten etwa eigene Buchungssysteme an. Als Beispiel können hier die Zermatt Bergbahnen, die ihren Gästen die besten Preise bei Buchungen über die eigene Seite garantiert, genannt werden.

Im Onlinegeschäft spielen aber auch die kommerziellen Anbieter wie Ticketcorner eine wichtige Rolle. Dabei entscheiden nicht nur der Preis, sondern auch die zahlreichen Services wie der Vertrieb und die Abwicklung der Zahlungen. In jedem Fall liegen aber die Kommissionen unter der Schwelle von 10%, erklärt der CEO von Ticketcorner, Andreas Angehrn. So kompensiert bereits der Verkauf eines zusätzlichen Tickets auf zehn verkaufte den Mehrpreis für die Bahnen.

Auch Dynamic-Pricing-Modelle hat Ticketcorner im Angebot: Erfahrungen damit wurden erstmals im letzten Jahr mit der Skiarena Andermatt-Sedrun gemacht.

Dynamic Pricing ist auf dem Vormarsch, ob im Eventbereich oder bei Bergbahnen. Unternehmen können so Kosteneinsparungen realisieren, indem sie zum Beispiel auf gedruckte Preislisten verzichten. Existenziell ist dabei die Transparenz des Angebots, wie Markus Meili darlegt. Ob die neuen Preismodelle allerdings die Patentlösung für die Zukunft der Bergbahnen sind, wird die Zukunft zeigen.

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