Markus Rüegsegger, Quantex Fonds Nebenwerte: «Das Potenzial nach oben im OTC-Markt ist massiv»

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Das Anlageziel des Nebenwerte Fonds QFN besteht darin, durch den Erwerb unterbewerteter Aktien von klein- und mittelkapitalisierten Gesellschaften aus der Schweiz und anderen europäischen Staaten, vorwiegend aus Deutschland und Österreich, langfristig eine überdurchschnittliche Rendite zu erzielen. Durch die Beimischung von maximal 30% Schweizer Aktien, welche nicht an einem geregelten Markt gehandelten werden („OTC“), wird eine tiefere Volatilität gegenüber ursprünglichen Small & Mid Cap-Fonds angestrebt.

Das Fondsvermögen liegt bei ca. 38 Mio. CHF. Der im August 2008 aufgelegte Fonds erlebte 2018 das schlechteste Jahr seiner Historie mit einem Verlust von 17,5%.

Markus Rüegsegger verantwortet seit Auflegung im Jahr 2008 den Quantex Funds Nebenwerte als Portfoliomanager. Davor war er in verschiedenen Funktionen, u.a. im Börsenhandel und Active Advisory Team beim Schweizerischen Bankverein / UBS, tätig. 

Herr Rüegsegger, Ihr Quantex Funds Nebenwerte musste 2018 mit 17,5% den grössten Verlust seit Auflegung verzeichnen. Warum diese ungenügende Performance, während der OTC-Allshare-Index nur um 0,3% verloren hat?

Der Vergleich mit dem OTC-All hinkt. Der Quantex Funds Nebenwerte (QFN) war per Ende 2018 nur mit gut 22% in Schweizer OTC-Titeln investiert. Über 25% waren in deutschen und knapp 23% in österreichischen Small und Mid Caps angelegt. Die Pendants SDAX (Deutschland) und ATX Prime (Österreich) verloren in Schweizer Franken um 23% bzw. 22,6%. Der Fonds kann bezüglich Anlageallokation von daher nur bedingt mit Schweizer Small und Mid Caps verglichen werden. Trotzdem sind wir natürlich mit der Performance unzufrieden.

Performance des Quantex Fonds Nebenwerte R im Vergleich zum SPI Small Companies und dem OTC-X All Share Index. Quelle: quantex.ch

Sie bewerben den Quantex-Fonds, weil das Risiko im Markt der Neben- und OTC-Werte geringer sei als bei Mid Caps. Heisst das im Umkehrschluss, dass auch die Chancen geringer sind?

In der Tat zeichnen sich die kotierten sowie die ausserbörslich gehandelten Schweizer Aktien von kleineren Gesellschaften durch weniger Kursschwankungen, sprich Volatilität aus. Daraus lässt sich folgern, dass die Kursausschläge auf beide Seiten unter normalen Marktverhältnissen wesentlich geringer sind. Auf lange Sicht schmälert dies aber die Chancen bzw. Performance keineswegs: Verlieren Sie nur 20 statt 50%, müssen Sie nur 25 statt 100% wieder gutmachen.

Sie investieren in mittlere, kleine und kleinste Unternehmen. Ist die Gefahr nicht gross, gerade bei sehr kleinen Unternehmen über einen beherrschenden Anteil zu verfügen?

Der QFN als regulierter Anlagefonds unterliegt der schweizerischen Fondsgesetzgebung. Diese gibt einen Maximalwert von 10% Beteiligung vor und wird täglich durch die Fondsleitung überwacht. Wir sind bei keiner Position auch nur in der Nähe dieser Vorgabe, im Gegensatz zu anderen Small und Mid Cap-Fonds. Den grössten Anteil halten wir aktuell in der Weiss+Appetito Holding AG mit knapp 4,3%-Anteil am Kapital.

Wie sieht es aus mit der Verlässlichkeit der Zahlen bei sehr kleinen Unternehmen? Haben Sie da besonders positive oder negative Beispiele?

Positive Beispiele gab es in den letzten Jahren aufgrund des Trends zu verbesserter Kommunikation einige. Insbesondere die Umstellung der Rechnungsstellung von OR auf Swiss GAAP FER hat bei OTC-Titeln zur Aufdeckung von (von uns bereits davor geschätzten) stillen Reserven und teilweise zu starken Kursreaktionen geführt. Ein Beispiel dafür ist sicher die WWZ AG. Negatives Beispiel ist z.B. die Schweizer Zucker AG, bei der vor allem Rübenbauern und -Verbände dominieren, die nicht unbedingt die gleichen Interessen verfolgen wie die übrigen Aktionäre. Andere geben keine über den (rudimentären) Geschäftsbericht hinausgehenden Informationen ab oder senden diesen erst nach mehrmaligem Insistieren. In solche Unternehmen investieren wir nicht.

Auch allgemeine Informationen zu kleinen oder kleinsten Unternehmen sind nur schwer zu finden. Wie machen Sie sich ein Bild von Ihren Investments?

Bildlich dargestellt machen wir ein «Puzzle», bevor wir in ein solches Unternehmen investieren: Bezogen auf die OTC analysieren wir in einem 1. Schritt die «nackten» Finanzkennzahlen und entscheiden, ob ein Investment überhaupt in Frage kommt. Hier scheiden von den über 300 ausserbörslich gehandelten Papiere wohl bereits über 150 aus. In weiteren Schritten prüfen wir Faktoren zur Eignung einer Investition, wie z.B. Marktkapitalisierung, Aktionärs- und Kapitalstruktur, Statuten, aber auch Management, Marktumfeld, politische Einflussfaktoren und vieles mehr. Zudem schauen wir uns mögliche Lieferanten bzw. Kunden – als Beispiel sei hier Plaston und der Grosskunde Hilti erwähnt – und Konkurrenten der Gesellschaften an. Weitere Informationen erhalten wir auch durch Gespräche, Internetsuche, Zeitungsartikel, Branchenstudien, Behördenauskünfte etc. Auch die Historie ist uns wichtig. Alles in allem hilft uns natürlich unsere langjährige Erfahrung in diesem Nischenmarkt, den Exponenten von uns seit über 30 Jahren verfolgen.

Gerade auf dem OTC-Markt ist oft die Rede von zu geringen Handels-Volumina. Wie schaffen Sie es, sich mit den Papieren, die Sie in Ihr Portfolio aufnehmen wollen, einzudecken?

Die Liquidität in OTC-Titeln ist in der Tat in vielen Fällen gering. Beim Aufbau einer Position gehen wir deshalb sehr behutsam vor, weil wir den Kurs nicht treiben wollen. Im Normalfall platzieren wir Kaufaufträge knapp über den bestehenden Geldkursen, zeigen aber nie die ganze Auftragsgrösse. Eine andere Möglichkeit ist auch, eine Gesellschaft oder uns bekannte Aktionäre direkt anzufragen. In diesen Fällen stellt sich die Frage nach den Handelsvolumen viel weniger.

Kommen wir zu konkreten Titeln in Ihrem Portfolio. BKW sind mit 3,57% Anteil die stärkste Schweizer Position in Ihrem Fonds. Wie geht es mit diesem Investment weiter?

„Bei über 70 CHF wird die Überlegung akut, die Position etwas abzubauen“. Kursverlauf der BKW-Aktie im letzten Jahr. Quelle: six-group.com

Die Aktie ist aus unserer Sicht nicht mehr günstig bewertet. Die Story des Unternehmens stimmt immer noch, und die Bilanzen sind wunderbar. BKW war eines der wenigen Unternehmen, das letztes Jahr mit einem Plus aus dem Markt ging. Jetzt werden langsam die Strompreiserhöhungen in den Titel eingepreist; über 70 CHF wird die Überlegung akut, die Position etwas abzubauen.

Ein relativ stark gewichteter Titel im QFN ist die OTC-Aktie von Weiss+Appetito. Was ist hier das Spannende?

Weiss+Appetito verbauen ja neben ihren anderen Tätigkeiten verstärkt Mobilfunkantennen. Die Hardware kommt zurzeit vorwiegend von Huawei. Natürlich ist jetzt die grosse Frage, was passiert, sollten chinesische Importe in die Schweiz reduziert oder gar ganz ausgesetzt werden. Ich sehe da aber kein Problem, denn dann wird Weiss+Appetito die Antennen von einem anderen Hersteller beziehen. Und wenn man sich das Wachstum im Mobile Markt anschaut, bin ich sicher, dass Weiss+Appetito hier auf dem richtigen Weg ist, ganz egal, wer der Lieferant ist. Und, nicht zu übersehen, die Aktie ist stark gedrückt.

Welche Titel im OTC-Markt, die sich noch nicht in Ihrem Portfolio befinden, sind für Sie besonders interessant?

Biella ist für mich ein Turnaround-Kandidat. Nettoliquidität, hoher Immobilienbestand, die Substanz stimmt. Aber natürlich muss auch operativ Geld verdient werden. 2018 war zwar negativ wegen der Schliessung des Werkes in Polen. Aber Biella zentralisiert und fokussiert sich immer stärker auf personalisierte, individuelle Bestellungen. Und auch wenn der Anteil erst 10% beträgt, es also noch eine Nische ist, so wächst er doch stetig und hat eine grosse Marge.

Welche Rolle spielen generell günstige Werte für Sie?

Im OTC-Bereich sind von 300 gelisteten Werten etwa 50 sehr günstig. Auf dem Stand von heute würde ich keine Aktie mehr, die ich im Fonds habe, verkaufen. Das Potenzial nach oben ist massiv. Dabei kann ich nicht einmal sagen, dass man jetzt kaufen sollte, da es so breite Kursstellungen gibt. Aber auf Geldkurs-Basis würde ich auf dem Niveau nicht mehr verkaufen. Ein gutes Beispiel hierfür sind die Lagerhäuser der Centralschweiz: Die Differenz zwischen Geld- und Briefkurs ist 26’000 bis 38’000 CHF, also eine Spanne von fast 50%.

Herr Rüegsegger, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

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