Raurica Wald: Erstes Schweizer Holzbau-Start-up Fagus Suisse wird flügge

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Hohe Marktdynamik im Hochleistungsholzbau: Berufsbildungsfonds BBF Fribourg, geplant mit Stabbuche der Fagus Suisse. Bild: Behnisch Architekten | Visualisierung: Moka-Studio

Das Stadium des Schösslings ist vorbei, jetzt wird ersichtlich, welcher Baum da heranwächst. Das Start-up Fagus Suisse SA (lat. fagus: die Buche) im jurassischen Les Breuleux beginnt Ende Januar mit der industriellen Produktion von Hochleistungsbauteilen aus Buchenholz. Entstanden ist das Unternehmen aus der 2014 gegründeten Fagus Jura, mit eine Kapitalerhöhung 2017 wurde es in Fagus Suisse umfirmiert.

Das neuartige Angebot von Fagus Suisse antizipiere zum einen die wachsende Menge an zu verabeitendem Laubholz und zum anderen die steigende Nachfrage nach klimaneutralen Baustoffen im Hochbau, schreibt das Unternehmen in einer Pressemitteilung.

Zwei Leuchtturmprojekte akquiriert

Das Holz für die Tragkonstruktion des neuen Eisstadions in Pruntrut, das den Eishockey-Verein HC Ajoie beherbergt, stammt von Fagus. Bild: hc-ajoie.ch

Zwei grössere Projekte sind bereits akquiriert: So stammt das Rundholz für die Tragkonstruktion des neuen Eisstadions von Porrentruy aus den Wäldern der 22 Trägergemeinden. Das Holz aus den lokalen Wäldern wurde in regionalen Sägewerken eingeschnitten und wird jetzt im Jura zu leistungsfähigem Konstruktionsholz verarbeitet. Auch die Dachkonstruktion des neuen Kultursaals der Gemeinde Arlesheim soll zumindest teilweise aus Hochleistungs-Stabschichtholz von Fagus gebaut werden.

Millioneninvestition in Maschinen- und Anlagepark

Um solche Projekte stemmen zu können, wurde ein einstelliger Millionenbetrag in einen modernen Maschinen- und Anlagepark investiert. Dabei wurden die Anlagen in ein bestehendes Gebäude eingebaut, welches früher eine Parkettfabrik beherbergte. Am Gebäude hätten deshalb nur wenige Anpassungen vorgenommen werden müssen, sagt Stefan Vögtli, verantwortlich für Marketing und Vertrieb bei Fagus, gegenüber schweizeraktien.net.

Die Anfangsinvestitionen seien einerseits durch Aktienkapital (50%) und mit Unterstützung des Förderprogrammes «Neue Regionalpolitik» des Bundes und der Kantone – insbesondere vom Kanton Jura – finanziert worden, so Vögtli. «Zudem hat die Fagus vom Technologiefonds des Bundes zur Absicherung eines Bankdarlehens eine Bürgschaft erhalten.»

Die neuen Produktionsanlagen von Fagus Suisse befinden sich in einer ehemaligen Parkettfabrik im jurassischen Les Breuleux. Bild: fagussuisse.ch

Know-how von Raurica Wald

Viel Know-how, insbesondere im Bereich Rohholzbeschaffung und Unternehmensführung, fliesst vom grössten Einzelaktionär, der Raurica Wald AG, in das junge Unternehmen ein. Stephanie Oetterli amtet bei beiden Firmen als VRP, Stephan Rüdlinger als Geschäftsführer. Und Stefan Vögtli, Verantwortlicher Marketing + Verkauf bei Fagus, ist ebenfalls im VR der Raurica. Als Spin-off von Raurica möchte Vögtli die Fagus SA aber nicht bezeichnen: «Die Raurica ist zwar grösster Einzelaktionär. Es gibt jedoch weitere Aktionäre, die ähnlich grosse Aktienpakete halten».

Das technische Wissen bezüglich Verarbeitung und Anlagebau werde zusammen mit Partnerfirmen und Forschungsinstitutionen aufgebaut. Die sieben aktuellen Mitarbeitenden wie auch Geschäftsführer Eric Müller stammten allesamt aus der Region, so Vögtli. Gerade sei man dabei, zwei weitere Stellen für den technischen Verkauf zu besetzen.

Nachhaltigkeit durch Vermeidung unsinniger Transporte

Gerade im Vergleich zur CO2-Schleuder Beton ist Hochleistungs-Stabschichtholz aus Schweizer Wäldern deutlich klimafreundlicher. Die Nutzung des nachwachsenden Rohstoffes Laubholz, welches zurzeit mangels Absatzmöglichkeiten oft nur energetisch genutzt oder unbearbeitet nach Asien exportiert werde, zeigt laut Vögtli die Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells von Fagus. Mit der Verarbeitung des Holzes in der Schweiz, für den einheimischen Markt, würden unsinnige energieintensive Transporte vermieden.

Hohe Marktdynamik im Hochleistungsholzbau

Die Marktdynamik im konstruktiven Hochleistungsholzbau ist wegen der allgemeinen Klimaschutzthematik sehr hoch. So wird auf dem Metalli-Areal in Zug mit 80 Metern das künftig höchste Holzgebäude der Schweiz von V-Zug geplant. Auch zahlreiche andere Holzbauten, welche die Hochhausgrenze überschreiten, seien in diversen Schweizer Städten in der Projektierungsphase, schreibt Fagus zur Nachfragesituation.

Am eigenen Stand an der gerade zu Ende gegangenen Swissbau in Basel konnten sich die Fagus-Verantwortlichen ein gutes Bild vom Interesse an ihrem Produkt machen. Es habe zahlreiche Rückmeldungen von Standbesuchern gegeben. Vögtli sieht für den erfolgreichen Messeauftritt drei Gründe: «Erstens ist Schweizer Holz generell hoch im Kurs. Zweitens ist das Fachpublikum beeindruckt von den technischen Daten und dem gestalterischen Potenzial unserer hochwertigen Laubholzprodukte aus Schweizer Produktion, und drittens sind ökologische Alternativen zu Beton und Stahl im Markt sehr willkommen.»

Hauptaktionäre sind Waldbesitzer

Die Hauptaktionäre der Fagus Suisse SA sind die beiden Waldbesitzerorganisationen Raurica Wald AG und ZürichHolz AG sowie die Corbat Holding. Zu den insgesamt 130 Aktionären gehören auch zahlreiche Bürgergemeinden und Holzkorporationen sowie Ingenieurbüros, Holzbaubetriebe und auch Privatinvestoren. Zurzeit sei keine Erweiterung des Aktionärskreises geplant, sagt Vögtli. «Eine Kapitalerhöhung zwecks Erweiterung der Anlagen und/oder der Geschäftstätigkeiten in den nächsten Jahren ist aber durchaus denkbar. Es gibt bereits einige Interessenten, die Aktien zeichnen möchten.»

Wer zumindest indirekt in Fagus SA investieren will, kann Aktien der Raurica Wald, die z.B. auf OTC-X der BEKB gehandelt werden, zu einem Kurs von zuletzt 550 CHF kaufen. Oder er wendet sich direkt an die Gesellschaft.

Fazit

Fagus Suisse SA nimmt die Produktion zum richtigen Zeitpunkt auf. Die Diskussionen über den CO2-Fussabruck bei Baumaterialien sowie bei Transporten quer durch Europa machen ein Unternehmen, das regional mit nachwachsenden Rohstoffen produziert, wegen seiner hervorragenden Energiebilanz für Investoren attraktiv. Auch gibt es im Markt immer mehr Nachfrage nach Holzbauten, von der auch Fagus profitieren dürfte.

Das Know-how, das von Grossaktionär Raurica Wald zu Fagus fliesst, gibt dem gerade flügge gewordenen Start-up Sicherheit in der weiteren Entwicklung der Unternehmung. Es bleibt abzuwarten, wann sich das Unternehmen auch Investoren öffnet, die nicht direkt mit Fagus zu tun haben.

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