Reto Brühwiler, Enpa Swiss Top Picks Fund: «Das Vifor-Management liefert, was es verspricht»

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Der Enpa Swiss Top Picks Fund ist ein Schweizer Anlagefonds, welcher in ein konzentriertes Portfolio aus Schweizer Firmen vor allem im Small und Mid Cap-Bereich investiert. Ziel ist es, mit Schweizer Anlageideen der Vermögensverwalter Entrepreneur Partners langfristig eine überdurchschnittliche Rendite zu erzielen.

Reto Brühwiler verantwortet bei Entrepreneur Partners den Enpa Swiss Top Picks Fund seit Auflegung 2017 als Portfoliomanager. Davor war Brühwiler CEO und Head of Sales der Mainfirst Schweiz AG und für die Bank Vontobel, Lombard Odier und die Deutsche Bank tätig.

Im Videointerview beschreibt Brühwiler die Folgen des Coronavirus auf Luxusartikel- und Tourismusunternehmen. Und er äussert sich zu Investments wie SoftwareOne, Also, Straumann und warum der Fonds aus VAT und VZ ausgestiegen ist.

Herr Brühwiler, Ihr Fonds ist mit zweieinhalb Jahren noch relativ jung. Seit Auflegung haben Sie eine Performance von 18% erzielt. 2018 sind Sie mit Verlusten von 17,6% noch vergleichsweise gut weggekommen. Was haben Sie besser gemacht als andere?

Wir haben uns an die definierte Strategie gehalten und diese konsequent umgesetzt. Der Fonds investiert mit einer konzentrierten Portfoliozusammensetzung in Schweizer Aktien mit Fokus auf Mid & Small Caps, wobei der Kern des Portfolios aus mittel- bis langfristigen Positionen besteht. Bevorzugt kaufen wir Anteile von Firmen, deren langfristiges Wachstumspotenzial unterschätzt wird. Wir schauen uns aber auch Turnaround oder Value Cases an.

Insgesamt umfasst Ihr Portfolio mit 20 Positionen vergleichsweise wenig Titel. Warum diese Beschränkung? Steigt so das Risiko nicht unverhältnismässig?

Mit 15 bis 20 Aktien sind wir in etwa an jedem zehnten kotierten Unternehmen in der Schweiz beteiligt. Als fokussierter, fundamentaler Stockpicker erachten wir eine solche Quote als sinnvoll. Seit Lancierung des Fonds machten die grössten Beteiligungen jeweils etwa 5 bis 8% des Fondsvermögen aus. Das sehen wir keineswegs als unverhältnismässiges Risiko an. Übrigens, wer einen Indexfonds auf den SMI oder SPI kauft, legt derzeit mehr als 50% in 3 einzelne Aktien an. Dort ist das Klumpenrisiko auf Titelebene höher.

Welches ist Ihre Benchmark?

Beim Investmentprozess spielt für uns ein Index als Benchmark keine Rolle. Das Universum sind Schweizer Aktien. Langfristig ist es unser Ziel, besser abzuschneiden als die verschiedenen Indizes auf Schweizer Aktien.

Von Ihren vier grössten Investments sind drei im Gesundheitssektor. Warum die starke Konzentration auf Gesundheitstitel?

Das ist zufällig und kann sich durch Performance und aktive Bewirtschaftung der Positionen rasch ändern. Die Top-15-Positionen sind bei der Gewichtung nahe beieinander, entsprechend ist das Ranking eher sekundär. Im Gesundheitssektor gibt es viele gute Wachstumsfirmen, die hochprofitabel operieren. Wetten auf verlustschreibende Firmen, die vom klinischen Erfolg eines einzelnen Medikamentes abhängig sind, wollen wir vermeiden.

Sie stiegen letztes Jahr stark bei Vifor ein, der Titel ist der viertstärkste in Ihrem Portfolio. Was sind die Gründe für Ihre positive Einschätzung?

Der Kurs stand vor einem Jahr unter Druck, weil das Wachstum des Produktes Veltassa nicht so lief, wie erwartet. Die Bewertung war im Verhältnis zu den Wachstumsaussichten sehr günstig. Vifor hat ein Management, welches die Strategie konsequent umsetzt und bisher, was die Finanzziele betrifft, lieferte, was es versprach. Wir erwarten auch in Zukunft Wachstum bei den bestehenden Produkten und clevere Produkte-Deals oder Unternehmenszukäufe.

Werden Sie den Titel weiter halten, obwohl der Kurs Ende 2019 stark angezogen hat und bereits wieder in der Nähe seines Alltime-Highs von August 2018 ist?

Man könnte auch sagen, dass Vifor erst 10% über dem Höchstkurs von 2015 handelt. Aber Ihre Frage ist berechtigt. Die Aktie erscheint nicht mehr unterbewertet und ist deshalb unter genauer Beobachtung. Der Investmentcase ist komplex und vielschichtig. Aus heutiger Sicht erwarten wir keine wesentlichen Überraschungen, was das Finanzziel 2020 betrifft. Die Firma möchte im Rahmen des «Objectiv 2025» eine Wachstumsrate auf Umsatz und Gewinn erzielen, welche den höchsten in der Pharmaindustrie entspricht. An Ambition und Motivation mangelt es dem Unternehmen also sicher nicht.

Welche anderen Portfoliozugänge in 2019 haben Ihnen besondere Freude gemacht?

Swissquote ist ein Beispiel. Nachdem das Management aufgrund von Investitionen in Wachstumsinitiativen eine enttäusche Guidance für 2019 abgab, tauchte die Aktie im Frühjahr. Wir nutzten dies und haben unter 40 CHF gekauft. Ende Jahr war die Aktie deutlich höher, und heute ist sie bei rund 60 CHF. Auch SIG Combibloc machte Freude. Hier kauften wir erst im dritten Quartal, nachdem wir Vertrauen ins Management und den Investmentcase aufbauen konnten.

Sie haben sich auch bei den beiden grössten IPOs im letzten Jahr in der Schweiz eingedeckt. Bei SoftwareOne bleiben Sie investiert, Stadler haben Sie bereits wieder verkauft. Warum?

Nur wenn uns das Geschäftsmodel gefällt, eine starke Unternehmensführung vorhanden  und Aufwärtspotenzial zu unserem fairen Wert da ist, machen wir bei IPOs mit. SoftwareOne und Stadler Rail sind beides Firmen, welche einen sehr guten und unternehmerischen Erfolgsausweis aus der Vergangenheit präsentieren konnten. Sie sind gut geführt, fokussiert, in Wachstumsmärkten tätig, in denen sie Marktanteile gewinnen – und der jeweilige Kapitaleinsatz ist überschaubar. Wir rechneten bei beiden IPOs Aufwärtspotenzial zu unserem fairen Wert aus. Stadler Rail hatte den fairen Wert im November erreicht, und wir wollten die Projektrisiken berücksichtigen. Wir entschlossen uns daher, auf die Seitenline zu gehen.

Der Aktienpreis von SoftwareOne hat sich ebenfalls hervorragend entwickelt und wird wohl etwas konsolidieren müssen. Wir beobachten, wie sich das Wachstum und die Profitabilität sowie die Integration von der jüngsten Akquisition Comparex entwickelt. SoftwareOne hat mittelfristige Ziele, welche wir derzeit als realistisch einstufen und die ein organisches Wachstum vom Umsatz im tiefen zweistelligen Prozent-Bereich versprechen. Ein KGV von 22x für 2021, das Jahr, wenn die Synergien der Comparex gehoben sein sollten, muss im Verhältnis zum Wachstum nicht teuer sein.

Sie sind im Bereich Finanzen stark in der Partners Group, aber auch bei Swissquote engagiert. Warum diese Titel, und warum meiden Sie klassische Banktitel wie UBS und CS?

Swissquote hat viel in die Infrastruktur investiert, und rund die Hälfte der zusätzlichen Erträge sollte auf den Vorsteuergewinn durchschlagen. Wichtig wird nun sein, dass das Ertragswachstum auch kommt. Beim Einstiegszeitpunkt rechneten wir aus, dass die Aktie das Potenzial hat, sich zu verdoppeln.

Partners Group hat in den letzten 10 Jahren Umsatz und Gewinn knapp verdreifacht. Das Unternehmen wächst auch derzeit Jahr für Jahr um rund 10%. Die erzielten Margen, die Strategie und das Geschäftsmodell sind stabil. Die Gewinnmarge nach Steuern steht seit dem IPO im Jahr 2006 bei sagenhaften 50% des Umsatzes. Die Rendite auf dem Eigenkapital bei hohen 40%. Wir trauen Partners Group in den nächsten 5 bis 10 Jahren ein Gewinnwachstum von rund 10% pro Jahr zu.

Demgegenüber sind die Erträge der Grossbanken in den letzten 10 Jahren geschrumpft, die Renditen auf dem Eigenkapital waren schwach, die Geschäftsmodelle kann man nicht als fokussiert bezeichnen – und die Firmen sind komplex und schwer zu analysieren. Die Bewertungen sind zwar optisch günstig, aber das alleine genügt uns nicht.

Getrennt haben Sie sich von AMS, weil Sie keinen Glauben an den langfristigen Erfolg des Unternehmens haben. Was liess Sie den Glauben verlieren?

Die Produktezyklen im Consumer Electronics Geschäft sind kurz, und damit lässt sich die langfristige Entwicklung schwer vorhersagen. Das ist aber nicht neu. Es war mehr ein Vertrauensschwund in die Führung, welcher schon 2018 begann. Die Firma hatte im Januar 2018 die Guidance für 2019 nochmals deutlich erhöht. Der Kurs zog daraufhin an, und das Management nutzte dies zu Verkäufen der Aktie. Dann kamen Quartalsberichte, die so ganz und gar nicht zum positiv beschriebenen mittelfristigen Bild passten. Unsere Position war anfangs 2019 mit weniger als 2% des Portfolios eigentlich zu klein. Statt aufzustocken, entschieden wir uns für den Verkauf.

Auch wenn AMS heute operativ stabiler unterwegs ist, die Versprechen von anfangs 2018 konnten sie nicht einlösen. Der Umsatz für 2019 verfehlte die Zielsetzung in US-Dollars von damals um rund 20%.

Auch Logitech findet sich nicht mehr in Ihrem Portfolio. War die Trennung nicht etwas vorschnell, wenn man den Kursverlauf im letzten Jahr berücksichtigt?

Wir sind erst im vierten Quartal ausgestiegen und haben 40% Gewinn im 2019 mitgenommen. Die Aktie erreichte etwa unseren fairen Wert. Dies alleine reicht nicht zwingend für einen Verkauf. Wir beobachten jedoch eine Zunahme der Konkurrenz im Bereich Video-Equipment und eine hohe Kadenz von Aktienverkäufen des Managements, weshalb wir die Position abstiessen.

Wie würden Sie das Verhältnis Substanzwerte vs. Wachstumswerte in Ihrem Portfolio beziffern?

Eine Linie zwischen «Value» und «Growth» zu ziehen, fällt uns generell schwer. Wenn eine Firma wächst, schliesst das nicht aus, dass sie günstig zu haben ist. Und wenn ein gutes Geschäft hohe Renditen auf dem eingesetzten Kapital abwirft, ist meist das Preis/Buchverhältnis hoch. Ich würde sagen, dass man ein Drittel unserer Investitionen als «Value» bezeichnen kann. Reine Substanzbetrachtung, also nur den Wert der bilanzierten Assets ohne die Ertragssituation zu berücksichtigen, macht für uns wenig Sinn.

Welches Wachstum Ihres Fonds wollen Sie 2020 erzielen? Immer vorausgesetzt, wir sehen keine Zinswende, und es bleiben uns andere makroökonomische Überraschungen erspart.

Ich benutze oft den US-Markt, um mich zu orientieren, da hier die Zinsmärkte besser funktionieren. Die Aktien des S&P 500, bezogen auf den historischen Gewinn der letzten 12 Monate, handeln mit gut 15% Prämie gegenüber dem Durchschnitt der letzten 20 Jahre. Das KGV ist 22x und die Gewinnrendite damit 4,5%. Da die 10-jährigen US-Staatsanleihen bei sehr tiefen 1,6% Rendite handeln, ist die Risikoprämie knapp 2,9% und damit um etwa 1% höher als in den letzten 20 Jahren. Relativ gesehen sind Aktien also attraktiv. Unter dem von Ihnen beschrieben Szenario würde ich davon ausgehen, dass die Aktienmärkte freundlich tendieren. Die Investitionen im Fonds sind langfristig ausgelegt. Bei vielen unserer Beteiligungen wachsen die Gewinne zweistellig oder es sind Value oder Turnaround-Cases. Wir glauben, in dem von Ihnen beschriebenen Szenario eine solide Rendite erwirtschaften zu könnten. Das Jahr ist aber noch jung.

Herr Brühwiler, ich danke Ihnen für dieses Gespräch.

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