Bernexpo Holding: Messebetreiber plant wegen Corona-Krise digitalen Marktplatz für BEA-Aussteller

Finanzielle Einbussen werden für Bernexpo "sehr hart"

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Die Veranstaltungsbranche gehört zu den ganz grossen Verlierern in der Corona-Krise. Letzte Woche gab die Bernexpo Groupe bekannt, dass die Publikumsmesse BEA in diesem Jahr ausfällt. «Wir haben erwartet, dass der Bundesrat das Veranstaltungsverbote verlängern wird», sagt Jennifer Somm, CEO der Berner Messefirma, im Gespräch mit schweizeraktien.net. Schon im Vorfeld der Entscheidung hätten sich Verwaltungsrat und Management mit den unterschiedlichen Szenarien beschäftigt. Doch ein Verschieben der Publikumsmesse, die letztes Jahr rund 290’000 Besucher anlockte, war aufgrund der Komplexität der Veranstaltung nur schwer möglich.

Die traditionsreiche Publikumsmesse BEA in Bern wurde abgesagt. Bild: Screenshot

Zu den finanziellen Auswirkungen für die Bernexpo Holding kann Jennifer Somm noch nicht viel sagen. Sie fasst es nur in einem Satz zusammen: «Es trifft uns hart.» Allerdings habe man weitsichtig gehandelt und rasch reagiert. Mittlerweile wurden sämtliche nicht geschäftskritischen Projekte sistiert, massive Kostenreduktionen eingeleitet und für die Mitarbeiter Kurzarbeit beantragt. «Unser Ziel ist es, das operative Geschäft zu sichern, so dass wir nach dem Ende der Krise wieder mit voller Kraft zurück am Markt sein können», erklärt Somm.

BEA goes digital

Doch untätig bleibt die Bernexpo Groupe in der schwierigen Situation nicht. Noch vor Ostern wird das Unternehmen einen digitalen Marktplatz lancieren, auf dem die Aussteller der BEA ihre Produkte anbieten können. «Viele unserer Aussteller haben bereits Ware für die BEA eingekauft und können diese nun nicht verkaufen», erläutert Somm die Situation. «Die Rückzahlungen für die Standgebühr haben wir so schnell wie möglich in die Wege geleitet, um unseren langjährigen Partnern zu helfen», ergänzt sie. Der zweite Schritt bei den Soforthilfemassnahmen für die Aussteller sei nun der digitale Marktplatz.

Jennifer Somm, CEO der Bernexpo Groupe, sucht mit ihrem Team nach alternativen Ertragsmöglichkeiten. Bild: report.bernexpo.ch

Obwohl die BEA-Aussteller diese Plattform gratis nutzen können, sieht Jennifer Somm auch die Chancen für eine weitere Digitalisierung des Geschäfts. Dank eines intelligenten Algorithmus stellt die Plattform für den Besucher die Produkte zusammen, die er bei seinem BEA-Besuch auch angeschaut hätte. Gut möglich, dass schon im nächsten Jahr die BEA als «hybride» Ausstellung – online und physisch – stattfinden wird.

Fremdanlässe in den Herbst verschoben

Neben der BEA musste die Bernexpo zwei weitere Eigenmessen absagen bzw. verschieben. Besonders stark betroffen ist das Messeunternehmen auch bei Fremdanlässen. «Bis Ende Mai wurden sämtliche Anlässe abgesagt und in den Herbst verschoben», so Jennifer Somm. Sie erwartet daher einen «sehr starken Herbst». Dieser könne allerdings die Verluste bei der BEA nicht kompensieren.

Daher machen sich Somm und ihr Team derzeit auch Gedanken, wie sie das Gelände und die Hallen der Bernexpo während der Krisenzeit nutzen können. So hat der Kanton beispielsweise auf dem BEA-Gelände ein Coronavirus-Testzentrum eingerichtet. Aufgrund der Grösse der Hallen wäre auch die Durchführung von Prüfungen möglich, bei denen der Mindestabstand eingehalten werden könne, so Somm.

Verkauf der Messepark Bern AG verläuft nach Plan

Keinen grossen Einfluss scheint die Corona-Krise auf den geplanten Verkauf der Beteiligung an der Messepark Bern AG zu haben. «Die Gespräche mit den Investoren laufen weiter», berichtet die CEO. Auch an dem Zeitplan, die Transaktion bis zum Ende des 1. Halbjahres abzuschliessen, habe sich bisher nichts geändert.

Fazit

Die Bernexpo Holding AG wird aufgrund des Veranstaltungsverbots in 2019 grosse Einbussen hinnehmen müssen. Wie gross diese sein werden, ist schwer abzuschätzen. Allerdings dürfte das Flaggschiff BEA einen nicht unwesentlichen Anteil zu den 62 Mio. CHF beisteuern, welche die Bernexpo Groupe 2018 umgesetzt hat. Auch die Profitabilität – das EBITDA lag 2018 bei 11 Mio. CHF – wird markant unter der aktuellen Situation leiden. Jedoch ist es durchaus möglich, dass die Sparmassnahmen, Kurzarbeit, mögliche staatliche Unterstützungsbeiträge und kurzfristige alternative Vermietungen der Hallen diesen Einbruch abfedern können.

Die Bilanz der Gruppe präsentiert sich solide. Zahlen für 2019 fehlen derzeit zwar noch. Allerdings lagen die flüssigen Mittel per Ende 2018 bei 18.7 Mio. CHF, während die Bankschulden lediglich 17.3 Mio. CHF ausmachten. Ebenso ist die Eigenkapitalquote mit über 63% sehr solide. 2019 dürften sich die Kennzahlen nochmals verbessert haben.

Die Aktien der Bernexpo Holding AG werden ausserbörslich auf OTC-X gehandelt. Der Kurs hat durch die Corona-Krise seit Anfang Jahr um über 20% an Wert verloren. Zuletzt wurden 360 CHF für eine Aktie gezahlt. Damit notiert der Titel um mehr als 50% unter dem Buchwert von 765 CHF (per Ende 2018). Zwar wird die Corona-Krise 2019 zu einem massiven Gewinneinbruch führen oder sogar einen Verlust zur Folge haben. Dennoch stimmen die längerfristigen Perspektiven. Auch die Abspaltung der Messepark Bern AG ist nicht vom Tisch. Trotz der unsicheren Aussichten sind daher mittelfristig die Chancen für einen Kursanstieg intakt, auch wenn kurzfristig die Risiken überwiegen.

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