Ausserbörslicher Markt: Corona-Krise führt im März zu rekordhoher Anzahl Abschlüsse auf OTC-X

Tourismus- und Medienaktien besonders stark unter Druck

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Im März setzte die Corona-Krise den Aktienmärkten in der Schweiz zu. Nachdem die ersten Ansteckungen in Italien bekannt geworden waren, kam es an den internationalen Börsen zu massiven Kursverlusten. Im Gegensatz zu früheren Kurseinbrüchen gerieten in der Berichtsperiode auch die ausserbörslich gehandelten Aktien stark unter Druck.

Der OTC-X Liquidity-Index ging im März um fast 9,8% zurück. Damit war der Verlust der liquideren ausserbörslich gehandelten Aktien leicht geringer als derjenige der börsenkotierten Small- und Mid-Caps. Denn der SPI Extra-Index verlor im gleichen Zeitraum um 11,8%. Bei den Handelsaktivitäten verzeichnete die Plattform OTC-X der Berner Kantonalbank (BEKB) einen Rekord. Insgesamt wurden im März Aktien im Wert von 25.1 Mio. CHF gehandelt. Die Anzahl der Abschlüsse erreichte 1657. Im Fokus standen vor allem sehr liquide Titel mit einer starken Performance in 2019, was auf Gewinnmitnahmen schliessen lässt.

Lockdown betrifft viele KMU

In früheren Baissephasen zeigten sich die ausserbörslich gehandelten Aktien sehr robust. Das ist dieses Mal anders. Durch den Lockdown in der Schweiz sind viele lokale Unternehmen von der Krise direkt betroffen. Stark unter Druck gekommen sind vor allem die Aktien von Tourismusunternehmen (Index: minus 14,5%), Bergbahnen (Index: minus 13,9%) und aus der Medienbranche (Index: minus 14,5%). Letztere kämpft mit einem Einbruch des Inseratevolumens von über 80%. Die Neue Zürcher Zeitung und auch das Joint-Venture von NZZ und AZ Medien, CH-Media, kündigten Kurzarbeit an. Die Aktien der zur NZZ Mediengruppe gehörenden Regionalmedien Holding RMH führen die Verliererliste im März mit einem Minus von 35,2% auf 155 CHF an. Zahlen der RMH sind noch keine bekannt; allerdings hat CH-Media mitgeteilt, dass die Aktionäre der CH-Media für 2019 ihre Dividende als Darlehen erhalten werden. Dies könnte bedeuten, dass auch die RMH-Aktionäre auf eine Barausschüttung verzichten müssen.

Auch die Aktien der AG für die Neue Zürcher Zeitung (minus 18,4% auf 4’700 CHF) gehören zu den grossen Verlierern im ausserbörslichen Markt. Dabei fielen die Geschäftszahlen der NZZ für 2019 noch recht erfreulich aus. Per Ende 2019 stiegen die zahlenden Kunden um 7% auf rund 166’000. Das Betriebsergebnis (EBIT) ging wegen des rückläufigen Print-Werbemarkts um 3.3 Mio. CHF auf 17.5 Mio. CHF zurück. Dank eines höheren Finanzergebnisses (plus 3.5 Mio. CHF) erreichte das Gruppenergebnis insgesamt 18.4 Mio. CHF. Für 2019 soll noch eine Dividende von 200 CHF je Aktie ausgeschüttet werden.

Tourismusaktien verlieren zweistellig

Stark unter Druck gerieten neben Bergbahn-Aktien wie Klosters-Madrisa ( minus 65,6% auf 2.75 CHF) und Aletsch Bahnen (minus 25,0% auf 45 CHF) viele Tourismustitel. Besonders betroffen waren die Valoren von Unternehmen, die seit dem 13. März ihren Betrieb schliessen mussten. Dazu gehören die Kongress- und Kursaal Bern AG (minus 29,9% auf 331 CHF) und das Casino Montreux (minus 23,6% auf 2’100 CHF). Beide Betriebe verfügen noch nicht über ein Online Casino, wie dies in Baden, Luzern und Interlaken der Fall ist. In Bern kommt der Ausfall im Veranstaltungsgeschäft, in den Restaurants und dem Hotel Allegro hinzu.

Schwer wiegen die Ausfälle auch für die SGV Holding AG (minus 27,5% auf 220 CHF). Seit dem 28. März ist der Schiffsbetrieb auf dem Vierwaldstättersee komplett eingestellt. Die Tochterfirma Tavolago ist mit ihren Restaurants auf den Schiffen und an Land sowie dem Cateringgeschäft sehr stark vom Lockdown betroffen. Auch die Grand Resorts Bad Ragaz AG (plus 3,6% auf 4’470 CHF) musste den Hotel- und Casinobetrieb schliessen.

Insbesondere die Berggebiete hoffen nun auf eine Lockerung des Lockdowns bis Ende Mai. Dann beginnt die Sommersaison. Tourismusexperten gehen allerdings davon aus, dass der Ferntourismus erst 2021 wieder richtig anlaufen wird. Die meisten Tourismusunternehmen setzen für den Sommer 2020 daher auf den Heimmarkt.

Regionalbanken als Fels in der Brandung

Die Anzahl der Gewinner war im März gering. Gemessen am Index wiesen die Regionalbanken mit einem Minus von 3,9% den geringsten Verlust aus. Die meisten Institute konnten 2019 ihren Gewinn halten oder sogar steigern. Auch die Ausschüttungen verblieben auf Vorjahresniveau oder wurden sogar leicht angehoben. Dank der verbürgten Covid-19-Kredite, welche auch von den Regionalbanken ausgegeben werden, wurde das Ausfallrisiko für KMU-Kredite abgemildert.

Ungeachtet der Turbulenzen um die Corona-Krise gaben im März auch zahlreiche Unternehmen ihre Geschäftszahlen für 2019 bekannt. Das Zuger Versorgungs- und Telekomunternehmen WWZ Gruppe (minus 6,3% auf 13’300 CHF) steigerte den Umsatz um 3,3% und erzielte einen Konzerngewinn von 43.5 Mio. CHF. Für das laufende Geschäftsjahr zeigte sich die Gesellschaft angesichts grosser Investitionen zurückhaltend und beliess die Dividende bei 330 CHF je Aktie.

Der Storenhersteller Griesser Holding (minus 16,3% auf 720 CHF) steigerte dem Umsatz um 0,6% auf 326.2 Mio. CHF. Unter dem Strich verdiente das Unternehmen 2019 mit 9.6 Mio. CHF um 18% mehr als im Vorjahr. Die Dividende verbleibt bei 15 CHF je Aktie.

Weniger gut lief es bei der Rapid Holding (minus 20,9% auf 510 CHF). Der Umsatz nahm 2019 zwar um 2% auf 45.8 Mio. CHF zu. Allerdings ging der Reingewinn von 2.7 Mio. CHF auf 1.2 Mio. CHF zurück. Für die Aktionäre gibt es nur noch eine Dividende von 15 CHF je Aktie (Vorjahr: 50 CHF).

Ein Rekordergebnis legte die Immobiliengesellschaft Espace Real Estate (minus 16.2% auf 145 CHF) vor. Der Gewinn kletterte 2019 um 29,0% auf 16.8 Mio. CHF. Auch der Marktwert des Immobilienportfolios nahm um 4,3% zu und betrug zum Jahresende 700.3 Mio. CHF. Wegen der Corona-Krise sollen die Aktionäre nur eine unveränderte Ausschüttung von 4.75 CHF je Aktie erhalten.

Aventron plant Kapitalerhöhung

Zu den wenigen Kursgewinnern im März gehören die Aktien der Aventron AG (plus 2,4% auf 10.50 CHF). Die im Bereich der erneuerbaren Energien tätige Gesellschaft ist seit Anfang Februar auf OTC-X gelistet. Der Nettoertrag stieg 2019 um 12% auf 102.5 Mio. CHF, und das EBIT kletterte gar um 15% auf 32.4 Mio. CHF. Die Aktionäre sollen eine leicht höhere Dividende von 26 Rappen je Aktie erhalten. Zudem kündigte Aventron eine Erhöhung des Eigenkapitals um maximal 65 Mio. CHF an. Mit dem frischen Kapital soll das Kraftwerksportfolio bis 2023 auf 750 MW ausgebaut werden.

In den kommenden Wochen ist im ausserbörslichen Markt mit einem ruhigeren Geschehen zu rechnen. Entscheidend für die weitere Entwicklung werden auch hier die Dauer des Lockdowns sowie die Auswirkungen der Wochen des Stillstands auf die Betriebe sein. Neue Impulse sind dann wieder in der zweiten Jahreshälfte zu erwarten.

Gewinner/Verlierer auf OTC-X im März
Valoren-Nr. Titel 28.2. 31.3. Perf
34266657 Bergbahnen Scuol N 92.00 119.50 29.89%
155753 Bürgerhaus AG, Bern 2’500.00 3’000.00 20.00%
213969 Niesenbahn AG / Prior 600.00 700.00 16.67%
2060347 CKW N 301.00 332.00 10.30%
698007 Gondelbahn Grindelwald N 160.00 175.00 9.38%
623401 Schweizer Zucker AG 24.50 25.50 4.08%
254158 Grand Resort Bad Ragaz, Bad Ragaz 4’315.00 4’470.00 3.59%
2377723 aventron N 10.25 10.50 2.44%
         
495950 Casino de Montreux SA Nom 100 2’750.00 2’100.00 -23.64%
259935 Aletsch Bahnen N 60.00 45.00 -25.00%
251280 Swisstulle AG 7’950.00 5’800.00 -27.04%
42172077 SGV Holding N 303.00 220.00 -27.39%
205581 LSB Wasserauen-Ebenalp AG 13’300.00 9’500.00 -28.57%
161329 Kongress- und Kursaal AG, Bern 472.00 331.00 -29.87%
205500 RMH Regionalmedien N 239.00 155.00 -35.15%
26393995 Klosters-Madrisa N 8.00 2.75 -65.63%
Sascha Hitz ist Fachspezialist OTC-X bei der Berner Kantonalbank (BEKB). Bild: zvg

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