Energieunternehmen: Aktien von Schweizer EVU kommen bisher gut durch die Krise

Branchenanalyse Energie weist auf hohe Stabilität und regelmässige Dividenden hin

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24 Aktien von regional und überregional tätigen Energieversorgern werden auf der ausserbörslichen Handelsplattform OTC-X der BEKB gehandelt. Darunter befinden sich Schwergewichte wie die Bündner Repower und Zentralschweizer CKW ebenso wie kleine regionale Versorgungsunternehmen. Die jüngste Branchenanalyse Energie, die Zern & Partner jährlich im Auftrag von OTC-X erstellt, kommt zum Schluss, dass sich Energieversorgungsunternehmen (EVU) auch in dieser Krise als weitgehend resistent erweisen. Sie würden damit ihrem Ruf als solide, defensive Anlage gerecht werden.

Der OTC-X Energieindex bewegt sich Ende Juni 2020 lediglich um 3.2% unter dem Stand vom Jahresbeginn und um gut 3% höher als vor 12 Monaten. Im Bereich der kotierten Energieaktien zeigt sich der Branchenführer BKW auf Basis des 2019 erzielten besten Ergebnisses der Unternehmensgeschichte extrem resilient. Die Aktie liegt seit Jahresbeginn mit 15.5% im Plus und erzielte eine 12-Monats-Performance von 26.5%.

Liberalisierung bringt Gewinner und Verlierer

Die schrittweise Liberalisierung der Energiemärkte bringe allerdings Gewinner und Verlierer hervor, heisst es in der Analyse weiter. Als vorteilhaft habe sich die von fast allen EVU betriebene Diversifizierung erwiesen: Dazu zähle der Aufbau eigener Kapazitäten bei erneuerbaren Energien, Beteiligungen und Zukäufe, Expansion des Beratungs- und Dienstleistungsgeschäfts sowie vielfältige Aktivitäten im baunahen Bereich wie Installation und Wartung von Heiz-, Kühl- und Belüftungssystemen.

Während die regulierten Netzentgelte in unterschiedlichem Ausmass für stabile Cashflows sorgen, dafür jedoch wenig Gewinnsteigerungsfantasie bieten würden, hätten verstärkte Stromhandelsaktivitäten, die Nutzung von Synergien durch breitere Angebote an die Kunden wie Paketlösungen für Strom, Gas, Wasser, Wärme sowie neue Services wie Ladestationen für E-Mobile und das Beleuchtungsmanagement für Kommunen zu einer überdurchschnittlichen Entwicklung wesentlich beitragen können.

Der OTC-X-Index Energie liegt binnen Jahresfrist sogar wieder leicht im Plus. Chart: moneynet.ch

Ergänzt wird die Branchenanalyse Energie durch Kurzstudien von acht EVU, deren Aktien auf OTC-X gehandelt werden. Die Profile der Unternehmen seien jedoch sehr unterschiedlich, heisst es in der Analyse weiter. So werde mit den Titeln der aventron AG die erste Grünstrom-Aktie auf OTC-X gehandelt, die mit dem über sechs Länder gestreuten Ausbau der Produktionskapazitäten für Wind-, Wasser- und Solarenergie für die vollendete Energiewende stehe. Auch Repower erziele mehr Umsatz ausserhalb der Schweiz als im Heimatmarkt.

Auch wenn das baunahe Geschäft bei manchen EVU floriere, habe sich der Wettbewerb inzwischen stark intensiviert. Zudem sei das Geschäft in manchen Regionen zumindest temporär an Sättigungsgrenzen gestossen, so die Einschätzung in der Branchenanalyse.

Unsichere Auswirkungen der Corona-Krise

Neben der Liberalisierung der Energiemärkte bleibe auch das volatile Geschehen an den internationalen Öl- und Gasmärkten ein wichtiger Faktor für die Preisbildung am Strommarkt, heisst es weiter. Der private Verbraucher sehe in der moderaten Preissteigerung in 2020 um durchschnittlich 3% auf nun 21 Rappen pro kWh nicht, wie die Strompreise im Grosshandel zeitweise gesunken seien. Sie lagen während der Corona-Krise für diverse Lieferzeitpunkte zeitweilig um 10% bis nahe 30% tiefer. In dieser Zeit hatte sich auch der Ölpreis im freien Fall befunden. Die Förderabgaben für erneuerbare Energien und die Abgaben für das Gemeinwesen blieben 2020 mit 2.3 Rappen unverändert.

Unsicherheit wegen fehlendem EU-Stromabkommen

Für Unsicherheit sorge das immer noch nicht abgeschlossene Stromabkommen mit der EU. Die Elcom warne vor möglichen zukünftigen Engpässen insbesondere in den Winterhalbjahren, da die Exportkapazitäten der bisher vorherrschenden Lieferanten Frankreich und Deutschland aufgrund von Kraftwerksstilllegungen und dem schrittweisen Ausstieg aus der Nuklearenergie geringer werden.

Bei einer Betrachtung der auf OTC-X gehandelten Einzeltitel falle die vergleichsweise hohe Dividendenrendite mit über 2.5% ins Auge. Auch wenn es im Energie-Bereich kaum zu Phasen stürmischen Wachstums kommen werde, würden die Aktien der Branchenvertreter durch
eine hohe Stabilität der Gewinne und Dividenden bestechen. „Im
gegenwärtigen von vielerlei Unsicherheiten gekennzeichneten „Big Picture“
sind diese Aktien unverzichtbar für Investoren, die Werterhalt und Dividendeneinnahmen anstreben“, heisst es abschliessend in der Studie. Im „Worst Case“ einer massiven Ausbreitung der Pandemie oder relevanter
Kriegshandlungen könne es allerdings auch bei den „sicheren“ Versorgern zu Dividendenkürzungen und -streichungen kommen.

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