Branchentalk Banken: Tokenisierte Welt eröffnet neue Möglichkeiten

Vertrauen ist zentrale Eigenschaft für Fiatgeld und Kryptowährungen

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Endlich wieder ein Anlass mit physischer Präsenz! Nicht wenige der knapp 60 Teilnehmenden am zum achten Mal stattfindenden Branchentalk Banken brachten ihre Freude mit solchen oder ähnlichen Aussagen zum Ausdruck. Auch nach der interessanten Keynote-Rede mit anschliessender Podiumsdiskussion zog sich die Freude, für einmal mit Personen statt Bildschirmen interagieren zu können, weiter. So war das sitzend durchgeführte Apéro riche auf der Terrasse des Zürcher Restaurants Monopol gut besucht, und es wurde rege weiterdiskutiert. Passend zur Lokalität nahe dem Paradeplatz, welcher als Herzen der Schweizer Finanzwelt gilt, stand beim Branchentalk das Herz des Finanzsystems im Zentrum – das Geld. Oder genauer gesagt, inwiefern Kryptowährungen die Finanzwelt verändern oder gar das herkömmliche „Fiatgeld“ ersetzen können.

Kryptowährungen fehlt es an Stabilität

So rief Dr. Andréa Mächler, Mitglied des Direktoriums der Schweizerischen Nationalbank, in ihrem Keynote Referat die Wichtigkeit des Vertrauens ins Zahlungsmittel Geld für die Schweizer Wirtschaft in Erinnerung. Voraussetzungen für dieses Vertrauen seien ein funktionierender Zahlungsverkehr sowie Preis- und Finanzstabilität. Diese Faktoren können von Kryptowährungen noch nicht erfüllt werden. Durch die hohen Wertschwankungen seien Kryptowährungen in den Augen der SNB nicht wirklich Geld, sondern vielmehr Anlageinstrumente mit sehr viel Spekulation.

Kryptowährungen weisen im Vergleich zu anderen Vermögenswerten eine hohe Volatilität auf. Abb.: Referat Dr. Andrea Maechler, SNB

Im Rahmen des Projekts Helvetia untersucht die SNB aber dennoch in Zusammenarbeit mit der Schweizer Börsenbetreiberin SIX und der Bank für internationalen Zahlungsverkehr BIZ die Voraussetzungen für den Einsatz eines digitalen Tokens für Zentralbankgeld (CBDC). Auch wenn die erste Phase des Projekts die Machbarkeit der technischen Umsetzung bewiesen hat, steht die Lancierung eines Wholesale-CBDC ausdrücklich nicht unmittelbar bevor. Zu viele offene Fragen gäbe es noch zu klären, insbesondere auch im Hinblick auf die Geldpolitik. Eine tokenisierte Welt eröffne aber unbestritten ganz neue Möglichkeiten.

SNB-Direktorin Andréa Maechler zeigt auch die Chancen auf, die Digital Assets für das Finanzsystem bieten. Bild: William Schilling, schweizeraktien.net
Zusammenspiel der Akteure hilft Gesamtsystem

Vertrauen als zentrale Voraussetzung für eine Währung blieb denn auch Thema in der von Claude Baumann, Gründer und Geschäftsführer von finews.ch, moderierten Podiumsdiskussion. In diesem Punkt waren sich die Podiumsteilnehmer Marianne Wildi, CEO Hypothekarbank Lenzburg, Mathias Imbach, Co-Gründer Sygnum, und Andréa Mächler einig. Auf die starken Schwankungen von Kryptowährungen wie Bitcoin angesprochen, meinte Mathias Imbach, dass diese aufgrund verschiedener Faktoren zwar vorhanden seien, die Kryptos aber schon nur in Anbetracht des hohen investierten Kapitals, insbesondere auch Humankapitals, langfristig ein lohnendes Investment darstellen werden.

Für Marianne Wildi versteckt sich das Spannendste an den Kryptowährungen in der Technologie dahinter und deren Möglichkeit, die Swiss Value Chain zu revolutionieren. Wichtig sei ein gemeinsames Lernen und Zusammenspiel aller Akteure. So brauche es zum Beispiel nicht unzählige neue Stable Coins; die etablierten Banken können so auch von Innovationen der neuen Player profitieren.

Marianne Wildi (hier in der Diskussion mit Claude Baumann) hält ein gemeinsames Lernen für sehr wichtig. Bild: William Schilling, schweizeraktien.net

Angst, dass die Innovationen das bestehende Finanzsystem gefährden könnte, hat Andréa Mächler nicht. Möglicherweise problematisch wäre es erst, wenn Kryptos systemisch zum Einsatz kämen. Als Anlage seien diese zwar durchaus eine Alternative, dafür als Währung aufgrund des fehlenden Vertrauens jedoch ungeeignet. Hinzu kommt, dass mit Kryptos keine Geldpolitik möglich sei. Im Gegensatz zum Fiatgeld ist bei den Kryptos nur die Produktion möglich, das «Demining» als Gegenpol zum Mining fehlt. Auch zeigt schon nur die Eurozone, wie schwierig eine einheitliche Geldpolitik länderübergreifend ist. Für eine globale Währung wäre die Herausforderung beinahe unlösbar.

Mehr Know-how benötigt

Mit fehlendem Vertrauen haben die Kryptowährungen ohnehin seit jeher zu kämpfen, wurden sie doch insbesondere in den Anfangsjahren oftmals mit Geldwäscherei in Verbindung gebracht. Grosse Player liessen deshalb die Finger von den Kryptos, um sich ebendiese nicht daran zu verbrennen. Zu Unrecht, meint Marianne Wildi, schliesslich sehe die Bank einer 20er Note auch nicht an, ob diese „gewaschen“ wurde oder nicht. Bei digitalen Coins könne sogar die Historie des Coins überprüft werden, Geldwäsche würde also sogar einfacher entdeckt als bei Banknoten, ergänzte Mathias Imbach. Noch immer besteht eine gewisse Angstkette, da viele Leute die Technologie nicht verstehen und deshalb aus Angst, mit Betrügereien in Verbindung gebracht zu werden, lieber darauf verzichten. Diese Angstkette gelte es zu durchbrechen und die Lücken mit Know-how zu füllen. Oder um es in den Worten von Andréa Mächler auszudrücken: «Wie versteht man eine Technologie? Man muss mitmachen!»

Angeregte Diskussion über Digitale Vermögenswerte am 8. Branchentalk Banken. Bild: schweizeraktien.net

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