Wädi-Brau-Huus AG: Auszapft is‘! Aktionäre stehen vor dem Totalverlust

Sanierungskapitalerhöhung geplant

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Wird es diese Kombination auch künftig geben? Bild: waedenswiler.ch

Dunkle Wolken sind über der in Wädenswil im Kanton Zürich beheimateten Wädi-Brau-Huus AG aufgezogen. Einmal mehr – letztmals im Jahr 2005 – steht die in ihrem Kern bis ins Jahr 1826 zurückreichende Traditionsbrauerei mit dem Rücken zur Wand und muss finanziell saniert werden, so sie erneut überleben will. Die von vielen Höhen und Tiefen geprägte Unternehmensgeschichte steuert damit auf ein neues Kapitel zu – zu diesem Zeitpunkt noch mit offenem Ausgang.

Aus der in diesen Tagen verschickten Einladung zur Generalversammlung am 27. Juni 2019 geht hervor, dass die Gesellschaft überschuldet ist und aus eigener Kraft nicht mehr über ausreichende flüssige Mittel verfügt, um den Betrieb weiter finanzieren zu können. In der heutigen Form ist das wirtschaftliche Überleben der lokal verwurzelten Brauerei aufgrund hoher Fehlbeträge der Vergangenheit – leider – praktisch aussichtslos. Ohne ein zum jetzigen Zeitpunkt nicht absehbares „Wunder von Wädenswil“ droht den Anteilseignern der Gesellschaft der Totalverlust ihres eingesetzten Aktienkapitals.

Einschneidende Sparmassnahmen blieben ohne Erfolg

Bereits anlässlich der letzten Generalversammlung im Jahr 2018 zeigte die Verwaltung den Aktionären die schwierige Situation auf, in der sich die Gesellschaft befindet. „Einschneidende Sparmassnahmen, neue Aktivitäten und personelle Veränderungen“ sollten die Wende bringen – doch blieben letztlich ohne Erfolg. Die erhoffte Rückkehr in die schwarzen Zahlen blieb trotz eines guten „Bier-Sommers“ aus, nicht zuletzt deshalb, weil die angebotenen Brau-Seminare weit hinter den Erwartungen blieben und umsatzmässig enttäuschten.

Zum heutigen Zeitpunkt liegen uns keine Details zum Geschäftsjahr 2018 vor, da die Gesellschaft keinen Geschäftsbericht verschickt und auch keine aktuellen Berichte (mehr) auf der Homepage zum Download anbietet. Der letzte Online-Jahresbericht datiert aus dem Jahr 2015. Aus den wenigen bisher bekannten Eckdaten zum Geschäftsjahr 2018 geht hervor, dass der (hohe) Jahresverlust 2018 bei etwa -482’000 CHF gelegen hat. Nach einem Verlustvortrag von -439’189 CHF aus dem Vorjahr 2017 ergibt sich somit ein Bilanzverlust vor Ergebnisverwendung von -921’277 CHF – zu viel für die bereits strapazierte Bilanz.

Um die Bilanz zu sanieren und die Gesellschaft abermals neu aufzustellen, schlägt der künftig teilweise neu zusammengesetzte Verwaltungsrat der kommenden Generalversammlung in einem zweistufigen, untrennbar verbundenen Verfahren folgende Schritte vor: erstens eine Kapitalherabsetzung des bisherigen Aktienkapitals von 604’100 CHF auf null(!). Und zweitens die Rekapitalisierung über eine noch durchzuführende Kapitalerhöhung im Umfang von bis zu 1.037 Mio. CHF nominal durch Ausgabe von bis zu 1’700 neuen Aktien à 610 CHF nominal zu einem Ausgabepreis von 915 CHF.

Bestehendes Aktienkapital soll vernichtet werden…

Konkret sieht der Beschlussvorschlag zur Kapitalherabsetzung vor, dass sämtliche heute bestehenden 4’100 Namenaktien mit einem Nennwert von 1 CHF – entsprechend der auf OTC-X-gelisteten Papiere – und die 6’000 im Jahr 2005 neu emittierten Namenaktien mit einem Nennwert von je 100 CHF vernichtet werden und das Aktienkapital auf diese Weise auf null herabgesetzt wird. Rein technisch wird der gesamte Herabsetzungsbetrag von 604’100 CHF zur teilweisen Beseitigung einer durch Verluste entstandenen Unterbilanz verwendet. Die Kapitalherabsetzung wird nur wirksam, wenn die Generalversammlung auch der Kapitalerhöhung zustimmt.

… mit anschliessender Aktienkapitalerhöhung von maximal 1.555 Mio. CHF

Der Verwaltungsrat beantragt der Generalversammlung flankierend zum Kapitalschnitt eine Erhöhung des Aktienkapitals im Umfang von mindestens 610’000 CHF und höchstens 1’037’000 CHF. Dabei sollen mindestens 1’000 und höchstens 1’700 neue Namenaktien mit einem Nennwert von je 610 CHF (einheitlicher Nennwert) ausgegeben werden. Die neuen Aktien sollen zu einem Preis von 915 CHF je Aktie emittiert werden, entsprechend eines Gesamtausgabebetrags zwischen 915’000 CHF (1’000 Aktien) und 1’555’000 CHF (1’700 Aktien). Die Einlagen sind entweder in Geld und / oder durch Verrechnung von Forderungen durch bisherige Kreditgeber der Gesellschaft zu gleichen Konditionen zu leisten.

Harmonika-Sanierung

Dieses zweistufige Sanierungsverfahren über den Kapitalschnitt, das sehr weitreichende Konsequenzen für die betroffenen Aktionäre bis hin zu einem möglichen indirekten „Zwangsausschluss“ aus der Gesellschaft hat, ist in der aktienrechtlichen Literatur auch als „Harmonika-Sanierung“ bekannt. Aktionäre, die sich nicht an der Rekapitalisierung im Rahmen der Kapitalerhöhung beteiligen, verlieren – auch gegen ihren Willen – ihre Stellung als Aktionäre der Gesellschaft. Aus Sicht der Gesellschaft hat dieses Verfahren den Vorteil, auch die Kapital- und Eigentümerstruktur mit Blick auf einen Neuanfang vollständig bereinigen zu können, „Karteileichen“ im Aktionariat inklusive. So schafft die Gesellschaft mit einem erneuerten Aktionariat und einer vereinfachten Kapitalstruktur die Basis für den Neustart.

„Phantomaktionäre“ erschweren Sanierung

Nach uns vorliegenden Informationen aus dem Markt sollen die tatsächlichen Verhältnisse im Aktionariat – trotz Namenaktien – zudem teilweise unklar sein, da von den insgesamt 10‘100 bisherigen Aktien beider Gattungen (1 CHF und 100 CHF) einige Aktien als „verschollen“ gelten und die Gesellschaft längst nicht alle Aktionäre identifizieren konnte. Eine Konstellation mit einer unbekannten Anzahl von „Phantomaktionären“ im Aktionariat erschwert grundsätzlich eine Sanierung im Kreise der bestehenden Aktionäre und mit der aktuellen Aktionärsstruktur.

Aufgrund der sehr weitreichenden Eingriffe in die Vermögensrechte der betroffenen Aktionäre verlangt das Gesetz zum Schutz dieser Aktionäre einen Sanierungszweck und – zwingend – ein Bezugsrecht der auf null „herabgesetzten“ Aktionäre, das entgegen den allgemeinen Regeln auch nicht aus wichtigen Gründen entzogen werden kann. Den dann zukünftig ehemaligen Aktionären der Wädi-Brau-Huus AG steht nach der „Auslöschung“ ihres Aktionärsdaseins in der Altgesellschaft innerhalb des gesetzlichen Rahmens und der Fristen zwingend ein Bezugsrecht auf neu auszugebende Aktien der neuen Gesellschaft zu – nicht mehr, aber auch nicht weniger. So können interessierte Aktionäre grundsätzlich beteiligt bleiben, sofern sie bereit sind, frisches Kapital einzuzahlen.

Ein Bezugsrechtshandel ist nach dem Wortlaut der GV-Einladung nicht geplant. Angesichts des hohen Bezugspreises von 915 CHF je Aktie hat das nicht gehandelte Bezugsrecht realistischerweise allerdings auch keinen positiven Wert.

Aktionäre, die nicht mit der Kapitalerhöhung mitziehen, scheiden aus der Gesellschaft aus

Die vorgeschlagenen Massnahmen bedeuten: Heutige Aktionäre der Wädi-Brau-Huus AG, die sich nicht durch Ausübung ihres gesetzlichen, unentziehbaren Bezugsrechts an der zu 915 CHF je Aktie geplanten, kommenden Kapitalerhöhung beteiligen, scheiden aus der Gesellschaft aus. Es bleiben nur jene Aktionäre an der neuen Wädi-Brau-Huus AG (oder ihrer anders lautenden Nachfolgergesellschaft) beteiligt, die ihre Bezugsrechte auf neue Aktien rechtskonform ausüben.

Im Anschreiben zur Generalversammlung bittet der Verwaltungsrat die bisherigen Aktionäre um ihre Unterstützung, um das Überleben der Gesellschaft zu sichern. Ferner schreibt der Verwaltungsrat, dass er „die Zukunft“ der in eine schwere Schieflage geratenen Wädi-Brau-Huus AG „noch einmal neu und gemeinsam“ beginnen möchte. Dies klingt für uns vordergründig nicht danach, als ob bereits neue Investoren bei der Gesellschaft hinsichtlich einer Beteiligungsmöglichkeit Schlange stehen.

Aktie für „philanthropisch“ motivierte Unterstützer der Braukultur

Die in höchstem Masse illiquide Aktie hatte schon zuvor zu keinem Zeitpunkt Anlagequalität und eignete sich seit einigen Jahren nur für – etwas überspitzt ausgedrückt – eher „philanthropisch“ motivierte Unterstützer der lokalen Brauvielfalt und der Braukultur. An dieser Ausgangslage dürfte sich vorläufig kaum etwas ändern. Die Sanierungskapitalerhöhung um bis zu 1.037 Mio. CHF zielt auf einen Emissionsertrag von bis zu 1.555 Mio. CHF durch Ausgabe von bis zu 1’700 neuen Namenaktien à 915 CHF. Zuletzt wurde die künftige „Altaktie“ der Wädi-Brau-Huus AG mit kleinsten Stückzahlen zu 100 CHF Ende 2018 auf OTC-X gehandelt. Aktuell gibt es weder einen Geld- noch einen Brief-Kurs.

Mit dem geplanten Kapitalschnitt auf null verkörpern diese OTC-gelisteten Aktien allerdings auch keinen wirtschaftlichen Wert mehr, sondern nur noch ein Bezugsrecht auf neue Aktien.

Kein aktionärsfreundliches Vorgehen

Aus Sicht überwiegend lokaler Aktionäre ist das gewählte Vorgehen – ungeachtet der wirtschaftlichen Notsituation der Gesellschaft und einer in der vorliegenden Konstellation sicherlich auch sinnvollen Bereinigung der historisch gewachsenen, komplexen Kapital- und Eigentümerstruktur bei gleichzeitig wohl nicht ganz klaren Verhältnissen im Aktionariat – insgesamt alles andere als aktionärsfreundlich strukturiert. Es ist nicht sehr attraktiv, zunächst vollständig enteignet zu werden, um dann in einem weiteren Schritt für eine Aktie einer zuletzt chronisch defizitären Gesellschaft mit einem künftig stark erhöhten Nominalwert von 610 CHF ein Agio von immerhin 50%, entsprechend einem Ausgabepreis von 915 CHF, bezahlen zu sollen bzw. müssen, so man denn an der Nachfolgegesellschaft beteiligt bleiben möchte.

Der künftige Nominalwert entspricht etwa dem 6-fachen (!) des Nominalwertes anlässlich der letzten Kapitalerhöhung 2005 (100 CHF) und Faktor 9 (!) beim Ausgabepreis im Verhältnis zu den zuletzt Ende 2018 auf OTC-X bezahlten Marktpreisen, entsprechend dem Nominalwert der 2005er-Emission. Und das, obwohl es der Gesellschaft zuletzt nicht gelungen ist, auch wirtschaftlich zu überzeugen. Ob dies künftig in einer neuen Kapital- und Eigentümerstruktur anders sein wird, muss die Zeit zeigen.

Diejenigen Aktionäre, die keine neuen Aktien zeichnen, verlieren unwiderruflich ihre Stellung als Aktionäre der Wädi-Brau-Huus AG.

Auch angesichts der bisherigen, jüngeren wirtschaftlichen Historie der Gesellschaft und der Verhältnisse im Aktionariat dürfte sich das Interesse von Zeichnern aus dem Kreise der bisherigen Altaktionäre bei einem Bezugspreis von 915 CHF je Aktie eher in Grenzen halten, so unsere spekulative Prognose (die wir im Interesse der Schweizer Brauvielfalt allerdings sehr gerne widerlegt sehen würden).

Risiko durch gewählte Vorgehensweise

Sofern der Verwaltungsrat nicht bereits Investoren an der Hand hat (was nicht auszuschliessen ist), die sich zu den traktandierten Konditionen an der Gesellschaft beteiligen möchten und die Kapitalerhöhung faktisch garantieren, geht der Verwaltungsrat mit der jetzt gewählten Vorgehensweise aus unserer Perspektive ein gewisses Risiko ein, dass bei einem Ausgabebetrag von 915 CHF für eine Aktie im Nominalwert von 610 CHF möglicherweise zum Ende der Zeichnungsfrist nicht genügend Zeichnungen auf neue Aktien eingehen, um dieses vorgesehene Verfahren auch tatsächlich durchführen zu können und Mittel in der vorgesehenen Höhe einzunehmen.

Nominal- und Ausgabetrag sollte nach unten angepasst werden

Deshalb sollte der Verwaltungsrat – allerdings tritt der bisherige Verwaltungsrat zur kommenden GV zumindest teilweise vom Amt zurück und muss sich in der neuen Konstellation erst finden – im Interesse der bisherigen Aktionäre bis zur GV auch darüber nachdenken, ob es nicht sinnvoll sein könnte, einerseits den Nominalwert der Aktien nach unten anzupassen und mit dem Nominalwert auch den vorgesehenen Ausgabebetrag der Aktien. Entsprechend müsste die Anzahl auszugebender Aktien erhöht werden, um auf den gleichen Zielemissionsertrag zu kommen. Ein möglicher „Zielausgabebetrag“ könnte beispielsweise bei 500 CHF pro Aktie liegen, ein Betrag, der sich auch bei anderen Kleinbrauereien auf Kapitalsuche – von denen es in der Schweiz einige gab und gibt – etabliert hat. Aus unserer Sicht besteht zudem keine Notwendigkeit, ein derartig hohes Agio von 50% zum Nominalwert einzuplanen.

Im Interesse einer lokalen Brauvielfalt und der Braukultur wäre es wünschenswert, dass der Wädi-Brau-Huus AG auch diese Kapitalsanierung gelingt und die Gesellschaft anschliessend auf eine wirtschaftlich tragfähige Grundlage gestellt werden kann. Aus Sicht bestehender Aktionäre wäre es wünschenswert, Nominalwert und Ausgabebetrag näher zusammenzuführen und auch den vorgesehenen Ausgabepreis der Kapitalerhöhung (deutlich) – auch mit Blick auf eine breitere Abstützung im Aktionariat, falls eine solche künftig überhaupt noch gewünscht wird – nach unten anzupassen.

Transparenzhinweis: Der Verfasser ist („philanthropischer“) Aktionär der Gesellschaft.

 

2 Kommentare

  1. Mit einer unglaublichen Kombination von Pech, verschlafenen Marktentwicklungen, persönlichem Unvermögen, stoischer Arroganz und schliesslich auch noch unglaublicher Ignoranz ist es dem langjährigen Geschäftsführer gelungen innert 14 Jahren eine traditionsreiche lokale Brauerei zwei Mal vor die Wand zu fahren. Toll gemacht!

    Konsequenterweise hat es der Verwaltungsrat auch nicht für notwendig erachtet, trotz drohender Überschuldung und der mehrfachen Aufforderung durch die Aktionäre, griffige Sanierungsmassnahmen in Angriff zu nehmen. Dass jetzt sogar noch der gutmütige Verwaltungspräsident den Hut nimmt, spricht Bände.

    Die Frage drängt sich auf, ob die jüngste Katastrophe nicht bewusst herbeigeführt wurde, um auf einen Schlag all die lästigen Klein(st)aktionäre los zu werden? Das Konstrukt der Harmonikasanierung mit Kapitalvernichtung und die kleinaktionärsfeindlichen Kapitalerhöhungsmodalitäten scheinen offensichtlich bewusst zu diesem Zweck gewählt worden zu sein. Gäbe es doch auch noch die Möglichkeit eines 1:100 Kapitalschnitts … ohne, dass man all die langjährigen Unterstützer über Bord werfen müsste.

    Das Vorschieben der Karteileichen gepaart mit der Möglichkeit der Verrechnung für die Kapitalerhöhung ist vor diesem Hintergrund absolut zynisch und die Verantwortlichkeiten wären auch hier umfassend zu klären.
    Um das Schiff wieder auf Kurs zu bringen müssten wohl weniger die Kleinaktionäre, sondern eher der Kapitän von Bord geschickt werden. Leider wird es die Familie nicht zulassen, dass man dem Kapitän sein Schiffchen wegnimmt, auch wenn man damit riskiert, dass das Schiff definitiv absäuft. Traurig!

    Nicht einmal ein philanthropischer Aktionär wird unter diesen Voraussetzungen hier noch einmal frisches Geld einschiessen. Leider.

    Zum Glück gibt es mittlerweile ja genug andere Kleinbrauereien, die auch gutes Bier produzieren und das sogar in ausreichendem Masse auch verkaufen.

    Na dann Prost!

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