
Das erste Jahr in «Freiheit» war kein einfaches. Die neu gegründete Perlen Industrieholding AG mit der Perlen Papier AG und den Immobilien in Perlen startete die Selbständigkeit in einem Umfeld mit nachlassender Papiernachfrage. Der aussergewöhnlich hohe Nachfragerückgang im Jahr 2023 führte zu hohen Überkapazitäten im Berichtsjahr 2024, wodurch sich der Konsolidierungsdruck weiter akzentuierte.
Die Papiernachfrage in Westeuropa ging im Geschäftsjahr 2024 (Zeitungspapier: -2,0%, gestrichenes Magazinpapier: -2,4%) gegenüber dem Vorjahreszeitraum (Zeitungspapier: -21,0%, gestrichenes Magazinpapier: bis zu -25,0%) deutlich geringer zurück. Der aussergewöhnlich hohe Nachfragerückgang im Vorjahr führte jedoch zu hohen Überkapazitäten im Berichtsjahr, wodurch sich der Konsolidierungsdruck akzentuierte.
Dennoch konnte die Perlen Papier AG im Kalenderjahr 2024 die Absatzmenge um 14% steigern. Die westeuropäischen Marktanteile der Perlen Papier AG nahmen bei Zeitungsdruck- und Magazinpapieren erneut zu. «Papier bietet wenig Differenzierungsmöglichkeiten. Kapazitätsschliessungen im Markt führen in der Regel zu einem höheren Marktanteil unseres Unternehmens», sagt dazu Peter Schildknecht, CEO der Perlen Industrieholding AG.
Diversifizierung kaum möglich
Auf die Frage, wieso sich er eine bessere Profitabilität erwarte, antwortete der CEO in einem früheren Interview: «Generell schreitet die Konsolidierung im Papiermarkt weiter voran. Wenn sich durch die Kapazitätsschliessungen im Markt das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage wieder eingependelt hat, erwarten wir eine erneute Erholung und sind überzeugt, dass sich auch zukünftig über die Zyklen hinweg gutes Geld verdienen lässt». Der Umsatz für das Jahr 2025 dürfte gegenüber dem Vorjahr steigen.
Eine Diversifizierung auf andere Papierarten ist für die Perlen Papier AG nicht möglich. Das Unternehmen ist gemäss Peter Schildknecht mit ihrer regionalen Volumenstrategie im Markt für Zeitungsdruck- und Magazinpapier sowie für Altpapierrecycling gut positioniert. «Die bestehenden Anlagen sind auf diese Papiersorten ausgerichtet», erklärt der CEO.
Durch die nahezu CO2-neutrale Produktion positioniert sich die Perlen Papier AG als nachhaltige Anbieterin von holzhaltigen grafischen Pressepapieren. Das Unternehmen ist eine grosse Verwerterin von Altpapier sowie von Durchforstungs- und Sägereirestholz in der Schweiz. Mit dieser Strategie sieht sich die Perlen Papier AG in der Lage, die Volatilität des Papiergeschäfts mit der seit 2010 strukturell bedingten rückläufigen Nachfrage zu meistern.
Last-Man-Standing-Strategie
«Die Perlen Papier AG verfolgt im regionalen Absatzmarkt in Westeuropa eine Last-Man-Standing-Strategie, um im Verdrängungsmarkt langfristig erfolgreich zu bestehen», antwortet Schildknecht auf die Frage, welche Rolle sein Unternehmen im schrumpfenden Markt spielen wolle. Damit sei die Überzeugung verbunden, sich im Rahmen der Konsolidierung zusätzlich dank langfristiger Kundenbeziehungen, einer starken Bilanz und ausgezeichnetem Know-how besser im Markt zu behaupten und so auch in Zukunft erfolgreich in den relevanten Märkten agieren zu können.
Im Geschäftsjahr 2024 – also unter Einbezug der Periode vor Ausgliederung aus der CPH-Gruppe – konnte die Industrieholdung die Absatzmenge steigern. Der Preisdruck führte jedoch zu einem temporären Verlust. Das Unternehmen geht davon aus, im laufenden Jahr die Margen wieder verbessern zu können. Der Umsatz der Perlen Industrieholding AG unter Einbezug der Periode bis zur Ausgliederung aus der CPH-Gruppe belief sich für das gesamte Jahr 2024 auf 244 Mio. CHF. Ab der Erstkonsolidierung zum Zeitpunkt der Ausgliederung aus der CPH Group AG per 25. Juni bis zum 31. Dezember 2024 betrugen die Einnahmen 119 Mio. Mio. CHF.
Die Perlen Papier AG investierte im vergangenen Geschäftsjahr 7.7 Mio. CHF in den Erhalt und in die Verbesserung der Anlageneffizienz. Der Personalbestand lag bei 376 Mitarbeitenden. Die Industrieholding verschickt den detaillierten Jahresbericht nur an die eigenen Aktionäre. Die hier verwendeten Zahlen stammen aus der Medienmitteilung des Unternehmens.
Kurs unter Ausgabepreis
Branchenverbände gehen davon aus, dass die Nachfrage nach grafischen Druckpapieren in Westeuropa im laufenden Jahr weiterhin rückläufig bleiben wird. Das heisst, der Konsolidierungsdruck dürfte hoch bleiben. Im zweiten Halbjahr 2025 dürften gemäss Peter Schildknecht die Papierpreise aber trotzdem wieder ansteigen.

Nachdem Aktionäre der CPH Group grünes Licht für die Abspaltung des Papiergeschäfts und der Immobiliensparte gegeben hatten, startete am 24. Juni des vergangenen Jahres der ausserbörsliche Handel für 6’000’000 Namenaktien (à 0.05 CHF) der Perlen Industrieholding AG. Der erste Kurs auf der Plattform OTC-X der Berner Kantonalbank lag bei 24 CHF. Bis Ende des Geschäftsjahres sind die Valoren auf rund 18 CHF eingebrochen. Auf diesem Niveau bewegt sich der Aktienkurs auch momentan.
Land in Reserve
Als «stille Reserve» des Unternehmens können die Landreserven betrachtet werden. Die Gesellschaft will das Industrieareal entwickeln. Der Papierhersteller verfügt über insgesamt 460’000 qm Industrieland in Perlen. Davon werden derzeit 300’000 qm von der Papierproduktion beansprucht. Weitere 70’000 qm sind im Baurecht vergeben. Zusätzlich besitzt die Gesellschaft nach eigenen Angaben noch 90’000 qm Reserveflächen, auf der unter anderem die Produktionshalle steht, in der die Papierherstellung vor einigen Jahren eingestellt wurde.
Diese verfügbaren Flächen will die Perlen Industrieholding in den kommenden Jahren entwickeln. Wegen der Zonenordnung kommen jedoch nur industrielle Projekte in Frage. Im Besitz der Industrieholding sind zudem noch 650’000 qm Landwirtschaftsland, die sich grösstenteils im Umkreis von etwa 1 Kilometer rund um das Industrieareal befinden und verpachtet sind. Bis diese Immobilienentwicklung einen relevanten Gewinnbeitrag leisten kann, wird es aber noch Jahre dauern.
«Wir möchten die Einnahmen aus dem Immobilienbesitz steigern, geben aber noch keine konkreten Zielgrössen und Zeiträume an», sagt Peter Schildknecht. Das Management mache sich grundsätzliche Überlegungen zur Erschliessung aller Arealteile, um die Nutzungspotenziale des Areals insgesamt langfristig besser auszuschöpfen und weiterzuentwickeln, dies allerdings sehr überlegt und ohne Hast.
Ein neues Management
Auf Mitte Mai wird Florian Geiger den Chefposten von Peter Schildknecht übernehmen. Gleichzeitig tritt Jürg Müller die Nachfolge von Finanzchef Gerold Brütsch an. Geiger wird damit auch Chef der zur Gruppe gehörenden Perlen Papier AG. Er wird dort Klemens Gottstein ersetzen. Geiger kommt von der Swiss Steel Group, wo er zuletzt als COO für Qualitäts- und Edelbaustähle tätig war.
«Es war in der ersten Phase nach der Ausgliederung des Papierbereichs und der Immobilien in Perlen die richtige Entscheidung, die Gruppenleitung aus Kontinuitätsgründen in beiden Gesellschaften unverändert zu belassen», erklärt Peter Schildknecht die vorübergehende «Doppelspitze». Gleichzeitig hätte das Unternehmen bereits bei der Ausgliederung kommuniziert, dass die Führungsstruktur überprüft werde – was bei der CPH Group AG Anfang April bereits erfolgt sei, werde bei der Perlen Industrieholding AG Mitte Mai im Anschluss an die Generalversammlung erfolgen.
Fazit
Die «Rundumerneuerung» auf der Kommandobrücke könnte auch zu gewissen Anpassungen in der Strategie der Perlen Industrieholdung führen. Auch wenn zahlreiche Schweizer Industrieunternehmen ihre Brachen als Immobilienunternehmer vergoldet haben, wird das – wenn es überhaupt passiert – für Perlen noch einige Jahre in Anspruch nehmen. Der Papiermarkt ist, wie der Markt für Presseerzeugnisse, in einem unumkehrbaren Schrumpfungsprozess. Auch wenn der Schweizer Anbieter weiter an Marktanteilen gewinnt, dürfte es schwierig werden, in den kommenden Jahren überdurchschnittliche Resultate abzuliefern. Es gibt aussichtsreichere Titel im Nebenwertegeschäft.