
Im ersten Geschäftshalbjahr 2025 nahmen die wirtschaftlichen und politischen Risiken zu. Zollandrohungen und das eskalierende Kriegsgeschehen bringen wachsende Unsicherheiten für die Kunden von Bobst wie auch für Investoren. Der Umsatz fiel um 19,4% tiefer aus als im Vorjahressemester, und der Periodengewinn wandelte sich in einen Verlust von 3.3 Mio. CHF. Doch trotz aller Widrigkeiten des verschlechterten wirtschaftlichen Umfelds zeigt das einzigartige Bobst-Geschäftsmodell auch klar erkennbar seine nachhaltigen Stärken.
Obwohl der Maschinenpark in der Verpackungsindustrie im Durchschnitt über 30 Jahre alt ist und der Start eines neuen Investitionszyklus längst überfällig, die Kunden von Bobst wurden im ersten Halbjahr noch zurückhaltender, als sie es zuvor schon waren. Investitionen werden weiter aufgeschoben, solange das Umfeld unsicher und auch undurchschaubar ist. Eventuelle Zölle sind für die globale Kundschaft von Bobst ein elementarer Inputfaktor, der die Rentabilität und damit die gesamtbetriebswirtschaftliche Rechnung stark beeinflusst. Laut dem Halbjahresbericht haben die Kunden Projekte im Volumen von über 80 Mio. CHF im ersten Halbjahr aufgeschoben oder ausgesetzt.
Auftragsvolumen rückläufig
Der Auftragseingang im ersten Halbjahr fiel gegenüber dem 30.06.2024 um 4%, der Auftragsbestand kräftiger um 27%. Gegenüber dem 31.12.2024 erhöhte sich der Auftragsbestand jedoch um immerhin 8%. Das Segment Printing & Converting, also das Maschinengeschäft, verzeichnete auf 12-Monatssicht einen Umsatzrückgang um 33,1% auf 332.4 Mio. CHF. Der Volumenschwund belastete das EBIT trotz einer tieferen Kostenbasis beträchtlich. Von im Vorjahressemester -5.8 Mio. CHF fiel das Segment-EBIT auf -42.4 Mio. CHF.
Dienstleistungsgeschäft stabil
Dem steht die zweite Geschäftseinheit Services & Performance gegenüber, das Dienstleistungsgeschäft, mit einem Umsatzanstieg um 1,2% auf 335 Mio. CHF. Damit liegt der Umsatzanteil erstmals in der Geschichte von Bobst über dem Anteil der Maschinenproduktion. In den Vorjahren hatte der Servicebereich rund ein Drittel zum Gruppenumsatz beigetragen, jetzt schon die Hälfte! Das Segment-EBIT kletterte überproportional von 41.3 Mio. CHF auf 49.6 Mio. CHF, was von der Geschäftsleitung auf operative Effizienzsteigerungen zurückgeführt wird. Der Gruppenumsatz erreichte 667 Mio. CHF.
Digitalisierung gewinnt an Fahrt
Ein Highlight ist der Fakt, dass im ersten Semester die Anzahl der digital angeschlossenen Maschinen gegenüber dem 30.06.2024 um 10% angestiegen ist. Seit Beginn der digitalen Ära im Etikettier- und Druckwesen der Verpackungsindustrie verkauft der Innovationsführer Bobst nur noch konnektivitätsfähige Maschinen – und dies ausschliesslich mit langfristigem Servicevertrag. Insofern ist das forsche Tempo ein positives Signal für den schon lange erwarteten nächsten Investitionszyklus, dessen Hauptgewinner der Marktführer Bobst ist.
Deviseneffekte
Abgesehen vom Zuwarten der Kunden bei der Auftragsvergabe war Bobst von weiteren Entwicklungen negativ betroffen. Die Preisveränderungen an den Devisenmärkten hatten einen negativen Effekt und schlugen sich in der Erfolgsrechnung des ersten Halbjahres mit 16.2 Mio. CHF nieder.
Bilanzeffekte
Gravierender für die Bilanz ist die Neufestsetzung der Jahresabschlüsse 2023 und 2024. Dies war erforderlich geworden, nachdem Ende 2023 das Werk nahe Florenz schwere Überschwemmungsschäden erlitten hatte. Hierfür waren Rückstellungen in Höhe von 17 Mio. CHF gebildet worden, von denen Ende 2024 noch 5 Mio. CHF übrig waren. Im Mai 2025 wurden dann, wie es in der Medienmitteilung heisst: «im Rahmen der Überprüfung der Buchhaltung Abweichungen in der Bestandsbewertung, nicht korrekt erfasste Rechnungen Dritter und mangelhafte Anwendung der Rechnungslegungsgrundsätze festgestellt, die im Juni 2025 korrigiert wurden.» Dadurch wurden die konsolidierten Reserven, die Teil des Eigenkapitals sind, in 2023 um 5.9 Mio. CHF verringert. Der konsolidierte Nettogewinn in 2024 verringerte sich als Folge um 14 Mio. CHF, jedoch ohne Auswirkungen auf den Cashflow aus betrieblicher Tätigkeit.
Höhere Nettoverschuldung
Dennoch hat sich die Nettoverschuldung von 125.8 Mio. CHF Ende 2024 signifikant auf 237.1 Mio. CHF erhöht. Die Eigenkapitalquote verminderte sich dadurch von 27,9% Ende 2024 auf nun 23,2%. Als Gründe werden genannt: Negativer Cashflow des operativen Geschäfts sowie der Finanzierungsaktivitäten wegen der Zahlung der Dividende. Die Ausschüttungssumme für das Geschäftsjahr 2024 lag 2025 bei unverändert 82.3 Mio. CHF. Insofern ist absehbar, dass sich die Eigenkapitalquote im zweiten Halbjahr wieder verbessern wird.
Ausblick
Für das zweite Semester wird bei Bobst von einer Verbesserung gegenüber dem ersten Semester ausgegangen. Doch für das Gesamtjahr liegen die Erwartungen bei einem Umsatzrückgang von bis zu 15%. 2024 lag der Umsatz bei 1.89 Mrd. CHF. Das EBIT könnte in diesem Szenario um mehr als 50% schwächer ausfallen. Das EBIT lag 2024 bei 141.6 Mio. CHF. Als Gründe werden Unsicherheiten der Kunden mit Blick auf Zölle, die Verwerfungen an den Devisenmärkten und die steigenden Spannungen in Osteuropa, dem Nahen Osten und Teilen Asiens genannt, die zu einer Erosion des Kundenvertrauens und der Disruption des Welthandels führten.
Fazit
Als Innovations- und Marktführer treibt Bobst die Digitalisierung im Etikettier- und Druckwesen der globalen Verpackungsindustrie stetig voran. Die Marktposition ist gefestigt. Doch die Investitionsbereitschaft der Kunden ist durch die Marktverwerfungen seit der Pandemie-Ära gebremst. Die Unsicherheiten haben durch Kriege, Deglobalisierung und jetzt auch noch die grössten Zollerhöhungen seit den 1940er Jahren stark zugenommen. Zweifellos wird sich der Investitionsstau irgendwann wieder auflösen, doch gegenwärtig ist der Zeitpunkt nicht abschätzbar. Einstweilend profitiert Bobst durch das Geschäftsmodell, das auf einen stetig ansteigenden Anteil wiederkehrender Erlösströme im Servicegeschäft abzielt.
Dennoch ist das Gewinn-Niveau drastisch abgesackt. Im ersten Halbjahr 2025 wurde sogar ein Verlust von 0.20 CHF je Aktie verzeichnet. Damit stellt sich im Fall Bobst die Frage aller Fragen nach der Dividendenkontinuität. Die Pay-out Ratio lag zuletzt bei 86,2%. Gemäss Dividendenpolitik der Gesellschaft sollen mindestens 50% des Jahresgewinns als Dividende ausgeschüttet werden. Für 2025 zeichnet sich daher nun eine signifikante Kürzung der Ausschüttung oder gar eine Streichung ab, soll die Eigenkapitalbasis nicht geschwächt werden. Vom Ziel einer Eigenkapitalquote von 35% ist Bobst weit entfernt. Vorsicht scheint angebracht.

Noch im April 2025 wurden 70 CHF für die Aktie bezahlt, zuletzt weniger als 60 CHF. Die Aktienumsätze auf OTC-X lagen bis Ende Juli bereit höher als im gesamten Vorjahr.