Patrick Hofer, Awea: «Wir sehen in Titeln mit Swissness noch einiges an Performance-Potenzial»

Warum der Fonds Immobilienaktien gegenüber Bankaktien klar vorzieht

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Der Awea Substanzwerte Schweiz investiert in Schweizer Gesellschaften aus dem Small & Mid Cap Segment. Der Anlagefokus liegt auf den weniger beachteten Nebenwerten, mit Übergewichtung von defensiven Substanzwerten. Und er richtet sich auf attraktiv bewertete Unternehmen mit starken Managementteams, Wettbewerbsvorteilen und beständigem Ertragswachstum. Das Anlageportfolio des Awea Substanzwerte Schweiz Fonds besteht aus 35-40 Unternehmen, wobei ein starker Fokus auf «Swissness» liegt. Der Fonds hat gegenwärtig ein Volumen von ca. 45 Mio. CHF.

Im Gespräch mit schweizeraktien.net äussert sich Co-Investment Manager Patrick Hofer zur Lage an den Finanzmärkten, zur grössten Positon Also und sagt, warum er Immobilientitel gegenüber Banktiteln favorisiert.

Patrick Hofer ist seit 2007 bei der Awea Fonds AG in Zug bzw. den Vorgängerunternehmen AMG Fonds und Serafin Asset Management als Portfoliomanager tätig. Zuvor arbeitete er bei Jefferies & Company als Head of Convertible Bonds Sales Switzerland und der Bank Leu. Bild: schweizeraktien.net

Herr Hofer, inwieweit hat der kürzlich erfolgte Zinsschritt der Fed Auswirkungen auf Schweizer Small & Mid Caps, die Sie im Awea Substanzwerte Schweiz Fonds verwalten?

Die Zinssenkung der US-Notenbank wurde im Vorfeld erwartet, und Powell hat nun aufgrund schwacher Arbeitsmarktdaten die Erwartungen erfüllt. Zinsen werden also auf Grund von schwachen Konjunkturdaten gesenkt, stellen für die Aktienmärkte auf der anderen Seite aber auch Liquidität zur Verfügung. Generell wirken sie unterstützend für die globalen Aktienmärkte.

Die US-Leitzinsen sind aber mit 4% gegenüber Europa und insbesondere der Schweiz noch immer auf einem relativ hohen Niveau.

Auf die von uns favorisierten Schweizer Small & Mid Caps hat diese neuste FED-Entscheidung nur bedingte Auswirkungen: Eine weitere Erstarkung des Schweizer Frankens könnte exportorientierte Werte belasten. Dass Schweizer Firmen aber damit umzugehen wissen, das haben sie in den letzten Jahren schon des Öfteren unter Beweis gestellt.

Abgesehen von der Entscheidung der Fed – wie sehen Sie den weiteren Verlauf der Märkte in 2025, insbesondere des Schweizer Markts?

Wir erwarten eine positive Entwicklung der Schweizer Aktienmärkte bis Ende Jahr und auch im 1. Quartal 2026. Basierend auf der erwähnten Liquiditätszufuhr durch die Notenbanken und auf konjunkturellen Stimulierungsprogrammen in Europa, insbesondere im für uns sehr wichtigen Markt Deutschland. Schweizer Firmen sind so positioniert, um davon zu profitieren. Wir erwarten in Bezug auf handelspolitische Einflüsse nach dem turbulenten 2025 eher entspannende Entwicklungen als weitere Einschränkungen.

Sie investieren, wie der Name Ihres Fonds sagt, in Substanzwerte. Und konnten mit diesen in 2025 eine ordentliche Rendite einfahren. Nach jahrelangem Seitwärtstrend – stehen wir vor einem nachhaltigen Wiedererstarken der Small & Mid Caps in der Schweiz?

In den letzten 5 Jahren hatte das Thema Substanz, bzw. Value, einen schweren Stand. Wachstumswerte aus dem Bereich Technologie standen in der Gunst der Anleger. Seit Mitte 2024 aber stellen wir eine Wiederbelebung fest und erachten das Aufholpotenzial stets als sehr gross. Denn der Small-Caps-Effekt, dass kleinere Firmen agiler auf Veränderungen reagieren können, hat noch immer Gültigkeit.

Unser Awea Substanzwerte Schweiz Fonds hat insgesamt eine defensive Ausrichtung dank vielen Substanzwerten. Wir fokussieren auf Mid und Small Caps, wobei letztere einen wesentlichen Anteil ausmachen. Aktuell sind wir zu ca. 50% in Small Caps investiert. In diesem Segment finden wir auch viele «Swissness»-Titel; also Gesellschaften mit einem Umsatzanteil in der Schweiz von mindestens 50%. Wir sehen gerade in dieser Kombination noch einiges Performance-Potenzial – und das bei vertretbarem Risiko im aktuellen Marktumfeld.

Mit Cham Swiss Properties, Plazza und PSP Swiss Property sind drei Ihrer grössten Investments im Fonds Immobiliengesellschaften. Da spielen Ihnen natürlich die tiefen Zinsen in die Karten. Ist das der einzige Grund für die Übergewichtung in diesen Sektor? Oder hat es auch damit zu tun, dass Investments in national agierende Immobiliengesellschaften frei sind von Zöllen, dem Lieblingstool des US-Präsidenten?

Beide Aspekte treffen zu. Wir bevorzugen zudem Immobiliengesellschaften mit hohem Wohnanteil und starker Pipeline in Entwicklung von Immobilienprojekten. Im aktuell zu erwartenden Zinsumfeld in der Schweiz ziehen wir Immobilienaktien den Bankaktien klar vor, weshalb wir schon vor einigen Monaten diesbezüglich Umschichtungen vorgenommen haben.

Was beeindruckt am IT-Provider Also, der grössten Position in Ihrem Fonds? Im Kurs sehen wir seit 2024 eine Seitwärtsbewegung. Warum rechnen Sie damit, dass die Aktie diesen Trend nach oben durchbrechen wird?

Also macht unseres Erachtens strategisch sehr vieles richtig, zuletzt mit der Übernahme von Westcoast. Damit erschliesst sich Also neue Märkte und somit Wachstumspotenzial. Das Management überzeugt in der operativen Leistung, auch im Kontext mit Reorganisationen und bei Integrationen. Wir sehen erhebliches Kurzpotenzial. Die Firma ist auf den europäischen Markt fokussiert und nicht von der US-Zollpolitik abhängig.

Zu Ihren grössten Positionen gehört auch der Tiefkühl- und Convenience-Backwaren-Konzern Aryzta. Es ist noch nicht lange her, dass Aryzta ein Sanierungsfall war. Jetzt werden Stimmen laut, dass Aryzta auf einem guten Weg sei und zu einer Wachstumsaktie werde. Der Kurs zeigt allerdings in die gegenteilige Richtung, obwohl die UBS ein Kursziel von 94 CHF ausgegeben hat und die Aktie auf «buy» einstuft. Wann wird sich die negative Tendenz drehen?

Nun, die negative Tendenz betrifft nur die Kursentwicklung und darf als gesunde Konsolidierung betrachtet werden. Operativ ist die Gesellschaft auf Kurs. Nach der langen Phase der Restrukturierung ist sie nun gut aufgestellt, der neue CEO Michael Schai führt die von Urs Jordi eingeleiteten Prozesse nahtlos weiter. Finanziell steht nach wie vor die Stärkung des Eigenkapitals im Fokus, doch auch Volumenentwicklung und Kostenoptimierungen werden weiter vorangetrieben. Aryztas Profil passt perfekt in unser Anlagekonzept, welches Wachstumschancen gepaart mit einer defensiven Note betont.

Die Aktie von Vetropack hat in den letzten drei Monaten 30% ihres Wertes eingebüsst. Halten Sie weiter an diesem Investment fest, und wenn ja, wann wird es wieder aufwärts gehen?

Vetropack ist ein klassischer Substanzwert, ist auf Basis Preis/Buchwert unter 1x bewertet. Die Aktie liegt nicht im Fokus der Anleger und ist gegenüber vergleichbaren europäischen Werte rund 10% unterbewertet.

Die kurzfristige Entwicklung wurde durch Kosten im Zusammenhang mit der Schliessung des Werks in St. Prex und Anlaufkosten im neuen Werk in Italien beeinflusst. Doch diese Massnahmen werden die Effizienz in der Produktion steigern und sich positiv für die Aktionäre auswirken. Verbunden mit der Werksschliessung am Genfersee ist zudem eine attraktive Umnutzung des Areals verbunden.

Wir sehen grosses Kurspotenzial bei Vetropack. Die Aktie liegt überhaupt nicht im Fokus der Anleger, was wir in den letzten Wochen genutzt haben, um unsere Position aufzustocken. Kurzfristig fehlt der Katalysator, aber auf mittlere Anlagesicht bietet sich jetzt eine günstige Gelegenheit zum Einsteigen.

Im Gegensatz zu Vetropack dürfte Ihnen Ihr Engagement in der Cembra Money Bank mehr Freude bereiten. Könnten Sie sich vorstellen, neben dieser Aktie z.B. auch Swissquote in den Fonds aufzunehmen?

Wir waren in diesem Frühjahr für kurze Zeit in Swissquote positioniert. Die Firma gilt in der Schweiz als die Digitale Bank und gewinnt dank guter Plattform stets neue Kunden. Aus Bewertungsgründen und einer grossen Abhängigkeit von tiefen Zinsen haben wir aber den Kursgewinn realisiert. Das Wachstumspotenzial von Swissquote ist leider beschränkt, im nahen Ausland bieten die unterschiedlichsten Firmen ähnliche Dienstleistungen an. Doch wir halten stets ein Auge auf die weitere Entwicklung.

Welche weiteren Werte Ihres Fonds möchten Sie empfehlen?

Wir verfolgen eine langfristig ausgerichtete Anlagepolitik und achten bei der Auswahl unserer Investitionen stark auf Portfolioeffekte. Klassische Substanzwerte und nicht immer einfach handelbare Small Caps werden durch attraktive Mid Caps ergänzt.

Wir haben in den letzten Monaten Positionen in EMS und SGS aufgebaut. EMS ist im europäischen Umfeld dank stetiger Innovation bestens für eine konjunkturelle Erholung positioniert, und bei SGS überzeugt Géraldine Picaud mit ihrem klaren Fokus auf eine bessere Leistungskultur im Unternehmen. «Testing, Inspection und Certification» werden trotz kurzfristigen Einschränkungen im globalen Handel stets an Wichtigkeit zulegen.

Jungfraubahnen, aber auch die BVZ Holding als reine «Swissness»-Werte erwähne ich an dieser Stelle natürlich auch sehr gerne.

Herr Hofer, ich danke Ihnen für dieses Gespräch.

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