Fünf Fragen an Luca Bortolani, Mitgründer und CEO von Twiliner «Ein wichtiges Ziel ist es, die ersten Busse gut zu füllen»

Das Zürcher Unternehmen will die Busreise revolutionieren und befindet sich in einer Finanzierungsrunde

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Die Sitze, die wie in der Business Class zu einem Bett umgewandelt werden können, wurden von Twiliner gemeinsam mit der Berner Fachhochschule entwickelt. Bild: zvg

Am 21. Oktober findet im Kursaal Bern der Branchentalk Tourismus von schweizeraktien.net statt. Hochkarätige Tourismusfachleute werden an der Veranstaltung unter dem Titel «Tourismus anders denken – Chancen einer neuen Vielfalt» teilnehmen. Im Vorfeld zu diesem Event möchten wir einigen Schlüsselfiguren die Möglichkeit geben, sich zum Thema «Tourismus anders denken» zu äussern. Heute: Luca Bortolani, CEO und Mitgründer von Twiliner.

Ab diesem November soll sich das Produkt Städtereisen verändern. Statt mit Flugzeug, Nachtzug oder engem und unbequemem Fernbus bietet das Zürcher Start-up Twiliner eine «Premiumreise» per Fernbus mit 21 Liegebetten statt engen Sitzreihen an. Gemäss Anbieter soll die Fahrt im Twiliner bis zu 91% weniger Emissionen verursachen als eine Flugreise. Die ersten Destinationen sollen Barcelona und Amsterdam sein. Der Knackpunkt war das Bewilligungsverfahren für den Liegesitz, denn es gelten strenge Vorschriften für Rückhaltesysteme – bei einem Unfall dürfen die Passagiere beispielsweise nicht aus dem Bett rollen. Der erste Liegesitz für Europa wurde in Zusammenarbeit der Fachhochschule Bern und der Firma Lantal entwickelt.

Twiliner wählt das «Flixbus-Modell»: Das Unternehmen ist für den Vertrieb der Tickets und das Marketing zuständig, die Busse werden dagegen von etablierten Transportfirmen betrieben. Seit kurzem sammelt das Unternehmen Kapital über die Crowdfunding-Plattform Oomnium. Das Finanzierungsziel von 650’000 CHF ist schnell erreicht worden, maximal sollen 2 Mio. CHF eingesammelt werden. Im laufenden Geschäft wird der Partnerbetrieb einen Gewinnanteil erhalten. Gemäss dem Unternehmen sei dieses Asset-light-Modell hochskalierbar und ermögliche EBITDA-Margen von über 25%.

Luca Bortolani, CEO von Twiliner, sieht ein riesiges Potenzial. Er schätzt, dass in Europa bis zu einer Milliarde Reisen pro Jahr gemacht werden, die mit einem Nachtbus abgedeckt werden könnten. Bild: zVg

Herr Bortolani, auf wie vielen Routen müssen Sie aktiv sein und wie viele Passagiere monatlich transportieren, um den Break-Even zu erreichen?

Wir rechnen, dass wir mit etwa acht Bussen break-even sein werden. Einen einzelnen Bus können wir mit ca. 14 Plätzen kostendeckend betreiben. Kostentreiber bei unserem Geschäftsmodell sind Fahrerinnen und Fahrer – wir haben stets zwei an Bord –, und natürlich möchten wir auch sonst einen hochstehenden Service bieten. Dies beinhaltet beispielsweise hochwertige Bettwäsche, die täglich gewaschen wird, sowie grosszügige sanitäre Anlagen.

Wie verwenden Sie das Kapital von Oomnium, welches das minimale Finanzierungsziel überschreitet – wie viel Kapital steht Ihrem Unternehmen insgesamt zur Verfügung?

Ein wichtiges Ziel ist, die ersten Busse gut zu füllen. Dadurch lernen wir viel. Volle Busse überzeugen aber auch wichtige Partner, bei Twiliner einzusteigen und das Konzept zu skalieren. Das Kapital brauchen wir aber auch, um unsere Kosten zu decken, bis wir break-even sind.

Gemäss Ihren Angaben ist das Patent für den Liegesitz noch nicht erteilt (patent pending). Wann erwarten Sie dieses, und was geschieht, falls Sie es nicht erhalten?

Die Patentanmeldungen sind eingereicht, und damit besteht bereits ein Schutz. Die Patenterteilung eilt deshalb nicht. Wichtiger ist unser zeitlicher Vorsprung, denn die Sitzentwicklung ist teuer und dauert lange. Diesen möchten wir nutzen, um ein etabliertes Partnernetzwerk, eine grosse Kundenbasis und eine Bekanntheit aufzubauen.

Streben Sie Partnerschaften mit dominierenden Betreibern wie FlixBus, Eurolines oder BlaBlaCar an?

Wir setzen uns für ökologische Nachhaltigkeit, faire Partnerschaften und für einen hochwertigen Service ein. Wenn diese Unternehmen diese Werte mittragen und interessiert sind, ihr Segment zu erweitern, begrüssen wir solche Partnerschaften sehr. Wir finden das Konzept einer kooperativen Transformation – neuerdings spricht man auch von Upruption – spannend.

Sie gaben zu Protokoll, dass, wenn die Erstfahrten Ende des laufenden Jahres erfolgreich verlaufen werden, weiteres Geld in die Weiterentwicklung der Liegesitze fliessen soll. Was muss noch weiterentwickelt werden?

Wir haben die ersten Bussitze entwickelt, die wie Business-Class-Sitze per Knopfdruck in ein Bett verwandelt werden können. So gut sie auch sind – es ist eine erste Kleinserie und noch kein industrialisiertes Produkt. Die nächste Version soll günstiger, leichter und noch komfortabler werden.

Herr Bortolani, vielen Dank für Ihre Antworten.

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