5 Fragen an Kevin Kunz, CEO Kursaal Bern: «Es reisen heute mehr Menschen als je zuvor»

Chancen von Bern als Eventhauptstadt

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Ende April 2026 wird Kevin Kunz die Leitung der Kursaal Bern AG an seinen Nachfolger Jonas Scharf übergeben. In den zehn Jahren seiner Tätigkeit für den Kursaal hat er das Unternehmen nicht nur erfolgreich durch die Pandemie geführt, sondern den Hotelbereich durch die Kooperation mit Swissôtel neu positioniert sowie das Gastronomiekonzept angepasst.

Kevin Kunz leitet seit 2016 die Kursaal Bern AG und wird per April 2026 in Pension gehen. Bild: zvg
Kevin Kunz leitet seit 2016 die Kursaal Bern AG und wird per April 2026 in Pension gehen. Bild: zvg

In seinem beruflichen Leben widmete sich Kevin Kunz der Hotel- und Gastrobranche. Bei den Antworten auf unsere fünf Fragen bezieht er nicht nur Stellung zu den Veränderungen in der Tourismusbranche, sondern beleuchtet auch die Chancen von Bern als Eventhauptstadt. Zu diesem Thema wird Kunz am Branchentalk Tourismus gemeinsam mit Tom Winter, dem CEO der Bernexpo AG, und Berns Stadtpräsidentin Marieke Kruit sprechen.

Herr Kunz, Sie sind seit über 25 Jahren in der Tourismusbranche tätig. Welches waren in dieser Zeit die grössten Veränderungen, die die Branche geprägt haben oder heute noch prägen?

Wir konnten in den vergangenen 25 Jahren die Globalisierung und Digitalisierung des Reisens erleben. Die grössten Veränderungen brachten dabei sicher das Smartphone, das Aufkommen von Billig-Airlines, Google Maps, TripAdvisor, Booking.com, Instagram etc. Weitere Stichworte sind: zunehmender Massentourismus, ein verstärkter Individualtourismus, die Suche nach besonderen Erlebnissen auf Reisen – «Insta-Spots». Damit verbunden sehen wir auch «Übertourismus» mit seinen negativen Auswirkungen auf die Location, deren Bevölkerung und auch auf das Gästeerlebnis. Einheimische werden nicht mehr nach dem Weg, dem besten Fondue oder dem schönsten Hotel gefragt. Jetzt sagen uns die digitalen «Helfer», wo wir uns genau befinden, wo wir essen gehen und welche Sehenswürdigkeiten wir anschauen sollen. Wir «sprechen» heute mehr mit unserem Smartphone als mit den Menschen vor Ort.

«Einheimische werden nicht mehr nach dem Weg, dem besten Fondue oder dem schönsten Hotel gefragt»

Als Gastgeber sind Sie immer sehr nah an den Gästen. Wie hat sich das Gästeverhalten seit der Pandemie verändert, und was sind die Erwartungen der Gäste heute?

Welche Pandemie? – könnte man schon ketzerisch fragen. Es reisen heute mehr Menschen als je zuvor. Unsere Gäste buchen kurzfristiger, das sehen wir deutlich. Die Gäste suchen mehr Individualität, Erlebnis, Flexibilität und Authentizität. Dabei ist Nachhaltigkeit sicher nicht nur ein «nice to have», sondern ein «must have», sowohl in der Gastronomie wie auch im Hotel. Zahlreiche Gäste fragen danach, und deswegen machen wir bei myclimate «Cause We Care» mit und haben uns von Green Key ökozertifizieren lassen. Wobei es ein deutliches Spannungsfeld zwischen dem geäusserten Wunsch nach Nachhaltigkeit und dem tatsächlichen Verhalten gibt.

«Unsere Gäste buchen kurzfristiger, das sehen wir deutlich»

Bern präsentiert sich als Eventhauptstadt. Der Kursaal hat gemeinsam mit der Bernexpo und Bern Welcome den Congress Hub initiiert. Was sind die wichtigsten Eckpunkte dieser Strategie, und welche Erfolge konnten Sie bisher erzielen?

Hauptstadt sind wir in Bern auf jeden Fall. Aber im Ernst: Der Congress Hub Bern vermarktet und akquiriert den Standort Bern gemeinsam, er ist die Instanz für alle Veranstaltenden. Zusammen arbeiten wir an innovativen Veranstaltungsformaten, die zusätzliche Wertschöpfung generieren. Dazu wären wir einzeln nicht in der Lage. Das könnte jeder allein nicht stemmen. Wir koordinieren den Sales gemeinsam. Das war am Anfang gewöhnungsbedürftig, weil wir ja auch Konkurrenten sind. Aber wir bieten jeder eine andere Erfolgsposition und ergänzen uns in unserem Angebot. Bern Welcome ist mit dem Congress Hub der «neutrale Dreh- und Angelpunkt» für die Destination. Gemeinsam haben wir hochwertige Anlässe für Bern gewonnen: Mitte November wird der World Cheese Award in Bern stattfinden. Der Event selbst ist in der neuen Festhalle, aber der Gala-Anlass ist bei uns. Hotelzimmer werden gebraucht, eine Win-Win-Situation für alle.

«Zusammen arbeiten wir an innovativen Veranstaltungsformaten, die zusätzliche Wertschöpfung generieren»

Die Stadt Bern steht im MICE-Geschäft in einem harten Wettbewerb mit anderen Standorten in der Schweiz und international. Nennen Sie bitte die Vorteile gegenüber anderen Destinationen. Wo muss Bern noch mehr tun, um mit diesen mithalten zu können?

Bern ist zentral gelegen, gut erreichbar und hat eine ausgezeichnete Infrastruktur. Der Congress Hub Bern als einzige Ansprechinstanz für Veranstaltende erleichtert die Organisation solcher Events. Und Bern als Stadt hat viel zu bieten: die malerische Altstadt, UNESCO-Kulturerbe, kurze Wege, alles schnell und gut erreichbar, viel Natur und Grün, ausgezeichnete Museen und eine entspannte Atmosphäre in der Stadt – jenseits von Massentourismus und Hektik.

Der Medizinal-Standort Bern, die UNI-Bern und «politisches Bern» haben noch viel Potenzial. Im Moment fokussieren wir uns primär auf den nationalen Markt. Dabei müssen alle realisieren, dass die Konkurrenz nicht bei den Playern in der Stadt beginnt, sondern viel weiter ausserhalb. Innerhalb der Destination müssen wir gemeinsam auf mehr Wertschöpfung hinarbeiten.

Sie gehen im kommenden Jahr in Pension. Als Gast werden Sie der Tourismusbranche sicherlich treu bleiben. Welches sind Ihre drei Lieblingsorte in der Schweiz?

Die Schweiz ist voller schöner Orte. Da mag ich mich gar nicht entscheiden. Dazu kenne ich viele Menschen, die viele schöne Orte in der Schweiz kennen. Die werden dann auch auf ihren Smartphones verfolgen können, wohin ich gereist bin.

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