
Ein Rekordjahr folgt auf das andere. Die Bergbahnen Arosa Lenzerheide erreichen auch für das Geschäftsjahr 2024/25 ein Spitzenergebnis. Obwohl die Wetterbedingungen im Sommer das Zuschaueraufkommen negativ beeinflussten, konnten die Wintermonate dies mehr als gutmachen. Beide Unternehmen – die Arosa Bergbahnen AG (ABA) sowie die Lenzerheide Bergbahnen AG (LBB) übertrafen die Rekordwerte des Vorjahres. Sowohl Arosa als auch die Lenzerheide zählten bis Ende März trotz geringer natürlicher Schneemengen starke Besucherzahlen. Der Skigebietsverbund konnte in der vergangenen Skisaison mit 1’421’657 Skierdays (+1,3% gegenüber Vorjahr) erneut zulegen.

Die LBB erwartet für das abgelaufene Geschäftsjahr einen neuen Umsatzrekord – erstmals dürfte der Winterumsatz die Marke von 40 Mio. CHF übertreffen. In Arosa geht man gemäss provisorischer Hochrechnung von einem Gesamtumsatz auf dem Niveau des Vorjahres von über 36 Mio. CHF aus. Trotz gestiegener Kosten durch Energiepreise und Unterhalt rechnen beide Unternehmen mit einem sehr guten Betriebsgewinn.

Rücktritt auf Rücktritt
Doch mehr zu reden als die Geschäftszahlen geben die personellen Veränderungen. Bereits Anfangs Jahr gaben die LBB bekannt, dass CEO Thomas Küng zum Ende der Wintersaison aufhören werde. Als Grund wurden «unterschiedliche Auffassungen betreffend der Ziele und der Führung der LBB für die Zukunft» genannt. Anfang April dann der nächste Rücktritt. Verwaltungsratspräsident Felix Frei kündete an, an der kommenden Generalversammlung vom 26. September zurückzutreten. «Die unterschiedlichen Auffassungen sind zu gross geworden, weshalb ich mich entschieden habe, meine Funktion zur Verfügung zu stellen», wird Frei in einer Medienmitteilung zitiert. Weniger überraschend ist, dass in Arosa Lorenzo Schmid nach 36 Jahren im Verwaltungsrat – davon 33 Jahre als Präsident – auch im September zurücktritt. Für 2026 ist auch in Arosa ein CEO-Wechsel geplant: Philipp Holenstein wird das Unternehmen nach dann 14 Jahren an der operativen Spitze verlassen.
Diese Differenzen in der strategischen Ausrichtung lassen Raum für Gerüchte. Gibt es Unstimmigkeiten wegen grosser Ausbauprojekte, wegen Bahnenschliessungen? Steht gar, nachdem sich die Zusammenarbeit als erfolgreich erwiesen hat, ein Zusammenschluss der beiden Bergbahngesellschaften an? «Bezüglich der Gerüchte über einen möglichen Zusammenschluss der Bergbahnen Arosa und Lenzerheide möchte ich festhalten, dass mir keine konkreten Informationen oder Pläne in diese Richtung bekannt sind. Es handelt sich um reine Spekulationen», sagt dazu Marc Schlüssel, CEO der Lenzerheide Marketing und Support AG.
Wie andere angefragte Personen verweist auch Schlüssel auf Maurin Malär, den Verwaltungsratsvize der Bergbahnen und Gemeindepräsident von Vaz/Obervaz (das auch Valbella und Lenzerheide umfasst). Malär betont auf Anfrage von schweizeraktien.net, dass sowohl Thomas Küng als auch Felix Frei entscheidenden Anteil daran hätten, dass die LBB heute strukturell und finanziell auf soliden Beinen stünden. Die beiden Abgänge stünden in keinem Zusammenhang zueinander. «Die unterschiedlichen Ansichten bezüglich der strategischen Ausrichtung der LBB AG betreffen keine der von ihnen erwähnten Bereiche: Eine Fusion oder eine Gründung einer Betreiberfirma ist kein Thema», antwortet der Gemeindepräsident auf die Frage nach einer möglichen Fusion. «Bei beiden Abgängen sind es unterschiedliche Auffassungen über die strategische Ausrichtung», so Malär.
In Arosa eine Altersfrage
In Arosa ist die Ausgangslage eine andere. An der Generalversammlung im September 2025 gibt Verwaltungsratspräsident Lorenzo Schmid sein Amt nach 36 Jahren Führungstätigkeit im Unternehmen ab. «Unser Unternehmen hat eine Altersguillotine bei 70 Jahren», sagt der ehemalige Spitzeneishockeyaner gegenüber schweizeraktien.net. Auch der CEO werde bald aus Altersgründen zurücktreten. «Ich bedaure die Abgänge im Management der Bergbahnen Lenzerheide, wir haben immer gut zusammengearbeitet», ist das Einzige, was Schmid zu den Abgängen bei der Partnerbahn sagen will.
Als vor zehn Jahren die Verbindung der beiden Bergbahnen erfolgte, sei klar gewesen, dass es zu keiner Fusion und zu keiner Betriebsgesellschaft komme, sagt Schmid. Einzig der Verkehrsertrag der beiden Bergbahnen werde aufgeteilt, so der Arosa VRP. Zudem komme es auch beim Einkauf von Infrastruktur wie Pistenfahrzeugen etc. zu Kooperationen. «Den Gemeinden und den Bergbahnen geht es sehr gut, eine Fusion wäre auch wegen der Besitzverhältnisse nicht möglich.» In der Lenzerheide halte die Gemeinde Vaz/Untervaz rund 35% der Aktien, die Gemeinde Arosa halte rund 20% an den Bergbahnen in ihrer Gemeinde. Zudem gebe es in beiden Gesellschaften viele Liebhaberaktionäre. Alle diese Gruppen wären gemäss Schmid gegen einen Zusammenschluss.
Schon viele Synergien genutzt
«Ein Zusammenschluss wäre sinnvoll, weil die bisherige Zusammenarbeit sehr gut läuft, etwa beim Pricing oder der Tarifverteilung, d.h. egal, wo der Passagier einsteigt, die Einnahmen werden Ende Jahr zu einem fixen Satz aufgeteilt», sagt Philipp Lütolf, Professor an der Hochschule Luzern und Experte für Bergbahnen. Das deutet auf Vertrauen in der Zusammenarbeit hin. In vielen anderen Skigebietsverbindungen sei ein Aufteilen der Erträge nach effektiv realisierten Frequenzen üblich. Dies kann dazu führen, dass die Betreiber Eigeninteressen verfolgen und sich beispielweise nicht besonders beeilen, Verbindungspisten ins Partnergebiet zu öffnen.
Für einen Zusammenschluss gibt es gemäss Lütolf zwei Argumente: Ein besseres Angebot und Kosteneinsparungen. In diesem Punkt seien Lenzerheide und Arosa schon sehr weit, neben dem erwähnten Pricing auch bei gemeinsamem Werbeauftritt sowie Website u.ä. «Hier wäre nicht mehr viel zu holen», sagt er. Anders sieht es bei der Organisation aus; beide Gesellschaften weisen einen grossen VR auf. Zudem könnten Funktionen wie CEO, Chef-HR etc. auf eine Stelle reduziert werden, hier liegen gemäss dem Wirtschaftsprofessor schnell 0,5 bis 1 Mio. CHF Ersparnis drin.
Durch einen Zusammenschluss würde die Gesellschaft zu einer der führenden Schweizer Bergbahnen aufsteigen. Für Skifahrer und andere Gäste ist dies das Gebiet schon, das zwischen 1229 und 2865 Metern über Meer über 225 Pistenkilometer und 18 Talabfahrten verfügt. Im Gegensatz zu anderen Skigebieten wie etwa St. Moritz ist vom grössten Teil der Unterkünfte im Gebiet ein direktes Ski-In/Ski-Out möglich.
Eine Betriebsgesellschaft als Lösung?
Auch Lütolf sieht eine Fusion an der Besitzerstruktur scheitern: «Überspitzt gesagt sind die Bergbahnen in Arosa ein Gemeindebetrieb mit einigen Privataktionären». Anders als etwa familiengeführte Bergbahnen wie Laax oder Davos stünden aus diesem Grund auch nicht nur der betriebswirtschaftliche Erfolg im Fokus. So würde der Reinvestition des Ertrags mehr Gewicht beigemessen als der Ausschüttung über Dividende. Im VR von Arosa sitzt ein Vertreter der Gemeinde.
Wegen dieser Konstellation wäre nach Ansicht von Lütolf die Gründung einer Betriebsgesellschaft eher ein machbarer Weg. Diese Dachgesellschaft würde die beiden Bergbahnen leiten, so wie es etwa Lenk-Adelboden erfolgreich gemacht hat. Die bisherigen Aktionärsstrukturen und der VR würden bestehen bleiben.
Der Winter bleibt entscheidend
Lorenzo Schmid will nicht ausschliessen, dass, wenn sich die wirtschaftliche Lage grundsätzlich verschlechtern würde, die Struktur der Zusammenarbeit neu diskutiert würde. Doch momentan sehe es nicht so aus, und die Bergbahnen hätten in den vergangenen Jahren mit Finanzkrise, Frankenschock und Corona bereits einige schwierige Perioden gut überstanden. «Obwohl wir auch unser Sommerangebot stets ausbauen, bleibt der Winter entscheidend – 95% des Geschäfts wird in dieser Saison erwirtschaftet», sagt Schmid. Dank der Lage auf 1800 Meter und höher sowie der Beschneiung von 70% des Gebietes werde das auch über Jahre noch so bleiben.
Dafür nehmen die Bahnen auch Geld in die Hand, vor allem für den Ausbau der Winterinfrastruktur. Die Lenzerheide Bergbahnen investierten 2024/2025 über 11 Mio. CHF, für das kommende Geschäftsjahr sind Investitionen von 15 Mio. CHF vorgesehen. Die Arosa Bergbahnen werden 2025/2026 rund 7.5 Mio. CHF investieren. In den vergangenen Jahren wurden etwa in der Lenzerheide Photovoltaikanlagen an zehn Standorten erstellt. Zudem wird die Effizienz der Beschneiungsanlagen verbessert, damit in kürzerer Zeit mehr Schnee produziert werden kann, um die immer kürzer werdenden Kältephasen besser zu nutzen. Um die Menge an Wasser zu reduzieren, die den Berg hochgepumpt werden muss, sind neue Speicherseen gebaut worden.
Fazit
Es bleibt also im Dunkeln, welche unterschiedlichen strategischen Ausrichtungen das Management entzweit haben. Doch die Stimmung bei den LBB dürfte nicht so gut sein, wie die Zahlen vermuten lassen. In den kommenden Jahren wird es für die kombinierten Bergbahnen eine Herausforderung sein, mit komplett neuer Spitze an die bisherigen Erfolge anzuknüpfen. Wobei das Wetter und die wirtschaftliche Gesamtlage aber die entscheidenderen Faktoren bleiben. Eine Veränderung der Gesellschaftsform ist nicht in Sicht, und ausser für Bergbahnliebhaber sind diese Aktien nicht zu empfehlen.