
dem Bundesrat die neuesten Innovationen des Unternehmens. Bild: zvg
Die Automobilindustrie befindet sich weltweit in einer anspruchsvollen Transformation. Während insbesondere die europäischen Hersteller darunter leiden, läuft es in Asien und hier vor allem in China deutlich besser. Das bekommen auch Maschinenbauer wie die Reishauer Gruppe zu spüren. Nachdem in den Jahren 2023 und 2024 noch Rekordumsätze verzeichnet werden konnten, bricht derzeit der Auftragseingang ein. 2025 wird daher ein schwieriges Jahr. Für 2024 verzeichnete die Gruppe aufgrund des hohe Auftragsvorrats nochmals einen hohen Betriebsertrag von 416 Mio. CHF.
Dass sich dieser hohe Betriebsertrag jedoch nicht auf den Gewinn durchschlägt, ist auf die deutsche Tochter Felsomat zurückzuführen. Diese rutschte in die Verlustzone, da sich das Unternehmen mit der Expansion in das Produktsortiment Statorfertigungslinien für Elektroantriebe vorgewagt hat, aber damit an Grenzen gestossen ist. Das konsolidierte Betriebsergebnis (EBIT) brach daher auf knapp 4 Mio. CHF ein. Nur dank eines soliden Ertrags aus Wertschriftenanlagen gelang es der Gruppe, einen Jahresgewinn von 9.9 Mio. CHF auszuweisen. Die Dividende wurde von 680 auf 720 CHF je Aktie erhöht.
Felsomat in der Reorganisation
Was vor wenigen Jahren noch als Wachstumstreiber angesehen wurde, hat sich in den letzten zwei Jahren zu einer mehrfachen Herausforderung entwickelt: das Geschäft mit den Statorfertigungslinien bei Felsomat. Mittlerweile befindet sich die deutsche Tochter in einer Reorganisation, wie Alex Waser, VR-Präsident der Reishauer Beteiligungen AG, darlegt. Mit dem Aufkommen der Elektromobilität wuchs auch der Bedarf nach Fertigungslinien für Statoren rasant. Felsomat konnte in diesem rasch wachsenden Markt Fuss fassen und gewann Projekte, die erfolgreich abgewickelt werden konnten.
Doch schnell kamen neue und viel grössere Aufträge hinzu, welche für das Unternehmen zu umfangreich wurden. «Im Stammgeschäft mit Werkzeugmaschinen und Automationen erzielte Felsomat einen Umsatz von rund 100 Mio. CHF», erklärt Waser. Mit den Statorfertigungslinien wuchsen die Aufträge schnell auf über 250 Mio. CHF an. Bis ins Jahr 2024 konnte Felsomat eine gute Anzahl der rund 20 Projekte abarbeiten und wird die verbleibenden Aufgaben in diesem und im kommenden Jahr zu Ende bringen. Zurzeit besteht kaum noch Nachfrage nach neuen Statorlinien. Felsomat nimmt auch keine neuen Aufträge mehr an – zumindest nicht mehr in Eigenregie. «Wir prüfen hier Möglichkeiten für eine Partnerschaft», so Waser. Auch ein Abspalten des Bereichs sei denkbar. Im Vordergrund steht für den VR-Präsidenten jedoch, dass die vorhandenen Aufträge sauber abgearbeitet werden.
Break-even bei Felsomat bleibt in 2025 Herausforderung
Er betont im Gespräch mit schweizeraktien.net, dass das Stammgeschäft von Felsomat gut läuft. Per Ende 2024 lag der Auftragsbestand bei Felsomat bei 72 Mio. Euro (Vorjahr: 255 Mio. Euro). Davon entfallen 81% auf Europa, 18% auf Asien und nur 1% auf Nord- und Südamerika. Für das laufende Jahr bleibt das Erreichen des operativen Break-evens gemäss Waser für Felsomat eine Herausforderung. Im deutschen Werk in Königsbach-Stein wurde bereits Kurzarbeit eingeführt. Auch schliesst Alex Waser Restrukturierungsaufwendungen für 2025 in dem Werk nicht aus.
Innovationen helfen Reishauer
Die Reishauer AG in Wallisellen konnte 2024 nochmals vom hohen Auftragseingang der Vorjahre profitieren. Allerdings war auch hier per Jahresende der Bestellungsvorrat unter dem üblichen Niveau, was auf die Unsicherheit bei den Automobilherstellern zurückzuführen ist. Waser verweist jedoch darauf, dass sich die Investitionen der vergangenen Jahre in die Digitalisierung der Services bei Reishauer nun auszuzahlen beginnen. Dazu zählen Dienstleistungen wie das ARGUS-Monitoring System, das die Schleifvorgänge in Echtzeit überwacht und kritische Teile aussortiert. Und die myReishauer-Plattform, welche dem Kunden einen zentralen Zugang zur digitalen Welt von Reishauer bietet. Auch beginnen die damit verbundenen Subskriptionsmodelle zu laufen.
Besonders hebt der VR-Präsident einen Technologiedurchbruch hervor, der mit dem Hartwälzschälen gelungen ist. «Damit erschliessen sich Reishauer neue Anwendungsfelder. Auch Verzahnungen, welche nicht wälzgeschliffen werden können, lassen sich mit dieser Technologie effizient und mit hoher Qualität endbearbeiten», so Waser. Dies sei gerade für elektrisch betriebene Fahrzeuge wichtig.
Obwohl auch bei Reishauer der Auftragseingang per Ende 2024 auf 57 Mio. CHF zurückgegangen ist, bleibt Waser dank der Innovationen optimistisch: «Wir sind bereit für den Aufschwung», so Waser. Da die Bestellfristen in der Vergangenheit immer kürzer geworden sind, wurden Vorkehrungen getroffen, um Maschinen kurzfristig bereitstellen zu können. «Wenn die Märkte drehen, wollen Kunden schnellstmöglich beliefert werden.»
Fokus auf Effizienz gelegt
Bis es soweit ist, könnte es noch einige Zeit dauern. Daher hat die Reishauer Gruppe den Fokus auf Effizienz gelegt. Auch sind die nächsten Investitionsschritte bei der Neubauerweiterung verschoben worden. Mit der Schlüsselübergabe der 2. Bauetappe im August ist diese abgeschlossen. Der Verwaltungsratspräsident ist nach wie vor davon überzeugt, dass sich in Zukunft elektrisch betriebene Fahrzeuge durchsetzen, auch wenn es zurzeit nicht danach aussehe. «Elektromobilität überzeugt auch aufgrund des hohen Wirkungsgrads», so Waser. Die Transformation werde nur etwas länger dauern. Er verweist dabei auf China, wo die Reishauer Gruppe für namhafte Hersteller tätig ist. «In China stellt sich die Frage nach Elektromobilität oder Verbrenner nicht mehr», betont er. Auch drängten die chinesischen OEMs immer mehr auf den europäischen Markt. In den USA sei das Gegenteil der Fall. Reishauer- und Felsomat-Kunden, die auf Elektromobilität gesetzt haben, müssen zurzeit unter Hochgeschwindigkeit eine kostspielige Kehrtwende machen.
Dividendenkontinuität betont
Angesichts des geringen Auftragsbestandes bleibt Waser für das laufende Geschäftsjahr sehr zurückhaltend. Zunächst überrascht es daher, dass die Reishauer Gruppe angesichts des schwierigen Ausblicks für 2024 die Dividende erhöhte. Waser begründet dies mit der Dividendenkontinuität der Gruppe. Er verweist dabei auch auf die starke Bilanz. Das Umlaufvermögen, das im Jahr 2023 aufgrund des hohen Auftragsvolumens förmlich auf 465 Mio. CHF explodiert war, ging 2024 um über 100 Mio. CHF zurück. Ebenso fiel das kurzfristige Fremdkapital um etwa 100 Mio. CHF. Auch wurden Schulden zurückgezahlt. Die Eigenkapitalquote liegt wieder bei soliden 64,6%. Im Vorjahr waren es nur 54,3%.
Fazit
Die Reishauer Gruppe befindet sich nach wie vor in einem auf vielen Ebenen herausfordernden Umfeld. Zwar wurden die Transformation hin zu Elektromobilität frühzeitig antizipiert und die Weichen mit dem Start der Statorfertigung entsprechend gestellt. Allerdings hat die Tochter Felsomat die Komplexität und Projektgrössen in diesem Bereich unterschätzt. Hinzu kamen die marktbedingten Verzögerungen bei der Substitution von Verbrennern durch elektrisch betriebene Fahrzeuge, die sich mit dem Beginn des Ukraine-Kriegs und nach den US-Wahlen nochmals akzentuiert haben.
Positiv zu werten ist, dass gerade im Bereich der Statorfertigung die vorhandenen Projekte – wenn auch mit Verzögerungen – abgewickelt werden. Dies ist auch wichtig, um das Vertrauen bei den Kunden nicht zu verlieren. Ob das erworbene Know-how in eine Partnerschaft gewinnbringend eingebracht werden kann, ist derzeit noch offen.
Schwierig wird es in diesem und voraussichtlich auch im kommenden Jahr für das Stammgeschäft bei Felsomat und Reishauer. Allerdings scheint das Unternehmen für einen Aufschwung der Branche gerüstet und kann Maschinen sowohl für das Schleifen von Zahnrädern in Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren als auch mit Hybrid- und Elektroantrieben liefern. Bei Letzteren profitiert Reishauer von höheren Anforderungen an Präzision und Laufruhe, welche einen Vorteil darstellen.

Der Aktienkurs von Reishauer Beteiligungen hat seit Jahresbeginn nochmals knapp 10% nachgegeben. Zuletzt wurden die Aktien auf OTC-X für 19’720 CHF gehandelt. Das KGV liegt bei knapp 20, wobei zu berücksichtigen ist, dass der Gruppengewinn vor allem dem guten Finanzergebnis zu verdanken ist. Ob sich dieses 2025 wiederholen lässt, hängt massgeblich von der Entwicklung der Kapitalmärkte ab. Auch die Ausschüttung der Dividende ist daher vor allem auf das positive Finanzergebnis zurückzuführen. Operativ hat Reishauer die Dividende in 2024 nicht verdient und wird diese voraussichtlich auch 2025 nicht verdienen. Die Dividendenrendite betrug 3,6%. Per Ende 2024 erreichte der Buchwert je Aktie 36’619 CHF.
Angesichts der hohen Substanz dürfte das Unternehmen ein oder zwei weitere schwierige Jahre problemlos überstehen. Für langfristig orientiere Anleger, die an einen Aufschwung der Automobilindustrie in den kommenden Jahren setzen, ist der Titel daher sicherlich nicht teuer. Allerdings ist auch nicht mit einer raschen Erholung zu rechnen