Ausserbörsliche Aktien: Anlegen jenseits der Trumpschen Streitereien

Ein Kommentar zu den US-Export-Zöllen

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Binnenorientierte Unternehmen können sich dem Streit um die Exportzölle zum grossen Teil entziehen. Bild: stock.adobe.com

Gewiss ist nur, dass alles ungewiss bleibt. Gewiss ist, dass US-Zölle auf Schweizer Exporte kommen werden, ungewiss jedoch, und das ist entscheidend, in welcher Höhe sie ausfallen werden. Zurzeit stehen 39% im Raum, es könnten aber auch deutlich geringere Ansätze von 15% sein, wie sie der EU aufgebürdet wurden.

Und völlig ungewiss ist, wie hoch Schweizer Pharmaexporte in die USA besteuert werden. 250%, 200% oder doch deutlich weniger? Es geht zu wie auf dem Basar, es wird hin und her verhandelt und hin und her geflogen zwischen Bern und Washington. Aber Genaueres weiss man nicht.

Einmischung in die Innenpolitik

Das hängt mit der fatalen Tatsache zusammen, dass man nicht mit einer Administration verhandelt, die diesen Namen verdient, sondern mit einer Einzelmaske, die nach Tagesform entscheidet. Und was ist, wenn diese Einzelmaske auf die Idee kommt, dass «Premierministerin» Kathrin Keller-Suter (so wurde die Bundesrätin auf X von Trump tituliert) eigentlich untragbar ist, weil sie zu unnachgiebig verhandelt? Senkt er die Zölle nur dann, wenn wir sie von ihren Pflichten entbinden? Die Einmischung in die Innenpolitik hat Trump auf unerträgliche Weise bereits in Brasilien mit der Verknüpfung von Zöllen und der Forderung nach einem Stopp der Hexenjagd auf seinen Freund Jair Bolsonaro, dem wegen Umsturzversuches viele Jahre hinter Gittern drohen, bewiesen.

SIX zeigt sich erstaunlich widerstandskräftig

Für die Schweizer Pharma-, aber auch die Maschinen- und Luxusgüterindustrie ist die Ungewissheit Gift. Investiert man heute in den USA in teure Werke, nur um den Burgfrieden zu erhalten? Und wenn morgen die nächste Sau durchs Dorf getrieben wird, was dann?

Noch zeigt sich die Börse SIX erstaunlich widerstandskräftig. Bisher ist kein Börsencrash in Sicht, die Performance des SMI ist geradezu aufsehenerregend stabil. Aber das kann sich schnell ändern, und dann heisst es, sich warm anziehen.

Warm anziehen, auch weil die Pharma-Schwergewichte Novartis und Roche zwar besonders betroffen sein könnten, aber es keine Frage ist, dass sie den gesamten Markt mit runterziehen werden, sollten Zölle von 200% oder mehr kommen.

Aussitzen oder ausweichen?

Dann ist die Frage, aussitzen, ausweichen oder ignorieren. Einiges spricht für aussitzen, vieles für ausweichen und natürlich nichts für ignorieren. Aussitzen, weil morgen eh schon wieder alles ganz anders aussehen dürfte. Oder ausweichen in Werte, die keinen Exposure in den USA haben, also Telekom, Versicherungen, Immobilien und Banken, die nicht international operieren. Oder in Gold und andere Commodities oder Kryptowährungen investieren. Und, last but not least, das Geld unter dem Bett bunkern und auf bessere Zeiten hoffen. Ignorieren dürfte aber kaum ratsam sein.

Alternativ in OTC-X-Werte investieren

Oder, und das wäre unser Vorschlag, in Small & Mid Caps investieren, die nicht an der SIX gehandelt werden, sondern auf OTC-X der Berner Kantonalbank und der Bank Lienhardt. Investitionen in den klassischen Schweizer Mittelstand, der oft übergangen wird, wenn das Diskussionslevel sich derart aufheizt wie jetzt und alle wie gebannt auf die Bluechips starren wie das Kaninchen vor der (Trumpschen) Schlange.

Denn hier gibt es die Alternativen. Alternativen, die in keiner Weise direkt von Zöllen betroffen sind. Bergbahnunternehmen, Regionalbanken, lokale Versorger, Immobilienunternehmen, aber auch Casinos und Medienunternehmen. Natürlich werden auf OTC-X auch Aktien von Industrieunternehmen gehandelt, wie z.B. Bobst, das sehr direkt von der Zolldiskussion betroffen ist. Oder auch Cendres+Métaux, Plaston und einige andere.

Nützlicher Helfer Trump

Klar ist, dass auch der vergleichsweise kleine Markt der ausserbörslich kotierten Werte im Falle einer veritablen Börsenkorrektur des SMI und des Gesamtmarktes in Mitleidenschaft gezogen würde. Aber, und das haben vergangene Einbrüche des SMI gezeigt, eben viel weniger stark als der grosse Bruder SIX. Allerdings gilt dies auch für die entgegengesetzte Richtung: Geht es bergauf, geschieht das auf OTC-X meist langsamer.

schweizeraktien.net macht sich seit Jahren dafür stark, den ausserbörslich gehandelten Werten mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Trump könnte dabei ein nützlicher Helfer sein. Und dem Mittelstand zu steigenden Umsätzen und Kursgewinnen verhelfen.

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