Bobst, CMSA, Plaston, Reishauer: «US-Zollhammer» sorgt nur bedingt für grosse Sorgenfalten

Cendres+Métaux hat sich schon 2020 vom Goldschmelzen verabschiedet

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Die auf OTC-X gelisteten Schweizer Industrietitel sind auf unterschiedliche Art und Weise von den neuen Zöllen betroffen. Bild: stock.adobe.com

Politik, Medien und die Wirtschaft beschäftigt der sogenannten «Zollhammer» seit nunmehr einer Woche. Kein Tag vergeht, an dem es nicht Schlagzeilen mit Hiobsbotschaften, Schuldzuweisungen und Forderungen an Verantwortungsträger gibt. Ebenso warten Wirtschaftswissenschafter und Finanzexperten mit teils schockierenden Prognosen auf.

Hört man sich allerdings bei den direkt Betroffenen, den Schweizer Unternehmen, um, so zeigt sich, dass diese mit einer gewissen Portion Pragmatismus reagieren. Und dies nicht erst seit dem 1. August 2025. Wie ein Beitrag der NZZ kürzlich aufzeigt, haben einige Schweizer KMU die Entwicklung bereits in der ersten Amtszeit von Donald Trump antizipiert und entsprechend gehandelt. Dieser Pragmatismus und das Arrangieren mit der Situation haben wohl dazu geführt, dass die Schweizer Börse bisher nicht eingebrochen ist – vom «Black Monday» war die Rede. schweizeraktien.net wollte wissen, wie es um die Situation bei den Industrieunternehmen steht, deren Aktien auf OTC-X gehandelt werden.

Nur wenige OTC-X-Unternehmen betroffen

Wie bereits in einem Beitrag vom 6. August geschrieben, sind die auf OTC-X gelisteten Unternehmen nur gering oder gar nicht von dem Zollstreit betroffen, da es sich um binnenorientierte Unternehmen ohne Exporttätigkeit handelt. Ausnahmen sind hier Bobst, Cendres+Métaux, Plaston und Reishauer.

Der Aktienkurs von Bobst hat seit Jahresbeginn 12% verloren. Chart: otc-x.ch

Besonders stark betroffen von den höheren Zöllen ist der Verpackungsmaschinenbauer Bobst. «Angesichts der Tatsache, dass die USA unser grösster Markt sind, hätte dies erhebliche Konsequenzen und würde eine umfassendere Restrukturierung erfordern als die im ersten Halbjahr durchgeführten und für das zweite Halbjahr geplanten Massnahmen», schreibt Stefano Bianchi, Head Investor Relations, auf Anfrage. Man sei jedoch zuversichtlich, dass dies nicht der endgültige Zollsatz für die Schweiz bleiben werde.

Endmontage in den USA eine Option für Bobst

Für den Fall, dass es bei den 39% Zöllen bleibt, prüft Bobst «alle Optionen, beispielsweise die Endmontage auf US-amerikanischem Gebiet». Dass das Waadtländer Traditionsunternehmen eines Tages echte Produktionskapazitäten in den USA aufbauen wird, scheint zurzeit keine realistische Option. «Es wäre eine Herausforderung, da qualifizierte Mitarbeitende auf dem Markt kaum verfügbar sind und wir uns entscheiden müssten, welche der 80 Maschinentypen, die wir in unseren 21 Werken weltweit produzieren, in den USA hergestellt werden sollen», so Bianchi. Hingegen prüfe das Unternehmen eine Verlagerung der Produktion von der Schweiz in die EU, falls die Schweizer Zölle bei 39 % bleiben. Da dies allerdings einige Zeit benötigt, nennt Bobst als Zwischenschritt die Endmontage der Module in Europa.

Plaston nur indirekt betroffen

Nicht mehr ganz so stark betroffen von der Zollthematik ist das Ostschweizer Kunststoffverarbeitungsunternehmen Plaston Holding, das kürzlich die Rückkehr in die schwarzen Zahlen bekannt gab. Nach zwei verlustreichen Jahren, die unter anderem auch auf das schwierige Geschäft mit den Luftreinigungsgeräten der Markt Boneco zurückzuführen waren, erzielte das Unternehmen bei einem Bruttoumsatz von 64 Mio. CHF einen Gewinn von 2.3 Mio. CHF und wird wieder eine Dividende ausschütten.

Kein direktes US-Geschäft mehr: Plaston ist im Geschäftsjahr 2024/25 in die schwarzen Zahlen zurückgekehrt. Chart: otc-x.ch

Boneco-Rückzug aus den USA: «Glücksfall»

Für Aussagen zu konkreten Auswirkungen der hohen US-Zölle auf das Geschäft von Boneco sei es gemäss Aussagen von Hansruedi Lanker, CFO der Gruppe, noch zu früh. Er betont allerdings, dass Plaston seit dem Rückzug von Boneco aus den USA keine Güter mehr in die USA liefere. Indirekt würden aber die weltweiten Kunden im Bereich der Kunststoffverpackungen und  -teile der Plaston AG von den höheren Zöllen betroffen sein. Lanker fügt an, dass man «zum Glück» bei Boneco aus dem US-Markt draussen sei.

CMSA Holding mit geringem direkten US-Anteil

Geradezu exponiert im Zollstreit scheint der Edelmetallverarbeiter Cendres+Métaux in Biel. Denn das Unternehmen beliefert u.a. die Schweizer Uhren- und Schmuckindustrie mit Halbfertigfabrikaten sowie Medtechunternehmen. Philipp von Büren, CEO der CMSA Gruppe, sagt auf Nachfrage von schweizeraktien.net, dass man kurzfristig nicht mit grösseren Auswirkungen wegen des neuen Zolltarifs aufs Geschäft rechne, da die Gruppe einen vergleichsweise kleinen Anteil an Produkten direkt in die USA exportiere. Betroffen sind hingegen die Kunden. Doch auch in diesem Punkt wird von Büren nicht nervös.

Die Einführung der US-Zölle von 39% haben bei der CMSA-Aktie zu einem Kursdämpfer geführt. Chart: otc-x.ch

Preisaufschläge für Luxusuhren wohl verkraftbar

«Die Schweizer Uhrenmarken haben im April grössere Mengen von Uhren in die USA exportiert. Wir gehen davon aus, dass dadurch ein genügend hoher Lagerbestand für Verkäufe vorhanden ist, um die Nachfrage der kommenden Monate zu decken», berichtet von Büren gegenüber schweizeraktien.net. Er erklärt zudem, dass der Zoll auf den Importwert der Uhr erhoben werde und nicht auf den Verkaufspreis. Daher gehe er davon aus, dass der Einfluss insbesondere im höheren Preissegment verkraftbar bleibe oder auch mit Preisaufschlägen abgefedert werden könne.

In Bezug auf Produktionsverlagerungen in die USA gibt er sich ebenfalls zurückhaltend. Dieser Schritt oder der Wechsel validierter Lieferanten lasse sich in keiner Branche innert weniger Wochen realisieren – insbesondere nicht im hochregulierten Medtech-Bereich, so von Büren.

CMSA setzt auf Innovationskraft

Zu den längerfristigen Auswirkungen will er sich heute noch nicht konkret äussern. «Wie sich die Zollsituation langfristig auf die Industrien in der Schweiz auswirkt, müssen wir genau beobachten und aktiv nach Lösungen mit unseren Kunden suchen.» Als Zulieferer setze man daher noch stärker auf Innovationskraft, Agilität und Excellence und fokussiere und investiere in Produktivitätsverbesserungen und Effizienzsteigerungen.

Philipp von Büren betont, dass die CMSA Gruppe aktuell nach wie vor keine Kunden verloren habe, hingegen in vielen neuen Projekten involviert sei und deshalb erneut mit Bestellungen rechne.

Gold-Raffinerie wurde 2020 verkauft

Verschiedentlich ist die CMSA Gruppe in den Medien auch im Zusammenhang mit dem Einschmelzen von Gold, dem Raffinieren, in Verbindung gebracht worden. Doch diesen Bereich hat das Unternehmen im Jahr 2020 an Metalor verkauft. Schon früher hatte man sich aus der Produktion von Goldbarren zurückgezogen. Daher sind auch die Zölle auf reine Goldexporte für den Edelmetallverarbeiter kein Thema.

USA ein wichtiger Markt für die Reishauer Gruppe

Beim Maschinenbauer Reishauer sieht es etwas anders aus. Laut Aussagen von VR-Präsident Alex Waser gegenüber schweizeraktien.net seien die USA ein «bedeutender Markt» für die Reishauer Gruppe. «Die neuen US-Zölle von 39 % auf Importe aus der Schweiz betreffen die vom Teilkonzern Reishauer in der Schweiz produzierten Zahnrad-Wälzschleifmaschinen und deren Werkzeuge», so der VRP. Wie einer Medienmitteilung zum Jahresabschluss 2024 zu entnehmen ist, lag der Auftragseingang in der Region Nord- und Südamerika Ende 2024 bei 9% (Vorjahr: 21%). Anders sieht es bei der deutschen Tochter Felsomat aus, deren Auftragseingang für diese Region nur noch bei 1% lag.

Seit der Ankündigung der Zollpläne von Donald Trump im April ging es mit dem Reishauer-Aktienkurs wieder abwärts. Chart: otc-x.ch

Die genauen Auswirkungen auf die Gruppe liessen sich derzeit noch nicht abschliessend beurteilen, so Waser weiter. Sie würden auch von den künftigen Standortentscheidungen der amerikanischen Automobilhersteller und deren Zulieferer abhängen. Er verweist in diesem Zusammengang auf die technologische Führungsposition des Produktportfolios der Gruppe. Allerdings werde die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Anbietern aus Ländern mit deutlich tieferen Zollsätzen signifikant beeinträchtigt.

Derzeit prüft die Reishauer Gruppe verschiedene Handlungsoptionen, um die Auswirkungen der Zölle zu minimieren. Dazu zählen Überlegungen zur vollständigen oder teilweisen Weitergabe der Zölle an die Kunden, zur Erhöhung des Wertschöpfungsanteils in den USA sowie zu Produktionsverlagerungen von ausgewählten Produktbereichen für den US-Markt innerhalb des Konzerns. In Bezug auf eine Verlagerung der Produktion gibt sich Waser zurückhaltend und verweist auf komplexe Fertigungsprozesse sowie den Bedarf an hochqualifizierten Mitarbeitenden.

Lagerbestände in den USA aufgestockt

Als eine unmittelbare Massnahme nach Ankündigung der Zollerhöhungen hat die Reishauer Gruppe noch vor Einführung des neuen Zolltarifs die Lagerbestände an Werkzeugen und Ersatzteilen in den US-Tochtergesellschaften aufgestockt. Weitere Massnahmen würden sich in Planung befinden, so Waser. «Unser Ziel ist es, die Auswirkungen auf unsere Kunden und unsere starke Marktposition möglichst gering zu halten und gleichzeitig die hohen Qualitäts- und Technologiestandards unserer Produkte vollumfänglich sicherzustellen», ergänzt der Reishauer-Verwaltungsratspräsident.

Fazit

«Wir haben schon die Eurokrise, die Aufgabe des Mindestkurses und die Pandemie gemeistert. Da werden wir auch mit den höheren Zöllen fertig.» So oder ähnlich tönt es, wenn man mit Führungskräften in Schweizer Unternehmen spricht. Klar ist, dass für die wenigen, stark betroffenen Unternehmen nun entlastende Massnahmen wie Kurzarbeitsentschädigung notwendig werden. Doch die Schweizer Industrie scheint wegen der Trump-Zölle nicht unterzugehen.

Einerseits ist derzeit noch unklar, wie lange der Zolltarif in der Höhe von 39% erhoben wird. Andererseits sind die meisten Unternehmen geografisch gut diversifiziert. Insgesamt betragen die Exporte der Schweizer Wirtschaft in die USA nur ein Fünftel der gesamten Ausfuhren – allerdings sind die USA nach der EU das zweitgrösste Exportland. Zudem verfügen auch viele KMU über Niederlassungen und Werke im EU-Raum oder anderen Ländern, sodass sie einen Teil der hohen US-Zölle umgehen können. Diesen Weg beschreitet beispielsweise Ypsomed mit Produktionsverlagerungen für US-Produkte von der Schweiz nach Deutschland. Schlussendlich arbeiten die Schweizer KMU laufend an neuen, innovativen Produkten und der Verbesserung der Effizienz, um international wettbewerbsfähiger zu werden.

Auch wenn der Einfluss der US-Zölle Auswirkungen auf Schweizer KMUs haben wird, so ist die unternehmerische Agilität nicht zu unterschätzen. Gut möglich, dass in wenigen Jahren die Schweizer Wirtschaft auch aus dieser Krise gestärkt hervorgehen wird.

Ausgewählte OTC-X gehandelte Industriefirmen 

Firma Kurs 8.8.25 KGV 2024 KBV 2024 in % 2024
Bobst 57 9,8 1,9  -12,3
CMSA Holding 4750 9,5 0,5  2,2%
Plaston Holding 4250 18,2 1,2  9,7%
Reishauer Beteiligungen 18550 11,2 0,5  -11,9%

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