Brienz Rothorn Bahn AG: Aktienumtausch läuft – Handel auf OTC-X eingestellt

0
4619
Auf der Fahrt hoch über dem Brienzer See: die historische Dampfbahn der Brienz Rothorn Bahn. Quelle: www.brienz-rothorn-bahn.ch
Auf der Fahrt hoch über dem Brienzer See: die historische Dampfbahn der Brienz Rothorn Bahn. Quelle: www.brienz-rothorn-bahn.ch

Das 2350m hohe Brienzer Rothorn ist in vielerlei Hinsicht eine Spezialität, treffen dort doch die Kantone Bern, Luzern und Obwalden aufeinander. Von der Luzerner Seite wird das Brienzer Rothorn von der zu mehr als 93% zur Bergbahnen Sörenberg AG – auf OTC-X gelistet – gehörenden Luftseilbahn Sörenberg-Brienzer Rothorn AG – nicht auf OTC-X gelistet – erschlossen. Das Brienzer Rothorn gilt auch als höchster Berg des Kantons Luzern.

Von der touristisch reizvolleren Berner Seite aus wird der überregional bedeutende Aussichtsberg – vor der Bilderbuchkulisse des Brienzer Sees und der Berner Alpen mit dem legendären Dreigestirn Eiger, Mönch und Jungfrau an der Spitze – seit 1892 von der Brienz Rothorn Bahn AG ratternd und schnaufend im Dampf- und Zahnradbetrieb erschlossen.

Die Aktien der Brienz Rothorn Bahn AG wurden bisher auf OTC-X gehandelt. Das Aktienkapital beträgt 13‘771‘000 CHF und ist eingeteilt in 6‘480 Inhaberaktien à 100 CHF nominal (Valor 1918235) und 26‘246 Inhaberaktien à 500 CHF (Valor 1918241). Bei zuletzt bezahlten Preisen von 5.50 CHF (Inh.-Aktie à 100 CHF, Kurs vom 30.12.2013) bzw. 30 CHF (Inh.-Aktie à 500 CHF, Kurs vom 17.06.2014) ergab sich in den sehr illiquiden Aktien eine nur theoretische „Marktkapitalisierung“ von gerade einmal 0.8 Mio. CHF. Auffällig ist bei der Brienz Rothorn Bahn AG beim Blick in die Kurshistorie schon lange die extreme Differenz zwischen den zuletzt bezahlten Marktpreisen und dem Nominalwert der Aktien, aber auch dem ausgewiesenen, stark anlagenlastigen Substanzwert (Eigenkapital 2013: 12.8 Mio. CHF; Quelle: Geschäftsbericht 2013, S. 19). Das nur bedingt aussagekräftige „Kurs-Cashflow-Verhältnis“ lag 2013 unter 1.

Allerdings ist der OTC-X-Handel Ende Juli eingestellt worden. Hintergrund dieser Handelseinstellung auf OTC-X ist die aktuell laufende, von der Generalversammlung am 26. April 2014 beschlossene Umwandlung der Inhaberaktien in Namenaktien der Gesellschaft. Offenbar zielt die Gesellschaft darauf ab, den Handel in den neuen Namenaktien künftig selbst zu organisieren. Das gewählte Vorgehen der Brienz Rothorn Bahn AG ist dabei durchaus ungewöhnlich und in der Konsequenz letztlich auch nicht besonders aktionärsfreundlich.

Sind die bisherigen Inhaberaktien in einem Bankdepot verwahrt, müssen die Aktionäre diese Aktien von ihrer Bank gemäss einer aktuellen Aktionärsinformation „herausverlangen“ und anschliessend mit einem Einlieferungsformular zum Umtausch in Namenaktien bei der Gesellschaft einreichen. Im Normalfall entstehen dem Aktionär dabei hohe Auslieferungsgebühren für die physische Lieferung der Aktien, auch wenn der Umtausch als solcher bei der Gesellschaft spesenfrei ist. Danach sind die neuen Namenaktien nicht mehr sammelverwahrungsfähig und können nicht mehr in einem Wertschriftendepot bei einer Bank verwahrt werden. Sie werden nur noch im Aktienregister der Gesellschaft geführt. Auch wenn ein Kauf bzw. Verkauf gegenüber der Gesellschaft in der Theorie – wie von der Brienz Rothorn Bahn AG angeführt – einfacher sein mag, schränkt sich die Handelbarkeit der bereits heute wenig liquiden Anteile weiter ein.

Im Umgang mit den Aktionären und ihren zum Umtausch eingereichten Aktien lässt es die Gesellschaft nach unserer Einschätzung zudem an Fingerspitzengefühl vermissen. Die Aktionärsinformation weist darauf hin, dass eine Rückgabe der – faktisch unter Zwang zur Wahrung der Aktionärsrechte – zum Tausch eingereichten Inhaberaktien für die Aktionäre mit erheblichen Gebühren verbunden sein kann.

So müssen Aktionäre zwischen 1 und 5 Aktien 15 CHF zusätzlich für die Rückgabe ihrer eigenen (entwerteten) Aktien bezahlen, bei „komplexen Portfeuilles“ – was auch immer dies sein mag – sind es 250 CHF. Nur bei einem Verzicht auf Rückgabe der eingereichten Aktien entstehen keine Gebühren. In vergleichbaren Situationen sind andere Gesellschaften, die einen ähnlichen Schritt gingen, anders mit der Situation umgegangen: im Normalfall reichte ein frankierter Rückumschlag zum Erhalt der eigenen, entwerteten Urkunden und manchmal benötigte es noch nicht einmal einen solchen.

Da mit dem Umtausch künftig auf den Titeldruck verzichtet wird und keine eigentlichen Aktien in Form eines Wertpapiers mehr ausgegeben werden, wird den Aktionären dennoch angeboten, für eine zusätzliche Gebühr von 25 CHF eine „tolle Urkunde“ – wörtlich zitiert aus der Aktionärsinformation – zu beziehen. Dabei handelt es sich jedoch lediglich um eine Schmuckurkunde ohne echten wirtschaftlichen Wert und keinerlei Rechte verkörpernd. Der Eindruck von „Beutelschneiderei“ könnte angesichts der umfangreichen Gebührenmodelle der Brienz Rothorn Bahn AG – auch wenn es auf freiwilliger Basis ist – leicht entstehen und dabei hilft es auch nicht, dass die Gesellschaft selbst beinahe gebetsmühlenartig wiederholt, dass es sich bei den Aktien um eine „Herzensangelegenheit“ handelt. Gerade Herzensangelegenheiten sollten in ihrer Tragfähigkeit nicht überstrapaziert werden. Der Krug geht solange zum Brunnen, bis er bricht und es erscheint angesichts der Herausforderungen der Bahn mit ihrer anhaltend schwachen Liquiditätsausstattung darüber hinaus – grundsätzlich – auch durchaus fragwürdig, Aktionäre einzig und ausschliesslich als Mäzene wahrzunehmen und nicht als Kapitalgeber.

Im Fall der Brienz Rothorn Bahn AG sind – da zuletzt auch noch das Freibillet für die GV-Teilnahme gestrichen wurde – noch nicht einmal die sogenannten „Naturaldividenden“ besonders attraktiv, die einen Kauf oder eine Zeichnung der Aktien in späteren Kapitalerhöhungen opportun erscheinen lassen können. Mit den gewährten Aktionärsvergünstigungen (vgl. Geschäftsbericht 2013, S. 24) bewegt sich der Aktionär bei Fahrten gerade einmal auf Halbtax-Niveau. Insofern sollte der Verwaltungsrat auch diesen Aspekt nochmals einer Prüfung unterziehen und auch Alternativen zum aktuellen Modell ausloten.

Der Verwaltungsrat der Brienz Rothorn Bahn AG wäre gut beraten, gerade auch mit Blick auf mögliche kommende Kapitalerhöhungen, das Gebührenmodell des Umtauschs und der „Nebenleistungen“ zu überdenken und zumindest auf die „Rückgabegebühren“ zwischen 15 CHF und 250 CHF je Aktionär zu verzichten, wenn er gleichzeitig eine möglichst hohe Umtauschquote bereits im ersten Schritt anstrebt. Es erscheint insgesamt fragwürdig, den Aktionären – auch wenn diese nach bekannter Wahrnehmung der Bahn eher Mäzene als Aktionäre sind – zunächst dekorativ gestaltete „Sammler-Aktienurkunden“ weit oberhalb effektiver Marktpreise im Rahmen von Kapitalerhöhungen zu 500 CHF zu verkaufen, um diese später dann – bei einem zwangsweisen Umtausch in Namenaktien – gegen eine erneute Gebührenzahlung von mindestens 15 CHF und maximal 250 CHF je Aktionär nach Entwertung den Aktionären zurückzugeben. Dies ist nach unserer Einschätzung ein falsches Signal, weil so gerade bei den in der Vergangenheit besonders wohlgesonnenen Aktionären – den „Aktiensammlern“ und Liebhabern – doppelt „abkassiert“ wird. Das Ganze hat jedoch – wie der Umtausch heute orchestriert ist – den Charakter einer kleinen und versteckten Kapitalerhöhung, da die Verwaltung wohl auch darauf zielt, dass die meisten Aktionäre ihre teilweise historischen oder besonders dekorativen Sammler-Urkunden aus früheren Kapitalerhöhungen zurück erhalten möchten oder sich eine Schmuckurkunde ausstellen lassen, um überhaupt „etwas“ in Händen halten zu können.

Bestehende Aktionäre haben – wenn sie ihre Aktionärsrechte weiterhin wahren wollen – allerdings keine echte Alternative zum Umtausch. Dabei geht die freie Handelsmöglichkeit wie auf OTC-X aus heutiger Sicht verloren und die Gesellschaft wird zum Intermediär zwischen Kauf- und Verkaufswilligen in der Aktie. Ob dieser weitreichende Schritt tatsächlich im Interesse der Aktionäre ist, bleibt abzuwarten. Der Verwaltungsrat der Bahn sollte insgesamt die Struktur des aktuellen Umtauschprozesses hinsichtlich seiner Aktionärsfreundlichkeit nochmals überdenken und nicht nur darauf zählen, dass die Mäzene von heute weiterhin die Zeichner von Kapitalerhöhungen von morgen sind. Kapitalerhöhungen sind gerade im Bergbahnensektor im heutigen Umfeld längst kein Selbstläufer mehr, wenn Aktionäre erst einmal realisieren, dass – über die „Herzensangelegenheit“ hinaus – die zur Verfügung gestellten Mittel keinen Mehrwert erwirtschaften, sondern bisweilen weitgehend schlicht verloren sind. Ohne attraktive „Naturaldividenden“ wirkt dieser Verlust umso schwerer. Dieser Situation muss sich auch der Verwaltungsrat der Brienz Rothorn Bahn AG stellen. Die Aktie der Brienz Rothorn Bahn AG ist und bleibt ein Liebhaberpapier.

Kommentar verfassen