Russland-Sanktionen und USA: Über wirtschaftliche Folgen und eine offene Rechnung

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Sanktionen gegen Russland treffen Griechenland bis ins Mark. Russische Touristen bleiben aus, und Agrarprodukte können nicht mehr nach Russland exportiert werden. Zwei Vertreter der griechischen Regierung pilgern jetzt nach Moskau: Bitte macht Gas für uns billiger, bitte macht eine Ausnahme bei unseren Agrarprodukten, und bitte gebt uns Kredit! Das sind die Kernpunkte der Reise. Aber nicht nur Griechenland leidet unter den Sanktionen.

Die kleine Schweiz dürfte 2014 etwa 500 Mio. bis 1.0 Mrd. CHF Exporteinbussen wegen Russland-Sanktionen haben. Italien verzeichnete 2014 einen Exportrückgang nach Russland von 11.6%. Im Januar 2015 ging es sogar um 36% nach unten. Oder Deutschland. Die Bundesrepublik verzeichnete 2014 einen Rückgang der Russland-Exporte um 6.5 Mrd. EUR – ein Minus von 18%. Insgesamt könnte der Sanktionsverlust Gesamteuropas bei 20 bis 25 Mrd. EUR liegen. 20 Mrd. Euro Exportrückgang bedeuten Milliardeneinbussen im Staatshaushalt und in den Sozialkassen.

Krim – kann man Menschen rechtsgültig verschenken?

Wie war das doch mit den Sanktionen? Auslöser war die Volksabstimmung auf der Krim und der folgende, von den Krim-Bürgern gewünschte, Anschluss der Halbinsel an Russland. „Völkerrechtswidrige Annexion“, tönte es beispielsweise von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Was ist da dran? Die deutsche Bundesregierung hat zur Beantwortung der Frage wohl kein Gutachten zum Völkerrecht beauftragt. Schieben wir die Diskussion um die Annexion aber ohnehin einmal beiseite. Der Ausgangspunkt des Problems liegt doch im Geschenk der „Krim“. 1954 hatte der sowjetische Staatschef Chruschtschow die Halbinsel aus dem Staatsgebiet Russlands an die Ukraine verschenkt. Ich frage mich: Kann ein Diktator, ein Präsident, ein Bundeskanzler ein Staatsgebiet samt Bevölkerung verschenken? Ist das völkerrechtlich legitim und rechtswirksam?

Wohl kaum! Man kann Menschen nicht verschenken! Sklaverei und Leibeigentum wurden 1949 von der UNO als abgeschafft erklärt, und was wäre da mit den Menschenrechten und der Magna Charta? Im deutschen Privatrecht beispielsweise, im Bürgerlichen Gesetzbuch, gibt es zwei Rechtsgrundsätze. „Wer etwas ohne rechtlichen Grund erhält, ist zur Herausgabe verpflichtet“ und: „Widerruf der Schenkung“. Ähnliche Rechtsgrundsätze gibt es wahrscheinlich in vielen Ländern. Die ganze Diskussion um die Krim-Annexion erledigt sich damit doch von selbst, und die Sanktionen entpuppen sich als Schnapsidee!

USA – so gut wie keine Folgen der Sanktionen

Oder gibt es andere Gründe? Das US-Handelsministerium berichtet für 2014 von US-Exporten nach Russland von 10.8 Mrd. USD. 2013 waren es 11.1 Mrd. USD. Ein Rückgang um 2.7% oder 300 Mio. USD. Russland-Sanktionen treffen Europa und Russland, aber nicht die USA. Das Sanktionsgefasel ist aber wohl nicht nur wirtschaftlich begründet: Ende 2013 – vor der Ukraine-Krise – war die USA wegen NSA-Spitzelarbeit out und fast schon unberührbar. Krim, Ukraine, kam gerade recht. Die USA ist wieder im Spiel und gefragt wie lange nicht. Und schliesslich ist ja mit Putins Russland wegen Edward Snowden noch eine Rechnung offen.

Georg Pröbstl ist nicht nur Autor bei schweizeraktien.net, sondern auch Chefredakteur des online Börsendienstes value-depesche.ch (ein kostenloses Probeabo kann hier bestellt werden).

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