Zermatt Bergbahnen: Rückläufiger Wintertourismus auch in Zermatt, starker Sommer dämpft Rückgänge – Weniger Dividende

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Die neue Sesselbahn Hirli nahm im Dezember 2015 den Betrieb auf. Quelle: Zermatt Bergbahnen AG
Die neue Sesselbahn Hirli nahm im Dezember 2015 den Betrieb auf. Quelle: Zermatt Bergbahnen AG

Die Zermatt Bergbahnen AG (ZBAG) mussten im Geschäftsjahr 2015/16 dem rückläufigen Trend in der Wintersportbranche Tribut zollen. So gingen die Gesamtumsätze im per 31. Mai 2016 beendeten Geschäftsjahr im Vorjahresvergleich um 1.4% auf 66.2 Mio. CHF zurück. Wie  VR-Präsident Hans Peter Julen im aktuellen Geschäftsbericht erklärt, verlief die Entwicklung des Wintergeschäfts nicht befriedigend. Während die Einnahmen aus dem Ausflugsverkehr um 11% zulegten, gingen die Einkünfte aus dem Skigeschäft um 4% zurück. Auch wenn die Rückgänge im Vergleich zu anderen Destinationen deutlich geringer ausgefallen sind, zeigen diese die Problematik der Schweizer Destinationen auf. Denn in vergleichbaren ausländischen Stationen in Österreich und Italien waren Julen zufolge keine solchen Rückgänge zu verzeichnen.

Belastend auf das Schweizer Wintersportgeschäft wirken sich der hohe Frankenkurs und das damit verbundene Hochpreisimage der Schweiz aus. Um dieser Problematik zu begegnen, arbeitet die Zermatt Bergbahnen unter anderem an einem Modell flexibler Preisgestaltung und an einem modernen Vertriebskonzept. Dessen Umsetzung werde schrittweise erfolgen. Als sehr wahrscheinlich erscheint ein Ausbau der digitalen Angebote, wie sich dies etwa die Weisse Arena auf die Fahne geschrieben hat. Reto Gurtner (CEO und VRP der Weissen Arena Gruppe) gilt als Pionier der Innovation im Bergtourismus und dürfte bei der Neugestaltung des Angebots (siehe Blog-Beitrag vom 7. September) wieder einmal die Nase vorne haben. Aber auch die Zermatt Bergbahnen betreiben einen aktiven Ausbau des digitalen Angebots. So wurden beispielsweise im letzten Winter Skipässe online zu leicht vergünstigten Konditionen angeboten.

Einnahmen aus dem Wintersport gehen um 4.3% zurück

Im Geschäftsjahr 2015/16 musste die ZBAG einen Rückgang der Einnahmen aus dem Wintersportgeschäft um 4.3% auf 47.9 Mio. CHF verbuchen. Noch deutlich stärker fielen mit minus 27.1% auf 1.3 Mio. CHF die allerdings für den Geschäftserfolg nur wenig relevanten Einnahmen des Freizeitgeschäfts. Weiterhin positiv entwickelten sich die Einkünfte aus dem Einzelreiseverkehr, die um 13% auf 13 Mio. CHF zulegten. In der Summe führte dies zu Verkehrserträgen von 61.8 Mio. CHF nach 62.9 Mio. CHF im Vorjahr. Flankiert wurden diese Umsätze noch durch die übrigen Betriebserträge in Höhe von 4.4 Mio. CHF, was gegenüber dem Vorjahr einem Plus von 0.2 Mio. CHF entspricht. Dieses basiert wiederum auf höheren Leistungen für Dritte. Da die ZBAG lediglich das Restaurant auf dem Kleinen Matterhorn selbst betreibt, besteht das Gros der Einkünfte aus den Verkehrserträgen. Nur zum Start der Wintersaison 2015/16 konnte die ZBAG dank des Schneemangels im gesamten Alpenraum mit Rekordfrequenzen im Dezember 2015 aufwarten. Die ungünstigen Witterungsbedingungen und die allgemein rückläufige Nachfrage im schweizerischen Wintersport führte dennoch zu einem Minus der Tageszutritte von 2% über den gesamten Winter.

Deutliche Verschiebungen beobachtete die Gesellschaft im internationalen Geschäft. So stiegen die Ersteintritte von Gästen aus Italien, die den Zermatter Teil des Gebiets besuchten, um 25.7% an. Besonders stark entwickelte sich der Dezember 2015 wegen der ungünstigen Schneeverhältnisse auf der italienischen Seite mit einem Plus von 94%. Gleichzeitig waren aber auch 9.6% weniger Gäste von Zermatt in Italien unterwegs. Dies untermauert den Trend rückläufiger Skifahrer in der Schweiz, während in Italien die Anzahl der Ersteintritte im vergangenen Winter sogar zulegen konnte.

ZBAG zahlt im Branchenvergleich die höchsten Löhne

Auf der Kostenseite schlugen sich die um 2.9% auf 22.2 Mio. CHF angestiegenen Personalkosten negativ nieder. Das Plus ist massgeblich auf die allgemeine Lohnerhöhung um 2% per 1. Januar 2015 zurückzuführen, die erstmalig für das Gesamtjahr verbucht wurde. Gemäss der Darstellung im Geschäftsbericht bezahlt die ZBAG zudem die mit Abstand höchsten Löhne im Branchenvergleich der Seilbahnen Schweiz. Der Sachaufwand legte wegen der höheren Marketingaufwendungen um 2% auf 13.5 Mio. CHF zu. Im Ergebnis führte dies zu einem Minus des Betriebsgewinns vor Abschreibungen (EBITDA) von 5.7% auf 30.5 Mio. CHF. Trotz der Gesamtinvestitionen von 29 Mio. CHF im Berichtsjahr fielen die Sachabschreibungen um 1.6 Mio. CHF auf 25 Mio. CHF. So resultierte ein Minus des EBIT von 0.2 Mio. CHF respektive 4% auf 5.5 Mio. CHF. Trotz eines leichten Anstiegs der verzinslichen Verbindlichkeiten um 2.2 Mio. CHF auf 115.2 Mio. CHF fiel der Finanzaufwand um 0.2 Mio. CHF auf 2.7 Mio. CHF. Unter dem Strich konnte so der Vorjahresgewinn von 1.9 Mio. CHF knapp gehalten werden. Dennoch erhalten die Aktionäre nur eine reduzierte Dividende von 3 CHF pro Aktie (Vorjahr: 4 CHF). Diese wird aus den Reserven für Kapitaleinlagen ausbezahlt und ist damit für Privatanleger mit schweizerischem Wohnsitz steuerfrei.

Erfreuliches Sommergeschäft 2016

Die ZBAG bezeichnet die Entwicklung des Sommergeschäfts 2016 trotz der ungünstigen Witterungsbedingungen im Mai und Juni als insgesamt erfreulich. Dank guter Frequenzen aus Asien konnten die wegbleibenden einheimischen Ausflugsgäste kompensiert werden. Trotz der weiterhin anhaltenden Währungskrise und unsicheren Wirtschaftsprognosen hält die ZBAG an der Investitionspolitik fest. Zu den wichtigsten Projekten des laufenden Geschäftsjahres gehört der Ersatz der Gondelbahn Gant-Blauherd durch eine 6er-Sesselbahn und die erste Bauetappe der 3S-Bahn Trockener Steg – Matterhorn Glacier Paradise. Die Eröffnung der neuen Bahn, die mit einem Investitonsvolumen von 50 Mio. CHF die bisher grösste Einzelinvestition der ZBAG darstellt, ist für Sommer 2018 geplant. Trotz der hohen Investitionssumme kann die Anlage gemäss vorsichtigen Berechnungen rentabel betrieben werden. In der mittelfristigen Planung bleibt die Bahnanlage Testa Grigia zum Matterhorn Paradise. Hierbei hat der VR der ZBAG das Angebot der Region Valle d’Aosta, sich am Bau der Bahn zu beteiligen, abgelehnt.

Die Geschäftszahlen der ZBAG fallen nicht nur angesichts des harzigen Umfelds positiv auf. Sehr positiv zu bewerten ist, dass die Gesellschaft aktiv aus einer Position der Stärke heraus nach Möglichkeiten sucht, die Ertragsrückgänge zu stoppen. Derzeit erfüllt die ZBAG trotz des Rückgangs der Umsätze und des Betriebsgewinns nach wie vor alle Anforderungen an einen erfolgreichen Bahnbetrieb problemlos. Nach wie vor übertreffen sämtliche Kennzahlen der Erfolgsrechnung den Branchenschnitt deutlich und reflektieren die hohe Ertragskraft. So kann das Unternehmen aus dem betrieblichen Cashflow die Erneuerung sämtlicher Anlagen in knapp 23 Jahren finanzieren, ohne auf die Aufnahme von Fremdmitteln angewiesen zu sein. Bei einer durchschnittlichen Betriebsdauer der Anlagen von 25 bis 30 Jahren ist es der Gesellschaft daher möglich, die notwendigen Erneuerungen aus eigenen Mitteln zu finanzieren. Sie ist auch in der Lage, das Grossprojekt der neuen Bahn Trockener Steg Matterhorn Glacier Paradise mit einem Investitionsvolumen von rund 50 Mio. CHF zu realisieren. Als eher nur durchschnittlich gut ist die Bilanz mit einer Eigenmittelquote von 37.5% anzusehen.

Die Aktien der ZBAG werden auf der ausserbörslichen Handelsplattform OTC-X der Berner Kantonalbank (BEKB) gehandelt. Die Gesellschaft verfügt über zwei verschiedene Aktienkategorien: Zum einen sind dies Namenaktien mit einem Nennwert von 50 Franken, zum anderen Inhaberpapiere mit demselben Nennwert. Beide Kategorien sind wirtschaftlich gleichgestellt. Die Namenaktien wurden letztmalig zu Kursen von 275 CHF gehandelt, während der letztbezahlte Kurs der Inhaberpapiere 270 CHF betrug. Beide Kategorien werden relativ selten gehandelt, was Investoren bei einem Anlageentscheid berücksichtigen sollten. Bei einem Kurs von 270 CHF verfügen die Titel über eine auch im aktuellen Tiefzinsumfeld wenig attraktive Rendite von 1.1%, die allerdings steuerfrei ist. Wenig aussagekräftig sind sowohl das Kurs/Buchwert-Verhältnis als auch das Kurs/Gewinn-Verhältnis wegen der verhältnismässig hohen Abschreibungen, die die ZBAG macht. Es ist daher zu vermuten, dass die Bilanz stille Reserven enthält.

Als Bewertungsmassstab herangezogen werden kann indessen das Kurs/Cashflow-Verhältnis. Bei einem Kurs von 270 CHF beträgt dieses auf der Basis der Zahlen 2015/16 durchschnittliche 6.2. Für einen fairen Wert am ehesten in Betracht kommt das EV/EBITDA-Verhältnis, welches für das abgelaufene Geschäftsjahr bei einem zumindest im Branchenvergleich eher hohen Wert von knapp 9 liegt. Für Anleger mit einem Interesse an Bergbahntiteln stellen die Aktien dennoch auch auf dem aktuellen Kursniveau eine valable Anlagemöglichkeit dar. Allerdings sind die Aktien nach einem Kursplus von knapp 30% in einem Jahr nicht mehr als unterbewertet zu bezeichnen.

Hinweis in eigener Sache: Mehr über die Zukunft des Schweizer Ferientourismus erfahren Sie im Branchentalk Tourismus am 25. Oktober 2016 auf dem Schiff MS Cirrus in Luzern. Programm und Anmeldung finden Sie hier.

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