CPH: Was macht eigentlich der grösste und einzige Papierproduzent der Schweiz?

Der Turnaround läuft.

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Seit 2016 geht es bei der CPH-Aktie wieder aufwärts. Chart: moneynet.ch

Viel zu hören oder zu lesen zur CPH-Aktie ist eigentlich nicht. Dabei hat die Aktie seit 2016 mit einer beachtlichen Performance von 170% beeindruckt. Was steckt dahinter? Vielleicht der Beginn eines nachhaltigen Turnarounds? Das Hoch von 2007 bei 197 CHF ist jedenfalls noch weit entfernt. Dass nur zwei Analysten die Aktie abdecken und auch das Interesse der Anlegermedien scheinbar gering ist, sind jedenfalls gute Gründe, um einmal genauer hinzuschauen. Und der tiefere Blick lohnt sich.

2018 feierte CPH das 200-jährige Bestehen! Mit der Chemiefabrik der Gebrüder Schnorf in Uetikon am Zürichsee begann die Geschichte des Unternehmens. 1881 folgte die Beteiligung an der Papierfabrik in Perlen. Ab den 1950er Jahren kam die Beschichtung von Papieren dazu, woraus sich dann der Verpackungsbereich entwickelte. Das sind noch heute die drei Geschäftsbereiche des Unternehmens – Papier, Chemie, Verpackung.

Familiengesellschaft in siebter Generation

Bereits 1899 wurde CPH in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und ging 2001 an die Schweizer Börse SIX. Mehrheitsaktionäre mit über 50% sind bis heute die Nachfahren der Gründer in der siebten Generation. 1971 war eine Holdingstruktur unter dem neuen Namen CPH Chemie + Papier Holding AG mit Sitz in Luzern etabliert worden, die nicht operativ tätig ist, sondern die Firmengruppe strategisch entwickelt. Im Fall CPH ist das auch keine Floskel, denn die Industrien, in denen die Unternehmensgruppe aktiv ist, sind schon längere Zeit von Schrumpfung beim Papier sowie Innovationsdruck und Wettbewerbsintensivierung in Chemie und Verpackung gekennzeichnet – also eine echte und auch fortwährende Herausforderung. Wie Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann anlässlich der 200-Jahr-Feier sagte, hat es die Gründerfamilie über sieben Generationen verstanden, die CPH-Gruppe ständig an neue Herausforderungen anzupassen.

Erstes Produkt: Schwefelsäure

So stand am Anfang die Schwefelsäure, die aus Pyritgestein gewonnen wurde, ein in der Textilindustrie damals nachgefragter Rohstoff. Erst 2012 wurde die Produktion eingestellt. Doch andere Produkte wie Kupfervitriol, Soda, Packpapier oder Dünger weisen eine nicht ganz so lange Produktionshistorie auf, dafür kamen neue und zunehmend innovative Produkte hinzu. Dazu zählen Monofolien, Arzneimittelverpackungen, Chromatographie-Gele und Molekularsiebe.

Verdrängungswettbewerb in der Papierindustrie

Nach dem Aktienhoch von 2007 war der Geschäftsgang hauptsächlich von dem kontinuierlichen Nachfragerückgang bei Papier, dem wichtigsten Geschäftsbereich von CPH, gekennzeichnet. Sowohl Zeitungen als auch Magazine verloren durch die stetig wachsende Bedeutung digitaler und weitgehend kostenloser Informationsangebote ihre Leser. Die Verlagsbranche verlor an Bedeutung, was sich auch in deren Aktienkursen wie bei Tamedia oder NZZ zeigt. Die Folge dieser Entwicklung war, dass ein Überangebot die Papierpreise stark unter Druck brachte, auch weil sich viele Papierhersteller nur zögerlich an die neuen Marktbedingungen anpassten. Von ehemals 23 europäischen Herstellern sind heute nur noch 10 aktiv, darunter die CPH-Tochter Perlen Papier.

Überleben durch Innovationen

Durch die Übernahme der Altpapieranlage in Utzensdorf ist CPH zum grössten Receyclingsunternehmen der Schweiz geworden. Bild: www.cph.ch

Anstatt nichts zu tun und auf bessere Zeiten zu hoffen, wie andere Anbieter, investierte CPH, um aus dem Verdrängungswettbewerb als Kostenführer hervorzugehen und auch im Hinblick auf die stetig steigenden Anforderungen einer umweltgerechten Produktion die Top-Position einzunehmen. Heute ist die Papierproduktion CO2-neutral, auch dadurch, dass CPH durch Übernahme von APS Utzensdorf zum grössten Altpapierrecycling-Unternehmen der Schweiz geworden ist.

Konsolidierungsstrategie

Zwischenzeitlich zeigt sich deutlich, dass die von CPH im Papierbereich verfolgte Strategie auch zum Erfolg geführt hat. Die Tochter Perlen ist nun der einzige Anbieter von Zeitungspapier in der Schweiz. Durch Konkurse und Betriebseinstellungen hat sich zudem der Angebotsüberhang in einen beginnenden Nachfrageüberhang gewandelt, und die Papierpreise haben seit 2017 wieder deutlich angezogen. 2018 stieg der CPH-Umsatz im Papierbereich um kräftige 14% auf 301 Mio. CHF, wobei die Produktion um 1,3% auf 543 554 Tonnen zunahm. Das Wachstum speist sich überwiegend aus Preissteigerungen. Die EBIT-Marge ist ebenfalls deutlich auf 10% angestiegen. Ein wesentlicher Grund ist, dass nun 80% des Inputs aus recyceltem Schweizer Altpapier besteht, was die Transport- und Einkaufskosten für Importe, gegenüber den Vorjahren, signifikant verringert.

Unangefochtene Top-Position in der Schweiz

Die Position ist kaum angreifbar, denn CPH verfügt mit der seit 2010 in Betrieb befindlichen PM7 über die effizienteste und modernste Papiermaschine in Westeuropa. CPH ist auch nach ökologischen Kriterien der herausragende Vertreter in der europäischen Papierindustrie. Das hat Auswirkungen auf die Zahlen, denn die CO2-Abgaben sind in der Industrie Kosten mit steigender Tendenz, nicht aber für CPH. Der Papiermarkt bleibt jedoch schwierig, denn der Verdrängungswettbewerb setzt sich fort. Zudem ist ein weiterer Rückgang der Nachfrage von rund 7% in 2019 zu erwarten. Die CPH-Tochter Perlen ist dafür jedoch gewappnet und will sowohl ihre klare Top-Position in der Schweiz als auch ihre wiedererlangte hohe Profitabilität halten. 21% des Spartenumsatzes entfällt auf die Schweiz, 77% auf den Rest Europas. Die Konkurrenten kommen vor allem aus Skandinavien: UPM-Kymmene, Stora Enso u.a.

Diversifikationsstrategie

Der Papierbereich macht heute noch den grössten Umsatzanteil aus. Abb.: www.cph.ch

Der Anteil der Papiersparte am Gesamtumsatz von 533,5 Mio. CHF in 2018 beträgt noch 56%. Das strategische Ziel von CPH lautet, die Umsätze der Sparten Chemie und Verpackung mittelfristig weiter von zusammen 44% auf 50% zu erhöhen. Noch 2013 waren es lediglich 36% gewesen, während auf Papier 64% entfallen waren. Weitere strategische Langfristziele sind die Erhöhung der Umsätze in den Wachstumsmärkten ausserhalb Europas, die seit 2013 von 16% auf 22% gesteigert wurden, sowie die Reduzierung der Kosten auf CHF-Basis. Der Anteil der Kosten, die in CHF anfallen, wurde in den letzten fünf Jahren von 70% auf nur noch 40% zurückgeführt, hauptsächlich durch Kapazitätsaufbau und Übernahmen in China, Brasilien und Bosnien-Herzegowina.

Verpackung: Perlen Packaging

Der Verpackungsbereich, Perlen Packaging, ist inzwischen ganz auf sogenannte Blister-Verpackungen für die Pharmaindustrie konzentriert. Weltweit nimmt CPH Rang 3 ein. 2018 nahm der Umsatz um 17,5% auf 153 Mio. CHF zu, wobei die 60%-Übernahme des brasilianischen Vertriebspartners Sekoya daran auch einen Anteil hatte. Der Marktanteil in Brasilien, dem sechstgrössten Markt der Welt, beträgt nun 13%. Mittels einer Call-Option mit fünf Jahren Laufzeit kann CPH bei Sekoya auf 100% aufstocken. Während die Wachstumsraten für Blisterverpackungen in Europa auf 4% geschätzt werden, dürften in Asien und Lateinamerika doppelt so hohe Zuwachsraten erreicht werden. In Brasilien wird 2019 ein Wachstum von 20% angestrebt.

Pharmaindustrie im Visier

Die Pharmaindustrie gehört zu den wichtigsten Kunden der CPH im Verpackungsbereich. Bild: www.cph.ch

CPH will die schon starke Marktstellung durch Innovationen weiter verbessern. Im Bereich der beschichteten Barrierefolien für Blisterverpackungen nimmt Perlen Packaging weltweit Rang 3 ein. Eines der Ziele der CPH-Strategie ist es, in den definierten Zielmärkten eine der Top-3-Positionen einzunehmen. Das Produkt „BLISTair“ gewann den „Worldstar Packaging Award“. Der von der CPH-Tochter entwickelte erste Einweg-Pulverinhalator für Einzeldosen gewann sogar vier Innovationspreise. Die Produktion wurde verstärkt nach China verlagert, was die Kosten senkte und zugleich dazu beiträgt, die Wettbewerbsposition im Wachstumsmarkt Fernost zu befestigen. Die EBIT-Marge lag 2018 bei 10,1%, nach kontinuierlichen Steigerungen in den Vorjahren. Auf die Schweiz entfallen 5% der Umsätze, 60% auf Europa (ohne Schweiz), der Rest verteilt sich zur Hälfte auf Asien und Süd- und Nordamerika.

Chemie-Spezialist Zeochem

Der Chemie-Bereich tritt seit 2018 einheitlich unter dem Namen Zeochem auf. Nach abgeschlossener Restrukturierung steuerte die Sparte 2018 um 5,3% gesteigerte 79.4 Mio. CHF zum Umsatz bei. Damit entfallen 14,9% des Umsatzkuchens auf die Chemie, die einstige Keimzelle des Unternehmens. Die heutige Produktpalette hat jedoch nur wenig mit den traditionellen Schwerpunkten gemein. Das zeigt sich schon daran, dass 6 der 10 Produktionsstätten neu sind. Ein Grossteil der Produktion ist nicht zuletzt aus Kostengründen aus der Schweiz nach China und Bosnien Herzegowina verlagert worden.

Wachstumsmarkt Molekularsiebe

Schon der Name Zeochem signalisiert die Spezialisierung auf Silikatchemie für industrielle Anwendungen. Zeolithen, auch Molekularsiebe genannt, weisen eine poröse Struktur auf, die Wasser und sonstige Moleküle absorbieren. Wachsende Anwendung finden die Zeolithe in der Erdgasproduktion. Propan, Butan usw. werden purifiziert. In Stahl- und Chemiewerken wird Feuchte und Stickstoff entzogen, um so den benötigten hochreinen Sauerstoff zu erhalten. Das ist auch der Grund für den wachsenden Einsatz in der Medizin, eine weitere Abnehmergruppe. Für die Pharmaindustrie werden weiterhin, ebenfalls für Purifikationsprozesse, Chromatographie Gele geliefert, die u.a. in der Insulinproduktion zum Einsatz kommen. Zeochem produziert in China, den USA, Bosnien Herzegowina sowie nach der Schliessung des Werks in Uetikon 2018 am neuen Standort in der Schweiz, Rüti. Der Weltmarkt für Zeolithe wird auf über 700 Mio. USD geschätzt und ist stark fragmentiert. Mit einem Marktanteil von rund 10% ist Zeochem einer der Top-Player und nimmt einen starken dritten Rang ein. Wettbewerber sind u.a. WR Grace, UOP, BASF sowie chinesische Unternehmen; Kunden sind u.a. Linde, Ford, DowDupont und Fresenius.

Expansionschance: deuterierte Produkte

Während über 80% der Zeochem-Umsätze auf Molekularsiebe entfallen, steuern die Chromatographie-Gele sowie sogenannte „deuterierte“ Produkte den Rest bei. Letztere sind Reagenzien für die Pharma- und Elektronikindustrie. Deuteriumatome können Wasserstoffatome ersetzen – und das dann erhaltene „schwere“ Wasser weist andere physikalische Eigenschaften auf, beispielsweise eine verzögerte Absorption von Wirkstoffen, wie in der Medizin erwünscht, oder eine längere Lebensdauer von OLED-Bildschirmen. Deuterium ist nicht radioaktiv, doch das schwere Wasser ist eine Voraussetzung zur Anreicherung von radioaktiven Elementen. Deshalb ist die Produktion streng überwacht und in Rüti angesiedelt. Da schon der langjährige Vertriebspartner und Produzent von deuterierten Produkten, Armar, übernommen wurde, sind weitere komplementäre Zukäufe in diesem Nischenmarkt mit hohem Wachstumspotenzial nicht unwahrscheinlich. Die organischen Wachstumsraten in der Chemie Division betragen rund 5%, die EBIT-Marge lag 2018 bei 7,7% und dürfte angesichts der seit 2018 optimierten Produktion im Bereich von 8% bleiben.

Zahlen und Erfolge

Zwischen 2014 und 2017 wurde die Restrukturierung umfassend umgesetzt und abgeschlossen. Die definierten Ziele wurden erreicht, namentlich die Erhöhung der aussereuropäischen Umsätze, die Verlagerung von weiten Teilen der Produktion in kostengünstige Länder sowie die Steigerung von Umsatz und Gewinn in den Sparten Chemie und Verpackung, um die Abhängigkeit vom Papiergeschäft sukzessive zu reduzieren. Dies resultierte 2018 in einer Profitabilität, die alle Jahre seit dem IPO 2001 übertraf. Die EBITDA-Marge erreichte den Rekordwert von 15,6%, die Eigenkapitalrendite stieg auf 10,4% und die Nettogewinn-Marge betrug 7,9%. Vor diesem Hintergrund wurde die Dividende von zuletzt 0.65 CHF je Aktie für 2018 auf 1.80 CHF erhöht, wenngleich 0.50 CHF davon eine einmalige Jubiläumsdividende repräsentieren. Der Gewinn je Aktie belief sich auf 7.05 CHF. Die Pay-out-Ratio liegt mit 25,5% am unteren Ende des Zielbandes von 25% bis 50%.

Bewertung

Auf dem aktuellen Kursniveau errechnet sich somit ein KGV (2018) von 12, ein KUV von 0.9 und ein EV/EBITDA Verhältnis von 7.5. Im gewichteten Vergleich mit börsenkotierten Peer-Groups in den drei Geschäftsfeldern erscheint CPH zwar nach EV/EBITDA und KGV durchschnittlich bewertet, nach KUV jedoch unterbewertet. Es lässt sich auch argumentieren, dass die strategische Stellung in allen drei Geschäftsbereichen eine Bewertungsprämie verdient, denn viele der jeweiligen Wettbewerber weisen eindeutig den Charakter von Commodity-Produzenten auf. Spezialisierte Konkurrenten wie West Pharmaceutical Services wird jedoch eine wesentlich höhere Bewertung zugestanden.

Ausblick

Nach der stürmischen Preisentwicklung im Papiermarkt in den letzten beiden Jahren ist kurzfristig eher von einer stagnierenden oder leicht rückläufigen Entwicklung auszugehen. Doch CPH hat die Gewinnschwelle durch die erzielten Kostensenkungen deutlich abgesenkt. Das heisst, dass selbst bei Preisrückgängen immer noch eine hohe Rendite auf das eingesetzte Kapital erzielt wird und die Profitabilität der CPH-Gruppe aufgrund des Wachstums und der hohen Margen in den beiden anderen Sparten nicht wirklich leiden wird, sondern im Rahmen der Schwankungen, wie sie in zyklischen Industrien üblich sind, eben etwas tiefer ausfallen können. Genauso gut ist aber möglich, dass trotz schrumpfender Papiernachfrage ein Nachfrageüberhang entsteht, da Kapazitätsanpassungen der verbliebenen Wettbewerber das Angebot verringern. Eher konservativ erwartet das Unternehmen trotz dem guten Start ins Jahr einen gehaltenen Umsatz und eine leicht rückläufige EBIT-Marge.

In den Divisionen Chemie und Verpackung wurde die Kostenbasis durch die Produktionsverlagerungen signifikant reduziert, was sich in bisher noch nicht sichtbaren weiteren Margenausweitungen niederschlagen kann. Die hohen Free Cashflows erlauben neben den Investitionen in Kapazitätsausweitungen und Effizienzsteigerungen auch eine Reduzierung der Verschuldung, was sich positiv auf die Gewinnschwelle auswirkt. Nicht zuletzt sind auch zusätzliche Akquisitionen möglich, wenn nicht wahrscheinlich, die das Wachstum beschleunigen und Synergiepotenziale bringen können. Ausserordentliche Gewinne sind durch weitere Immobilienverkäufe möglich.

Fazit

Das Management um Peter Schildknecht hat eine beeindruckende Arbeit geleistet und CPH äusserst umsichtig in den drei Geschäftsbereichen positioniert. Die Summe der Einzelteile fällt höher aus als die derzeitige Börsenbewertung, wobei trotz Kurserholung immer noch ein kräftiger Konglomeratsabschlag festzustellen ist. Orientiert man sich jedoch an den Finanzkennzahlen und Wachstumsraten, so überwiegen auf der aktuellen Kursbasis die Chancen die Risiken. Es ist auch nicht auszuschliessen, dass mehr Investoren, Analysten und Anlagemedien auf den geglückten Turnaround bei CPH aufmerksam werden.

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