
Das Geschäftsjahr 2024 lief gut für den grössten Schweizer Baukonzern Implenia. Die EBIT-Marge erhöhte sich, die Dividende soll um 50% auf 90 Rappen angehoben werden. Durch die Spezialisierung auf die «Hot-Spots» Infrastruktur, Arealentwicklung, Tunnelprojekte und Datenzentren trifft Implenia auf wachsende Nachfrage. Die Perspektiven für weitere Gewinnsteigerungen verbessern sich.
Die Bauwirtschaft ist eine Welt für sich. In weiten Teilen ist das Geschäft extrem zyklisch – wie im Haus- und Wohnungsbau. Zinsniveau und Investitionsneigung sind hier die wichtigsten Faktoren. In anderen Bereichen sind öffentliche Körperschaften die grössten Auftraggeber. Ein Beispiel sind grosse Tunnelprojekte in Europa wie der zweite Gotthard-Strassentunnel, der Brenner-Basistunnel und das Projekt Rogfast in Norwegen. Im Tunnelbau wie bei den genannten Grossprojekten ist Implenia in ganz Europa Marktführer, konzentriert sich jedoch bei den sonstigen Aktivitäten wie Arealentwicklung sowie Hoch- und Tiefbau auf die Kernmärkte Schweiz und Deutschland.
Finanzkennzahlen verbessert
Gerade wurde der Jahresabschluss 2024 publiziert. Wenn auch der Umsatz in CHF um 1% auf 3.56 Mrd. CHF fiel und währungsbereinigt um 0,1% stieg, so zeigen doch die meisten relevanten Kennzahlen einen klaren Trend nach oben. Das operative Ergebnis legte um 6,4% auf 130.5 Mio. CHF zu. Die EBIT-Marge kletterte dadurch von 3,4% auf 3,7%. Die Eigenkapitalquote verbesserte sich von 19,8% auf 21,2%. Wegen diversen Sondereffekten hatte der Reingewinn im Vorjahr die Rekordhöhe von 141.8 Mio. CHF erreicht. 2024 ging der ausgewiesene Gewinn jedoch auf 93.4 Mio. CHF zurück. Der Dividendenvorschlag sieht dennoch eine Erhöhung um 30 Rappen auf 90 Rappen vor. Und trotzdem bleibt die Ausschüttungsquote mit 17,9% noch vergleichsweise gering. Der Gewinn je Aktie beträgt 5.04 CHF.
Pure Play
Die in diesem Schritt zum Ausdruck kommende Zuversicht ist gut begründet. So erfreulich zwar die positiven Steuereffekte aus der Aktivierung von Verlustvorträgen in den letzten Jahresabschlüssen waren, für die weiteren Aussichten auf Kursgewinne mit der Aktie ist die operative Entwicklung entscheidend. Nicht zuletzt aus diesem Grund ist die weitere Entflechtung zwischen Implenia und dem ebenfalls börsenkotierten Implenia Spin-off Ina Invest zu begrüssen. schweizeraktien.net hatte 2020 über die Transaktion berichtet. Am 28. Februar wurde nun der Fusionsvertrag von den Verwaltungsräten von Cham Group und Ina Invest unterzeichnet. Nach Zustimmung der Aktionäre an den beiden Generalversammlungen am 31. März wird dann der Handel von Cham Swiss Properties voraussichtlich am 9. April an der SIX aufgenommen. (She. auch Beitrag von schweizeraktien.net vom 2.3.25.)
Entflechtung schafft Transparenz
Im Rahmen der Fusion von Ina Invest mit der Cham Group, deren Aktien bislang ausserbörslich auf OTC-X gehandelt werden, wird Implenia zukünftig mit ca. 15% am Aktienkapital von Cham Swiss Properties beteiligt sein. Deren Market Cap dürfte bei 1.6 Mrd. CHF liegen. Der bisherige, etwas unübliche Outsourcing-Vertrag zwischen Implenia und Ina Invest wurde aufgelöst. Als Kompensation erhielt Implenia 2024 eine Einmalzahlung von 16.4 Mio. CHF. Implenia erbringt zukünftig Services, die branchenüblich abgerechnet werden. Die somit deutlich verbesserte Transparenz wird dem Interesse der Investoren an Implenia bestimmt nicht schaden. Das sehr vorteilhafte Profil des Bau-Unternehmens gewinnt jedenfalls deutlich an Konturen.
Strategisch gute Positionierung
Mit dem Blick nach vorne erscheint Implenia klar fokussiert auf Marktsegmente und Regionen, in denen eine starke Wettbewerbsposition eingenommen wird. Angesichts des Auftragsbestandes von 6.8 Mrd. CHF kann Implenia wählerisch bleiben. Im Segment Tunnelbau sind vor allem bei Grossprojekten nur beschränkt Wettbewerber auszumachen, die Margen sind daher überdurchschnittlich. Zu den Spezialitäten zählen aber auch Daten- und Rechenzentren der neuesten Generation. Die Anforderungen in dieser hoch-energetischen Umgebung sind insbesondere mit Blick auf die Sicherheit von Gebäude und Betrieb hoch.
Wachstumstreiber Elektrifizierung
Implenia hat sich erfolgreich im Nexus der Mega-Trends Urbanisierung, Energiewende und Investitionen in Elektrifizierung sowie neue Verkehrs- und Energieinfrastrukturen positioniert. Der Elektrizitätsbedarf in Europa wird jährlich um mindestens 4% wachsen, wahrscheinlich höher. Denn die neu entstehenden Daten- und Rechenzentren verbrauchen Unmengen an Strom.
Mehr Kraftwerke
Für die KI-gestützte Datenwirtschaft und die breite Elektrifizierung braucht es daher auch neue Kraftwerke. Deren Bau ist oft komplex und findet nicht selten an herausfordernden Orten und unter schwierigen Bedingungen statt. Kraftwerksbau ist eine weitere Spezialität von Implenia. Die über 100-jährige Expertise im Tunnelbau kommt dem Unternehmen dabei zugute.
Lean Management
Zur Verschlankung der Organisation und Schärfung der Geschäftsstrategie werden ab 1. April 2025 die bestehenden vier Divisionen auf drei verkleinert. Das Executive Committee wird dadurch um ein Mitglied auf sieben verringert. Ebenfalls zum 1. April wird Jens Vollmar CEO der Implenia Gruppe. Er hat bislang die Division Buildings geleitet. Die formulierten Finanz-Ziele sind ambitioniert, aber sehr realistisch. Geplant ist die mittelfristige Steigerung der EBIT-Marge auf 4,5% sowie eine weitere Stärkung der Bilanz. Die Eigenkapitalquote soll auf 25% angehoben werden. Für 2025 ist das Ziel für das EBIT 140 Mio. CHF.

Aktienkursverlauf und Bewertung
Die Aktie ist nach langer Seitwärtsbewegung auf tiefem Niveau seit Mitte Januar vom Tief bei 29 CHF auf in der Spitze fast 39 CHF angestiegen. Der Jahresabschluss wurde erst am 26. Februar veröffentlicht. Danach verlor der Kurs auf 36.50 CHF. Das KGV 2024 liegt somit bei 7.2, was die Aktie vergleichsweise günstig erscheinen lässt – sowohl in Relation zum Gesamtmarkt und dessen Perspektiven für die weitere Entwicklung der Unternehmensgewinne als auch in Relation zu anderen Branchenvertretern. Die Dividendenrendite liegt bei 2,4% – und erscheint steigerungsfähig auf mittlere Sicht.
Fazit
Die Market Cap von Implenia ist auf 678 Mio. CHF angestiegen. Daraus errechnet sich ein KUV von lediglich 0.19! Die bevorstehende Kurs-Marke von 40 CHF hat die Implenia-Aktie erstmals Anfang 2013 überwunden. 2018 fiel der Kurs wieder unter 40 CHF und oszilliert seitdem zwischen 18 CHF und kurzzeitig 47 CHF Mitte 2023. Der Zeitraum ab 2018 war tatsächlich von widrigen Marktbedingungen gekennzeichnet. Konjunkturschwächen, die Pandemie, der Krieg in der Ukraine und im Nahen Osten, zeitweilig hohe Inflation und ein höheres Zinsniveau. Dazu kommt, dass die verständliche Unsicherheit der Akteure einerseits und die hohe Verschuldung der Staaten andererseits kein Marktwachstum erlaubten.
Doch jetzt scheint sich die Erkenntnis in Europa durchzusetzen, dass nur entschlossene Investitionen in Industrie, Elektrifizierung, Energie, Infrastruktur, Verteidigung und innovative Technologien die europäische Wirtschaft wieder nach vorne bringen können. Das geht nicht ohne massive Investitionen in genau den Bereichen, für die Implenia nicht nur eine lange und eindrucksvolle Referenzliste vorweisen kann, sondern in denen auch oft eine starke Wettbewerbsposition eingenommen wird. Die ermöglicht sowohl «Cherry-Picking» als auch nachhaltig komfortable Margen. Unter dem starken Druck von Wählern und Wirtschaft ist mit einer neuen Investitionsinitiative staatlicher Körperschaften zu rechnen. Bau-Aktien könnten vor diesem Hintergrund bestenfalls vor einer Neubewertung an der Börse stehen. Die Potenziale könnten sich als enorm erweisen, nicht zuletzt, weil Bau-Titel lange Zeit ein Schattendasein an der Börse gespielt haben. Das könnte sich nun ändern, und Implenia ist die Qualitätsaktie, die langfristig orientierten Anlegern ins Auge stechen muss.