Aktienkapital in Fremdwährung – eine erste Bilanz nach zweieinhalb Jahren

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Aktienkapital kann in der Schweiz auch in vier Fremdwährungen ausgegeben werden. Doch wird dies auch genutzt? Bild: stock.adobe.com

Seit dem 1. Januar 2023 dürfen Schweizer Aktiengesellschaften ihr Aktienkapital in einer anerkannten Fremdwährung führen – ein Paradigmenwechsel im Schweizer Gesellschaftsrecht. Zweieinhalb Jahre nach Inkrafttreten dieser Neuerung lohnt sich eine erste Bilanz: Wie wurde die Möglichkeit genutzt? Welche Vorteile bietet sie? Und welche Unternehmen machen davon Gebrauch? Die Aktienrechtsexperten der LegalTech-Plattform Konsento haben sämtliche im Handelsregister eingetragenen Aktiengesellschaften mit Kapital in Fremdwährung ausgewertet. Die Analyse basiert auf den öffentlich zugänglichen Registerdaten von über 227’000 aktiven Schweizer AGs und liefert ein erstes fundiertes Fazit zweieinhalb Jahre nach Einführung der gesetzlichen Neuerung.

Politische Entstehungsgeschichte und gesetzgeberische Ziele

Die Einführung der Denominierung des Aktienkapitals in einer Fremdwährung war Teil der grossen Aktienrechtsrevision, die am 1. Januar 2023 in Kraft trat. Der Gesetzgeber reagierte damit auf die Bedürfnisse international tätiger Unternehmen und beseitigte eine lange bestehende Inkohärenz: Bis dahin war es zwar möglich, die Buchhaltung in einer sogenannten funktionalen Fremdwährung zu führen, das Aktienkapital sowie Reserven und Ausschüttungen mussten aber zwingend in Schweizer Franken (CHF) angegeben werden.

Diese Diskrepanz zwischen betriebswirtschaftlicher Realität und rechtlicher Form wurde durch die Reform aufgehoben. Seit zweieinhalb Jahren kann das Aktienkapital auch in USD, EUR, GBP oder JPY geführt werden – sofern diese Währung für die Geschäftstätigkeit wesentlich ist und frei konvertierbar bleibt. Die Buchführung muss in derselben Währung erfolgen, und das Mindestkapital muss den Gegenwert von CHF 100’000 erreichen. Die Gesetzesänderung wurde in der Vernehmlassung breit begrüsst, obwohl der Schutz der Gläubiger vereinzelt als potenzielles Risiko thematisiert wurde.

Ziel war es, den Schweizer Standort attraktiver zu machen, die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und Doppelspurigkeiten in der Rechnungslegung zu vermeiden.

Wirtschaftliche Zielsetzung und betriebswirtschaftliche Vorteile

Die Einführung des Aktienkapitals in einer Fremdwährung bringt eine Reihe konkreter Vorteile für international agierende Unternehmen mit sich. Besonders hervorzuheben ist die Möglichkeit, sämtliche finanzielle Berichterstattung – von der internen Steuerung bis zur externen Kommunikation – in derselben Währung vorzunehmen. Dies vermeidet Umrechnungsdifferenzen, die früher häufig zu einer verzerrten Darstellung der finanziellen Lage führten. So konnte es vorkommen, dass ein Unternehmen in seiner funktionalen Währung einen operativen Gewinn erwirtschaftete, dieser jedoch aufgrund von Wechselkursverlusten in der CHF-Bilanz als Verlust erschien.

Durch die durchgehende Währungskongruenz werden solche Effekte eliminiert. Eigenkapital, Erfolgsrechnung und Steuerbilanz stimmen überein, was die Transparenz gegenüber Investoren, Behörden und Konzernzentralen erhöht. Gleichzeitig entfällt das Risiko, dass ein Unternehmen infolge von Wechselkursschwankungen buchhalterisch unter die Mindestkapitalgrenze rutscht – ein Punkt, der insbesondere bei starkem Franken an Bedeutung gewonnen hatte.

Auch operative Prozesse wie Kapitalerhöhungen oder Dividendenausschüttungen werden durch die neue Regelung vereinfacht. Werden diese in der jeweiligen Fremdwährung vorgenommen, entfällt die Notwendigkeit, zusätzliche Umrechnungen oder Absicherungen vorzunehmen. Dies erleichtert insbesondere die Kommunikation mit ausländischen Investoren, für die sich nun kein Währungsrisiko mehr aus der Grundkapitalstruktur ergibt.

Wann lohnt sich Fremdwährungs-Kapital besonders?

Die Entscheidung, das Aktienkapital in einer Fremdwährung zu führen, ist strategisch und will wohlüberlegt sein. Besonders lohnend ist sie für Unternehmen, deren operative Realität stark auf eine bestimmte Währung ausgerichtet ist. Ein Maschinenbauunternehmen mit grossem Exportanteil in den Euroraum oder ein Tech-Start-up mit mehrheitlich US-amerikanischen Kunden und Investoren profitiert erheblich davon, wenn das Kapital in EUR bzw. USD denominiert wird. Auch Glencore International AG mit Sitz in Baar führt sein Aktienkapital in USD – naheliegend für einen global tätigen Rohstoffkonzern, dessen Handels-, Beschaffungs- und Absatzmärkte grösstenteils in US-Dollar abgewickelt werden.

Die Schweizer Tochter von Unilever hat sich für ein Grundkapital in EUR entschieden – eine logische Wahl für einen europäischen Konsumgüterkonzern mit starker Integration in EU-Märkten und Euro-basierten Konzernvorgaben.

Garmin Ltd., mit operativer Ausrichtung auf den US-Markt und einem Konzernsitz in den USA, spiegelt diese Realität in seiner Schweizer Kapitalstruktur durch die Wahl des US-Dollars als Kapitalwährung wider.

Die Berichterstattung bildet dann die wirtschaftliche Realität ab – unabhängig von temporären Schwankungen des Wechselkurses zum Franken.

Auch makroökonomische Rahmenbedingungen spielen eine Rolle. Währungen mit stabiler Kaufkraft, ausgeglichenem Zinsniveau und liquiden Kapitalmärkten bieten grössere Planungssicherheit. Deshalb hat der Bundesrat bewusst nur vier international anerkannte Währungen für die Kapitalführung zugelassen. In der Praxis zeigt sich: Wo operative Umgebung, Währungsstabilität und unternehmerische Strategie übereinstimmen, stellt die Führung des Aktienkapitals in Fremdwährung eine effektive Massnahme zur Vereinfachung und Risikoreduktion dar.

Wer nutzt die Möglichkeit? Ein Blick ins Handelsregister

Trotz der klaren Vorteile wird die neue Möglichkeit bislang nur vereinzelt genutzt. Eine Auswertung per 30. Juni 2025 zeigt: Von rund 227’000 Schweizer Aktiengesellschaften führen lediglich 198 ihr Aktienkapital in einer Fremdwährung. Damit machen nur rund 0,09 % der rund 227’000 im Handelsregister eingetragenen AGs von dieser Möglichkeit Gebrauch.

Davon haben sich 117 Gesellschaften für den Euro und 81 für den US-Dollar entschieden. Weder das britische Pfund noch der japanische Yen wurden bisher als Kapitalwährung gewählt.

Die geringe Fallzahl deutet jedoch nicht auf mangelnde Relevanz hin – vielmehr handelt es sich um eine gezielt eingesetzte Option für spezifische Anwendungsfälle. Die betroffenen Unternehmen weisen meist einen sehr breiten, international ausgerichteten Gesellschaftszweck auf. Besonders häufig sind Holding- und Beteiligungsgesellschaften, Finanz- und Treasury-Einheiten internationaler Konzerne sowie Management- und Dienstleistungsvehikel vertreten. Auch einige spezialisierte Handels- oder Technologieunternehmen finden sich unter den Nutzern.

Die Statuten dieser Gesellschaften lassen meist grenzüberschreitende Tätigkeiten zu, betonen die Verwaltung von Beteiligungen, geistigem Eigentum oder konzerninternen Finanzflüssen und sind auf maximale Flexibilität ausgelegt. Die Nutzung der Fremdwährungsoption ist hier kein Selbstzweck, sondern integraler Bestandteil einer durchdachten Konzernstruktur.

Mehrfachnennungen infolge weit gefasster statutarischer Gesellschaftszwecke; Illustration Konsento

Standortwahl: Wo diese Gesellschaften domiziliert sind

Geografisch konzentrieren sich diese Gesellschaften stark auf wenige Standorte. Der Kanton Zug führt mit grossem Abstand: 91 der 198 Gesellschaften sind hier registriert, insbesondere in der Stadt Zug und der Gemeinde Baar. Dahinter folgen Luzern (23), Zürich (20), Genf (19) und Waadt (11). Diese Standortwahl ist kein Zufall, da die genannten Kantone eine hohe internationale Ausrichtung aufweisen und Sitzkanton zahlreicher international tätiger Holding- und Konzernstrukturen sind.

Die Nutzung der Fremdwährungs-Kapitalführung zeigt sich damit als gezielte Strategie international ausgerichteter Unternehmen, die ihre Schweizer Präsenz effizient, transparent und steuerlich optimiert gestalten wollen.

Verteilung der Sitzkantone von Aktiengesellschaften mit Aktienkapital in USD oder EUR; Illustration Konsento

Fazit

Die Einführung der Möglichkeit, Aktienkapital in Fremdwährung zu führen, war ein wichtiger Schritt hin zu mehr Flexibilität und Praxisnähe im Schweizer Aktienrecht. Zwar bleibt die Anwendung auf ausgewählte Fälle beschränkt, doch die Analyse zeigt klar: Überall dort, wo Geschäftstätigkeit, Finanzstruktur und Konzernumfeld auf eine Fremdwährung ausgerichtet sind, bringt die Denomination in USD oder EUR erhebliche Vorteile. Die Schweiz hat mit der Reform von 2023 ein modernes und wirtschaftsnahes Instrument geschaffen, das internationale Unternehmen in ihrer Strukturierung unterstützt – und das Potenzial hat, weiter an Bedeutung zu gewinnen.

Über Konsento

Konsento ist ein Schweizer LegalTech-Anbieter, der sich auf die digitale Umsetzung aktienrechtlicher Kernprozesse spezialisiert hat. Konsento ermöglicht die rechtskonforme Führung des Aktienregisters – wahlweise in CHF, EUR, USD, GBP oder JPY – sowie die vollständig digitale Durchführung von Kapitalerhöhungen und notarielle Beurkundungen im Rahmen von Generalversammlungen und Verwaltungsratssitzungen. Unternehmen, die ihr Aktienkapital in Zukunft in Fremdwährung führen möchten, profitieren bei Konsento von durchgängig digitalen Abläufen: von der Traktandierung über die Beschlussfassung bis zur Handelsregisteranmeldung. Gleiches gilt auch für alle anderen Corporate Actions-Beschlüsse. www.konsento.ch

 

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