Jungfraubahn Holding: Das Tourismusunternehmen im Berner Oberland fährt allen davon

Neue Mittelfristziele sollen im Janaur 2026 vorgestellt werden

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Die Aktien der Jungfraubahn weisen unter den Schweizer Bergbahn-Aktien in den letzten fünf Jahren mit einem Plus von 60% die beste Performance aus. Bild: schweizeraktien.net/jungfrau.ch

Nach seinen ersten 100 Tagen als CEO der Jungfraubahnen Gruppe trat Oliver Hammel vor die Medien. Er durfte das beste Halbjahresergebnis in der über 100-jährigen Geschichte des Bahn- und Tourismusunternehmens präsentieren. Der Umsatz stieg um 5,7% auf 149.9 Mio. CHF. Der Halbjahresgewinn erhöhte sich auf 37 Mio. CHF (+7,3%). Mit diesen Zahlen fährt das Unternehmen allen anderen in der Schweiz kotierten Tourismusunternehmen davon. Kein Wunder, möchte Hammel an der bewährten Strategie nichts ändern. Oder doch? Zumindest befinden sich die Mittelfristziele des Unternehmens derzeit in Überarbeitung. Spätestens am 8. Januar 2026 wollen Hammel und seine Kollegen an einem Investorenanlass informieren, ob und was sich an den Zielen geändert hat.

Bestes Ergebnis in der Geschichte

Der neue CEO der Jungfraubahn, Oliver Hammel (l.), präsenterte gemeinsam mit CFO Christoph Seiler die Halbjahreszahlen. Bild: schweizeraktien.net

Besonders erfreulich an dem Halbjahresergebnis ist die Tatsache, dass der Betriebsaufwand mit 5,3% weniger stark als der Umsatz anstieg. Dies führte zu einem rekordhohen EBITDA von 65.9 Mio. CHF. Wie Finanzchef Christoph Seiler anlässlich der Präsentation der Zahlen erläuterte, seien für den Anstieg des Betriebsaufwands vor allem höhere Personalaufwendungen (+6,9%) und höhere Kosten im Unterhalt verantwortlich. Bei den Personalkosten schlugen Lohnerhöhungen und 40 zusätzliche Stellen zu Buche. Die EBITDA-Marge erreichte dennoch hohe 43,9%.

2,6% mehr Gäste auf dem Jungfraujoch

Allein mit den Ausflügen auf das Jungfraujoch erzielte die Tourismusgruppe im 1. Halbjahr 2025 einen Nettoumsatz von 88.4 Mio. CHF (+5,4%). Insgesamt besuchten 472’700 Personen (+2,6%) das als «Top of Europe» vermarktete Reiseziel. Pro Gast wurde ein Durchschnittsertrag von 187 CHF erzielt, eine leichte Steigerung gegenüber dem Vorjahr. Wie Oliver Hammel erklärte, kamen die Gäste vor allem aus den USA, Indien und Südkorea. Aber auch der chinesische Markt ziehe wieder etwas an, so Hammel, der selbst 15 Jahre lang in Asien gelebt und für den Handelskonzern DKSH im technischen Verkauf tätig war.

Erlebnisberge boomen

Zulegen konnte allerdings nicht nur das Segment Jungfraujoch, auch die Erlebnisberge, darunter der Harder in Interlaken und First in Grindelwald, legten mit einem Plus von 16,2% auf 25.8 Mio. CHF zu. Auch im Wintersportgeschäft stiegen die Umsätze um 8,0% auf 32.0 Mio. CHF. Während das EBITDA im Segment Jungfraujoch mit 34.2 Mio. CHF (+1,3%) nur leicht gesteigert werden konnte, schnellte das operativen Ergebnis bei den Erlebnisbergen (+19,5%) und im Wintersportgeschäft (+17,5%) kräftig nach oben. Mit 1.183 Mio. Skier Visits seien die Ersteintritte im Wintersport die zweitbesten der letzten zehn Jahre gewesen, so Hammel.

50 Mio. CHF Liquidität als Festgelder parkiert

Per Ende 2024 lagen die liquiden Mittel der Jungfraubahn Holding AG bei hohen 97.7 Mio. CHF. Im ersten Halbjahr flossen dem Unternehmen fast 60 Mio. CHF weitere flüssige Mittel zu, sodass sich die Geschäftsleitung entschied, 50 Mio. CHF in Form von Festgeldern anzulegen. 47 Mio. CHF wurden in kurzfristige Anlagen investiert, was in der Halbjahresbilanz zu einem Anstieg der sonstigen kurzfristigen Forderungen führte, 3 Mio. CHF in langfristige Festgelder. Christoph Seiler begründete die Umschichtung damit, dass die Mittel kurzfristig noch nicht für die anstehenden Investitionen benötigt würden und daher durch diese Anlage wenigstens ein – wenn auch minimaler – Zinsertrag erzielt werde. Die Eigenkapitalquote lag Ende Juni bei 77,5%.

Digitalisierung und Gästeerlebnis im Fokus

In den kommenden Jahren stehen bei der Jungfraubahn erhebliche Investitionen an, u.a. in die Erneuerung der Firstbahn, den Bau der Solaranlage Hintisberg und weiteren. Oliver Hammel ging bei seinem ersten öffentlichen Auftritt allerdings nicht konkret auf jedes einzelne der zahlreichen Projekte ein. Vielmehr machte er deutlich, dass er in Zukunft auf die Digitalisierung und die Optimierung des Gästeerlebnis setzt. Im Zusammenhang mit der Digitalisierung erwähnte er das Projekt «Top-of-Travel», eine Buchungsplattform, über die Gäste ihre Dienstleistungen und Tickets kaufen sollen. «Vom Hotel über den Besuch des Jungfraujochs bis zum Gleitschirmflug soll der Gäste alles aus einer Hand buchen können», erklärt Hammel und weist daraufhin, dass immer mehr Gäste individuell und in Kleingruppen in die Region reisen würden. Auch das Thema Nachhaltigkeit gewinnt für den CEO an Stellenwert. Er betonte auch, dass der Klimawandel und die damit verbundenen Risiken für das Angebot der Gruppe genau beobachtet würden.

Mit Blick auf den Start ins 2. Semester berichtete Hammel, dass der Trend des ersten Semesters anhalte. Bis Ende Oktober lägen solide Gruppenbuchungen vor. Für das Gesamtjahr gab sich die Geschäftsleitung zuversichtlich, auch weil die 2. Jahreshälfte meist stärker als das 1. Halbjahr ist. Im Wintersport muss sich nun der neue Alps Pass beweisen, der ab der Saison 2025/26 erstmals verkauft und in der Branche intensiv diskutiert wird.

Neue Mitelfristziele?

Im Gegensatz zu den letzten Investorenpräsentationen fehlten in diesem Jahr Aussagen zu den Mittelfristzielen. Bisher hatte die Gruppe stets eine Umsatzrendite von mehr als 20%, eine EBITDA-Marge von über 43% sowie einen kumulierten Free Cashflow von über 200 Mio. CHF in den Jahren 2024 bis 2028 und eine Payout-Ratio von 40 bis 60% kommuniziert. «Wir halten an diesen Zielen weiterhin fest, werden diese aber in den kommenden Monaten überarbeiten», so Oliver Hammel. Im Januar 2026 sollen dann an einem Investorenanlass die neuen Ziele kommuniziert werden.

Fazit

Die Jungfraubahn Gruppe ist eine Cash-Maschine. Seit dem Ende der Pandemie haben sich die Frequenzen und Erträge nicht nur erhöht, sondern alte Rekordwerte egalisiert. Auffällig ist, dass das Tourismusunternehmen nach dem erfolgreichen Abschluss des V-Bahnprojektes einen riesigen Berg an Geld vor sich hinschiebt, der – real betrachtet – auch bei einer Festgeldanlage keine Erträge bringt. Läuft das Geschäft weiter so gut wie im 1. Halbjahr 2025, dürfte der Berg gegen Jahresende auf rund 150 Mio. CHF angewachsen sein. Sollten sich die Investitionen in Grossprojekte wie die Firstbahn (Volumen ca. 100 Mio. CHF) noch etwas verzögern, wird das Kapital vorerst nicht benötigt. Daher dürfte mit einer weiteren Erhöhung der Dividende, einer allfälligen Sonderdividende oder Aktienrückkäufen zu rechnen sein.

Etwas aufhorchen lässt jedoch die laufende Überarbeitung der finanziellen Zielsetzungen. Im positiven Fall werden diese nach oben revidiert. Es ist jedoch auch nicht auszuschliessen, dass die Überarbeitung angesichts der gut gefüllten Projektpipeline zu Anpassungen der Ziele nach unten führt. Man darf gespannt sein, wie die Handschrift des neuen CEO Oliver Hammel hier aussieht.

Allerdings rentiert die an der SIX Swiss Exchange kotierte Aktie bei Kursen um die 210 CHF selbst bei einer gleichbleibenden Ausschüttung von 7.50 CHF je Aktie noch mit mehr als 3,5%. Der Kurs dürfte daher nach unten gut abgesichert sein, sodass ein Kauf an schwächeren Tagen trotz der guten Performance der Aktien weiterhin interessant sein dürfte. Das grösste Risiko für kräftigere Kursrückgänge liegt in der Entwicklung der geopolitischen Lage, die bei einer Eskalation auch negative Auswirkungen auf das Reiseverhalten haben wird. Mittel- bis langfristig muss sich die Bahn sicherlich für die Folgen des Klimawandels, wie Extremwetterereignisse und Bergstürze, wappnen.

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