Reishauer Beteiligungen: Markterholung ist noch in weiter Ferne

US-Zölle werden das Nordamerikageschäft belasten

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Die neu an der Fachmesse EMO 2025 in Hannover vorgestellte Wälzschälmaschine für Innenverzahnungen findet grosses Interesse bei der Fachwelt. Bild: zvg

Die Aktien von Automobilzulieferern und -ausrüstern stehen stark unter Druck. Auch die Titel der Reishauer Beteiligungen AG haben mit 13’800 CHF ein neues Tief erreicht. Das traditionsreiche Schweizer Unternehmen, zu dem die Reishauer AG und die deutsche Felsomat GmbH & Co. KG gehören, ist im ausserbörslichen Handel nur noch mit rund 131 Mio. CHF bewertet. Damit hat sich die Marktkapitalisierung innerhalb von fünf Jahren gedrittelt. Im Gespräch mit schweizeraktien.net räumt VR-Präsident Alex Waser ein, dass das aktuelle Umfeld herausfordernder ist, als noch im Frühjahr erwartet. Gleichzeitig berichtet er über technologische Fortschritte, welche der Gruppe längerfristig Wettbewerbsvorteile verschaffen sollen.

Schwieriges Jahr

Dass das Jahr 2025 ein schwieriges Jahr wird, ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen, welche die Geschäfte bei der Schweizer Reishauer und der deutschen Felsomat gleichermassen belasten: die stockende Mobilitätswende, die hohen US-Zölle und die allgemeinen wirtschaftlichen Unsicherheiten angesichts der aktuellen geopolitischen Lage. Im Zusammenhang mit der Elektromobilität spricht Waser von einem «ökonomischen Fehlstart». Die Politik habe zu schnell zu viel gewollt. Dies räche sich nun, auch wenn seiner Einschätzung nach in Zukunft kein Weg an elektrisch betriebenen Fahrzeugen vorbeiführt.

Automobilhersteller, die auf mehrere Antriebsarten gesetzt haben, verfügen aktuell über mehr Handlungsfreiheiten als Hersteller, die sich vollkommen auf die E-Mobilität konzentriert haben. Die Reishauer ist mit ihrer Wälzschleiftechnologie für Zahnräder Weltmarktführer und in beiden Antriebsarten gut aufgestellt. Das bei Felsomat vor wenigen Jahren neu gestartete Geschäftsfeld «Statoren» wird mangels Nachfrage redimensioniert.

Neue Projekte in den USA

Die Auftragslage gestaltet sich derzeit sehr schwierig. In den USA, Kanada und Mexiko gebe es neue Projekte, vor allem nach dem Comeback der Verbrenner- und Hybridfahrzeuge, so Waser. Aus Asien kämen hingegen derzeit weniger Wachstumsimpulse. Die Geschäftsentwicklung in diesen Märkten bezeichnet Alex Waser als «neutral» und weist auf Überkapazitäten in diesen Ländern hin. Man sehe angesichts dieser Lage Verschiebungen bei Auslieferungen bestellter Maschinen sowie bei Projekten und verzeichne einzelne Stornierungen. Diese Verschiebungen tragen dazu bei, dass Reishauer im laufenden Geschäftsjahr in die Verlustzone gerät.

In Europa ist die Nachfrage weiterhin schwach, und eine Besserung ist bisher noch nicht in Sicht. Obwohl der nordamerikanische Raum derzeit die positivste Entwicklung zeigt, steht Reishauer dort vor einem anderen grossen Problem. Zu Jahresbeginn seien die Lager in den USA gut gefüllt worden, sodass Reishauer die 39%-Zölle bislang wenig zu spüren bekommen habe. Doch zum Jahresende hin seien die Lagerbestände abgebaut. «Zölle und der starke Schweizerfranken werden dazu führen, dass unsere Kunden 40 bis 50 % mehr für unsere Produkte zahlen müssen», rechnet Waser vor. Dazu seien die Kunden nicht bereit, obwohl sie die Qualität der Produkte sehr schätzten. Daher werde das Zollthema Reishauer empfindlich treffen. Ein Weg, dem teilweise zu entgehen, seien Investitionen in den USA. Bereits vor Ankündigung der hohen US-Zölle habe der Verwaltungsrat beschlossen, die US-Niederlassung von Chicago in die «Automobilhauptstadt» Detroit zu verlegen. Dort entsteht ein neues Application Center – Reishauer nennt es «Gear Lab».

Erfolgreiche Investitionen in neue Produkte

Der Wälzschälprozess der neuen Reishauer Maschinengeneration. Bild: zvg

Das «Reishauer Gear Lab» ist eines von mehreren Beispielen, die zeigen, dass die Reishauer-Gruppe trotz der schwierigen Ausgangslage in Innovationen investiert. Als weiteres Beispiel nennt Alex Waser eine neue Generation von Maschinen, die «schälen» statt «schleifen». Dadurch können die Kunden von Reishauer künftig auch Innenverzahnungen hartendbearbeiten. Die neue «Wälzschälmaschine» wurde erstmals auf der Fachmesse EMO Ende September in Hannover vorgestellt und stiess auf grosses Interesse. Nach Einschätzung von Alex Waser eröffnet sich Reishauer dadurch ein zusätzlicher Absatzmarkt, in dem das Unternehmen über einen Technologievorsprung verfügt.

Ebenso ist das Argus Monitoring System, eine digitale Plattform zur Prozess- und Komponentenüberwachung, eine weitere technologische Innovation für die Kunden des Maschinenbauers. «Wir haben trotz der Krise in unserer Branche entschieden, unser Budget für Forschung und Entwicklung nicht zu reduzieren», erklärt Alex Waser. Wenn es zu einer Erholung in der Branche komme, werde Reishauer auch aufgrund seiner Technologieführerschaft davon überproportional profitieren können, gibt sich der Verwaltungsratspräsident zuversichtlich.

Wann es allerdings so weit sein wird, dazu kann er zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Einschätzung abgeben.

Fazit

Die Branche der Automobilzulieferer und -ausrüster befindet sich in einem perfekten Sturm, der auch die Reishauer-Gruppe trifft. Diesmal hilft auch die geografische Diversifikation wenig, denn das anziehende Nordamerikageschäft wird durch die hohen Strafzölle belastet. Während Reishauer und auch Felsomat auf Projektverschiebungen und den zögerlichen Auftragseingang mit internen Anpassungen reagieren können, ist für das Zollthema keine baldige Lösung sichtbar.

Positiv zu werten ist, dass Reishauer in der Vergangenheit in eine neue Produktion in Wallisellen und in neue Technologien investiert hat. Dies dürfte sich mittelfristig auszahlen. Die Aktienkursentwicklung hat das negative Umfeld bereits antizipiert. Schreiben sowohl Reishauer als auch Felsomat im Jahr 2025 einen Verlust, könnte dieser auf Gruppenstufe allenfalls durch ein positives Finanzergebnis abgefedert werden. Denn 2025 war bisher an den Finanzmärkten ein gutes Jahr. Ob daraus am Schluss noch eine Dividendenzahlung resultiert, ist derzeit offen.

Die Aktien der Reishauer Beteiligungen AG befinden sich seit 5 Jahren im Abwärtssog. Chart: otc-x.ch

Aktuell werden die Reishauer-Valoren auf OTC-X mit einem Abschlag von über 60 % auf den Buchwert von 36’000 CHF (per Ende 2024) gehandelt. Auch wenn der Buchwert aufgrund eines negativen Jahresergebnisses zurückgehen dürfte, erscheint ein Kurs von 13’830 CHF eher niedrig. Per Ende 2024 betrugen der Cashbestand und die Wertschriften 12’842 CHF je Aktie. Die Eigenkapitalquote ist mit 64 % per Ende 2024 solide. Viele Industrieaktien sind in dieser Zeit tief bewertet. Allerdings müssen Anlegerinnen und Anleger, die heute investieren, einen sehr langen Atem und Risikobereitschaft mitbringen.

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