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Bergbahnen Destination Gstaad: Strategie wird dem Klimawandel angepasst

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Talstation der Bergbahn Gstaad-Eggli im Winter. Bild: bergbahnen-gstaad.ch
Marketing-Aktion für Sommergäste unter neuem Logo und mit Verweis auf den Magic Pass, der die Zahl der Besucher deutlich ansteigen lassen soll. Bild: bergbahnen-gstaad.ch

Im Geschäftsjahr 2024/2025 wurden bei den Bergbahnen Destination Gstaad (BDG) einige strategische Pfeiler eingeschlagen. Der bedeutendste ist sicher der Wechsel in den Tarifverbund des Magic Pass. Diese Entscheidung sei notwendig geworden, da sich der bisherige Top4-Pass aufzulösen begann und keine tragfähige Alternative mehr darstellte, schreibt VR-Präsident Jan Brand. Der Beitritt zum Magic Pass sei nicht nur eine Reaktion auf Marktveränderungen, sondern ein überlebenswichtiger Schritt für die BDG. Ungefähr 70% aller Ersteintritte entfallen auf Tagesgäste, und genau dieses Segment werde durch den Magic Pass besonders stark angesprochen. Darüber hinaus spiele der Magic Pass eine entscheidende Rolle bei der Förderung des Sommertourismus, so Brand.

Erfreulicher Winter, enttäuschender Sommer

Das Geschäftsjahr war finanziell gesehen nach Einschätzung des Unternehmens ein Jahr mit gemischten Ergebnissen. Die Sommerbilanz fiel aufgrund rückläufiger Ersteintritte und Gastroerträge enttäuschend aus, im Winter hingegen wurde eine positive Entwicklung verzeichnet. Besonders erfreulich sei der Umsatzanstieg über die Festtage ausgefallen, der eine wichtige Grundlage für die finanzielle Stabilität der BDG bildet. Hier erzielt BDG bis zu 25% des Jahresumsatzes.

Talstation der Bergbahn Gstaad-Eggli im Winter. Künftig will das Unternehmen den Fokus mehr auf den Sommer legen. Bild: bergbahnen-gstaad.ch

Der zweite strategische Pfeiler ist die Stärkung des Sommergeschäfts. Bisher fallen nur 9% des Umsatzes in den Sommermonaten an. Dem wollen die BDG begegnen, indem sie insbesondere die Marketingaktivitäten für den Sommer intensivieren. So liegt der Fokus für die Sommersaison 2025 auf einer zielgerichteten Kampagne zur Ansprache von Tagesgästen und Magic-Pass-Besitzern. Im Zentrum stehe die Kommunikation der Erlebnisse am Berg für Wanderer, Familien und Biker sowie die Vermarktung des stetig wachsenden Angebots in der Berggastronomie, schreiben die BDG.

Namensänderung unterstreicht Strategie

Um die Bedeutung des Sommers zu akzentuieren, wurde ein neuer Markenauftritt initiiert. Der neue Name Gstaad Bergbahnen löst den bisherigen Markenauftritt Skiwelt Gstaad ab. Die Anpassung erfolgte im Rahmen der strategischen Weiterentwicklung hin zu einer ganzjährig ausgerichteten Bergbahnen-Destination sowie im Zuge der neuen Partnerschaft mit dem Magic Pass.

Die Strategie der Gstaad Bergbahnen sieht ein deutliches Wachstum des Sommergeschäftes bis im Jahr 2040 vor. Grafik: zVg.

Aber auch wenn langfristig 40% des Umsatzes im Sommer anfallen sollen, müssen die BDG den Skibetrieb im Winter als Geschäftsgrundlage weiter stärken. Zum Beispiel durch Beschneiungsanlagen. CEO Matthias In-Albon sagt dazu gegenüber schweizeraktien.net: «Beschneiungsanlagen sind nicht Standard, sondern ein strategischer Erfolgsfaktor. Der Wettbewerbsvorteil liegt weniger in der reinen Existenz, sondern in Qualität, Kapazität und Effizienz der Systeme. Entscheidend sind dabei Wasserverfügbarkeit und die Möglichkeit, in kurzen Kältephasen grosse Flächen schnell und ressourcenschonend zu beschneien. So wird der Saisonstart planbar und frühzeitig ermöglicht – oft rechtzeitig zu den Festtagen, die mit rund 25% des Jahresumsatzes die wirtschaftlich wichtigste Zeit darstellen.»

Investitionen von 8 Mio. CHF

Eine besonders hohe Priorität für das Unternehmen hat dabei der Speichersee Hornberg, der sich noch im Genehmigungsverfahren beim Kanton befindet. Dieses Projekt sei von entscheidender Bedeutung für die langfristige Schneesicherheit in der Wintersaison sowie für die nachhaltige Wasserversorgung im Skigebiet, sagt VRP Jan Brand.

Insgesamt will das Unternehmen im Geschäftsjahr 2025/2026 rund 8 Mio. CHF investieren. Ein zentrales Vorhaben ist die neue Gondelbahn Horneggli, deren Planung und Vorbereitung im vergangenen Geschäftsjahr intensiv vorangetrieben worden ist. Ein weiteres wichtiges Projekt ist das Parkhaus Schönried, das sowohl die Verkehrsbelastung minimieren als auch die Nutzung vorhandener Ressourcen optimieren soll.

Angewiesen auf Unterstützung der öffentlichen Hand

Die BDG bleibe jedoch weiterhin auf die finanzielle Unterstützung der öffentlichen Hand angewiesen, insbesondere, um die kommenden Grossinvestitionen zu finanzieren, schreibt Brand im Geschäftsbericht. Da ist es hilfreich, dass mit der Einwohnergemeinde Saanen, mit der Commune de Rougemont und der Einwohnergemeinde Zweisimmen drei Ankeraktionäre vorhanden sind, die knapp 30% der Aktien besitzen.

Die grössten Aktionäre der Gstaad Bergbahnen. Grafik: zVg

Keine Dividende

Hilfreich ist auch, dass trotz Gewinn keine Dividendenausschüttung möglich ist, da die Bedingungen der NRP-Darlehen dies ausdrücklich ausschliessen, wie In-Albon gegenüber schweizeraktien.net präzisiert. «Gleichzeitig wird das erwirtschaftete Kapital gezielt für die anstehenden Investitionen eingesetzt, um die langfristige Entwicklung und Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens zu sichern.»

Gewinn und Umsatz steigen

Die BDG konnten den Umsatz in 2024/2025 (zum 30.4.) deutlich steigern. Knapp 15% legte dieser auf 29.7 Mio. CHF zu. Besonders wuchs dabei der Verkehrsertrag, der um 18% auf 20 Mio. CHF kletterte. Der Aufwand nahm zwar auch zu, aber mit 9% vergleichsweise moderat.

Nachdem im Geschäftsjahr 2023/2024 noch ein Verlust von 0.6 Mio. CHF verzeichnet wurde, drehte sich das Ergebnis im vergangenen Jahr auf einen Gewinn von 0.35 Mio. CHF.

Bilanziell blieb die Eigenkapitalquote bei einer Bilanzsumme von 51.6 Mio. CHF praktisch unverändert bei 55%.

Fazit

Eine solide Eigenkapitalquote, steigende Umsätze und wieder ein Gewinnausweis: Die Gstaad Bergbahnen stehen auf festem Fundament. Natürlich ist Gstaad, wie alle Bergbahnen, in erster Linie vom Wetter abhängig. Bei Sonne und viel Schnee, wie über die Feiertage 2024/25, schlägt das besonders zu Buche. Dann lässt sich auch verschmerzen, dass man in der zweiten Hälfte des Winters nicht mit gutem Wetter verwöhnt wurde.

Aufhorchen lässt die Strategie, dass bis 2040 der Umsatzanteil im Sommer bis auf 40% steigen soll. In Zeiten des Klimawandels ist dies der richtige Weg, um das Unternehmen wetterfest zu machen. In diesem Zusammenhang macht auch die Umbenennung in Gstaad Bergbahnen Sinn − wer reist schon im Sommer in eine Skiwelt Gstaad?

Es bleibt abzuwarten, wie sich der Wechsel in den Tarifverbund Magic Pass auswirkt. Auf alle Fälle sind die Verantwortlichen des Unternehmens von diesem Schritt überzeugt und versprechen sich deutlich mehr Gäste pro Tag als bis anhin.

Die Aktien der Bergbahnen Destination Gstaad werden ausserbörslich auf OTC-X gehandelt. Allerdings finden sehr selten Transaktionen statt – zuletzt im März 2024 zu 5 Rappen. Insgesamt besteht das Aktienkapital aus 456’360’000 Namenaktien zu 6 Rappen nominal.

Schweizer Aktien Favoriten 2025: Richtungssuche auf hohem Niveau

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Schwalbenschwanz-Schmetterlinge sind Überlebenskünstler. Ihre vertikale Verbreitung reicht von Meereshöhe bis hinauf ins Gebirge auf 2000 Meter. Ob in der Natur oder an den Finanzmärkten – Bewegung, Wandel und Anpassung sind die Konstanten. Bild: stock.adobe.com

Die Börsen sind hin- und hergerissen zwischen Rekordstimmung und zunehmenden Signalen der Stagflation. Während die US-Börsen im August neue Rekordhochs erreichten, geht der Trend in Europa eher seitwärts. Small- und Mid-Caps laufen besser als Large Caps. Die Fed stellt zwar erstmals Zinssenkungen in Aussicht, die Wirtschafts- und Unternehmensmeldungen zeigen jedoch ein uneinheitliches Bild.

Während der breit gefasste Euro Stoxx 600 und auch der deutsche DAX in den letzten drei Monaten praktisch unverändert sind, legten die US-Indizes erneut zu. Der Dow-Jones gewann in der 3-Monatsperiode 7,7%, der Nasdaq sogar 12,2%. Weniger im Blick ist der japanische Nikkei-Index, der im gleichen Zeitraum 12,5% zulegte und die historischen Hochs von vor 35 Jahren nun nachhaltig übertroffen hat.

Denkanstoss aus Omaha

Warren Buffett hat seine Beteiligungen an den fünf grossen japanischen Handelshäusern und Mischkonzernen Mitsubishi, Sumitomo etc. auf jeweils rund 10% angehoben, während der Anteil von US-Aktien weiter reduziert wurde. Japanische Aktien haben einen hohen Anteil an der Wertsteigerung des Portfolios seiner Beteiligungsgesellschaft Berkshire Hathaway in den letzten Jahren. Das könnte einen doppelten Denkanstoss liefern mit Blick auf Japan als wenig wahrgenommene Investment Opportunität und die attraktiven Bewertungen von Mischkonzernen, die Performance liefern.

Comeback der Small- und Mid-Caps?

Eine andere Beobachtung ist das Revival der Small- und Mid-Caps. Sowohl in den USA wie in Europa konnten Small- und Mid-Cap Indizes die Large Cap Indizes in den letzten Monaten in der Performance schlagen. Der Stoxx Europe Small 200 Index beispielsweise legte seit dem April-Tief um 20% auf 360 Punkte zu. Ähnlich ist das Bild beim Schweizer Nebenwerte-Index SPIEXX, der seit Jahresbeginn eine Performance von 10,3% aufweist. Europäische Small- und Mid-Cap Fonds erfahren erneut Zuflüsse.

Die Performance ist jedoch gemischt. Auch unter den sieben Aktien-Favoriten aus dem kotierten Bereich. Galderma steigt und steigt, dieses Jahr schon um fast 40%. Ebenfalls stark zeigte sich die Aktie von Barry Callebaut, die den Grossteil der zuvor erlittenen Verluste zwischenzeitlich aufgeholt hat. Geberit verlor leicht. Im ersten Semester nahm der Umsatz um 1,7% zu, für das Gesamtjahr werden 4% erwartet.

Aktie der SKAN Group erleidet Rückschlag

Kräftiger fiel der Kursrückgang bei der SKAN Group aus. Auch hier sind Verschiebungseffekte auf Kundenseite sowie weitere Sonderfaktoren wie Währungsverluste am Werk. Der Umsatz fiel im ersten Halbjahr um 17,8%, was zu einem Verlustausweis von 8.3 Mio. CHF führte. Der Auftragseingang stieg dagegen deutlich. Die Projektverschiebungen würden laut Medienmitteilung zu einem starken zweiten Halbjahr führen. Die SKAN Group erwartet für 2025 ein Umsatzwachstum von rund 15% und eine EBITDA-Marge von 14% bis 16%. Mehr zu den Aussichten findet sich im Interview mit CEO Thomas Huber von Ende Juni. Wie heute bekannt wurde, wird Huber die Funktion des CEO per 1. Januar 2026 an Jonas Greutert abgeben.

Hastiger CEO-Wechsel bei der SIG Group

Die SIG Group hatte bereits im Vormonat ein stagnierendes Wachstum im ersten Semester gemeldet, woraufhin der Kurs abstürzte. Anfang August trennten sich die SIG Group und ihr bisheriger CEO Samuel Sigrist einvernehmlich. Interimistisch übernimmt die CFO Ann-Kristin Erkens die Leitung. Ein neuer CEO wird gesucht. Das Wachstum soll beschleunigt werden. Sigrist hatte die CEO-Rolle viereinhalb Jahre lang ausgefüllt. Insgesamt war er 20 Jahre lang im Unternehmen tätig. Die schwächere Nachfrage der Endverbraucher wird sich dennoch kaum beheben lassen, denn Inflation und Konjunkturabschwächung schränken den Konsum nicht nur in den USA und Europa ein. Das letzte Interview mit Sigrist wurde vor einem Jahr auf schweizeraktien.net publiziert.

Gemischter Ergebnis-Reigen an der Ausserbörse

Am ausserbörslichen Aktienmarkt sind die Meldungen ähnlich divers und reichen von Negativwachstum bei Bobst und CMSA Holding über die Rückkehr in die Gewinnzone bei Plaston bis zu einem deutlich verbesserten Periodengewinn bei Espace Real Estate.

Chart Weiss+Appetito Aug25 Im August setzte sich der Anstieg von Weiss+Appetito bis weit über die alte Rekordmarke von 400 CHF hinaus fort. Chart: otc-x.ch

Performance

Während die Durchschnittsperformance der sieben kotierten Favoriten-Aktien bei negativen 1,1% liegt, verzeichnen die vier Valoren der Ausserbörse seit Anfang Jahr einen durchschnittlichen Kursanstieg von 23,2%. Der OTC-X Liquidity-Index erhöhte sich im bisherigen Jahresverlauf um 6%. Durchschnittlich zeigen die 11 Aktien der Liste einen Wertzuwachs in 2025 von 7,7%, ohne Berücksichtigung der Dividenden.

Im August setzte sich der Anstieg von Weiss+Appetito bis weit über die alte Rekordmarke von 400 CHF hinaus fort. Im aktuellen Interview erläutert Verwaltungsratspräsident Walter Daumann, warum das Geschäft des «Mischkonzerns» so gut läuft und was Investoren an der Aktie von Weiss+Appetito schätzen.

SKAN Group: Jonas Greutert löst per Januar 2026 Thomas Huber als CEO ab

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Jonas Greutert Division Produktinspektion bei Mettler-Toledo und wird per 1. Januar 2026 neuer CEO der SKAN Group. Bild: Linkedin.com
Jonas Greutert leiete die Division Produktinspektion bei Mettler-Toledo und wird per 1. Januar 2026 neuer CEO der SKAN Group. Bild: Linkedin.com

Die SKAN Gruppe hat die Nachfolge ihres langjährigen CEO Thomas Huber geregelt. Per 1. Januar 2026 übernimmt Jonas Greutert die Leitung des Unternehmens. Huber, der SKAN in den vergangenen acht Jahren zur Weltmarktführerin für hochwertige Isolatorsysteme entwickelte, bleibt dem Unternehmen als Mitglied des Verwaltungsrats erhalten. Dies teilte das Unternehmen in einer Medienmitteilung mit.

Greutert kommt von Mettler-Toledo, wo er seit 2020 die Division Produktinspektion leitete. Zuvor war er in verschiedenen internationalen Führungspositionen bei Mettler-Toledo sowie bei der Dätwyler Gruppe tätig. Der promovierte ETH-Ingenieur und MBA-Absolvent bringt umfassende Erfahrung in Pharmatechnologie und industrieller Automatisierung mit.

Verwaltungsratspräsident Beat Lüthi würdigte Huber für seine Verdienste und zeigte sich überzeugt, dass Greutert den Wachstumskurs und die strategischen Pläne der SKAN Gruppe erfolgreich weiterführen wird.

Jungfraubahn Holding: Das Tourismusunternehmen im Berner Oberland fährt allen davon

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Die Aktien der Jungfraubahn weisen unter den Schweizer Bergbahn-Aktien in den letzten fünf Jahren mit einem Plus von 60% die beste Performance aus. Bild: schweizeraktien.net/jungfrau.ch

Nach seinen ersten 100 Tagen als CEO der Jungfraubahnen Gruppe trat Oliver Hammel vor die Medien. Er durfte das beste Halbjahresergebnis in der über 100-jährigen Geschichte des Bahn- und Tourismusunternehmens präsentieren. Der Umsatz stieg um 5,7% auf 149.9 Mio. CHF. Der Halbjahresgewinn erhöhte sich auf 37 Mio. CHF (+7,3%). Mit diesen Zahlen fährt das Unternehmen allen anderen in der Schweiz kotierten Tourismusunternehmen davon. Kein Wunder, möchte Hammel an der bewährten Strategie nichts ändern. Oder doch? Zumindest befinden sich die Mittelfristziele des Unternehmens derzeit in Überarbeitung. Spätestens am 8. Januar 2026 wollen Hammel und seine Kollegen an einem Investorenanlass informieren, ob und was sich an den Zielen geändert hat.

Bestes Ergebnis in der Geschichte

Der neue CEO der Jungfraubahn, Oliver Hammel (l.), präsenterte gemeinsam mit CFO Christoph Seiler die Halbjahreszahlen. Bild: schweizeraktien.net

Besonders erfreulich an dem Halbjahresergebnis ist die Tatsache, dass der Betriebsaufwand mit 5,3% weniger stark als der Umsatz anstieg. Dies führte zu einem rekordhohen EBITDA von 65.9 Mio. CHF. Wie Finanzchef Christoph Seiler anlässlich der Präsentation der Zahlen erläuterte, seien für den Anstieg des Betriebsaufwands vor allem höhere Personalaufwendungen (+6,9%) und höhere Kosten im Unterhalt verantwortlich. Bei den Personalkosten schlugen Lohnerhöhungen und 40 zusätzliche Stellen zu Buche. Die EBITDA-Marge erreichte dennoch hohe 43,9%.

2,6% mehr Gäste auf dem Jungfraujoch

Allein mit den Ausflügen auf das Jungfraujoch erzielte die Tourismusgruppe im 1. Halbjahr 2025 einen Nettoumsatz von 88.4 Mio. CHF (+5,4%). Insgesamt besuchten 472’700 Personen (+2,6%) das als «Top of Europe» vermarktete Reiseziel. Pro Gast wurde ein Durchschnittsertrag von 187 CHF erzielt, eine leichte Steigerung gegenüber dem Vorjahr. Wie Oliver Hammel erklärte, kamen die Gäste vor allem aus den USA, Indien und Südkorea. Aber auch der chinesische Markt ziehe wieder etwas an, so Hammel, der selbst 15 Jahre lang in Asien gelebt und für den Handelskonzern DKSH im technischen Verkauf tätig war.

Erlebnisberge boomen

Zulegen konnte allerdings nicht nur das Segment Jungfraujoch, auch die Erlebnisberge, darunter der Harder in Interlaken und First in Grindelwald, legten mit einem Plus von 16,2% auf 25.8 Mio. CHF zu. Auch im Wintersportgeschäft stiegen die Umsätze um 8,0% auf 32.0 Mio. CHF. Während das EBITDA im Segment Jungfraujoch mit 34.2 Mio. CHF (+1,3%) nur leicht gesteigert werden konnte, schnellte das operativen Ergebnis bei den Erlebnisbergen (+19,5%) und im Wintersportgeschäft (+17,5%) kräftig nach oben. Mit 1.183 Mio. Skier Visits seien die Ersteintritte im Wintersport die zweitbesten der letzten zehn Jahre gewesen, so Hammel.

50 Mio. CHF Liquidität als Festgelder parkiert

Per Ende 2024 lagen die liquiden Mittel der Jungfraubahn Holding AG bei hohen 97.7 Mio. CHF. Im ersten Halbjahr flossen dem Unternehmen fast 60 Mio. CHF weitere flüssige Mittel zu, sodass sich die Geschäftsleitung entschied, 50 Mio. CHF in Form von Festgeldern anzulegen. 47 Mio. CHF wurden in kurzfristige Anlagen investiert, was in der Halbjahresbilanz zu einem Anstieg der sonstigen kurzfristigen Forderungen führte, 3 Mio. CHF in langfristige Festgelder. Christoph Seiler begründete die Umschichtung damit, dass die Mittel kurzfristig noch nicht für die anstehenden Investitionen benötigt würden und daher durch diese Anlage wenigstens ein – wenn auch minimaler – Zinsertrag erzielt werde. Die Eigenkapitalquote lag Ende Juni bei 77,5%.

Digitalisierung und Gästeerlebnis im Fokus

In den kommenden Jahren stehen bei der Jungfraubahn erhebliche Investitionen an, u.a. in die Erneuerung der Firstbahn, den Bau der Solaranlage Hintisberg und weiteren. Oliver Hammel ging bei seinem ersten öffentlichen Auftritt allerdings nicht konkret auf jedes einzelne der zahlreichen Projekte ein. Vielmehr machte er deutlich, dass er in Zukunft auf die Digitalisierung und die Optimierung des Gästeerlebnis setzt. Im Zusammenhang mit der Digitalisierung erwähnte er das Projekt «Top-of-Travel», eine Buchungsplattform, über die Gäste ihre Dienstleistungen und Tickets kaufen sollen. «Vom Hotel über den Besuch des Jungfraujochs bis zum Gleitschirmflug soll der Gäste alles aus einer Hand buchen können», erklärt Hammel und weist daraufhin, dass immer mehr Gäste individuell und in Kleingruppen in die Region reisen würden. Auch das Thema Nachhaltigkeit gewinnt für den CEO an Stellenwert. Er betonte auch, dass der Klimawandel und die damit verbundenen Risiken für das Angebot der Gruppe genau beobachtet würden.

Mit Blick auf den Start ins 2. Semester berichtete Hammel, dass der Trend des ersten Semesters anhalte. Bis Ende Oktober lägen solide Gruppenbuchungen vor. Für das Gesamtjahr gab sich die Geschäftsleitung zuversichtlich, auch weil die 2. Jahreshälfte meist stärker als das 1. Halbjahr ist. Im Wintersport muss sich nun der neue Alps Pass beweisen, der ab der Saison 2025/26 erstmals verkauft und in der Branche intensiv diskutiert wird.

Neue Mitelfristziele?

Im Gegensatz zu den letzten Investorenpräsentationen fehlten in diesem Jahr Aussagen zu den Mittelfristzielen. Bisher hatte die Gruppe stets eine Umsatzrendite von mehr als 20%, eine EBITDA-Marge von über 43% sowie einen kumulierten Free Cashflow von über 200 Mio. CHF in den Jahren 2024 bis 2028 und eine Payout-Ratio von 40 bis 60% kommuniziert. «Wir halten an diesen Zielen weiterhin fest, werden diese aber in den kommenden Monaten überarbeiten», so Oliver Hammel. Im Januar 2026 sollen dann an einem Investorenanlass die neuen Ziele kommuniziert werden.

Fazit

Die Jungfraubahn Gruppe ist eine Cash-Maschine. Seit dem Ende der Pandemie haben sich die Frequenzen und Erträge nicht nur erhöht, sondern alte Rekordwerte egalisiert. Auffällig ist, dass das Tourismusunternehmen nach dem erfolgreichen Abschluss des V-Bahnprojektes einen riesigen Berg an Geld vor sich hinschiebt, der – real betrachtet – auch bei einer Festgeldanlage keine Erträge bringt. Läuft das Geschäft weiter so gut wie im 1. Halbjahr 2025, dürfte der Berg gegen Jahresende auf rund 150 Mio. CHF angewachsen sein. Sollten sich die Investitionen in Grossprojekte wie die Firstbahn (Volumen ca. 100 Mio. CHF) noch etwas verzögern, wird das Kapital vorerst nicht benötigt. Daher dürfte mit einer weiteren Erhöhung der Dividende, einer allfälligen Sonderdividende oder Aktienrückkäufen zu rechnen sein.

Etwas aufhorchen lässt jedoch die laufende Überarbeitung der finanziellen Zielsetzungen. Im positiven Fall werden diese nach oben revidiert. Es ist jedoch auch nicht auszuschliessen, dass die Überarbeitung angesichts der gut gefüllten Projektpipeline zu Anpassungen der Ziele nach unten führt. Man darf gespannt sein, wie die Handschrift des neuen CEO Oliver Hammel hier aussieht.

Allerdings rentiert die an der SIX Swiss Exchange kotierte Aktie bei Kursen um die 210 CHF selbst bei einer gleichbleibenden Ausschüttung von 7.50 CHF je Aktie noch mit mehr als 3,5%. Der Kurs dürfte daher nach unten gut abgesichert sein, sodass ein Kauf an schwächeren Tagen trotz der guten Performance der Aktien weiterhin interessant sein dürfte. Das grösste Risiko für kräftigere Kursrückgänge liegt in der Entwicklung der geopolitischen Lage, die bei einer Eskalation auch negative Auswirkungen auf das Reiseverhalten haben wird. Mittel- bis langfristig muss sich die Bahn sicherlich für die Folgen des Klimawandels, wie Extremwetterereignisse und Bergstürze, wappnen.

Walter Daumann, VRP Weiss+Appetito Holding: «Die Lösungen im Bereich Nachhaltigkeit boomen»

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Walter Daumann ist VRP der Weiss+Appetito Holding AG. Bild: schweizeraktien.net
Walter Daumann ist VRP der Weiss+Appetito Holding AG. Bild: schweizeraktien.net

Seit der Vorlage des Jahresabschlusses für 2024 im Mai kletterte Weiss+Appetito (W+A) im ausserbörslichen Aktienhandel um über 30% auf 430 CHF. Warum jetzt, und nicht schon früher? Auf diese und andere Fragen antwortet der Verwaltungsratspräsident und bisherige Vorsitzende der Gruppenleitung, Walter Daumann, im Interview mit schweizeraktien.net. Er erklärt die Eigenheiten im Telekomgeschäft und warum die Zyklizität im Rohrleitungsbau tatsächlich Weiss+Appetito in die Hände spielt. Und er macht klar, warum und wie die Innovationen und Initiativen im nachhaltigen Wirtschaften das Geschäft beflügeln. Interessant, teilweise überraschend und durchaus kontrovers sind auch seine Aussagen zur Governance bei Weiss+Appetito. 

Herzlichen Glückwunsch zu dem hervorragenden Jahresabschluss 2024, Herr Daumann! Was waren die wesentlichen Faktoren für die Verbesserung nahezu aller Finanzkennzahlen?

Walter Daumann: Besten Dank. Ich werde die Glückwünsche an unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiterleiten, denn sie sind als erstes aufzuführen, wenn es um die Begründung für unseren sensationellen Jahresabschluss im Jahr 2024 geht. Jeder von unseren Mitarbeitenden hat Enormes geleistet, ob an kalten oder heissen Tagen, ob in den Bergen oder in unseren Städten. Und dafür gilt ihnen mein ganz besonderer persönlicher Dank auch an dieser Stelle.

Ein Ergebnis, wie wir es im Jahr 2024 erzielt haben, ist nicht selbstverständlich, ganz besonders, weil das zurückliegende Jahr erneut von erheblichen wirtschaftlichen und geopolitischen Unsicherheiten geprägt war. Die immer noch spürbare Inflation in vielen Ländern Europas verbunden mit der konsequenten Zurückhaltung bei Investitionen bis hin zum immer noch andauernden Fachkräftemangel haben anderes vorhergesagt.

Schaut man sich die Entwicklung der W+A Gruppe im Detail an, ist unser Ergebnis aber auch nicht völlig überraschend, denn die bereits vor Jahren getroffene Entscheidung der Gruppenleitung, auf Diversität und unabdingbare Qualität zu setzen, zahlt sich nun aus. Die Lösungen im Bereich Nachhaltigkeit boomen. Das bezieht sich sowohl auf moderne Bodenbeläge als auch auf die Dachbegrünungen. Während uns im klassischen Energiebereich ein sehr herausforderndes 1. Semester begegnete, haben am Ende des Jahres 2024 in einer Aufholjagd alle Sparten zum guten Ergebnis der Gruppe im Jahr 2024 beigetragen.

Die Publikation des Jahresabschlusses hat auch den Aktienhandel stark belebt sowie die Aktie auf über 400 CHF gehievt. Wie interpretieren Sie die Reaktion des Marktes?

Es ist nicht unüblich, dass die Handelsaktivitäten von Aktien um den Zeitpunkt der Generalversammlung herum deutlich ansteigen. Das Besondere in diesem Jahr liegt in der Stabilität dieser Aktivitäten, was heisst, dass der Kursanstieg trotz Gewinnmitnahmen weiter anhält. Ich habe mich kurzerhand mit einigen Aktionären unterhalten, um Bestätigung für meine persönliche Einschätzung einzuholen: In Zeiten von hochspekulativen Geschäften, die durch das «Vor und Zurück» politischer Schwergewichte noch angefeuert werden, ist die Suche nach nachhaltigen Anlagen schwierig. Einer der Gross-Aktionäre, mit dem ich gesprochen habe, nennt uns «versteckte Perle, die nicht gleich jeden Trend mitmacht»; wieder ein anderer spricht von «Vertrauen in unsere soliden Lösungen, deren Nachhaltigkeit er versteht, ohne doktoriert haben zu müssen».

Und was zeichnet Ihre soliden Lösungen aus?

Wir liefern für unsere Kunden solide Lösungen. Und diese sind deshalb nachhaltig, weil wir sie über Jahre an die Bedürfnisse unserer Kunden anpassen können. Das ist die echte Nachhaltigkeit, die Anleger suchen, und die sie bei uns finden. Nachdem wir nun einige Jahre in Folge auf der Basis dieses Lösungsportfolios erfolgreich sind, hat sich die Nachhaltigkeit unserer W+A-Aktie herumgesprochen, und immer mehr Interessierte erkennen das Potenzial der stabilen Anlage in W+A.

«die Nachhaltigkeit unserer Weiss+Appetito-Aktie hat sich herumgesprochen»

Im Geschäftsbericht schreiben Sie, dass die nachhaltige Ausrichtung zunehmend fruchtet. Sie heben Dachbegrünung sowie Böden und Beläge hervor. Würden Sie das bitte für unsere Leser präzisieren?

Das ist richtig. Zwei Beispiele zur Veranschaulichung: Monobeton ist hinlänglich bekannt und wird sehr oft für nahezu alle Anwendungen verbaut – ob glatt oder strukturiert zum Beispiel mit Besenstrich oder dem Stockverfahren. Beispiele sind Logistikflächen, Betonkreisel, Bushaltestellen etc. Um den immer höheren Anforderungen und Belastung gerecht zu werden, haben wir uns – neben dem als führenden Monobetonspezialisten – zum führenden UHFB (Ultrahochfester Faserbaustoff) Spezialisten entwickelt. Durch seine enorme Druckfestigkeit und den exzellenten Biegezug wirkt der UHFB fast wie eine Stahlplatte. Die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig: Statische Verstärkung, Nutzbelag im Schwerlastbereich inkl. Chlorid- und Wasserdichtigkeit, Reduktion von Betonstärken – was eine Einsparung an Beton zur Folge hat und auch die Erhaltung von Bauwerken. Sprich, der UHFB erhöht die Lebensdauer eines Bauwerks erheblich.

Das braucht auch spezielle Expertise, oder?

Der Mischvorgang in Bezug auf Homogenität ist sehr komplex und das Einbringen infolge der erhöhten Zähigkeit des UHFB sehr schwierig. Beiden Herausforderungen haben wir uns erfolgreich gestellt. In Bezug auf den Mischvorgang haben unsere Experten des Technik Centers eine eigene UHFB-Mischanlage entwickelt und produziert, die auch in der Industrie ausserhalb von W+A Anwendung findet. Zusammen mit einer höchst intelligenten Steuerung lassen sich nun Mischverhältnisse sehr genau und sehr homogen einstellen.

In Bezug auf das Einbringen des UHFB-Betons haben wir junge Kompetenz mit jahrelanger Erfahrung zusammenbringen können. Heute arbeiten Equipen von nicht weniger als je 11 Experten Hand in Hand und begeistern unsere Kunden immer wieder über das Einhalten von extremen Glättungs- und Ebenheitsparametern.

Und das zweite Beispiel?

Das ist die Dachbegrünung. Hier haben wir es geschafft, unsere ohnehin nachhaltige Begrünungstechnik in Bezug auf Substrat und Transport nochmals zu optimieren. Durch eine Kombination mit Wasserspeicher- und Solartechnik haben wir DAS Schweizer Gründach geschaffen. Es senkt nicht nur die Dachhauttemperatur von über 80 Grad im Sommer auf unter 30 Grad durch die sogenannte Evapotranspiration, also die direkte Feuchtigkeitsabgabe an die Luft, sondern unterstützt auch bei Starkwetterphänomenen durch Retention des Regenwassers die Entlastung der Abwasserkanäle. Hier wird deutlich, wie anpassungsfähig und damit nachhaltig unsere Lösungen sind.

Sie sprechen positiv über den österreichischen Markt, der rund 5% am Gesamtumsatz von Weiss+Appetito ausmacht. Was können Sie zu den Marktchancen und den Potenzialen sagen?

Es ist kein Zufall, dass der Standort von W+A Österreich in Altach sehr nahe an den Gebäuden des Energieinstituts Vorarlberg liegt. So profitieren beide sehr innovativen Unternehmen auch durch die kurzen Wege voneinander. Seit 2019 veröffentlicht das Energieinstitut Vorarlberg immer wieder Beiträge, wie Gründächer zu einem sinnvollen Einsatz von Energie beitragen können und das Klima besonders im innerstädtischen Bereich verbessern. Wien und Bregenz sind derzeit die einzigen Städte in Österreich, die sich diesem Thema konkret annehmen und durch geeignete Massnahmen Dachbegrünungen fördern und fordern. Wir gehen davon aus, dass weitere Städte und Gemeinden in näherer Zukunft wie auch im Süden Deutschlands nachziehen. Aus diesem Grund sehen wir nicht nur Österreich als ein Land mit hohem Potenzial für unsere Lösungen an.

Deutschland steuerte letztes Jahr 18,1% zum Gruppenumsatz bei. Sie berichten über Grossaufträge im Telekom-Segment. Was können die Aktionäre weiterhin erwarten?

Sieht man vom wirtschaftspolitischen Desaster in Deutschland ab, dürfen unsere Aktionäre sehr viel von uns erwarten, denn es ist uns nach jahrelangem, unermüdlich immer neu aufgenommenem Vorsprechen gelungen, das Direktgeschäft mit den Carriern zu realisieren. Nicht nur in Deutschland sind die Telekommunikationsanbieter einer jahrzehntelangen Tradition, Equipment und Baudienstleistungen aus einer Hand, nämlich vom Technikausrüster, zu beziehen, gefolgt. Dieses Geschäftsmodell ist in erhebliche Schieflage geraten, da sich die Technikausrüster aus Effizienzgründen immer weiter aus dem Baudienstleistungsbereich mit eigenen Ressourcen entfernt haben. Stattdessen haben sie sich einen Subunternehmermarkt aufgebaut, der aus verschiedenen Gründen sehr instabil ist. Dadurch leidet am Ende die Qualität der Netze. Fahren Sie mal nach Deutschland, im Auto telefonierend über Mobilfunk, und machen Sie ihre Erfahrung …

Und wie genau kommt Weiss-Appetito nun als Lösungsanbieter ins Spiel?

Nach langen Jahren der Geduld haben ausländische Carrier Position bezogen und gedroht, Roamingdienstleistungen nur noch gegen Qualität in Anspruch zu nehmen. Und genau diesen Qualitätsanspruch erfüllen die Mitarbeitenden der Sparte Telekom sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz. Wir haben unser hohes fachliches Können im Rahmen von Piloten direkt bei den Carriern unter Beweis stellen dürfen und befinden uns nun in Direktverträgen mit ihnen. Wir haben also auch hier unsere Wertschöpfungskette verlängert und unsere Effizienz gesteigert, was in den kommenden Jahren zu stabilen Ergebnissen der Sparte Telekom und zur Freude unserer Aktionäre führen wird.

«Wir haben unsere Wertschöpfungskette verlängert und unsere Effizienz gesteigert»

In diesem Zusammenhang sagen Sie auch, dass die Rechnungsstellung bei solchen Grossprojekten mitunter stark verzögert erfolgt. Was bedeutet das mit Blick auf die Jahresabschlüsse 2025 und 2026?

Die Bedeutung ist nicht primär auf die Jahresabschlüsse zu beziehen. Generell gilt, dass jede Verzögerung in der Rechnungsstellung eine Herausforderung für das Liquiditätsmanagement darstellt. Und dabei spreche ich nicht von verlängerten Zahlungszielen. Diese sind z.T. begründbar. Das Problem liegt woanders: Die wachsende Komplexität von Grossprojekten geht einher mit der Höhe der Haftungsverantwortung. Das wiederum resultiert in einer deutlichen Verzögerung der Abnahmeprozesse für ein Grossprojekt. Nicht selten umstreicht die Zeit für eine Abnahme den gleichen Rahmen der Zahlungsziele und führt so zu einer ungewollten, künstlichen Verlängerung der Payment Terms. Wir müssen uns also noch stärker als zuvor um das Liquiditätsmanagement bemühen, vor allem, um nicht in einen Investitionsstau zu gelangen. Hier werden Diskussionen mit unseren Kunden auf Augenhöhe nicht ausbleiben können, denn wir werden zukünftig weder Immobilien noch Fahrzeuge Sell- und Leaseback Mechanismen unterwerfen.

Auf den Heimatmarkt Schweiz entfallen 74,2% des Gruppenumsatzes. Wie steht es um die Bau- und Renovierungskonjunktur? Sie sagen, dass die Baueinsprachen im Telekombereich schneller bearbeitet werden, ist das ein Trend?

Im Bereich Telekom hat es in der Tat eine grosse Beschleunigung in der Bearbeitung der Einsprachen gegeben. Dafür danken wir den Verantwortlichen in Industrie und Politik sehr. Noch mehr begrüssen wir die proaktiven Massnahmen zur Aufklärung der neuen Mobilfunktechnologien wie 5G – und mittlerweile bereits auch 6G –, und das durch Mitnahme der Verantwortlichen in den Kantonen. Denn nur so bauen wir Ängste ab und fokussieren unsere Sichtweise auf nachhaltigen Komfort und Nutzen.

Die Bau- und Renovierungskultur beeinflussen wir als W+A nur durch unsere bescheidenen Hebel wie Zuverlässigkeit, Kompetenz und Qualität. Die vorgelagerten Entscheidungen zu Zinsbewegungen, Förderung von Nachhaltigkeit, Begrenzungen von Inflation und Vermeidung von Krisenherden, treffen wir leider nicht.

Im Technik Center berichten Sie über die gute Auslastung, vor allem bei Baumaschinen und Nutzfahrzeugen, sowie über grosse Projekte im Fahrzeugbau. Erhellen Sie unsere Leser. Was genau wird für welche Kundengruppen konstruiert? Und ist dieser zyklische Anstieg bei Investitionsgütern auch ein aussagekräftiger Konjunkturindikator?

Im Bereich Spezialfahrzeugbau entwickeln wir massgeschneiderte Maschinen für Unternehmen aus der Bau- und Transportbranche sowie für kommunale Auftraggeber. Unsere Stärke liegt in der individuellen Konstruktion mobiler Spezialmaschinen, mit denen unsere Kunden ihre Dienstleistungen effizienter und wirtschaftlicher erbringen können. Damit bewegen wir uns gezielt in einem Spezialsegment.

Ein Beispiel aus dem Tunnelbau: Im Februar 2025 wandte sich ein bekanntes Unternehmen mit einer besonderen Herausforderung an uns. In einem laufenden Tunnelprojekt musste Material unter extrem beengten Platzverhältnissen und bei schwierigen Bedingungen abgesaugt werden – mit hohen Anforderungen an Saugleistung und Kompaktheit. Eine Standardmaschine konnte diese Anforderungen nicht erfüllen.

Unser Team im Spezialfahrzeugbau nahm sich der Aufgabe an und entwickelte in enger Zusammenarbeit mit dem Kunden eine passende Lösung. Nach intensiven Tests und gemeinsamen Demonstrationen erhielten wir den Auftrag zur Fertigung von zwei speziell konstruierten Absauganlagen. Das komplette Engineering wurde in kürzester Zeit umgesetzt, die Maschinen wurden gebaut und ausgeliefert. Beide Maschinen sind inzwischen erfolgreich im Einsatz.

Der Rohrleitungsbau ist auch eine zyklische Industrie. Im ersten Halbjahr 2024 war die Auslastung noch tief, im zweiten Halbjahr verbesserte sich die Auftragslage deutlich, u.a. durch Fernwärmeprojekte und Grossaufträge vom Flughafen Zürich und der Stadt Zürich. Können Sie eine Einordnung vornehmen und die Perspektiven erläutern?

Sie sehen das völlig richtig, und diese zyklische Abhängigkeit vermögen wir auch nicht zu ändern. Dieser Abhängigkeit begegnen wir mit unserer Qualität und unserer Kompetenz. D.h. wenn die Ausschreibungen zyklisch erfolgen, dann ist es für unseren Mitbewerber schwierig, unsere Lösung zu toppen. Zusätzlich haben wir unser Ohr immer am Marktgeschehen und bewerten Trends wie Fernwärme oder Energie nachhaltig – jeweils auch in beratender Form gegenüber unseren Kunden. So erzielen wir die von Ihnen erwähnten Projekterfolge. Dies war in den letzten Jahren nicht immer der Fall, doch seit der Neubesetzung der Führungscrew in dieser Sparte sind wir sogar zu einer höheren als der alten Stärke zurück gelangt.

Durch die positive Gewinnentwicklung von Weiss+Appetito ist die KGV-Bewertung trotz der jüngsten Kursavance auf unter 5 gefallen. Ein Grund für die relative Unterbewertung dürfte in der Governance zu finden sein. Was denken die Partner über zeitgemässe Anpassungen wie «one share, one vote»?

Diese Frage wird uns immer wieder gestellt. Sie ist grundsätzlich berechtigt, wenn sie im reinen finanzmathematischen Sinne interpretiert wird. Wir dürfen die Unternehmersicht hier nicht ausser Acht lassen. Stabilität im Erfolg erfordert fortwährend kluge Entscheidungen. Um hier Fehlentscheidungen einzelner bestmöglich zu begegnen, existiert bei W+A ein Verwaltungsrat, der neben seinen Arbeiten zu strategischen Zielsetzungen auch operativ tätig ist. Die Unabhängigkeit ist dennoch gewährt, da sich die operative Tätigkeit nur auf eine Sparte, also nur auf einen Teil der gesamten Unternehmung bezieht.

Deshalb haben wir das Geschäftsmodell der Holding gewählt. Gleichzeitig lehrt dieses Prinzip Rücksichtnahme und Respekt vor dem anderen Unternehmer im Gremium. Aus meiner Sicht ein sehr gutes Prinzip einer offensichtlich funktionierenden Governance. Auch die letzten nachhaltigen Kursentwicklungen sowie die persönlichen Gespräche mit Aktionären bestätigen die nachhaltige Funktionstüchtigkeit unseres Geschäftsmodells. Also warum ändern? Im übrigen hat kein Aktionär bei uns ein Mehrfachstimmrecht. Jede Aktie übt ein Stimmrecht aus. Mit der Wahl von Frau Stéphanie Steiner zur CFO bereichern wir unsere Gruppenleitung nicht nur, sondern erhöhen auch die Quote des Frauenanteils. Ebenso bestehen konkrete Überlegungen, weiter externe Experten aus dem Markt für uns im Verwaltungsrat zu gewinnen.

Eine Neuverteilung der Stimmrechte würde eine grundlegende Veränderung der Unternehmensform nach sich ziehen, die erst einmal den Nachweis einer über 100-jährigen erfolgreichen Unternehmensführung erbringen muss.

Geben Sie uns noch einen CEO-Ausblick über die nächsten Jahre. Was werden die Wachstumstreiber sein? Wohin führt die Expansion im Ausland? Welche Zielsetzungen wollen Sie in den nächsten drei Jahren realisieren?

Seit dem 01.01.2025 haben wir die Funktion des Gruppen-CEOs abgeschafft, da sie durch die Funktion der Sparten-CEOs übererfüllt wird. Die administrativen Aufgaben auf Gruppenebene wurden einer neu geschaffenen Funktion zugeordnet, die sich in der Leitung für die betrieblichen Prozesse wiederfindet und die der CFO zugeordnet ist. Gerne gebe ich Ihnen als Vorsitzender der Gruppenleitung und als Verwaltungsratspräsident den gewünschten Ausblick: Zunächst zum Jahr 2025: Die Erfolge aus 2024 haben sich stabilisiert. Bereits zum Ende des ersten Semesters tragen alle Sparten im Verhältnis gleichviel zum Unternehmenserfolg bei. Insbesondere der in Sarmenstorf beheimatete Rohrleitungsbau macht durch grossartige Projekte bis nach Bern hinein auf sich aufmerksam. Die Sparte Telekom erhält im Juni 2025 das Europäische Patent für ihre intelligente Elektroautoladeinfrastruktur. Wir haben allen Grund, mit Freude und Zuversicht auf das zweite Semester des Jahres 2025 zu schauen.

Unser Wachstum auf Märkte von Lösungen zur Nachhaltigkeit ist strategisch verankert. Für weitergehende Ausblicke ist es notwendig, dass wir den Generationenwechsel nicht aus den Augen verlieren. Die am 13. Juni vollzogene Generalversammlung hat nicht ohne Grund neue, junge Mitglieder in den Verwaltungsrat der Gruppe gewählt. Diese junge Generation gilt es, anzuhören, wenn es um die Zukunft geht. Deshalb verweise ich für tiefergehende Ausblicke auf zukünftige Veröffentlichungen u.a. auf den anstehenden Brief an unsere Aktionäre, der für den Herbst dieses Jahres geplant ist.

Vielen Dank für die vielen Einsichten in die Unternehmensgruppe und die erhellenden Antworten, Herr Daumann.

Die Aktien von Weiss+Appetito haben seit Mai 2025 kräftig zugelegt. Chart: otc-x.ch

Die Namenaktien Serie A (nominal 39 CF) der Weiss+Appetito Holding AG werden ausserbörslich auf OTC-X gehandelt. Zuletzt wurden Preise von 425 CHF für eine Aktie bezahlt. Die Namenaktien Serie B (nominal 9.75 CHF) sind nicht öffentlich handelbar.

 

Espace Real Estate: 1. Halbjahr 2025 mit deutlich verbessertem Periodengewinn

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Im Video erläutert Verwaltungsratspräsident Dr. Andreas Hauswirth, warum das erste Halbjahr 2025 für die Immobilienfirma Espace Real Estate sehr erfolgreich verlaufen ist und dass er ein überzeugendes Ergebnis für das Gesamtjahr erwartet. Weiter berichtet er über die volle Pipeline mit mehr als 200 Wohnungen in Planung und wann er mit einer Fertigstellung der Projekte rechnet.

 

 

Remo Rosenau und Manuel Peter, Helvetische Bank: «Wir bleiben für Aktien grundsätzlich positiv eingestellt»

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Die Helvetische Bank AG mit Sitz in Zürich wurde im Dezember 2010 gegründet und am 1. März 2011 operativ. Die Bank ist politisch und wirtschaftlich unabhängig. Ihr Angebot umfasst Dienstleistungen in den Bereichen Private Banking und Vermögensverwaltung sowie Structured Products, Corporate Finance und Research. Backoffice und IT-Services sind «in-house» und nicht ausgelagert. Die Helvetische Bank richtet sich in erster Linie an aktive und ehemalige Unternehmer sowie an qualifizierte Privatanleger.

Die Helvetische Bank weist eine Bilanzsumme von rund 800 Mio. CHF aus und betreut rund 3.6 Mrd. CHF an Kundenvermögen. Sie weist ein Musterportfolio von 12-15 grösser kapitalisierten Werte auf («Swiss Equity Investment Propositions»), das jederzeit Änderungen erfahren kann, und veröffentlicht zusätzlich auch zwei Mal im Jahr eine überarbeitete Empfehlungsliste von 12 Small & Mid Caps.

Im Interview erläutern Remo Rosenau und Manuel Peter unter anderem, warum sie direkte Schäden im Börsenumfeld durch die US-Zölle für eher überschaubar halten, warum sie die Aktien von Cembra Money Bank denen von Swissquote vorziehen und warum ihnen Interroll gefällt.

Manuel Peter ist seit 2020 Research Analyst bei der Helvetischen Bank, davor war er während rund zwei Jahren als Analyst auf der Sell-Side für die Firma Research Partners tätig. Remo Rosenau ist seit dem Start der Helvetischen Bank im Jahr 2011 dessen Head of Research. Davor arbeitete er während 18 Jahren auch in leitenden Funktionen als Sell-Side Analyst für die UBS, die Deutsche Bank, die Bank Vontobel und die MainFirst Bank. Bild: schweizeraktien.net

Herr Rosenau, Herr Peter, es gibt ja das geflügelte Wort, dass politische Börsen kurze Beine haben. Nach der Zollankündigung von 39% für Schweizer Exporte in die USA ist es nicht zum befürchteten Einbruch gekommen, im Gegenteil, die Kurse haben noch etwas angezogen. Nehmen die Börsen die US-Administration nicht mehr ernst (Stichwort «Taco»), nachdem sie bei der ersten Zoll-Ankündigung noch stark eingebrochen sind?

Remo Rosenau: Das stimmt sicher zum Teil. Man kann auf Deutsch auch sagen: «Die Suppe wird nicht so heiss gegessen, wie sie gekocht wird.» Die meisten Marktteilnehmer gehen wohl davon aus, dass es in absehbarer Zeit zu einem neuen, besseren «Deal» kommen wird.

Zum anderen muss man aber auch zur Kenntnis nehmen, dass die grösseren, börsenkotierten Gesellschaften ja auch nur am Rande betroffen sind, da sie mehrheitlich auch in den USA produzieren. Für kleinere KMUs, vor allem auch Maschinenproduzenten (z.B. Bobst), bei Präzisionsinstrumenten und Komponenten hat es hingegen schon grosse Konsequenzen, die sie tatsächlich von der Schweiz und/oder Europa her in die USA exportieren. Oft betrifft dies aber kleinere börsenkotierte und noch öfter nicht börsenkotierte Firmen. Das sind dann die Unternehmen die im Verband «Swissmem» zusammengefasst sind und rund 300’000 Mitarbeitende beschäftigen.

Was sind Ihrer Meinung nach die Gefahren, die durch die erratische Zollpolitik der USA den Schweizer Unternehmen drohen?

Remo Rosenau: Aus dem oben Gesagten würden wir schliessen, dass der direkte Schaden im «börsenkotierten Universum» eher überschaubar ist. Die Schweizer Börse repräsentiert eben die Weltwirtschaft und ist kein Spiegelbild der Schweizer Volkswirtschaft.

«Eine grössere Gefahr droht aus der generellen Unsicherheit bezüglich der weiteren Entwicklung»

Eine grössere Gefahr droht hingegen aus der generellen Unsicherheit bezüglich der weiteren Entwicklung, was die Endkunden zurückhaltend agieren lässt. Das heisst, die US-Nachfrage kommt in einigen Branchen generell zurück, weil die Kunden abwarten, um zu sehen, wie sich die Situation weiter entwickelt. So werden Aufträge eben vorerst einmal aufgeschoben. Das trifft dann eben alle Unternehmen, die in den USA Geschäfte machen, auch diejenigen, die vor Ort produzieren. Das sind dann die sogenannten indirekten Effekte der ganzen Zollproblematik.

Völlig unklar ist immer noch die Frage, wie in Zukunft mit Pharma-Exporten in die USA umgegangen wird. Was könnte da auf uns noch zukommen?

Remo Rosenau: Ja, die Pharmaprodukte sind derzeit nicht von Zöllen betroffen, es wird von den USA aber weiter untersucht, und es stehen Tarifandrohungen im Raum, mit einem schrittweisen Anstieg der Zölle von zunächst 25% auf später bis zu 150% und langfristig bis zu 250%.

Sollte Pharma unter die 39%-Zölle fallen, könnte der BIP-Verlust für die Schweiz über 1% betragen – allein durch die Pharmasparte, während das KOF bei den aktuell beschlossenen Zöllen nur von einem negativen BIP-Einfluss von -0.3% bis -0.6% ausgeht. Präsident Trump erwartet politische Zugeständnisse. Es wird Druck auf die Pharmaindustrie ausgeübt, US-Preise zu senken, wobei die hohen Preise aber auch auf das komplexe Krankenversicherungssystem in den USA zurückzuführen sind. Es ist eine komplexe Ausgangslage, und Prognosen über deren Ausgang zu machen, ist sehr schwer.

Rund zweimal im Jahr aktualisieren Sie Ihre Empfehlungsliste der Mid- und Small Caps, welche 12 Aktien enthält. Im März 2025 haben Sie Swissquote durch die R&S Group ersetzt. Das war die einzige Änderung gegenüber Herbst 2024. Weiter halten Sie an Ihrer Empfehlung für die Cembra Money Bank fest. Was veranlasste Sie, Swissquote auf «sell» zu setzen und Cembra auf «buy»?

Manuel Peter: Wenn wir eine Aktie von unserer Favoritenliste bei den Schweizer Small- und Midcaps nehmen, dann ist das keine «Sell»-Empfehlung. Sie gehört dann einfach nicht mehr zu den engsten Favoriten. Wir geben generell keine «Buy»- und «Sell»-Empfehlungen ab, denn wir betreiben keine Brokerage.

Die Swissquote-Aktie nahmen wir im Februar 2022 in unsere Favoriten im Schweizer Small- und Midcap-Bereich auf, damals bei Kursen um die 160 CHF. Kaum ein Analyst hat die Aktie damals abgedeckt, und die Bewertung war weniger als die Hälfte der heutige Bewertung. Nach einer sehr erfolgreichen Phase mit stark steigenden Gewinnen und Kursen ist die Aktie heute bei vielen Investoren beliebt und bei einem P/E 2025e von 25x auch nicht mehr zu günstig bewertet. Wir mögen das Geschäftsmodell und schätzen die diversifizierten Ertragsquellen sowie die Innovationskraft von Swissquote, aber die heutige Bewertung nimmt viel Positives vorweg.

«Cembra liefert verlässliche Dividenden und arbeitet stark an der Kostenbasis»

Bei Cembra ist das anders. Es gibt wenig «Fans», aber die Firma liefert trotzdem verlässliche Dividenden und arbeitet stark an der Kostenbasis. Wir rechnen mit einem zweistelligen Gewinnwachstum im 2025 und 2026, was in einem generell nicht sehr zyklischen und inlandorientierten Geschäft in unseren Augen attraktiv ist. Auch ist die Bewertung bei Cembra mit einem P/E 2025e von 15x noch viel günstiger als bei Swissquote.

Der Schweizer Tiefkühl- und Convenience-Backwaren-Konzern Aryzta hat mit fast 20% YTD eine überaus überzeugende Performance hingelegt und gehört damit zu einer der best performenden Aktien Ihrer Empfehlungen. Warum macht ein Investment in Aryzta Sinn?

Manuel Peter: Sowohl das operative Geschäft als auch die Bilanz sind bei Aryzta heute in einem deutlich besseren Zustand als noch vor 5 Jahren. Strategisch will das Unternehmen künftig primär organisch – und vor allem wertgenerierend – wachsen, während das Geschäftsmodell früher rein akquisitionsgetrieben war. Durch diese Akquisitionen wurden in der Vergangenheit viele Aktionärs- wie auch Stakeholderwerte vernichtet. Dieses Kapitel gehört nun aber der Vergangenheit an, und in den vergangenen drei Geschäftsjahren konnte Aryzta mit einem zweistelligen ROIC (FY 2024: 13,4%) wieder positive Aktionärswerte generieren (ROIC > WACC).

Zudem stellt Aryzta als Hersteller Nummer eins für Grundnahrungsmittel zu einem guten Teil auch sogenannte «inferiore Güter» her, die kaum abhängig von den Zyklen der Weltwirtschaft sind, weil die Nachfrage nach diesen Gütern bei abnehmenden verfügbaren Einkommen steigt, während teure Nahrungsmittel in Krisen stark leiden. Damit ist Aryzta eher defensiv aufgestellt. Mit der Ausrichtung auf Europa und Asien ist Aryzta zudem auch nicht von den Zöllen betroffen.

Am südlichen Ende der Performances Ihrer Empfehlungen im März stand Dottikon mit -11%. Mittlerweile hat sich der Kurs stark erholt und liegt bei 35% YTD im Plus. Was macht das Unternehmen besser als z.B. Bachem, ein Unternehmen, das lange der Liebling der Anleger war?

Manuel Peter: Dottikon und Bachem haben unterschiedliche Fokusbereiche. Man kann sie gar nicht wirklich vergleichen. Dottikon ES konzentriert sich als CDMO auf den Bereich «Small Molecules» bzw. kleine Moleküle, während Bachem auf den Bereich «Biologics» spezialisiert ist. Neben der kleineren Grösse und des geringeren Gewichts von kleinen Molekülen liegt der Hauptunterschied zwischen diesen beiden therapeutischen Modalitäten darin, dass kleine Moleküle chemisch gewonnen werden, während Biologics aus lebenden Organismen extrahiert werden.

«Das Unternehmen verfolgt eine Ein-Standort-Strategie mit seinem Produktionsstandort in Dottikon, was kurze Kommunikations- und Entscheidungswege erlaubt»

Das beinhaltet komplett andere Produktionsmethoden, und auch die Kunden sind andere. Dottikon ist dabei, als ehemaliger Sprengstoffspezialist, heute noch spezialisiert auf sicherheitskritische Reaktionen. Das Unternehmen verfolgt zudem auch eine Ein-Standort-Strategie mit seinem Produktionsstandort in Dottikon, was kurze Kommunikations- und Entscheidungswege erlaubt. Gemeinsam haben die Unternehmen, dass beide aktuell ihre Produktionskapazitäten massiv ausbauen, weil bei beiden die Nachfrage stark anzieht. Dies sollte bei beiden in den kommenden Jahren steigende Umsätze und Gewinne erwarten lassen.

Wie hoch sehen Sie die Gefahr, dass Zulieferer der Pharmaindustrie wie Dottikon, Bachem oder Polypeptide in den Sog möglicher Massnahmen aus den USA geraten könnten?

Manuel Peter: Dieses Risiko halten wir für überschaubar. Es mangelt allgemein an hochqualitativen Produktionskapazitäten, und deren Aufbau ist hochkomplex und nimmt mehrere Jahre und viel Geld in Anspruch.

Welche Ihrer weiteren Empfehlungen möchten Sie besonders herausstreichen?

Manuel Peter: Neben den bereits erwähnten Aktien empfehlen wir seit einigen Jahren mit Mikron auch einen «Hidden Champion» im Small-Cap-Segment. Zuletzt war die Gesellschaft auch Gast beim gemeinsam mit «schweizeraktien.net» veranstalteten «Branchentalk Industrie“» und konnte sich somit einem breiteren Publikum präsentieren. Wir halten die Aktien für unterbewertet und glauben weiterhin an ihr mittelfristiges Potenzial. Aufgrund der tiefen Liquidität und des geringen Free-Floats sollten Investitionen aber nur mit einem Anlagehorizont von mehreren Jahren getätigt werden.

«Wir halten die Aktien von Mikron für unterbewertet und glauben an ein mittelfristiges Potential»

Remo Rosenau: Dann gefällt uns auch Interroll. Die Aktie musste in den letzten Jahren durch das Tal der Tränen. Nun wurde der CEO im März 2025 aber ausgewechselt, und der VRP – und Übervater – Paul Zumbühl hat klargemacht, dass nun «Execution» wieder vor «Strategie» kommen muss, um auf den alten Wachstumspfad zurückzukehren, was das erklärte Ziel ist. Der neue CEO, Markus Asch, macht uns einen guten Eindruck und hat in unseren Augen das Zeug dazu. Zudem gab es im 1. Halbjahr 2025 erste Signale, dass die Aufträge aus dem wichtigen E-Commerce-Bereich (30-40% des Umsatzes) erstmals seit 2021 wieder deutlich anziehen.

Neben Aktien: Empfehlen Sie Ihren Kunden auch Commodities oder Kryptowährungen zur Beimischung in deren Portfolios?

Remo Rosenau: Wir sind bei der Helvetischen Bank für das Aktien- und Bond-Research zuständig. Aber auch als Bank fokussieren wir uns im Anlageuniversum vor allem auf Aktien und auf Anleihen. Wir sehen uns nicht als ausgewiesene Commodity-Spezialisten, ausser sie zählen Gold dazu.

Wir führen als Bank schon seit 2011 eine erhebliche Gold-Position in unserem Eigenkapital, die sich seitdem sehr gut entwickelt hat. In Zeiten des stetigen Kaufkraftverlustes der klassischen Währungen, durch die weiterhin rasant steigenden Staatsverschuldungen, ist Gold ein Sachwert, der seine Kaufkraft behält, wie auch Aktien. Zudem reagiert Gold in Krisen als «sicherer Hafen». Es ist damit auch eine Art Versicherung für ernste Systemkrisen. Deshalb empfehlen wir Anlegern, generell eine physische Goldposition von mindesten 5% des Gesamtvermögens zu halten.

Bei Kryptowährungen sind wir zurückhaltend. Wir sehen diese nicht als wirkliche Anlageklasse an und empfehlen diese nicht aktiv. Auch hier sind wir keine ausgewiesenen Spezialisten. Zudem dürfte dieser Sektor früher oder später auch noch strikter reguliert werden. Wie sich dies auswirken könnte, ist schwer abzuschätzen.

Wie sehen Sie den weiteren Verlauf des Börsenjahres 2025?

Remo Rosenau: Die Risiken sind für alle sichtbar und hinlänglich bekannt. Zölle, drohende Konsumschwäche, Deglobalisierung, geopolitische Spannungen etc. Auf der anderen Seite sind aber auch ein paar positiv wirkende fundamentale Treiber für die Aktienbörsen auszumachen. Die Staatsverschuldung in den USA wird in 2025 um nochmals rund 1.9 USD Billionen ansteigen, in Deutschland sind rund 500 Mrd. EUR für Infrastrukturinvestitionen aus dem «Sondervermögen» geplant und weitere erhebliche Ausgaben für die Rüstung.

Dasselbe gilt auch für die EU. Der Anstieg der Staatsverschuldungen geht also links und rechts – zum Teil sogar noch heftiger – weiter. Langfristig, also auf 10 bis 30 Jahre gesehen, kann das natürlich nicht ewig so weitergehen. Aber kurzfristig sind das zusätzliche Gelder, die auf die eine oder andere Art in den Wirtschaftskreislauf kommen, vor allem bei Infrastrukturausgaben. Die Kaufkraft pro Einheit Geld nimmt mit diesen Zusatzschulden zwar stetig ab, aber Sachwerte behalten ihre Kaufkraft, wie eben Aktien.

Dazu kommt, dass die Zinsen in Europa und der Schweiz schon gesunken sind und wohl noch weiter sinken werden. In den USA besteht ebenfalls ein grosser politischer Druck, die Zinsen zu senken, ob sinnvoll oder nicht. Mehr Geld im System kombiniert mit tendenziell sinkenden Zinsen wirkt für die Aktienbörsen positiv. Kurzfristige Korrekturen sind dabei aber immer möglich, wie wir im April gesehen haben. Aber am Ende des Tages führt langfristig nichts an Aktien vorbei. Wir bleiben für Aktien daher grundsätzlich positiv eingestellt.

Herr Rosenau, Herr Peter, ich danke Ihnen für dieses Gespräch.

CMSA Holding: Hohe Edelmetallpreise und Zölle fordern Tribut im ersten Semester

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CMSA Aug 25
Die Cendres+Métaux Gruppe mit Hauptsitz in Biel besteht seit 135 Jahren. Bild: Cendres+Métaux

Die CMSA Holding, vormals Cendres+Métaux, hat sich im ersten Halbjahr in einem herausfordernden Umfeld gut geschlagen. Zwar sanken der Umsatz ohne Edelmetalle um 20% und das EBITDA um 52%, doch der Gewinn wird auf Jahressicht wegen der bilanziellen Aufwertung der Goldbestände weniger leiden. Wie ist der weitere Ausblick?

Es ist ein «perfekter Sturm» für die CMSA Holding. Der Preis für eine Feinunze Gold ist in den letzten 12 Monaten um weitere 34% in USD angestiegen. Das freut zwar Halter und Händler von Edelmetallen, doch wo der Goldpreis die Endnachfrage stark beeinflusst, wie in der Luxusuhrenindustrie oder der Dentaltechnik, drücken die hohen Preise zunehmend auf die Nachfrage. Entweder wird abgewartet oder auf alternative Materialien ausgewichen, beispielsweise Titan.

Zölle und andere Unwägbarkeiten

Die angespannte Situation noch komplizierend, sind seit dem 7. August auf US-Importe Zölle von 39% fällig. Das Medtech- und Dentalgeschäft wird bereits seit April 2025 mit Zöllen belastet. Auch wenn die operativen Einheiten der CMSA Holding nur in sehr geringem Mass direkt in die USA exportieren, so sind sie als Zulieferer von Unternehmen mit höheren US-Exportanteilen dennoch indirekt betroffen. Den starken Umsatzrückgang um 20% auf 63.6 Mio. CHF führt der Verwaltungsrat im Halbjahresbericht zum 30. Juni 2025 auf das angespannte geopolitische Umfeld, die hohen Edelmetallpreise sowie den anhaltenden Lagerabbau der Kunden zurück.

Kurzarbeit und andere Massnahmen

In mehreren Gesellschaften des Konsolidierungskreises werden organisatorische Änderungen durchgeführt, auch Kurzarbeit wird umgesetzt. Zur Erhöhung der Stabilität und Optimierung der Prozesse wird ein neues ERP-System gruppenweit ausgerollt.

Scharfer Nachfragerückgang im Uhrensegment

In Zahlen gefasst scheint der Nachfragerückgang im Luxus-Segment der Uhren auf den ersten Blick gar nicht so dramatisch zu sein. Im ersten Halbjahr sanken die Exporte der Schweizer Uhrenindustrie in CHF um 0,1%, nach Stückzahlen um 5,7%. Im höherpreisigen Segment betrug der Rückgang 4,5% nach Stückzahlen, bei Edelmetalluhren waren es 5,3%. Dennoch waren die Auswirkungen auf die CMSA Holding mit einem Umsatzschwund von 29,9% auf 38 Mio. CHF gravierend. Die Auftragseingänge waren rückläufig, die bestellten Mengen geringer. Durch das neu etablierte Key Account Management wurden jedoch neue Kunden und erweiterte Aufträge gewonnen – und auch keine Kunden verloren, wie im Semesterbericht hervorgehoben wird.

Medtech-Umsätze mit weiterer Erosion

Zölle, die Frankenstärke und die geopolitischen Unsicherheiten führten im ersten Semester zu einem Umsatzrückgang im Medtech-Segment von 5,3% auf 15 Mio. CHF. Die Marge konnte laut Halbjahresbericht gehalten werden, da die getätigten Investitionen in neue Maschinen die Effizienz verbessern. Der seit Jahren bestehende Trend einer sinkenden Nachfrage für Edelmetall-Abutments setzte sich angesichts der steigenden Goldpreise fort. Zum widrigen Klima trugen auch die US-Zölle sowie die brisante geopolitische Lage bei. Dennoch ist der Ausblick zuversichtlich, da die Auftragslage gut ist und neue Projekte vielversprechend sind. Aufgrund der positiven Einschätzung investiert die CMSA Holding in weitere neue Maschinen.

Wachstumssprung im Industriesegment

Durch mehrere Akquisitionen, zuletzt Gavidor, hat die CMSA Holding ihre Expertise in der Oberflächenbearbeitung geschärft und ausgebaut sowie ein Kompetenzzentrum geschaffen. Das Know-how aus der Bearbeitung feinmechanischer Uhrenteile ist auch in der Halbleiter- und Elektronikindustrie gefragt. So hat die CMSA Holding relativ schnell einen weiteren Geschäftsbereich geschaffen. Und es zahlt sich sichtlich aus. Der Spartenumsatz kletterte im ersten Semester um 48,5% auf 5.6 Mio. CHF. Organisch lag die Wachstumsrate bei 36,2%. Der Kundenkreis wurde erweitert, Projekte werden entwickelt und vorangetrieben.

Schwaches Dentalgeschäft mit Eigenmarken

Auch bei den Eigenmarken wirken sich Zölle, hohe Edelmetallpreise und die geopolitischen Unsicherheiten dämpfend auf die Nachfrage aus. Der Umsatz verlor weiter um 13,5% auf 5.4 Mio. CHF. Das neue Produkt SUPRALOC wird fühestens 2026 Umsatzbeiträge generieren. Die beiden verbliebenen Tochtergesellschaften in Spanien und Frankreich entwickelten sich enttäuschend. Bisher konnte keine alternative Lösung für den Vertrieb gefunden werden. Die italienische Tochter war vor Jahren durch ein MBO verselbständigt worden.

Ausblick

Die Marktbedingungen bleiben schwierig. Das Umfeld beschreibt der Halbjahresbericht als «sehr instabil und von grösseren Schwankungen geprägt». Und «die Vorhersagbarkeit hat stark abgenommen». Dennoch gibt es viele neue Projektanfragen. Den ungewohnten Bedingungen begegnet die CMSA Holding mit gezielten Investitionen und der Schaffung einer stabilen und nachhaltigen Basis. Im Zentrum steht die Vielseitigkeit und Agilität der Resourcen und Kapazitäten. Der Verwaltungsrat sieht «zahlreiche Herausforderungen» und geht davon aus, «dass sich das Umfeld im zweiten Halbjahr nicht verbessert und mit deutlich niedrigeren Resultaten gerechnet werden muss». Die nötigen Massnahmen sind eingeleitet.

Fazit

Positiv zu bewerten ist, dass die CMSA Holding die Spezialisierung und die Diversifikation in den letzten Jahren vorangetrieben hat. Die Integration der akquirierten Unternehmen scheint glatt zu laufen, und durch Synergien, Effizienzsteigerungen und gezielte Investitionen wird auch Mehrwert geschaffen. Dass gerade das gehobene Luxusgüter-Geschäft und das eigentlich nicht zyklische Dentalgeschäft so extrem von dem starken  Goldpreisanstieg betroffen sind, hat Gründe, die jenseits der Kontrolle der Unternehmensleitung liegen. Die geopolitischen Spannungen wachsen, die US-Zölle sorgen für Nachfrageschwächen, und auch die Attacken des US-Präsidenten gegen die US-Notenbank sorgen wohl weiterhin für die Kapitalflucht in «sichere Häfen» wie Gold und Franken. Die schlanke und agile CMSA Holding hat ihre Anpassungs- und Widerstandsfähigkeit gesteigert, muss aber weiterhin mit Gegenwind rechnen.

Chart CMSA Aug25
Kursverlauf der CMSA-Aktie in den letzten 3 Jahren. Chart: otx-x.ch

Die Aktie der CMSA Holding wird auf OTC-X  gehandelt. Zuletzt wurden 4600 CHF je Aktie bezahlt.

 

WWZ: Fernwärme wächst weiter und trägt im 1. Halbjahr 2025 zu höherem EBIT bei

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Die WWZ Gruppe treibt den Ausbau des Fernwärme- und -kältenetzes in der Region weiter voran. Bild. wwz.ch
Die WWZ Gruppe treibt den Ausbau des Fernwärme- und -kältenetzes in der Region weiter voran. Bild. wwz.ch

Das Zuger Versorgungsunternehmen WWZ Gruppe konnte im ersten Halbjahr 2025 trotz rückläufigem Umsatz ein deutlich höheres Betriebsergebnis erzielen. Der Nettoerlös aus Lieferungen und Leistungen sank um 5,8% auf 154.9 Mio. CHF, was vor allem auf tiefere Strompreise und einen leicht geringeren Stromabsatz zurückzuführen ist. Dennoch gelang es, das Betriebsergebnis (EBIT) um 15,5% auf 14.9 Mio. CHF zu steigern. Unter dem Strich resultierte ein Konzerngewinn von 15.6 Mio. CHF, nach 17,1 Mio. CHF im Vorjahr. Das Unternehmen bleibt damit solide finanziert; das Nettofinanzguthaben lag per Stichtag bei 49.3 Mio. CHF.

Stromgeschäft unter Druck

Im Segment Elektrizität musste WWZ dagegen Einbussen hinnehmen. Der Stromabsatz sank im Vergleich zum Vorjahr um 1%. Während die Grundversorgung leicht zulegte – trotz zusätzlicher Photovoltaik-Kapazitäten –, ging die Nachfrage bei Marktkunden zurück. Hauptgrund für den Umsatzrückgang seien jedoch die Preissenkungen um 12%.

Starkes Wachstum bei Fernwärme

Als entscheidender Treiber für die positive Entwicklung erwies sich laut einer Medienmitteilung das Geschäft mit der Fernwärme und -kälte, in welches das Unternehmen derzeit stark investiert, um CO2-neutrale Energie in der Region anbieten zu können. Im ersten Halbjahr 2025 stieg der Fernwärme-Absatz um 46% auf 51,5 GWh. WWZ profitiert dabei sowohl vom konsequenten Ausbau bestehender Wärmeverbunde als auch von einer stark zunehmenden Nachfrage seitens der Kundschaft. Mit speziellen Angeboten, etwa einer Ausfallgarantie beim vorzeitigen Heizungsersatz, werde das Neukundengeschäft beschleunigt, heisst es in der Mitteilung. Bis Ende Jahr sollen weitere Liegenschaften mit einer Leistung von 7’273 kW an die Netze angeschlossen werden.

Weitere Verbünde in der Entstehung

Auch die Infrastrukturprojekte schreiten zügig voran. Beim Wärmeverbund Ennetsee sind grosse Teile der Transportleitung von der Kehrichtverbrennungsanlage Renergia in Perlen bis Hünenberg See bereits verlegt. Ab 2026 werde dieser Abschnitt Fernwärme liefern. In Steinhausen entsteht parallel ein neuer Wärmeverbund mit eigener Energiezentrale.

Wie WWZ weiter schreibt, sei das Geschäft langfristig orientiert. Die hohen Vorleistungen würden zwar kurzfristig die Kosten belasten, sollten aber mittelfristig zu stabilen Cashflows und soliden Erträgen führen.

Finanzergebnis tiefer

Einen deutlichen Rückschlag gab es beim Finanzergebnis, das mit 2.2 Mio. CHF markant unter dem aussergewöhnlich starken Vorjahreswert von 6.0 Mio. CHF liegt. Als Grund dafür nennt WWZ die aktuelle Börsenentwicklung. Der Konzerngewinn fiel entsprechend mit 15.6 Mio. CHF geringer aus als im Vorjahr.

Fokus auf Fernwärme und Telekom

Für die zweite Jahreshälfte rechnet WWZ mit weiteren Sonderbelastungen im Telekomgeschäft, da die Migration auf die neue Produktstrategie und die Einführung der Marke Blizz noch im Gang sind. Ab 2026 sollen die Kosten deutlich sinken und die Bruttomarge nachhaltig steigen.

Im Fernwärmebereich sieht das Unternehmen weiterhin grosses Potenzial: «Die Erträge werden weiter zunehmen, was sich positiv auf das operative Geschäftsergebnis auswirken wird.»

Fazit

Bei der WWZ Gruppe schreitet die vor rund fünf Jahren begonnenen Transformation hin zu umweltfreundlicher Wärme und Kälte für die Region Zug planmässig voran. Es zeigt sich auch im Halbjahresabschluss wiederum, dass sich die hohen Investitionen auszuzahlen beginnen. Auch der Umbau im Telekomgeschäft scheint auf gutem Weg zu sein.

Seit einigen Monaten hält sich der Kurs der WWZ-Aktie stabil über der Marke von 1’000 CHF. Chart: otc-x.ch

Der Aktienkurs der WWZ AG für die ausserbörslich auf OTC-X gehandelten Aktien hat den Abwärtstrend verlassen und sich auf einem Niveau von über 1’000 CHF stabilisiert. Zuletzt wurden 1’038 CHF für eine Aktie bezahlt. Auch wenn sich der Gewinn in diesem Jahr etwas schwächer als im Vorjahr entwickelt, so sind die Aktien mit einem geschätzten KGV von rund 12 (2024: 10) eher tief bewertet. Der Abschlag auf den Buchwert von rund 50% erscheint angesichts der stabilen Entwicklung nicht gerechtfertigt. Bei einer gleichbleibenden Dividende von 40 CHF je Aktie liegt die Dividendenrendite bei attraktiven 3,9%. Für Anleger mit einem längerfristigen Anlagehorizont und dem Interesse an stabilen Ausschüttungen bleibt der Titel interessant.

SNB-Vize Antoine Martin: «Der Schweizer Banksektor hat den massiven Schock bemerkenswert gut weggesteckt»

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Dr. Antoine Martin, Vize-Direktor der SNB, sprach am Branchentalk Banken über den Schweizer Kreditmarkt. Bild: Luca Uloth, schweizeraktien.net

Mit dem Schock, den der Bankensektor erstaunlich gut gemeistert hat, spricht Antoine Martin in seinem Referat am Donnerstag die Übernahme der taumelnden Credit Suisse im März 2023 durch die UBS an. Seither sei das Kreditumfeld in der Schweiz so im Wandel wie das «trendy Industriequartier in Zürich», macht der Vizedirektor der Schweizerischen Nationalbank SNB einen Bezug zum Standort der Schweizer Börse SIX, wo die Veranstaltung stattfindet.

Der Bundesrat hatte Martin auf den 1. Januar 2024 zum Leiter des III. Departements der Nationalbank ernannt. «Wieso interessiert sich die SNB für den Kreditmarkt?», fragte der SNB-Direktor rhetorisch. Die Nationalbank habe zwei Aufgaben, die Stabilität der Preise und die Stabilität des Finanzsystems zu garantieren – und der Kreditmarkt beeinflusse direkt die Stabilität des Finanzsystems. «Und im Kreditmarkt hat es grosse Veränderungen gegeben in den vergangenen Jahren», sagt Martin.

Kunden suchten neue Verbindungen

Mit der Übernahme der CS durch die UBS gebe es nur noch eine global aktive Bank in der Schweiz. Viele Kreditkunden hätten, um sich zu diversifizieren, neue Bankverbindungen aufgebaut. Dabei hätten sie sich grösstenteils an inlandorientierte Schweizer Banken gewandt. «Diese haben den Ausfall der Grossbank CS mehr als ersetzt», folgert Martin. Er weist auch darauf hin, dass es in den vergangenen zehn Jahren keine Engpässe in der Kreditversorgung gegeben habe – weder allgemein noch bei den inlandorientierten Banken.

Martin macht auch deutlich, dass UBS/CS nicht das einzige Thema sei, das im Zusammenhang mit dem Kreditmarkt adressiert werden müsse. Während dort die Aufräumarbeiten weitergehen würden, werde das Wirtschaftswachstum voraussichtlich schleppend bleiben, währenddessen der Schweizer Franken gegenüber dem Euro und Dollar auf ein Rekordniveau gestiegen sei. Das belaste die Exporte. Zudem gelten seit Jahresbeginn die Standards von Basel III für die Banken.

Blick auf Refinanzierung

Gemäss Martin sei der Blick auch auf die Refinanzierung von kleineren und mittleren Unternehmen gerichtet, insbesondere da seit Anfang 20025 das Regelwerk Basel III umgesetzt werde. «Wenn man den Medienberichten glaubt, hat das die Kredite verteuert und zu einer Kreditklemme geführt», führt der SNB-Manager aus. Doch in den Zahlen zeige sich keine Kreditklemme, die Volumen am Kreditmarkt entwickelten sich gleichmässig.

Basel III habe aber die Risikosensivität der Banken erhöht und diese dazu animiert, die Risiken in der Bilanz zu minimieren. Die Risikogewichte für riskantere Kredite sind gestiegen, die Banken müssen für diese Geschäftsfelder mehr Kapital vorhalten. Das wird aber die Situation der Banken gemäss SNB bezüglich Kapital und Liquidität nicht verändern. «Die Kapitalanforderungen ändern sich für jede Bank anders, je nach Geschäftsmodell», erläutert Martin.

Die Spreads weiten sich aus

Seit Ende 2023 hatte sich das Wachstum des inländischen Kreditvolumens wegen der geldpolitischen Lockerungen verlangsamt. Zum ersten Mal seit Jahren waren die Zinsen wieder gestiegen, aber bereits vor einem Jahr begann die SNB wieder mit der Reduzierung der Geldmenge. «Die SNB hört von steigenden Refinanzierungskosten», sagt Martin. Es sei ein internationales Phänomen, dass sich die Spreads ausweiten würden. Der Kreditspread zwischen 10-jährigen Staatsanleihen und einer OIS-Rate (Overnight Index Swap) ist ein Mass für die Risikoprämie, die Anleger für das Halten von Staatsanleihen über die vermeintlich risikofreie OIS-Rate hinaus verlangen.

Er reflektiert das Kreditrisiko der Staatsanleihen und die Erwartungen der Marktteilnehmer an die künftige Geldpolitik und die allgemeine Wirtschaftslage. Doch Martin relativiert: «Die Schweizer Banken finanzieren 80% der Kredite durch Kundeneinlagen, die Ausweitung der Spreads betrifft demzufolge nur einen kleinen Teil der Kreditkosten».

Podiumsdiskussion: Der Kampf um die Einlagen

Moderiert von Dominik Buholzer, Chefredaktor von finews.ch, diskutierten Antoine Martin, Matthias Pfeifer, CEO der Bank WIR, und Christian Egli, Finanzchef der Clientis AG, anschliessend die Situation im Schweizer Kreditmarkt für inlandorientierte Banken. Auch Fragen aus dem Publikum wurden beantwortet.

Dominik Buholzer (r.) diskutiert mit SNB-Vize Antoine Martin (l.), Matthias Pfeifer und Christian Egli über den Schweizer Kreditmarkt. Bild: Luca Uloth, schweizeraktien.net

«Sie haben geseufzt, als Herr Martin sagte, es gebe keine Kreditklemme, Sie sehen das also anders», wendet sich Buholzer an Pfeifer. Dieser antwortet, die Banken hätten Probleme, günstige Refinanzierungen über Einlagen zu beschaffen. «Zudem finanzieren wir nicht nur Eigenheime und Eigentumswohnungen», fügt der WIR-Bank-CEO an. Mit Basel III werden Kredite für Renditeliegenschaften mit einem höheren Risiko bewertet und müssen mit mehr Kapital hinterlegt werden. Dies schränkt gemäss Pfeifer den Bau von Mietwohnungen ein und dürfte nicht im Sinn eines Landes sein, das eine hohe Migration verzeichne.

Finanzierung von Renditeliegenschaften wird bestraft

Dem stimmt Christian Egli zu, der Kampf um Kundengelder bleibe ein Thema. «Das ist auch der Grund dafür, dass der Kreditspread gestiegen ist.» Mit dem Swiss Finish seien die Banken mit einem hohen Finanzierungsbestand von Renditeliegenschaften bestraft worden, weil sie mehr Eigenkapital schaffen mussten.

Wieso es denn trotz dem Ausbleiben der Kreditklemme bei gewissen Banken kein Wachstum im Hypothekarvolumen gebe, wollte Buholzer in der Folge von Martin wissen. Der SNB-Direktor wies darauf hin, dass dies ein Gesamtbild sei. «Einzelne Banken haben aber mehr Refinanzierungsprobleme, und das nimmt die SNB ernst», fügt er an.

Kreditanfragen von ausserhalb nehmen zu

Egli widerspricht Buhofer, der die Frage stellt, ob Basel III also nur ein Sturm im Wasserglas sei. Die Banken müssten auf den Umstand reagieren, dass es jetzt grosse Unterschiede zwischen selbstbewohntem Wohneigentum und Renditeliegenschaften gebe. «Ausserrayonanfragen an Banken haben zugenommen, ein Zeichen, dass Banken Refinanzierungsprobleme haben», so Egli.

Das langfristige Geschäftsmodell, der Aufbau der Kreditportfolios, wird gemäss Pfeifer von den Banken hinterfragt. «Doch es dauert rund fünf Jahre, die Laufzeit einer mittleren Hypothek, bis die Bereinigung abgeschlossen ist.» Der WIR-Bank-CEO berichtet, dass sein Institut noch nie so viele Kreditanfragen wie nach dem Ende der CS erhalten habe und auch noch nie so viele habe absagen müssen.

Gemäss Egli sind die Mittel der Banken limitiert, und es gebe Listen, was man finanzieren wolle und was nicht. «Manchmal wird das über den Preis geregelt.» Leithzinsen auf null Prozent seien aber ein ungünstiges Niveau, da könne man auf der Passivseite nicht viel machen.

Bremst die Finma?

Buhofer thematisiert den Umstand, dass der Regulator oft kritisiert werde: «Ist die Finma ein Wachstumshemmer»? Das Ziel sei nicht, effizientes Geschäft auszubremsen, aber einer Überhitzung soll gemäss Martin vorgebeugt, und ungesunde Risiken sollen vermieden werden. «Die SNB will nachhaltiges Wachstum. Solange wir dies sehen, sollte nicht reguliert werden», sagt der Nationalbank-Direktor.

Der Ansatz von Basel III ist gemäss Christian Egli gut, aber er führe zu mehr Aufwand. Die Tendenz gehe Richtung Überregulierung. Für grosse Einzelkredite müssten über 100 Faktoren ausgewiesen werden. «Das könnte dazu führen, dass kleine Anbieter Anschluss an eine Gruppe suchen, wie es etwa Clientis ist, die Lösungen bietet», fügt er an.

Eine Vereinfachung wäre willkommen

Willkommen wären nicht nur Verschärfungen, sondern auch Vereinfachungen, sagt Matthias Pfeifer. Der WIR-Manager führt das Thema Nachhaltigkeit an. Vor zwei Jahren habe man gedacht, dass man jedes Gebäude genau klassifizieren müsste. Pfeifer hofft, dass die SNB im Kreditmarkt Gnade walten lasse.

«Könnte eine starke Regulierung zu Finanzierungen durch nicht regulierte Kreditgeber führen?», kommt aus dem Publikum die Frage an die Diskussionsteilnehmer. Bereits in der Phase der Negativzinsen wurden Versicherungen als grosse Gefahr dargestellt, antwortet Martin. Sie hätten Kredite vergeben, aber das Volumen sei wenig relevant geblieben. Crowdfunding habe vor drei Jahren einen Rekordstand erreicht und sei seither wieder auf dem Rückgang. «Banken als Finanzierer lassen sich wegen ihrem Know-how im Riskmanagement, in der Finanzierung etc. nicht so einfach ersetzen», sagt Martin. Die Diskussionsteilnehmer sind sich einig, dass Nichtbanken mit den gleichen Regeln belegt werden sollten wie Banken, wenn sie Kredite vergeben.

Keine Zustände mehr wie in den 90ern 

«Renditeliegenschaften und Baukredite sind riskanter, also ist Basel III richtig», stellt jemand aus dem Publikum fest. Banken, die ihre Aufgaben nicht gemacht haben, hätten alle Kredite gleich eingestuft. «Würden so konservativ rechnende Banken nicht bestraft werden, wenn Basel III aufgeweicht würde, wie oft gefordert werde?»

«Es ist wichtig, dass diese unterschiedlichen Risikoeinschätzungen bestehen bleiben, wir müssen die unterschiedlichen Risiken besser differenzieren, und hier sind wir auf gutem Weg», antwortet Martin. Die SNB wolle nicht die Zustände der 90er zurück. Egli weist aber darauf hin, dass Regionalbanken in einem Mikrokosmos unterwegs seien. «Die Konditionen werden oft am Mitbewerber ausgerichtet, vielleicht kommt es jetzt aber eher zu einer Vereinheitlichung, fügt er an. Basel III sei eine internationale Regulation, resümiert Pfeifer. Die Schweiz brauche wegen hoher Zuwanderung aber mehr Wohnraum und benötige mehr Renditeliegenschaften. «Wir können nicht beschliessen, dass wir nur noch selbstbewohnte Liegenschaften bauen bzw. finanzieren», folgert er.

Auf Vertrauen kommt es an

Ein Teilnehmer im Publikum weist anschliessen darauf hin, dass die CS gezeigt habe, dass es nicht auf das gebundene Eigenkapital ankomme, sondern auf das Vertrauen. Einer Regionalbank bringe LCR und nicht Basel III schlaflose Nächte. LCR steht für Liquiditätsdeckungsquote (Liquidity Coverage Ratio) und ist eine regulatorische Kennzahl, die Banken verpflichtet, einen ausreichenden Puffer an liquiden Mitteln zu halten, um eine 30-tägige Stressphase zu überstehen. Banken müssen eine LCR von mindestens 100% aufweisen. «Das Problem ist, dass Banken die Liquidität nicht nutzen und nicht, dass sie nicht über die LCR verfügten», antwortet Martin auf diesen Einwand. Die Nationalbank wäre da, um den Regionalbanken Liquidität zur Verfügung zu stellen.

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