
«Schweizer Unternehmen im Spannungsfeld geopolitischer Herausforderungen», unter diesem Titel stellten sechs Unternehmen ihre Strategie mit den sich ändernden externen Einflüssen vor.
Veranstaltet von schweizeraktien.net in Zusammenarbeit mit der Helvetischen Bank und der Berner Kantonalbank stellten die Unternehmen Bystronic AG, Wolffkran Holding AG, Mikron Holding AG, Ascom Holding AG, Zehnder Group AG und Klingelnberg AG zunächst ihr Geschäftsmodell vor, um im Anschluss darüber zu sprechen, wie sie mit der neuen Weltlage umgehen und mit welchem – schön neudeutsch – Exposure sie in den USA konfrontiert sind.
Den Unternehmen ist gemeinsam, dass sie alle zwischen 10% und 20% ihres Geschäfts in den USA machen und dort eigene Produktionskapazitäten besitzen. Gemeinsam ist ihnen auch, dass es sich um Small Caps handelt, sie also von der Marktkapitalisierung her weit unter einer Milliarde Schweizerfranken liegen.
Preiserhöhungen durch Zölle sollen weitergegeben werden
Alle waren sich einig, dass die Zollmassnahmen der USA, sollten sie Bestand haben oder gar neue Zollhämmer auf die Industrie niederprasseln, sowie die damit verbundenen Preiserhöhungen an die Kunden weitergeben werden.
So geht Dr. Peter Schiefer, der Alleineigentümer der Wolffkran AG (das einzige Unternehmen in dieser Runde, das nicht an der SIX kotiert ist), davon aus, dass er eher Kräne in Saudi-Arabien bauen wird als in den USA, ganz einfach deshalb, weil er keine Möglichkeit der Produktion in den USA sieht. Dies, weil die Kosten z.B. von Stahl zu hoch sind und die Facharbeiter fehlen.
In den USA für die USA produzieren
Die Zehnder Gruppe, die Lüftungen und Radiatoren herstellt, hat ein wachsendes US-Geschäft, das mittlerweile 16% vom Gesamtumsatz ausmacht. René Grieder, der CFO, will denn auch in den USA für die USA produzieren. Weil die Unsicherheit so gross sei, setzt Grieder auf Regionalisierung. Es lohne sich für das Unternehmen sogar, in Kanada zu produzieren und in die USA zu exportieren, weil die hohen Lohnstückkosten in den USA damit nicht anfielen und die Zölle zwischen den beiden nordamerikanischen Staaten somit verschmerzbar seien. Aber auch Grieder geht von Preiserhöhungen aus.
«Wir brauchen Investitionssicherheit», sagte Philipp Kannengiesser, der CEO der Klingelnberg AG. Diese sei aber im Moment in den USA nicht vorhanden. Global vertreten sein, lokal handeln, das sei die Devise. Womit er in das gleiche Horn stösst wie Grieder von der Zehnder AG.
Kalina Scott, CFO der Ascom Holding AG, und Marc Desrayaud, CEO der Mikron Holding AG, sehen Stand heute beide nur wenige Produkte, die von den Zöllen betroffen sein könnten. Sollte sich aber die Makroökonomie wegen des Zollgehabes eintrüben, habe das natürlich Auswirkungen auf Ascom, befürchtet Scott. Noch aber sehe sie das nicht.
Bei der abschliessenden Paneldiskussion war schnell klar, wie einig sich die operativ und finanziell Verantwortlichen bei der Einschätzung der Lage sind. Die grössten drei Herausforderungen sieht Marc Desrayaud in der Unsicherheit, der Unsicherheit und der Unsicherheit. Auch Domenico Iacovelli von der Bystronic AG macht die Ungewissheit zu schaffen. «Wir sind dann in der Lage zu reagieren, wenn wir wissen, was passiert».
Verschiebung der tektonischen Platten
Iacovelli sprach die geopolitischen Verschiebungen an und mahnte, dass der China-Markt für die hiesigen Produzenten wohl nicht wieder komme. Es gebe viele Überkapazitäten in China, die nicht mehr kompensiert werden könnten. «Die tektonischen Platten haben sich unwiederbringlich verschoben», so Iacovelli.
Dem konnte Philipp Kannengiesser von Klingelnberg nur zustimmen. Und er warf den Fokus auf den für die Schweizer Unternehmen so wichtigen deutschen Markt. Er sei höchst skeptisch gegenüber dem Weg, welchen Deutschland in den vergangenen drei Jahren genommen habe. Jetzt gebe es aber mit dem neuen Kanzler Friedrich Merz einen Mentalitätswechsel, freute sich Kannengiesser.
Wie Kannengiesser fordert auch Iacovelli, dass Deutschland sich neu erfinden müsse. «‹Deutsche müssen wieder mehr arbeiten›, dieser Satz von Friedrich Merz hat mir sehr gefallen», so Iacovelli.
Nach Regierungswechsel ist Deutschland als starker Standort zurück
Es sei eine Illusion zu glauben, dass man nicht arbeiten muss. In Indien betrage die Wochenarbeitszeit 46 Stunden, deshalb habe das Land starke Wachstumsraten. In Deutschland sei durch Bürgergeld und Schwarzarbeit die Bereitschaft, einer geregelten Arbeit nachzugehen, zu wenig vorhanden, sagte der deutsche CEO von Klingelnberg. Aber er habe auch Hoffnung und Zuversicht; die DNA Deutschlands als starker Standort sei mit dem Regierungswechsel wieder vorhanden.
Starker Schweizer Franken als Fitnessprogramm

Das Schlusswort gehörte dem Co-Gastgeber Remo Rosenau von der Helvetischen Bank. Er rückte den Schweizer Franken in das Zentrum seiner Betrachtungen. «Der starke Schweizer Franken ist mühsam. Er zwingt die Unternehmen, effizienter zu werden». Eine starke Währung sei ein Fitnessprogramm für alle Unternehmen; für diese Aussage erhielt der Banker aus dem Publikum spontanen Applaus. Längerfristig sei Unabhängigkeit ein extrem hohes Gut, dem schloss sich auch Kannengiesser an.
Fazit
Es wurde sehr deutlich, dass die mittelständischen Schweizer Unternehmen in erster Linie unter der Unsicherheit leiden, die das Hin und Her von jenseits des Atlantiks verursacht. Und dass sie für alle Fälle gerüstet sind. Preiserhöhungen bei entsprechenden Zöllen gehören ebenso zur einhelligen Folgerung wie auch das Hinterfragen von Produktionsstandorten. Deutlich wurde aber auch, dass Firmen mit einer starken Marktstellung und einer soliden Bilanz aus der aktuellen Krisenlage gestärkt hervorgehen werden. Für Anleger bieten sich daher im aktuellen Umfeld durchaus interessante Chancen, auch und gerade unter Schweizer Industrietiteln.
Die Präsentationen der Unternehmen finden Sie hier zum Download.