Gondrand: Basler Spedition weitet Verlust im 2014 deutlich aus – neues Management soll’s richten

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Geht für die Camions der Gondrand die Sonne nochmals auf? Quelle: Gondrand Holding AG
Geht für die Camions der Gondrand die Sonne nochmals auf? Quelle: Gondrand Holding AG

Die Gondrand Holding AG blickt auf ein sehr schwaches Geschäftsjahr 2014 zurück. Wie VR-Präsident Julien Houart den Aktionären an der GV berichtete, habe der starke Rückgang der Umsätze zu einem hohen Verlust im Geschäftsjahr 2014 geführt. Die Gesellschaft habe durch mehrere von den Agenten im internationalen Geschäft nicht erhaltene Gelder hohe Verluste erlitten. Wie Houart auf Nachfrage einräumte, besteht eine nur geringe Wahrscheinlichkeit, dass diese Forderungen auf dem Rechtsweg eingetrieben werden können. Die in Basel ansässige Speditionsgesellschaft verlor im Jahr 2014 auch das Blumengeschäft in der Schweiz und den Niederlanden an einen Konkurrenten. Wie dem Geschäftsbericht zu entnehmen ist, geht dieser Verlust auf „fragliche“ Aktionen von Dritten zurück.

Heftige Kritik am früheren Management

Seit mehreren Jahren schreibt Gondrand Verluste, die im letzten Jahr nochmals massiv anstiegen. Die schwachen Zahlen veranlassten wie bereits in den Vorjahren mehrere Aktionäre dazu, heftige Kritik an der Gesellschaft zu üben. Unter anderem wurde dem Management vorgeworfen, wiederholt nur Entschuldigungen für die schlechten Ergebnisse abzuliefern, aber keine Lösung für ein Ende der misslichen Lage herbeizuführen. Einhellig als kleiner Hoffnungsschimmer wurde die Einsetzung eines neuen Managementteams im März 2015 bezeichnet. Der bisherige CEO Olivier Houart trat im März 2015 von seinem Amt zurück und legte auch gleichzeitig sein VR-Mandat nieder. Zum neuen CEO benannt wurde Volker Henze, der zugleich auch noch Vizepräsident des Verwaltungsrats wurde. Henze zur Seite gestellt wurde Anthony Ranson als COO. Diese Neuaufteilung des Managements entspricht einer Aufteilung des Postens des Firmenchefs, wie dem Geschäftsbericht entnommen werden kann. Diese Massnahme dürfte vor allem dem anhaltend schwachen Geschäftsgang des ersten Quartals 2015 geschuldet sein. Wie dem Geschäftsbericht zu entnehmen ist, wurde im ersten Quartal 2015 nochmals ein Verlust erzielt, welcher das Jahresergebnis „stark beeinflussen“ (im englischen Originaltext largely impacted) wird. Die anhaltende Verschlechterung müsse zuerst gestoppt werden, und effiziente Massnahmen zur Behebung der aktuellen Situation müssen durchgeführt werden.

Verlust deutlich ausgeweitet

Im Geschäftsjahr 2014 verzeichnete Gondrand ein Minus der Gesamteinkünfte gegenüber dem Vorjahr aus den Transportleistungen um 9.7% auf 338.8 Mio. CHF. Etwas stärker fielen die Warenkosten mit minus 10% auf 183.3 Mio. CHF, während die Aufwendungen für Zoll und Steuerabgaben sogar um 13.5% auf 72.1 Mio. CHF sanken. Dennoch resultierte ein Rückgang des Bruttogewinns aus dem Transportgeschäft um 5.4% auf 83.3 Mio. CHF. Lediglich aus dem im Geschäftsbericht abgedruckten Diagramm mit der Umsatzaufteilung der einzelnen Sparten in Prozenten der Transportleistungen lässt sich die Spartenentwicklung ermitteln. An erster Stelle der Einnahmen stehen mit 28% des Bruttogewinns die sonstigen Serviceleistungen, die im Berichtsjahr um 2% auf 23.3 Mio. CHF sanken. An zweiter Stelle folgten mit 23.4% die Logistikleistungen, die marginal um 0.1% auf 19.5 Mio. CHF zulegen konnten. Noch im Vorjahr an zweiter Stelle standen die Strassentransporte, die im Berichtsjahr deutlich um 15.1% auf 19.1 Mio. CHF sanken. Auch beim Seefrachtgeschäft verzeichnete Gondrand eine Einbusse um 8.1% auf 11.6 Mio. CHF. Ein leichtes Plus um 0.5% auf 9.8 Mio. CHF verzeichneten die Luftfrachten.

Auf der Kostenseite gelang bei den Personalausgaben eine Reduktion um 5.2% respektive minus 3.3 Mio. CHF auf 60.6 Mio. CHF. Gleichzeitig stiegen aber die übrigen Geschäftsaufwendungen um 9% bzw. plus 3.7 Mio. CHF auf 27.2 Mio. CHF an. Dieser Anstieg wird mit den Restrukturierungskosten begründet. Im Ergebnis resultierte ein Betriebsverlust vor Abschreibungen und Finanzierungsaufwendungen (EBITDA) in Höhe von 3.7 Mio. CHF nach einem knapp positiven Wert in Höhe von 84’000 CHF im Vorjahr. Während die ordentlichen Sachabschreibungen um 200’000 CHF auf 3.5 Mio. CHF zurückgingen, wurden zusätzliche Abschreibungen auf Immobilien in Höhe von 1.1 Mio. CHF getätigt und Rückstellungen für gefährdete Forderungen von 1.3 Mio. CHF gebildet. Dies führte zu einer massiven Verschlechterung des Betriebsergebnisses (EBIT), das nach minus 3.65 Mio. CHF im Vorjahr auf minus 9.7 Mio. CHF fiel. Negativ auf das Ergebnis wirkte sich der um 1.3 Mio. CHF auf 2 Mio. CHF gestiegene Nettofinanzaufwand aus. So resultierte unter dem Strich ein Reinverlust von 11.2 Mio. CHF nach 4.2 Mio. CHF im Vorjahr.

Keine grossen Hoffnungen für 2015

Für das laufende Jahr machte die Geschäftsleitung auch nach massiven Interventionen seitens der Aktionäre keine detaillierteren Angaben zu den geplanten Budgets. Es wurde lediglich deutlich, dass auch für 2015 ein weiterer Verlust zu erwarten sei. Erst für 2016 werde der operative Turnaround angepeilt. Der VRP bezeichnete die Gesellschaft als einen langsam fahrenden Zug, der allmählich wieder an Fahrt aufnehme. Mit dem neuen Management sei die Gesellschaft wieder „im Spiel“.

Die Geschäftszahlen der Gondrand für 2014 können nur als schwach bezeichnet werden. Es ist daher zu verstehen, dass die Aktionäre Kritik üben. Inwieweit die teilweise sehr harschen Kritiken der Aktionäre gerechtfertigt sind, steht auf einem anderen Blatt. Während andere Unternehmen der Logistikbranche mit guten bis sehr guten Zahlen aufwarten, erzielte Gondrand nicht nur im 2014 Verluste. Nicht von der Hand zu weisen sind auch die Aktionärskritiken, wonach Gondrand erheblich an Renommée eingebüsst hat. Aktuell ist die Gesellschaft mit den Aufräumungsarbeiten beschäftigt. Ob es für den erfolgreichen Turnaround, wie einige Aktionäre erwähnten, zu spät ist, ist offen. Klar ist in jedem Fall, dass erhebliche Fehler gemacht wurden, die den Aktionären sehr viele Verluste eingebracht haben.

Nur wenig Licht ins Dunkel der möglichen Ursachen der Verluste brachte auch eine Sonderprüfung, die von Aktionären angestrengt wurde. Hierbei ging es um ein Darlehen von Gondrand an das Transportunternehmen Planzer, ein direkter Konkurrent, und den Kauf eines Aktienpakets von Planzer an Gondrand. Der in Frage gestellte Zusammenhang der beiden Transaktionen wurde durch die Prüfung bestätigt. Allerdings ist dieser mittlerweile obsolet geworden, da die Gondrand das Darlehen gekündigt hat. Dies geschah im Nachgang zu „als feindlich einstufbarem Verhalten“ von Planzer gegenüber Gondrand. Wie der an der GV von Gondrand anwesende Vertreter von Planzer bestätigte, wurde die Darlehenssumme zum Fälligkeitstag, dem Tag der GV, bezahlt. Hiervon erfuhr der VR eigenen Angaben zufolge auch erst an der GV. Die Frage nach einer möglichen Verpflichtung von Gondrand, die Aktien zurückzukaufen, wurde ebenfalls vom Vertreter der Planzer mit einem klaren Nein beantwortet. Somit besteht keine Verpflichtung aus diesem Vorgang, der kein gutes Licht auf die Verantwortlichen von Gondrand wirft. Insbesondere sehr grossen Anlass zur Kritik gibt die Tatsache, dass die Aktionäre erst über eine Sonderprüfung Auskünfte zu dem Deal erhalten konnten.

Die Aktien von Gondrand werden auf der ausserbörslichen Handelsplattform OTC-X der Berner Kantonalbank (BEKB) gehandelt. Bei der Bewertung ist zu berücksichtigen, dass die Gesellschaft drei Aktienkategorien besitzt. Offiziell handelbar sind derzeit lediglich die insgesamt 41’400 Prioritäts-Inhaberaktien mit einem Nennwert von 100 CHF. Weiterhin besitzt die Gesellschaft 10’000 Inhaber-Stammaktien à 4 CHF und 200 Inhaber-Stammaktien à 100 CHF. Die handelbaren Titel wurden letztmalig zu Kursen von 805 CHF umgesetzt. Dieser Wert liegt deutlich unter dem ausgewiesenen Buchwert per Jahresende 2014. Neben den als ordentlich einzustufenden Bilanzkennzahlen, die eine Eigenmittelquote von 44.6% aufweisen, ist dies das einzige Argument, welches für ein Investment in die Aktien von Gondrand spricht. Allenfalls vorhandene stille Reserven sind, angesichts der Risiken weiterer Abschreibungen auf das Anlagevermögen, nicht als mögliche Argumente für einen Erwerb der Titel anzusehen. Dies zeigt auch die Entwicklung des Eigenkapitals auf, das im Geschäftsjahr 2014 um fast 15% respektive 10.1 Mio. CHF auf 59.4 Mio. CHF fiel. Die Papiere verfügen daher derzeit nicht über Anlagequalität.

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