Schweizer Versicherungsaktien: Unsichere Dividenden, mangelnde Fristenkongruenz und Konsolidierungsdruck – wie die Versicherungsmathematik durch Notenbanken und Regierungen zur Ungleichung wird

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Kommt auf die Versicherten aufgrund der tiefen Rendite eine böse Überraschung zu? Bild: fotolia.de
Kommt auf die Versicherten aufgrund der tiefen Rendite eine böse Überraschung zu? Bild: fotolia.de

Eigentlich haben die Versicherungen die Finanzkrise von 2008 und die schwierigen Jahre danach bisher mit Bravour gemeistert. Die Gewinne sind zwar gesunken, blieben aber stets positiv. Die Bilanzen sind unverändert solide. Doch bei Anlegern sind Assekuranztitel trotzdem nicht gerade beliebt. Die Dividendenrenditen bis zu 6% werden eher als Warnsignal interpretiert. Zu Recht, denn das dicke Ende kommt noch.

Während Banken direkt und unmittelbar von Krisen und Crashs betroffen sind und deshalb in aller Regel schnell reagieren, ist das Risikoprofil bei Versicherungen ganz anders gelagert. Sie investieren langfristig, denn vor allem müssen die Versicherungen ihre zukünftigen Zahlungsverpflichtungen erfüllen können – aus Schadensfällen, Unfällen, Katastrophen und dem Ableben der Policenhalter im Kapitallebensversicherungsgeschäft.

Anleihen dominieren Versicherungsanlagen

Mehr noch als bei den Pensionskassen liegt der Schwerpunkt der Portfolien in der Versicherungswirtschaft traditionell bei Anleihen. Über Jahrzehnte hat das Geschäftsmodell auch bestens funktioniert. Langlaufende Staatsanleihen und dazu in geringerem Mass Unternehmensanleihen guter Bonität machen rund 75% des Anlagevolumens aus. Immobilien, Aktien und in sehr geringem Umfang Alternative Anlagen wie Infrastruktur, Private Equity oder Agrarflächen bilden abgesehen von Liquidität den Rest.

Das meiste Geld fliesst in Staatsanleihen: Asset Allocation von 32 europäischen Versicherungsgesellschaften.

Solange die Anlageergebnisse in einem „normalen Zinsumfeld“ zufriedenstellend waren, erzielten die Versicherungen die Differenz zu ihren Kosten als Gewinn. Nach Schätzung von Experten der Aufsichtsbehörden benötigen die Versicherungen heute ein Anlageergebnis von rund 4% p.a., um kostendeckend arbeiten zu können. Demgegenüber liegen aufgrund des seit Jahren niedrigen bis negativen Zinsumfeldes die Anlagerenditen tatsächlich nur bei 2% bis 2.5%.

Garantieverzinsung und Nullzinspolitik

Der wohl wichtigste Faktor für die mageren Anlageergebnisse ist die seit 2008 von nahezu allen Notenbanken verfolgte Nullzinspolitik, die in der Schweiz sogar in eine Negativzinspolitik übergegangen ist. Folge: Versicherungen und andere Kapitalsammelstellen können Neuanlagen und Wiederanlagen endfälliger Anleihen nur zu den vorherrschenden Marktbedingungen tätigen. Und das bedeutet eine kontinuierliche Schmälerung der Gesamtrendite. Die liegt bei den Lebensversicherern in immer höherem Ausmass unter den Garantieverzinsungen, die, je nach Land, 50% bis 84% des Policenbestandes betreffen.

Mit Staatsanleihen allein lassen sich die Garantiezinsen der Lebensversicherungen nicht verdienen: Garantierte Zinsen von Lebensversicherungen im Vergleich zur Rendite von Staatanleihen (2009Q2-2015Q4).

Strukturelle Diskrepanzen

Als Folge der Strukturveränderungen an den Bondmärkten haben Versicherungen und Pensionskassen ein strukturelles Problem mit der Fristenkongruenz. So gelten heute 10-jährige Anleihen schon als „very long bonds“, während die früher sehr verbreiteten 30-jährigen Staatsanleihen stark an Bedeutung verloren haben. Die Staaten haben während der langen Phase rückläufiger Inflation(serwartungen) ständig die Laufzeiten der emittierten Anleihen verkürzt, um die Zinslast trotz steigender Schulden zu verringern, da Kurzläufer bei normaler Zinsstrukturkurve tiefere Zinsen bieten.

Doch aus Sicht des Lebensversicherers sieht die Sache anders aus. Eine Police über 1 Mio. CHF, 1990 abgeschlossen und 2025 fällig, ist mit einer Garantieverzinsung ausgestattet, die auf Basis des damaligen Zinsumfeldes über den nun seit Jahren üblichen Sätzen liegt. Mangels langlaufender Anleihen bleibt der Versicherung nur, in kürzere Laufzeiten zu investieren. Es liegt nicht an mangelndem Sachverstand oder der fehlenden Verantwortung der Assekuranz, sondern an den von Staaten und Notenbanken diktierten Marktbedingungen, dass die ganze Industrie ihr „ehernes“ und über allem sonst stehendes Gebot der Fristenkongruenz nicht umsetzen kann. Dies hat weitreichende Auswirkungen.

Hohe Wettbewerbsintensität

Sollten die deflatorischen Kräfte weiterhin zu Disinflation und einem Zinsniveau nahe null führen, wird die Substanz der Versicherungswirtschaft sukzessive ausgehöhlt. Diese Befürchtungen schlagen sich seit längerem in der Bewertung der Aktien an der Börse nieder. Dazu kommt, dass die angezählten Versicherungsgesellschaften von zunehmend vielen Seiten unter Wettbewerbsdruck kommen. So drängen Hedge Funds und Pension Funds sowie Private Equity Investoren mit immer grösserer Macht in die lukrativen Sparten wie Katastrophenversicherungen vor. Deren Anteil an den „Speziellen Risiken“ liegt inzwischen bei über 12%. Im Rückversicherungsgeschäft ist das Kapital seit 2008 um 70% durch Alternative Finance gestiegen und drückt auf die Prämienfestsetzungsspielräume.

Digitale Disruption im Versicherungsgeschäft

Ein weiteres Einfallstor bildet die Digitalisierung, die inzwischen auch den Versicherungsbereich erreicht hat. Sogenannte InsurTech-Unternehmen verändern die Kundenerfahrung und gewinnen durch sympathische und intuitive Interfaces immer mehr Marktanteile. Millennials managen ihre Versicherungen auf dem SmartPhone und vergleichen und wechseln mit einem Klick. Die alte Markentreue ist dahin. Das Image der Versicherungsgesellschaften wirkt zunehmend anachronistisch und ist aus Sicht des privaten Endverbrauchers kaum attraktiv.

Revival der Langläufer

Angesichts des aus Emittentensicht attraktiv niedrigen Zinsniveaus ist inzwischen die Bereitschaft der Staaten gestiegen, mehr Langläufer zu begeben. Sogar 100-jährige Anleihen, z.B. von Mexiko und Belgien, sind emittiert worden. Auch die Infrastrukturinvestitionen, die Trump angekündigt hat, sollen durch sehr langfristige Bonds finanziert werden. Dies erleichtert es den Versicherungen und Pension Funds, auf eine wieder gesündere Fristenkongruenz hinzuarbeiten, denn, wie jeder Banklehrling weiss, besteht das ultimative Existenzrisiko für Finanzinstitutionen darin, ihre langfristigen Vermögenswerte bei vollem Zinsänderungsrisiko kurzfristig zu refinanzieren.

Laufzeiten und Liquidität

Da es hierbei um grosse Kapitalien geht und auch die Bondmärkte trotz ihrer nominalen Grösse nicht mehr so liquide wie vor 2008 sind, könnte es zu einem Feedback-Loop durch die Verlängerung der Laufzeiten bei den Kapitalsammelstellen kommen. Zum einen sind die Notenbanken selbst durch die QE-Massnahmen zur grössten Gruppe von Anleihehaltern geworden. Zum anderen ist die Liquidität ganz erheblich durch Regulierungsschritte seit 2008 verringert worden. So dürfen die sogenannten Broker-Dealer keine grossen Anleihebestände in ihren Büchern haben, ohne entsprechend angehobene Kapitalunterlegung. Die Akteure sind nicht bereit, die zusätzlichen Kosten und Risiken für die Bereitstellung von Liquidität am Markt zu übernehmen. Folge: Auch an den einst superliquiden low-beta-Bondmärkten kommt es zu Flash-Crashs und hoher Volatilität.

Die Zentralbanken sind eine erstzunehmende Konkurrenz der Versicherungen geworden: Staatsanleihen im Besitz von Zentralbanken als Prozentsatz der Schuldpapiere eines Staates. (September 2016).
Die Zentralbanken sind eine erst zu nehmende Konkurrenz der Versicherungen geworden: Staatsanleihen im Besitz von Zentralbanken als Prozentsatz der Schuldpapiere eines Staates. (September 2016).

Die zu erwartende höhere Nachfrage nach Langläufern wird trotz des höheren Angebots dann den Effekt haben, dass die Kurse steigen und die Renditen fallen, was mangels Markttiefe die eigentliche Intention konterkariert. Eine Paradoxie, die eine Folge der Marktmanipulationen durch Regierungen und Notenbanken ist, wo doch zuvor die „freien“ Bondmärkte zum Nutzen aller Marktteilnehmer bestens funktioniert haben. Auch in der seriösen ökonomischen Fachliteratur wird das „Financial Repression“ genannt. Es ist ein Symptom aufgeblähter Staatsapparate, die sich immer weiter ausdehnen und die Privatwirtschaft, den eigentlichen Motor der wirtschaftlichen Entwicklung, ersticken. Dabei geht es um Macht und Machterhalt, und deshalb wird sogar die Altersversorgung der Bevölkerung riskiert, ebenso die Pensions- und Versicherungswirtschaft, die unter „korrumpierten“ und „pervertierten“ Marktbedingungen zum ersten Mal seit Jahrhunderten nicht mehr wirtschaftlich arbeiten und damit ihrer volkswirtschaftlichen Funktion gerecht werden kann.

Legende: Die Lebensversicherungen verdienten in den letzten Jahren ihre Kapitalkosten nicht mehr. Quelle: Global Insurance Market Report 2016

Nachfrage in G7-Ländern stagniert

Auch das schwache Wirtschaftswachstum in der Schweiz, in Europa, in der ganzen ersten Welt ist eine Folge zu hoher Staatsschulden, zu hoher Steuern und mangelnder Investitionen. As Folge der schwachen Nachfrage liegt das globale Prämienwachstum 2016 nur bei anämischen 2.4%, und soll 2017, so die Swiss Re Prognose, weiter auf 2.2% fallen. In den G7-Ländern sind es nur 1.3%, in Asien 8 bis 9%, in den Emerging Markets 5 bis 6%. Viele Versicherungsgesellschaften aus Nordamerika, Europa und Japan kaufen sich gezielt in den wachstumsstärkeren Regionen ein, wobei kulturelle Differenzen zu Brasilien, Marokko oder Indonesien nicht immer zu einer optimalen Integration führen.

Auch wenn es immer wieder mal Neugründungen gibt, so nimmt doch durch M&A-Transaktionen die Anzahl der Versicherer seit Jahren kontinuierlich ab. Kostensenkung durch Zusammenlegung von Administration, Asset Management, Vertrieb usw. ist eine der wenigen Möglichkeiten, um die Überlebenschancen zu verbessern. Weitere Motive sind geografische Diversifikation, Skaleneffekte, niedrigere Kapitalkosten, vertikale Integration und Zugang zum Kapitalmarkt.

Optionen für Versicherer

Es gibt im Grunde zwei Wege, die Versicherungsgesellschaften einschlagen können, um besser abzuschneiden. Einer besteht darin, die Anlageergebnisse zu steigern, was mehr Risiko beinhaltet. Eine typische Massnahme besteht darin, die Quote der Unternehmensanleihen zu erhöhen, die in den USA und Europa rund 20% im Anlagemix ausmachen, aber in Japan bereits 40%. Dazu kommen in geringerem Ausmass unbesicherte High-Yield Bonds, Emerging Market Bonds, Hypotheken und Kommunaldarlehen sowie Alternative Anlagen. Hedge Funds und Private Equity machen aber nur 1 bis 2% der Assets aus und können somit die Ergebnisse kaum verbessern. So oder so: Nach herkömmlicher Betrachtungsweise verschlechtert sich das Risikoprofil.

Der zweite Weg zielt darauf ab, die Risiken im Neugeschäft auf die Policenhalter zu verlagern, z.B. durch fondsgebundene Kapitallebensversicherungen und andere innovative Strukturen, bei denen keine Garantien die Verzinsung betreffend abgegeben werden. Ohne Garantien bindet das Lebensversicherungsgeschäft weniger Kapital. Für den Zeitraum 2010 bis 2013 lagen die Eigenkapitalkosten der Lebensversicherungsindustrie bei 9.6%, der Return-on-Investment jedoch nur bei 8.8%, was bedeutet, dass Kapital vernichtet wird.

Solvency II

Seit Anfang 2016 gelten die Solvency II-Regeln für die Versicherungswirtschaft, wenngleich grosszügige Übergangs- und Anpassungsfristen die Umstellung schmerzarm machen sollen. Wesentliches Merkmal ist, dass nun Aktiva und Passiva zu Marktwerten zu bilanzieren sind und nicht mehr nach Buchwerten (Anschaffungspreis). Das Eigenkapital der Versicherung ist definiert als das, was übrig bleibt, wenn die Verbindlichkeiten von den Vermögenswerten abgezogen werden. Das Eigenkapital fungiert als Risikopuffer und muss ausreichend gross sein, um jegliche Schwankungen absorbieren zu können. Dies trifft weitgehend auf die grossen Gesellschaften zu, nicht jedoch auf viele der kleineren Versicherungsgesellschaften. Bei der Mark-to-Market-Bewertung, wie jetzt gefordert, führen sinkende Zinsen zu höheren Verbindlichkeiten, was kritisch sein kann.

Schweizer Assekuranz

Für Schweizer Versicherungsunternehmen, sofern sie nicht in anderen Währungen bilanzieren wie Swiss Re und Zurich, sind die Marktbedingungen besonders schwierig geworden. Die Aktien werden trotz hoher Dividendenrenditen von den Investoren eher gemieden. Vieles weist darauf hin, dass, wie schon in den Jahren 1995 bis 1998 und 2005 bis 2008, eine Konsolidierungswelle in der Assekuranz Form annimmt. Diese ist von grenzüberschreitender Natur, und ob ausgerechnet der saturierte Hochpreismarkt Schweiz als attraktiv eingeschätzt wird, ist fraglich. Möglich ist auch, dass die Werte der zweiten Reihe mit Marktkapitalisierungen von 5 bis 10 Mrd. CHF wie Baloise, Helvetia und Swiss Life grössere Einheiten bilden. Bei Helvetia und Zurich sind zudem seit 2016 neue CEOs im Amt, die mit einem beschleunigten Anpassungsprozess Impulse setzen könnten. So oder so: Solange kein signifikant höheres Zinsniveau erreicht wird, blutet die Assekuranz langsam aus. Nahezu jede M&A-Kombination würde daher aus einer Position der Schwäche erfolgen. Aus Aktionärssicht würden grössere Einheiten lediglich das Verlustlevel durch Realisierung von Kostensenkungspotenzialen etwas reduzieren. Echter Mehrwert würde wohl in den meisten Fällen nicht geschaffen.

Kurs Dividendenrendite KGV Eigenkapitalrendite (ROE) Market Cap Mrd. CHF
Baloise 130 3.8% 12x 9.1% 6.5
Helvetia 564 3.3% 20x 5.2% 5.6
Swiss Life 310 2.8% 11x 7.0% 10
Swiss Re 94 4.8% 8x 13.2% 35
Vaudoise* 519 2.3% 9x 8.6% 0.5
Zurich 280 6.0% 12x 10.4% 42
*Vaudoise ist genossenschaftlich organisiert und nicht vergleichbar. Quelle der Zahlen: SIX

4 Kommentare

  1. Sehr geehrter Herr Serrar

    Sind sie sicher, dass da alles stimmt, was sie schreiben? Meines Wissens haben die CH-Versicherer das ALM sehr im Griff. Die SwissLife welche diesem Risiko stark ausgesetzt ist hat aktuell ein Duration Gap von 0.4 Jahren. Das ist mehr oder weniger nichts und minimiert diese Risiken gegen Null.
    Viele der von ihnen erwähnten Versicherer sind zudem hauptsächlich Sachversicherer, wo das Anlageergebnis zwar wichtig ist, die Combined Ratio aber deutlich mehr Gewicht hat, denn ist diese deutlich unter 100, wird eine Versicherung nie untergehen.

    Freundliche Grüsse
    A. Zahner

    • Sehr geehrter Herr Zahner,

      vielen Dank für Ihre guten Argumente und Fragen. Ja, alles ist gründlich recherchiert und verifiziert. Als Quelle beziehe ich mich auf die jährlichen Berichte der IAIS International Association of Insurance Supervisors, deren Datenmaterial m.E. zuverlässiger ist als das anderer Quellen. Der letzte erschien übrigens erst im Januar 2017: http://www.iaisweb.org/file/64547/2016-global-insurance-market-report

      Allerdings ist es eine Top-Down Betrachtung ohne Berücksichtigung einzelner Unternehmen. Sie haben völlig zurecht darauf aufmerksam gemacht, dass bei Swiss Life das Duration Gap sehr gering ist, im Durchschnitt aller Gesellschaften liegt es jedoch sehr viel höher. Es ist auch klar, dass es in der Schweiz diverse Eigenheiten gibt. Z.B. machen Immobilien 15% der Asset Allocation aus (laut Finma) vs. 2-3% im Branchendurchschnitt. Die steigenden Kurse z.B. bei Helvetia und Swiss Life, sind ja auch Ausdruck dessen, dass etwas richtig gemacht wird. Die Kernfrage ist aber, wie die Industrie langfristig bei den gegebenen Marktbedingungen und den langfristigen Verpflichtungen nachhaltig wirtschaftlich arbeiten können wird. Bspw. liegt die durchschnittliche Laufzeit der ausstehenden US Gov Bonds unter 6 Jahren, die US-Lebensversicherer haben die Duration ihrer Bonds von 7.2% in 2009 auf 7.6% in 2014 verlängert. Die Rendite liegt unter den Garantiezinsen. In Europa sieht es nicht sehr viel anders aus. Anders ausgedrückt: Bei einem Zinsumfeld, das weiterhin an der Nulllinie verläuft, bläst der Industrie ein Gegenwind ins Gesicht. Aus Anlegersicht sind Industrien mit säkularem oder zyklischem Aufwind zu bevorzugen. Selbst wenn es zu M&A-Transaktionen kommen sollte, denke ich, dass die Prämien unterdurchschnittlich sein werden, vielleicht 20%. Das Kursrisiko liegt wohl in ähnlicher Höhe.

      Was genau erscheint Ihnen denn unwahrscheinlich? Wie sieht Ihre Dividendenprognose aus? Wie könnte die Konsolidierung vonstatten gehen oder kommt sie gar nicht? Ich denke, durch Ihre Einblicke können alle Leser und auch der Autor nur gewinnen.

      Beste Grüsse

      Karim Serrar

      • Sehr geehrter Herr Serrar

        Meine Gedanken beziehen sich nur auf die CH-Aktien, welche sie auflisten, alle anderen Märkte kenne ich zuenig.

        In der Schweiz ist der Markt zwar gesättigt, dank der seit der letzten Krise von den Versicherern geübten Zurückhaltung bei der Prämiengestaltung, aber sehr profitabel. Die Combined Ratios sind sehr gesund. Die ALM’s im Griff. Wieso man da von einem Ausbluten sprechen soll, ist mir ein Rätsel.

        Im Gegenteil, ich erwarte, dass die Versicherungen ihre Ausschüttungen erhöhen werden, da sie das Kapital aufgrund der geringen Wachstumsmöglichkeiten im Heimmarkt nicht horten müssen.

        Aus demselben Grund sehe ich auch keine Beschleunigung der Konsolidierung. Es lent sich ganz gut in diesem Oligopol. Weitere Zusammenschlüsse in der Schweiz würden wohl auch die Wettbewerbsbehörden aufschrecken. In meinen die einzige noch mögliche Braut auf dem Markt ist die Vaudoise Assurances, welche aber aufgrund ihrer Eigentümerstruktur und dem Genossenschaftsgedanken, wohl nur schwer zu knacken ist. Wenn dann wohl am ehesten von der Mobiliar.

        Wie auch immer, die von ihnen angesprochenen Riskien sind wohl real, aber nicht in der CH-Versicherungslandschaft. Zudem betreffen sie eher die Lebensversicherungen und vielleicht noch die Rückversicherungen. Da ist aber die SwissLife mit dem ausgeglichen ALM gut gewappnet und die SwissRe erziehlt mittlerweile höchstens noch 2/3 ihrer Erträge im Rückversicherungsgeschäft.

        Beste Grüsse
        Anton Zahner

        • Sehr geehrter Herr Zahner,

          besten Dank für Ihre Expertise und die Gesundheitsbescheinigung für die
          Schweizer Versicherungen. Ich denke, dass für Sie das Glas halb voll ist,
          und für mich halb leer. Ausnahmeunternehmen kann es geben, und Swiss Life
          scheint eines zu sein. Danke für den Hinweis. Profitable Oligopole locken
          aber eher früher als später Wettbewerber an, was ja gut für Konsumenten und
          die Marktwirtschaft ist.

          Ich sehe trotzdem Risiken neben dem Tiefzinsniveau, das keine ausreichenden
          Anlageergebnisse erlaubt. So ist die Autoversicherung bei vielen
          Gesellschaften die eigentliche Cash Cow. Car-Sharing, Verzicht,
          Urbanisierung der Innenstädte, schärfere Grenzwerte und zukünftig
          selbstfahrende Autos mit weniger Unfällen werden gravierende Auswirkungen
          haben. Die digitale Disruption ist heute bei Versicherungen noch kaum
          spürbar, doch in fünf Jahren wird das auch wegen der Konsumgewohnheiten der
          Millennials wohl anders aussehen.

          Für Investoren ist zur Einschätzung der Wachstumsperspektiven in der
          Industrie alles gesagt, wenn Zurich zukünftig 75% der Gewinne ausschütten
          will.

          Schliesslich, in der sehr langfristigen Betrachtung, gefällt mir nicht, dass
          alle relevanten Indices noch immer nicht ihre historischen Hochs aus der
          Zeit der Jahrtausendwende oder davor wieder erreicht haben. Das ist bei
          risikoaverser Perspektive genauso ein Alarmsignal wie die hohen
          Dividendenrenditen. Vor ca. 30 Jahren lagen die Renditen von Staatsanleihen
          bei einem Vielfachen der niedrigen Dividendenrenditen der Versicherungen.
          Deren Geschäftsmodell scheint nur in einem inflationären Umfeld richtig zu
          funktionieren.

          Viele Grüsse

          Karim Serrar

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