Reishauer: Maschinenbauer plant Investitionen und Neubau am Standort Wallisellen

Umsatz kletterte 2017 auf 391.5 Mio. CHF.

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Reishauer verlagert die Produktion nicht ins Ausland: In Wallisellen sollen ab 2019 neue Produktionshallen entstehen. Bild: zvg

Die Reishauer Beteiligungen AG blickt auf ein erfreuliches Geschäftsjahr 2017 zurück. Dank der sehr guten Konjunktur gepaart mit einer Haussestimmung an den Finanzmärkten konnte der Maschinenbauer doppelt profitieren. So zogen die Umsätze in den beiden Tochtergesellschaften Reishauer AG in Wallisellen und der in Königsbach-Stein (Deutschland) domizilierten Felsomat GmbH & Co. KG um fast 20% auf 391.5 Mio. CHF an. Massgeblich verantwortlich für das Plus war die positive Entwicklung von Felsomat. Die Automobilindustrie einschliesslich ihrer Zulieferer stellt die wichtigste Kundengruppe des Unternehmens dar.

Die Reishauer AG hat sich auf die Herstellung von Wälzschleifmaschinen und Diamant-Abrichtwerkzeugen zur Hartendbearbeitung von Getriebezahnrädern spezialisiert, während das deutsche Tochterunternehmen Felsomat Wälzfräsmaschinen für Zahnräder und Automationsanlagen fertigt. Aktuell befindet sich die gesamte Branche in einer noch nie dagewesenen Umbruchphase, deren Ausgang ungewiss ist. Selbst die Hersteller sind sich nicht einig über die zukünftige Antriebstechnik bei den Automobilen: Verbrennungsmotoren, reine Elektroantriebe oder hybride Fahrzeuge. Für die Reishauer-Gruppe ist indessen nicht entscheidend, welche Technik zukünftig zum Einsatz kommt. Schliesslich werden bei allen Antriebssystemen Zahnräder benötigt. Lediglich deren Zahl fällt unterschiedlich aus. Während bei einem aktuellen konventionellen Getriebe an einem Benzinmotor mit acht Gängen sechzehn geschliffene Zahnräder zum Einsatz kommen, sinkt deren Zahl bei Hybridantrieben auf zehn. Bei den Elektroautos werden gar nur noch sechs Zahnräder benötigt. Allerdings ist Felsomat in Sachen Elektroantrieb schon soweit, dass das Unternehmen als einer der wenigen Hersteller weltweit einen elektrischen Antrieb fertigen kann.

Anforderungen an Zahnräder steigen

Die in den Getrieben eingesetzten Zahnräder müssen immer höheren Anforderungen genügen. Neben der tieferen Lärmemission für Getriebe steigen auch die geometrischen Anforderungen deutlich an. So liegt die Drehzahl bei den elektrischen Antrieben wesentlich höher bei einer gleichzeitig erheblich grösseren Belastung der Antriebseinheiten durch das höhere Drehmoment, das zudem konstant anliegt. Um diesen stetig steigenden Anforderungen Genüge zu leisten, wird es nach Ansicht der Geschäftsleitung der Reishauer-Gruppe notwendig sein, zumindest den Grossteil der Zahnräder mit Wälzschleifmaschinen zu bearbeiten. Dies führt gepaart mit der steigenden Mobilität, die zu einer höheren Anzahl an produzierten Fahrzeugen weltweit führt, zu einem Mehrbedarf an den vom Walliseller Unternehmen produzierten Wälzschleifmaschinen. Absatzpotenzial erkennt das Unternehmen auch im Bereich des Ersatzes der bereits bei den Kunden in Betrieb stehenden Maschinen. Diese müssen in den kommenden Jahren sukzessive ersetzt werden.

Reishauer als Marktführer

Mit Maschinen wie dieser Zwei-Spindel-Verzahnungsschleifmaschine RZ 260 ist Reishauer besonders in der Automobilindustrie erfolgreich. Bild: zvg

Reishauer hat bei den Wälzschleifmaschinen für die Pkw-Industrie einen Weltmarktanteil von 45%. Das Unternehmen ist in der Lage, alle spezifischen Kundenwünsche zu erfüllen. Hierzu zählt insbesondere die konstante Präzision der Teile, die jederzeit gewährleistet sein muss. Rechnung tragen muss das Unternehmen auch der stetig steigenden Automatisierung in der Produktion sowohl im eigenen Haus als auch bei den Kunden. Dank der langjährigen Erfahrung und dem kontinuierlichen direkten Kundenkontakt ist Reishauer in der Lage, auch Grossprojekte durchzuführen. Neben der Maschinenherstellung deckt das Unternehmen auch das Servicegeschäft ab und liefert Verbrauchsmaterialien, vor allem die Schleifschnecken. Auch hier stellt die Qualität ein sehr wichtiges Merkmal dar, was der Gruppe einen Vorsprung gegenüber den Wettbewerbern verschafft. Zu diesen zählen Kapp, Liebherr, Mitsubishi, Gleason sowie auch das neu an der Schweizer Börse SIX Swiss Exchange kotierte Unternehmen Klingelnberg, über das wir in einem Beitrag berichteten.

Weltweite Diversifikation sichert Wachstum

Die weltweite Tätigkeit von Reishauer erlaubt es, vom aktuellen Aufbau der Automobilindustrie in China zu profitieren. So zogen die Bestellungen aus dem asiatischen Raum deutlich an, wie aus der deutlichen Steigerung des Anteils ersichtlich ist. Auch bei Felsomat legte der Anteil der Bestellungen aus Asien von 16% im Vorjahr auf beachtliche 35% zu. Dabei gingen die Anteile Europas von 47% auf 40% und in Amerika von 37% auf 25% zurück. Bei Reishauer stieg der Anteil des Asiengeschäfts sogar von 40% im Vorjahr auf 55% an. Ebenfalls zulegen konnte Europa mit einem leichten Plus von 32% auf 35%, während Amerika klar verloren hat mit einem Rückgang von 28% auf noch 10%.

Profitabilität steigt markant

Im Berichtsjahr konnte Reishauer von einem unterproportionalen Anstieg der Betriebskosten von nur 16.6% profitieren. Wegen der höheren Absatzmengen stiegen zwar die Materialaufwendungen deutlich um fast 26% an. Zeitgleich erhöhten sich aber die Personalkosten nur um gut 8%. So legte denn auch der Betriebsgewinn vor Abschreibungen EBITDA markant um 39% auf 59.2 Mio. CHF zu. Trotz der deutlich höheren Sachabschreibungen von 11.1 Mio. CHF (Vorjahr: 9.6 Mio. CHF) stieg das EBIT um 45.2% auf 48 Mio. CHF. Aus dem ansehnlichen Wertschriftenportfolio konnte im Berichtsjahr ein Finanzertrag von 16.1 Mio. CHF (Vorjahr: 9.9 Mio. CHF) erwirtschaftet werden. Dieser Erfolg resultiert auch aus Währungsgewinnen, die Reishauer dank der Aufwertung des Euro im Berichtsjahr verbuchen konnte. Hingegen führte die Abwertung des USD im Berichtsjahr zu einem Anstieg der Finanzkosten von 2.4 Mio. CHF auf 7.5 Mio. CHF. Wegen des höheren Gewinns stiegen die Steueraufwendungen massiv von 9.6 Mio. CHF im Vorjahr auf 17 Mio. CHF an. Unter dem Strich konnte das Unternehmen dennoch ein beachtliches Plus beim Reingewinn von 27.1% auf 39.7 Mio. CHF verbuchen. Die Aktionäre erhalten eine gegenüber dem Vorjahr um 90 CHF auf 1’020 CHF erhöhte Dividende.

Abschwächung im zweiten Semester erwartet

In den alten Produkionshallen stösst Reishauer an Kapazitätsgrenzen. Die neuen Hallen sollen Abhilfe schaffen. Bild: zvg

Reishauer erwartet für das laufende Jahr eine insgesamt positive Entwicklung beim Bestelleingang. Während in Europa und Amerika die Nachfragesteigerung allmählich abflachen und zu einer Konsolidierung führen wird, sind die Aussichten in den asiatischen Märkten intakt. Dabei setzt die Gesellschaft konsequent auf den weiteren Ausbau der Angebotspalette in der gesamten Wertschöpfungskette. Um für die zukünftigen Herausforderungen gewappnet zu sein, investiert Reishauer in neue Produktionshallen am aktuellen Standort in Wallisellen. Damit bekennt sich das Unternehmen zum Produktionsstandort Schweiz. Der für 2019 geplante Baubeginn wird erhebliche finanzielle Mittel beanspruchen und auch die Produktion zumindest temporär belasten.

Die Kennzahlen von Reishauer für 2017 fallen erfreulich aus. Als sehr gut angesehen werden kann die klare Steigerung der Ertragsmargen, die das Unternehmen im Berichtsjahr erzielte. Die positive Entwicklung dürfte sich allerdings nicht einfach fortsetzen lassen. Die Automobilindustrie befindet sich aktuell in einer ungünstigen Situation infolge der zahlreichen Abgasskandale bei Dieselfahrzeugen. Auch die Auswirkungen des Handelsstreits zwischen der USA und China stellen einen belastenden Faktor dar. Angesichts der schwierigen Situation, in der sich die Hauptabnehmer des Maschinenbauers befinden, dürfte zumindest das Wachstum deutlich tiefer ausfallen. Auch ist ein erhöhter Druck auf die Margen festzustellen. Dank der sehr soliden Bilanzstruktur ist Reishauer gerüstet, um diese Herausforderungen zu meistern.

Mit einer ausgewiesenen Konzerneigenmittelquote von 62.2% präsentiert sich die Bilanz kerngesund. Den liquiden Mittel und Wertschriften von zusammen 273.5 Mio. CHF stehen Verbindlichkeiten von 190.8 Mio. CHF gegenüber. Zulasten der Verbindlichkeiten sind indessen Rückstellungen von 122.3 Mio. CHF verbucht, die zumindest teilweise Eigenmittelcharakter aufweisen dürften. Sofern man die Rückstellungen komplett als Eigenmittel bewertet, lässt sich ein Nettofinanzvermögen von rund 200 Mio. CHF ermitteln.

Die Aktien der Gesellschaft werden auf der ausserbörslichen Handelsplattform OTC-X der Berner Kantonalbank (BEKB) gehandelt. Letztmalig wurden Kurse von 81’000 CHF (Inhaberaktien) und von 80’100 CHF für die vermögensrechtlich gleichgestellten Namenaktien bezahlt. Die Umsätze in beiden Titeln fallen sehr gering aus. Nicht immer werden Briefkurse gestellt, was den möglichen Kauf von Titeln zu einem langwierigen Unterfangen werden lassen kann. Auch erscheinen die Titel auf dem aktuellen Niveau mit einer Dividendenrendite von rund 1.3% und einem KGV von gut 20 für 2017 keinesfalls unterbewertet. Auch das Kurs/Buchwert-Verhältnis lässt keine Unterbewertung erkennen. So liegt der ausgewiesene Buchwert um rund 60% unter dem aktuellen Kurs. Auch unter Berücksichtigung der hohen Rückstellungen beträgt das Agio noch rund 45%. Selbst wenn davon ausgegangen werden kann, dass der Substanzwert der Papiere höher liegt, lässt sich auf dem aktuellen hohen Kursniveau keine Unterbewertung der Papiere erkennen.

Auch das von Finanzanalysten oft verwendete Verhältnis des EV/EBITDA (Unternehmenswert im Verhältnis zum EBITDA) ist als eher hoch anzusehen. Je nach Art der Berechnung des Unternehmenswerts sind hier deutliche Unterschiede auszumachen. Bei einer Anrechnung der Forderungen aus Lieferungen und Leistungen und der übrigen kurzfristigen Forderungen von zusammen rund 100 Mio. CHF als liquide Mittel ohne Sicherheitsmarge für mögliche Zahlungsausfälle der Kunden beträgt das EV/EBITDA gut 8. Sofern man den Forderungen eine Sicherheitsleistung in der Form der kurzfristigen Rückstellungen für Zahlungsausfälle und möglichen Garantieverpflichtungen im Umfang von 60 Mio. CHF gegenüberstellt, lässt sich ein EV/EBITDA von rund 9 errechnen. Berücksichtigt man die vereinfachte Rechnungsmethode, bei der lediglich die liquiden Mittel und die Wertschriften als liquide Mittel auf der einen und alle übrigen Forderungen exklusive der Rückstellungen auf der anderen Seite zur Ermittlung des Firmenwerts herangezogen werden, ergibt sich ein EV/EBITDA von rund 10.

Angesichts der hervorragenden Marktstellung von Reishauer erscheint diese Bewertung als fair. Allerdings sind bei einer deutlichen Abschwächung der Automobilbranche und einer möglichen Konjunkturschwäche auch Kursrücksetzer keinesfalls auszuschliessen.

1 Kommentar

  1. Der EV (Enterprise Value) sollte sich nur aufgrund des verzinslichen Fremdkapitals berechnen, und die existieren bei Reishauer praktisch gar nicht. Die Bilanz ist nach OR berechnet, voller Rückstellungen und damit äusserst konservativ. Die Wertschriften sind at cost gebucht und nicht zu Marktwerten. Aufgrund des stabilen Finanzresultats (hauptsächlich Dividenden auf Aktien) und der fehlenden Verbuchung von Kurseinbussen kann man davon ausgehen, dass die Marktwerte der Wertschriften erhebliche stille Reserven aufweisen, womöglich im 3 steilligen Mio.-Bereich. Somit dürfte der effektive EV noch bei rund 400 Mio. Fr. liegen. Das entsprechende EV/EBITDA von unter 7 muss mit der erzielten EBITDA Marge von 15 % gesehen werden. Mir ist kein kotiertes Schweizer Industrieunternehmen bekannt, welches eine derartig attraktive Relation zwischen EV/EBITDA und der EBITDA Marge aufweist.

    Das KGV ist bei Industriefirmen mit hohem Nettocashbestand irreführend. Ein operatives KGV (EV / (Reingewinn minus Finanzergebnis) ergibt noch etwa 16 statt 20.

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